Ulrich Bröckling | Essay |

Gesteigerte Tauglichkeit, vertiefte Unterwerfung

Transformationen des Regierbarmachens

Es[1] gibt viele Wege, andere Menschen und sich selbst dazu zu bringen, bestimmte Dinge zu tun und andere zu lassen. Die Regime des Führens und Sich-selbst-Führens unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Rechtfertigungen, Ziele und Technologien, ihrer Protagonisten und Adressaten. Das Verhältnis von Autonomie und Heteronomie changiert ebenso wie das zwischen Beschneidung und Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten. Die Regime rekurrieren auf disparate Wissensbestände, berufen sich auf unterschiedliche Experten und provozieren schließlich höchst disparate Widerstände. Weil die Menschenregierungskünste stets komplexe und widersprüchliche Ansprüche zusammenbringen müssen, greifen ihre Selbstbeschreibungen gern auf paradoxe Formeln zurück.

Unter den Programmen zeitgenössischer Menschenführung sticht das Oxymoron eines „libertären Paternalismus“ hervor, den prominente Politikberater wie der Harvard-Jurist Cass R. Sunstein, zeitweise Mitglied des Beraterstabs von Obama, sowie der Verhaltensökonom Richard H. Thaler seit einigen Jahren proklamieren. Im Rückgriff auf Erkenntnisse der Verhaltensökonomik, die seit den 1970er-Jahren in einer Kombination wirtschaftswissenschaftlicher und sozialpsychologischer Zugänge das menschliche Entscheidungsverhalten erforscht und darüber zu weitreichenden Korrekturen am Modell des homo oeconomicus gelangt ist, postulieren sie Strategien des Nudging, des Beeinflussens von Entscheidungen durch ein sanftes „Anstupsen“. Die von den libertären Paternalisten vorgeschlagenen Maßnahmen sollen die individuelle Entscheidungsfreiheit erhalten oder sogar vergrößern, zugleich aber das Verhalten der Menschen so beeinflussen, dass diese gemessen an ihren eigenen Maßstäben besser dastehen. Hier scheinen Möglichkeiten einer subtilen Verhaltenslenkung auf, die, verbunden mit den digitalen Technologien algorithmischer Steuerung, die Reichweite und Zugriffstiefe disziplinierender Zurichtungspraktiken sowie Strategien der Optimierung qua Wettbewerb weit in den Schatten stellen.

Der vorliegende Beitrag untersucht dieses Dispositiv der Menschenführung, indem er es gegen die von Michel Foucault beschriebenen Mechanismen der Disziplinarmacht sowie die ebenfalls von Foucault analysierte neoliberale Mobilmachung des Wettbewerbssubjekts kontrastiert.

I.

Auf den ersten Seiten des der Disziplin gewidmeten Abschnitts von Überwachen und Strafen weist Foucault darauf hin, diese ziele gleichermaßen auf „eine gesteigerte Tauglichkeit“ wie auf „eine vertiefte Unterwerfung“, „une aptitude majorée et une domination accrue“[2]: „Die Disziplin steigert die Kräfte des Körpers (um die ökonomische Nützlichkeit zu erhöhen) und schwächt diese selben Körper (um sie politisch fügsam zu machen).“[3] Ist mit der Kopplung von Ausbeutbarkeit und Beherrschbarkeit, Leistungsfähigkeit und Gehorsamsbereitschaft das Telos der Disziplinierungsanstrengungen benannt, so richtet sich Foucaults Aufmerksamkeit im Weiteren auf die „Mittel der guten Abrichtung“. Sie unterscheiden sich von den älteren Techniken des souveränen Strafregimes vor allem im Hinblick auf die „Skala oder Größenordnung“, den „Gegenstand“ und die „Durchführungsweise“ der Kontrolle.[4] Während die Souveränität aus der Perspektive der Totale agiert – sie fordert von jedem die Einhaltung der Gesetze und ahndet ihre Übertretung, interessiert sich ansonsten aber nicht weiter für die einzelnen Menschen –, operiert die Disziplin ausgehend von den kleinsten Elementen. Ihre Interventionen sind umso dichter und intensiver, je mehr sie ins Detail gehen. Sie richten sich auf den individuellen Körper, wobei es nicht „um die Bedeutungselemente des Verhaltens oder die Sprache des Körpers, sondern um die Ökonomie und Effizienz der Bewegungen und ihrer inneren Organisation“ geht. Dazu installiert die Disziplin ein Regime minutiöser Reglementierungen und fortwährenden Übens, das „die Zeit, den Raum, die Bewegungen bis ins Kleinste codiert“.[5] Die Einzelnen erfahren die Machtwirkungen zunächst als Fremdzwang. Erst durch die Permanenz der Kontrolle und die kontinuierliche Wiederholung der eingeübten Abläufe wird der äußere Zwang habitualisiert und so auch zum Selbstzwang. Wie schrieb schon Nietzsche? Aus Zwang wird Bedürfnis. Die disziplinierenden Steuerungsimpulse kommen jedenfalls primär von außen, die Technologien der Führung zur Selbstführung, die Foucault später in seinen Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität und den Arbeiten zu antiken Selbstpraktiken untersuchen wird, spielen allenfalls eine nachgeordnete Rolle.

Hier liegen auch die Schranken des Disziplinardispositivs: Es ist enorm aufwändig, es ist angewiesen auf die Präsenz der Kontrolleure, zumindest auf ihren medial vermittelten panoptischen Blick, und es ist überfordert, wenn nicht mehr „starre Zeichen-Reaktion-Schemata“, sondern „variationsfähige und transponierbare Rückkopplungs-Muster“ vermittelt werden sollen, die dazu befähigen, mit Rücksicht auf ein gegebenes Ziel sachgerecht zu improvisieren[6] oder gar das Ziel an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Schon das Fahren eines Autos kann nicht eingedrillt werden. Die Anstrengungen der Disziplin sind auf Normalitätsnormen geeicht; sie folgen einem Vektor, den sie tendenziell ins Unendliche verlängern, ohne seine Richtung zu ändern. Das Versprechen gesteigerter Tauglichkeit und vertiefter Unterwerfung können sie nur einlösen, wenn die Parameter der Zurichtung identisch bleiben. Programme der Disziplinierung tendieren deshalb zur wissenschaftlichen Rationalisierung im Sinne des one best way und laufen praktisch auf die Maxime hinaus „Üben, üben und nochmals üben“. Wenn Foucault ihre individualisierende Wirkung betont, dann in dem Sinne, dass sie die Einzelnen ins Verhältnis zu Sollwerten setzen, d.h. ihren Abstand zur Norm messen, Niveaus bestimmen, Besonderheiten fixieren und die Unterschiede nutzbringend aufeinander abstimmen.[7] Es bedeutet jedoch keinesfalls, die Einzelnen selbst entscheiden zu lassen, für was sie tauglich sein und wem, wenn überhaupt irgendwem, sie sich unterwerfen wollen. Die Disziplin ist in ihrem Kern eine heteronome Macht und eignet sich deshalb nicht oder nur eingeschränkt als soziales Organisationsprinzip für die auf Komplexität und Kontingenz gegründeten modernen Gesellschaften.[8] Sie interveniert zu viel und erreicht zu wenig, oftmals auch das Falsche.

II.

Foucault greift diese Kritiklinie implizit in seinen Gouvernementalitätsvorlesungen auf, wenn er festhält, die moderne Regierungskunst, die er mit dem Liberalismus identifiziert und deren historischen Einsatzpunkt er in der Politischen Ökonomie der Mitte des 18. Jahrhunderts verortet, kreise um die Frage, „wie man es anstellt, nicht zu viel zu regieren“.[9] Gegenüber seiner Genealogie der Disziplinarinstitutionen und -mechanismen in Überwachen und Strafen hat sich Foucaults analytische Perspektive in den Vorlesungen verschoben: Zum einen hat er begrifflich umgestellt von der Analyse der Machtdispositive auf die Untersuchung der Regierungskunst, das heißt der „reflektierte[n] Weise, wie man am besten regiert, und zugleich auch [des] Nachdenken[s] über die bestmögliche Regierungsweise“.[10] Zum anderen interessiert er sich nun weniger für die mikrophysikalische Ebene der Technologien als vielmehr für die Rationalitäten, also für die Problemdefinitionen, Ziele, Versprechen und unterstellten Wirkmechanismen der Menschenführung. Trotz dieses Neueinsatzes lassen sich aus seinen Lektüren gouvernementaler Programmschriften Vergleichspunkte für eine Gegenüberstellung von Disziplinarmacht und dem liberalen beziehungsweise neoliberalen Management der Freiheit gewinnen.

Gegensätzlich sind schon die impliziten Anthropologien: Folgt die Disziplin dem Modell des homme machine, dessen Rädchen auf das Präziseste geschliffen werden müssen, damit das gesellschaftliche Getriebe ineinandergreift, so trägt der (neo-)liberale homo oeconomicus das Rationalitätsprinzip seines Handelns immer schon in sich und wird zugleich durch den Wettbewerb gleichsam automatisch darauf konditioniert: Als Tauschpartner (so im klassischen Liberalismus) oder als „Unternehmer seiner selbst“[11] (so im amerikanischen Neoliberalismus der Humankapitaltheorie) versucht er mit allem, was er tut und lässt, seinen subjektiv erwarteten Nutzen zu maximieren. Im Unterschied zur sichtbaren Hand der Disziplinarmeister soll die unsichtbare Hand des Marktes, technisch ausgedrückt: der kybernetische Mechanismus der Preisbildung im Wettbewerb, für die optimale Koordination der individuellen Präferenzen und Handlungen sorgen.

Vor allem die Humankapitaltheorie modelliert den Einzelnen als rationalen Investor, der seine Ressourcen, insbesondere den Faktor Zeit, so einsetzt, dass er damit erstens seine als stabil unterstellten Präferenzen verfolgt und dabei zweitens auf Grundlage der ihm zugänglichen Informationen die Opportunitätskosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten möglicher Handlungsstrategien kalkuliert. In jeder seiner Lebensäußerungen ist er mit der Allokation knapper Mittel zur Verfolgung konkurrierender Ziele beschäftigt. Alles Handeln stellt demnach eine Wahl zwischen als mehr oder weniger attraktiv empfundenen und mehr oder weniger erreichbaren Alternativen dar. Living is choice. Der Mensch der Humankapitaltheorie ist folglich ein Mensch, der sich unentwegt entscheidet. Anders als unter dem heteronomen Regime der Disziplin ist seine Autonomie kein Störfaktor, sondern Voraussetzung und Medium der Steuerungsanstrengungen. Diese setzen daher auch an einem anderen Punkt an als die disziplinäre Abrichtung der Körper: Kontextsteuerung tritt an die Stelle individueller Verhaltensreglementierung. Wenn die Einzelnen, wie das Modell unterstellt, sich stets rational, nämlich nutzenmaximierend verhalten, dann kann man ihre Handlungen beeinflussen, indem man das Kalkül verändert. Jede Preisänderung verschiebt die Relation zwischen Nutzen und Kosten. Menschen reagieren auf Anreize, auf diese Formel lässt sich die Als-ob-Anthropologie des homo oeconomicus herunterbrechen. Statt ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben, reicht es aus, Reizumwelten zu schaffen, die bestimmte Verhaltensweisen wahrscheinlicher machen als andere, und die Menschen im Übrigen dazu anzuhalten, sich aktiv, eigenverantwortlich und flexibel selbst zu führen.

Der klassische Liberalismus des 18. und die Neoliberalismen des 20. Jahrhunderts unterscheiden sich vor allem im Hinblick auf ihre Strategien der Kontextsteuerung: Während der klassische Liberalismus sich auf negative Interventionen konzentrierte, die Markthemmnisse beseitigen sollten, gehen die neoliberalen Theorien davon aus, dass nicht ausreicht, die Sphäre des Marktes von staatlichen Einflüssen frei zu halten. Diese bedarf vielmehr fortwährender Stimulation und Absicherung. Der reine Wettbewerb erscheint das eine Mal als Naturgegebenheit, die nichts braucht als ein Laissez faire, um sich Geltung zu verschaffen, das andere Mal als regulative Idee und geschichtliches Ziel, das „eine äußerst aktive Politik verlangt“. „Die Regierung muß die Marktwirtschaft von vorne bis hinten begleiten“, muss „für den Markt regieren, anstatt auf Veranlassung des Marktes zu regieren“.[12] Welche Anreizsysteme geeignet wären und eingesetzt werden, um die Individuen in Wettbewerbsakteure, das heißt zu Unternehmern ihrer selbst, zu verwandeln, das bleibt in den Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität allerdings nur angedeutet. Die an Foucault anschließenden Studies of Governmentality haben dazu in den letzten Jahren eine Reihe von gegenwartsbezogenen Forschungsarbeiten vorgelegt.[13]

Dabei haben sie auch die unterschiedlichen Optimierungsmodi von disziplinierender Abrichtung und Mobilisierung des Wettbewerbs herauspräpariert: Setzt die Disziplin auf kontinuierliche Verbesserung und Steigerung durch eine Kopplung von Standardisierung und Individualisierung, so zielt die marktförmige Optimierung auf die Produktion von Alleinstellungsmerkmalen. Statt Ausrichtung an Normalfeldern geht es um Absetzen von der Konkurrenz. Was das Optimum und in welcher Richtung es zu suchen ist, ist kontingent. Es gibt kein Ideal, an dem man sich verlässlich ausrichten, keine eindeutigen Leistungsindikatoren, die man messen, sondern nur temporäre Spitzenpositionen, die man zu erlangen und zu behaupten versuchen kann. Die Erfolgskriterien liegen nicht vorab fest, sondern ergeben sich allein aus den Präferenzen der Kunden. Sie entscheiden, wer reüssiert, aber was sie veranlasst, sich für das eine Angebot zu entscheiden und die anderen liegen zu lassen, das ist schon deshalb nicht exakt prognostizierbar, weil die Motive ständig wechseln und sich vielfach überlappen. Der Wettbewerb honoriert nicht Perfektion oder Leistung, sondern was sich verkaufen lässt und/oder Aufmerksamkeit bindet. Das macht permanentes Neujustieren notwendig und erzwingt ein Diktat des Komparativs, dessen Vergleichspunkte und Maßstäbe sich fortwährend ändern. Die Optimierung im Zeichen des Wettbewerbs installiert deshalb Feedbackschleifen und Technologien des (Selbst-)Monitorings, die kontinuierliche Anpassungen an sich ebenfalls kontinuierlich wandelnde Zielmarken ermöglichen sollen. Bei der Disziplinierung kann man Fortschritte erzielen, unter Bedingungen des Wettbewerbs muss selbst der Beste das nächste Ranking fürchten. Die Einzelnen mögen frei sein zu wählen, um ihren Nutzen zu maximieren, doch ob sich ihre Entscheidungen auszahlen, erweist sich immer erst im Nachhinein.

Die Formel von der gesteigerten Tauglichkeit und vertieften Unterwerfung erfährt hier eine Bedeutungsverschiebung, die sich in der französischen und englischen Sprache besser ausdrücken lässt als in der deutschen: Tauglichkeit meint nicht mehr aptitude, sondern adaptation, nicht Eignung respektive Befähigung, sondern Anpassung an die Umweltbedingungen, Darwin‘sche fitness. Aus Unterwerfung, domination, wiederum wird docilité/docility, die Fähigkeit und Bereitschaft, zu lernen und sich sozialen Anforderungen entsprechend zu verhalten; Lenkbarkeit ersetzt Gehorsamsbereitschaft.[14]

Dass die Menschen in ihren tatsächlichen Wahlhandlungen keineswegs immer den axiomatischen Rationalitätsannahmen des homo-oeconomicus-Modells folgen, betonen selbst dessen Protagonisten. Sie beanspruchen, nicht mehr als ein heuristisches Analyse-Schema zu liefern, um die Wahrscheinlichkeit künftiger Entscheidungen prognostizieren zu können, postulieren aber zugleich, die Einzelnen täten gut daran, diesem Modell zu folgen, eben weil es rational im Sinne der Maximierung des subjektiv erwarteten Nutzens sei. Die Als-ob-Annahme fungiert auch als Idealnorm – niemals vollständig erreicht, aber Maßstab der Optimierungsanstrengungen.

III.

Grundsätzlicher Einspruch gegen das „Göttlichkeitsmodell“ rationaler Wahl mit seiner Unterstellung eines „heroischen Menschen, der umfassende Entscheidungen in einem vollständig integrierten Universum trifft“,[15] kommt aus der Verhaltensökonomik, einem heterogenen, seit den 1970er-Jahren stark wachsenden Forschungsfeld, in dem in einer Kombination ökonomischer und sozialpsychologischer Zugänge untersucht wird, nach welchen Regeln Menschen sich tatsächlich entscheiden. In zahlreichen Experimenten konnten die Verhaltensökonomen zeigen, dass menschliches Verhalten eine Reihe von – gemessen am Modell der rationalen Wahl – systematischen Verzerrungen aufweist. Weder sind die Präferenzen so stabil, wie es die Theorie des subjektiv erwarteten Nutzens annimmt, noch weisen die Märkte jene Effizienz auf, die ihnen die Gleichgewichtsmodelle unterstellen. Menschen treffen häufig suboptimale Entscheidungen, die anders ausfallen würden, verfügten sie über vollständige Informationen, unbegrenzte kognitive Verarbeitungsfähigkeit und ausreichend Willenskraft. Zu den Anomalien gehören Inkonsistenzen in der Wahrscheinlichkeitskalkulation wie Selbstüberschätzung und unberechtigter Optimismus, Verlustaversion, also die Tendenz, Verluste höher zu gewichten als Gewinne, oder der Status quo Bias, die übermäßige Neigung, der gegenwärtigen Situation den Vorzug vor Veränderungen zu geben. Dazu gehören aber auch Fairness-Vorstellungen, die mit dem Grundsatz der Nutzenmaximierung kollidieren, sowie insbesondere Framing-Effekte, die Abhängigkeit des Entscheidungsverhaltens von der Präsentation der Alternativen.[16] Manche Verhaltensökonomen unterscheiden zwischen zwei kognitiven Systemen, einem automatischen System 1, das intuitiv, unbewusst und deshalb schnell operiert, und einem willentlichen System 2, das regelgeleitet, kontrolliert, bedacht und entsprechend langsamer arbeitet. Wir sind auf das Zusammenwirken beider Systeme angewiesen, was in der Regel auch mehr oder minder gut funktioniert. Allerdings neigen die Automatismen von System 1 dazu, sich selbst dann gegen die reflektierende Vernunft durchzusetzen, wenn diese es besser wissen könnte. Bauch schlägt Kopf.[17]

Entscheidend ist, dass es sich bei den Verzerrungen keineswegs um individuelle Rationalitätsdefizite handelt – sie würden sich nach dem Gesetz der großen Zahl statistisch ausgleichen –, vielmehr weisen die Anomalien messbare Regelmäßigkeiten auf und lassen sich mathematisch modellieren. Die Behavioral Economics begreift sich denn auch als Ergänzung und Modifikation, nicht als grundsätzliche Alternative zum wirtschaftswissenschaftlichen Wissen. Verhaltensökonomen bleiben Ökonomen. Längst haben sie die inzwischen auch neurowissenschaftlich aufgerüsteten sozialpsychologischen Labors verlassen und dienen sich an, mit ihren Erkenntnissen die Instrumente systematischer Verhaltenslenkung zu erweitern und zu verfeinern.

Besondere Aufmerksamkeit hat dabei das Programm eines „libertären Paternalismus“ erfahren, das der Harvard-Jurist Cass R. Sunstein und der in Chicago lehrende Verhaltensökonom Richard H. Thaler seit Anfang der 2000er-Jahre verkünden.[18] Ihre Ideen haben in der Obama-Administration, aber auch in anderen westlichen Regierungen regen Anklang gefunden. So hat die konservative Regierung in Großbritannien ein Behavioural Insights Team ins Leben gerufen.[19] Angela Merkel sorgte im vergangenen Jahr für Furore, als sie gleich drei Referentenstellen im Kanzleramt ausschreiben ließ, welche die „Entwicklung alternativer Designs von politischen Vorhaben“ auf Grundlage verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse vorantreiben sollen.[20]

Kernelement des libertären Paternalismus sind Strategien des Nudging, des sanften „Anstupsens“. Sunstein und Thaler übersetzen in politische Vorschläge, was Unternehmen lange schon im Bereich von Marketing und Werbung nutzen: die Einflussnahme auf das Verhalten durch Gestaltung der Entscheidungsarchitektur. Das Lieblingsbeispiel der beiden ist die Schulkantine, deren Leiterin die Speisen an der Theke so anordnet, dass die gesunden Äpfel gut sichtbar ausliegen, während der süße, kalorienreiche Pudding weiter hinten im Regal versteckt platziert ist, und die auf diese Weise ein gesundes Ernährungsverhalten fördert. Nach demselben Prinzip, nur mit anderer Zielsetzung, arbeitet jeder Supermarkt-Designer. Eindrücklich ist das Beispiel der rechtlichen Regelungen für Organspenden: Während in Deutschland einer Organentnahme zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt werden muss, gilt in Österreich die Widerspruchsregelung mit der Folge, dass dort die Zahl der Spender gemessen an der Bevölkerungszahl fast doppelt so hoch ist wie in Deutschland. In kaum einer Veröffentlichung fehlt auch das Beispiel der Schiphol-Fliege, jener zuerst in den Urinalen des Amsterdamer Flughafens angebrachten kleinen Insektenabbildungen, die angeblich dafür sorgen, dass bis zu 80 Prozent weniger daneben geht, und so die Reinigungskosten senken helfen. (Man möchte nicht genauer wissen, wie und von wem dieser Effekt gemessen wurde.) Der Stupser nutzt den männlichen Spieltrieb: „Guys are simple-minded and love to play with their urine stream, so you put something in the toilet bowl and they’ll aim at that“, wird ein Vertreter der Herstellerfirma zitiert.[21] Weniger skurril und in seinen Konsequenzen weit relevanter ist die Frage der Standardeinstellungen bei den sogenannten 401(k)-Plänen im Rahmen der Altersvorsorge in den Vereinigten Staaten:

 

Hier geht es darum, ob die Unternehmen ihre Beschäftigten bei der Einstellung automatisch in die betriebliche Altersvorsorge aufnehmen sollen, wobei diese die Möglichkeit haben, dies abzulehnen, oder ob sie ihnen lediglich ein Angebot zur Aufnahme unterbreiten sollen. Bei vollständig rationalen Individuen sollte dies keinen Unterschied machen: In beiden Fällen verfügen sie über die gleiche Information und müssen eine Entscheidung darüber treffen, ob sie diese Versicherung abschliessen wollen. Es geht ausschliesslich darum, ob man auf dem entsprechenden Formular für den Eintritt oder für die Ablehnung ein Kreuz machen muss; es gibt weder bezüglich der Information noch bezüglich der Transaktionskosten irgendeinen Unterschied.

[22]

Dennoch erhöht sich die Teilnahmequote bei Neueinstellungen um bis zu fünfzig Prozent, wenn die Beschäftigten automatisch aufgenommen werden. Die Auswirkungen auf die eingezahlten Beträge und damit auf die Altersvorsorge sind beträchtlich.

Die von den libertären Paternalisten vorgeschlagenen Maßnahmen beruhen auf zwei Grundprinzipien: Sie sollen erstens die individuelle Entscheidungsfreiheit erhalten oder sogar vergrößern – das libertäre Moment: „Libertäre Paternalisten wollen es den Menschen leichtmachen, ihren eigenen Weg zu gehen,“ schreiben Sunstein und Thaler, „sie möchten niemanden daran hindern, von seinen Freiheitsrechten Gebrauch zu machen.“ Zweitens aber, und darin liegt der paternalistische Impuls, halten sie es für legitim, „das Verhalten der Menschen zu beeinflussen, um ihr Leben länger, gesünder und besser zu machen“. Sie versuchen deshalb, deren Entscheidungen „so zu lenken, dass sie hinterher besser dastehen – und zwar gemessen an ihren eigenen Maßstäben“.[23] Kritikern, die auch in den sanften Strategien der Verhaltenssteuerung eine Bevormundung sehen, halten die beiden entgegen, dass Entscheidungsarchitekturen, das heißt die Rahmung von Handlungsalternativen, und damit auch deren Effekte unumgänglich seien. „The social environment influences choices, and it is not possible to dispense with a social environment.“[24] So wenig wie man nicht nicht entscheiden könne, könne man auch nicht nicht Verhaltensanreize setzen. – Irgendwie müssen die Speisen in der Cafeteria ja angeordnet werden. Folglich könne es nur darum gehen, die Wahloptionen so zu gestalten, dass sie den Interessen der Betroffenen dienen: „For all of us, a key question is whether the relevant choice architecture is helpful and simple or harmful, complex, and exploitative.“[25]

Die Verhaltensökonomie tritt an, die Als-ob-Anthropologie des Homo oeconomicus durch ein realistischeres Menschenbild zu ersetzen. Die „Humans“, die Sunstein und Thaler den „Econs“ gegenüberstellen, sind anders als diese nicht Verkörperungen einer von aller Empirie gereinigten ökonomischen Ratio, sondern aus experimentellen Verhaltensbeobachtungen gewonnene Realabstraktionen. Wie die „Econs“ reagieren allerdings auch die „Humans“ auf Anreize. Das macht sie, um Foucault zu zitieren, „in eminenter Weise regierbar“.[26] Wenn Menschen sich systematisch, also in regelhafter Weise irrational verhalten und sich ihre Rationalitätsabweichungen sogar in mathematische Kalküle übersetzen lassen, dann kann man ihr Verhalten beeinflussen, indem man die Verzerrungen in Rechnung stellt und die Rahmenbedingungen entsprechend anpasst. Die Botschaft der Verhaltensökonomen lautet: Markteffizientes Verhalten stellt sich zwar nicht automatisch ein, wenn die sozialen Beziehungen nur konsequent vermarktlicht werden. Ebenso wenig muss man aber die Menschen zu ihrem Glück (oder zur nutzenmaximierenden Räson) zwingen. Es genügt, in den meisten Fällen jedenfalls, sie behutsam anzustupsen.

So sanft die Interventionen daherkommen, praktisch weitet die Politik der Nudges die Regierbarmachung der Menschen noch aus, indem sie auch ihre Verhaltensanomalien dem lenkenden Zugriff erschließt. Die Tauglichkeit wird gesteigert, die Unterwerfung vertieft durch ein behavioristisches Konditionierungsprogramm, das nicht an die Vernunft appelliert, sondern ihre Defizite ausgleichen soll. Es verordnet keine Übungsprozeduren und verhängt keine Strafen, es beschränkt sich aber auch nicht auf die Stimulation von Marktmechanismen, sondern bereitet Informationen auf, dirigiert Aufmerksamkeiten und rahmt Handlungsoptionen. Die Nudges operieren niedrigschwellig, wenn nicht gar unterschwellig. Sie verlangen vom Einzelnen nicht viel, verändern aber in der Summe die Wahrscheinlichkeiten, mit denen bestimmte Handlungen gewählt werden und andere nicht.

IV.

Während die Disziplin auf minutiöser Fremdsteuerung beruht und allenfalls sekundäre Selbststeuerungspotenziale aufbaut, während die Optimierung qua Wettbewerb ganz auf Selbststeuerung setzt und die Ausrichtung der individuellen Wahlhandlungen dem „ökonomischen Tribunal“ des Marktes überlässt,[27] bemüht sich der libertäre Paternalismus um eine Balance zwischen Selbst- und Fremdsteuerung. Sofern und soweit die Menschen sich rational verhalten, verzichtet er auf Interventionen in ihre Autonomie, sofern ihnen aber aufgrund kognitiver Verzerrungen Schaden droht, hilft er ihrer begrenzten und fehleranfälligen Vernunft mit verhaltensökonomisch getunten Entscheidungsarchitekturen auf die Sprünge. Der libertäre Paternalismus markiert insofern keinen Bruch mit der neoliberalen Anrufung unternehmerischer Tugenden. Er ergänzt vielmehr die konsequente Vermarktlichung des Selbst, indem er dessen konstitutive Rationalitätsschwächen kompensiert und ihm so dazu verhilft, rationalere Entscheidungen zu treffen. Menschen brauchen Hilfe, so die Annahme, um das zu wollen, was in ihrem Interesse liegt. Das wiederum setzt voraus, dass es eindeutige Maßstäbe zumindest dafür gibt, was dem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht. Und natürlich Experten, die genau das definieren. Es ist kein Zufall, dass sich die Beispiele für das Nudging vor allem auf Gesundheitsförderung, Altersvorsorge oder ressourcenschonendes Verhalten beziehen. Der biopolitischen Logik verallgemeinerter Prävention ist schwerlich zu widersprechen. Der Imperativ, künftige Risiken zu minimieren, hat die gouvernementale Vernunft auf seiner Seite – und legitimiert das Recht des Staates, ihr ein wenig nachzuhelfen.

Der libertäre Paternalist ähnelt so dem Guten Hirten, der keine Schutzzäune errichtet, sondern Wege bahnt, der die Schwächen seiner Schafe kennt und jene, die in die falsche Richtung laufen, auf den rechten Weg zurücklockt. Entscheiden müssen sie sich freilich selbst, und die Möglichkeit, sich gegen die fürsorglichen Stupser zu entscheiden, steht ihnen offen. Hier liegt eine entscheidende Differenz zum alles andere als sanften christlichen Pastorat, das von den Schafen einen „reinen Gehorsam“, einen Gehorsam um des Gehorsams willen verlangt.[28] Der libertäre Paternalist interessiert sich demgegenüber nicht für Seelenführung und appelliert nicht ans Gewissen, er konzentriert sich vielmehr gut behavioristisch auf das beobachtbare Verhalten und modifiziert dessen Einflussvariablen. Die Strategien des Nudging adressieren die Einzelnen weder als disziplinierungsbedürftige und diszplinierbare Mängelwesen noch als rationale Unternehmer ihres eigenen Lebens, sondern als unhintergehbare, aber in vorhersagbarer Weise irrationale Entscheider. Die Maßnahmen zielen denn auch nicht darauf, die Menschen zur nutzenmaximierenden Vernunft zu bringen, sondern ihre Wahlhandlungen zu rationalisieren. Statt auf Gewöhnung, Einsicht oder Optimierung qua Wettbewerb zu setzen, soll das Nudging schädliche, weil den eigenen Präferenzen zuwiderlaufende Verhaltensmuster korrigieren – und nicht die Menschen: „The goal is no longer the production (in neoliberal terms) of appropriately ‚rational’ subjects through technologies of managerialism, markets and performativity, but rather ‚rational’ choices.“[29]Wie die Disziplin installiert der libertäre Paternalismus eine Politik des Details, deren Mikrophysik allerdings nicht Körper abrichtet, sondern Entscheidungssituationen modelliert. Während die Dressurmeister Bewegungsfolgen einübten, kümmern sich die Entscheidungsarchitekten – unter anderem – um die Gestaltung von Formularen und Musterverträgen, um Standardeinstellungen bei Software und technischen Geräten, um die Präsentation von Kantinenessen oder das Design von Herrentoiletten. Es gibt nichts, was nicht zur Stellschraube werden kann, um erwünschte Verhaltensweisen zu fördern und unerwünschte zu hemmen.

Algorithmen prozessierende Maschinen liefern inzwischen die nötigen Informationen, um individualisierte Nudges zu entwickeln.[30] Die personalisierte Werbung im Netz bietet dafür ebenso reiches Anschauungsmaterial wie auch die boomenden Lifelogging-Tools, mit denen jeder persönliche Messwerte mit Normwerten und/oder statistischen Normalverteilungen abgleichen und sich dann überlegen kann, Diät zu halten, statt des Aufzugs die Treppe zu benutzen oder abends früher ins Bett zu gehen. Personalisierte Entscheidungshilfen umgehen das Problem, dass die Rationalitätsverzerrungen nicht bei allen identisch sind, vor allem aber erlauben sie, die Nudges an den individuellen Präferenzen auszurichten und sie auf Grundlage vergangener Entscheidungen laufend zu aktualisieren.[31] – „Käufer, die dieses Buch gekauft haben, haben sich auch für jenes interessiert.“ Ob ich es dann ebenfalls bestelle, liegt allein bei mir, aber ich könnte etwas verpassen, wenn ich darauf verzichte:

 

If we have given up autonomy, it was only the autonomy to make poor choices, go to bad restaurants with people we turn out not to like much, buy boring novels, listen to ear splitting music, engage in activities where costs outweigh benefits. I am actually more free now than ever before because my true self – the self that labored under misconceptions, limited information and emotional noise – is now facilitated by powerful and benevolent technology.

[32]

Hier kommen andere Akteure ins Spiel als nur die staatlichen Instanzen. Anstupsen können alle, die über ausreichend Informationen verfügen, und über die Präferenzen und das Entscheidungsverhalten ihrer Kunden wissen Versicherungen und Banken, wissen Facebook, Google und Amazon inzwischen mehr als die Kunden selbst. Dass die Unternehmen ihr akkumuliertes Wissen nicht unbedingt in deren Interesse nutzen, räumen die libertären Paternalisten ein. Zum Ausgleich der Machtasymmetrie schlagen sie vor, Unternehmen zu verpflichten, die Nutzungsdaten auch an ihre Kunden weiterzugeben, damit diese sie auf unabhängige Web-Seiten hochladen und dort individualisierte Preis-Leistungs-Vergleiche zwischen unterschiedlichen Anbietern vornehmen können.[33]

Disziplin, Optimierung qua Wettbewerb und libertärer Paternalismus stehen zueinander nicht in einem Verhältnis zeitlicher Abfolge, sondern funktionaler Ergänzung. Die Regierbarmachung der Menschen nutzt mehr als nur ein Register. Dasselbe gilt für die kritische Haltung der Tauglichkeitsverweigerung und Entunterwerfung, den Willen, „nicht dermaßen, nicht von denen da, nicht um diesen Preis regiert zu werden“[34]: Gegen die Zumutungen der Disziplin kann man sich wehren, indem man sich dem Kontrollblick der Drillmeister zu entziehen versucht und ein Ethos des Nonkonformismus pflegt. Der Widerstand gegen die Optimierung qua Wettbewerb setzt, sofern er sich nicht darin erschöpft, die ordnende Hand des Staates anzurufen, um die Exzesse des Marktes einzudämmen, der Tyrannei der rationalen Wahl die der Freiheit entgegen, sich nicht und schon gar nicht nutzenmaximierend entscheiden zu müssen.

Kritik an den Stupsern der libertären Paternalisten kommt bisher fast ausschließlich von Seiten liberaler Ökonomen, die lediglich Marktakteuren, keinesfalls aber dem Staat das Recht zugestehen wollen, die Individuen durch intelligentes Entscheidungsdesign sanft zu führen. Die Einwände repetieren den liberalen Grundverdacht, es werde zu viel und auf die falsche Weise regiert.[35]Individuen mögen zwar gegen ihre Interessen handeln, so das Argument, aber jede noch so behutsame Verhaltenslenkung werde negative Folgen haben, weil er ihnen die Möglichkeit verbaut, aus Schaden klug zu werden. Überzeugend sind die Einwände nicht. Die Akzeptabilität der Nudges ist hoch, schon weil es allein darum geht, die richtigen zu setzen. Ob überhaupt gestupst werden soll, steht gar nicht zur Disposition. Irgendwelche Rahmenbedingungen wirken schließlich auf jede Entscheidung ein. Es gibt kein Leben ohne Standardeinstellungen. Wie man sich wehren kann, warum man sich überhaupt wehren sollte und wie man sich zusammenschließen kann gegen eine Macht, die antritt, die ureigenen Interessen der Menschen zu vertreten, ohne ihnen ihre Mündigkeit abzusprechen und ihre Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen, das ist eine offene Frage. Was ist schließlich gegen ausreichende Altersvorsorge, gesunde Kantinenkost und saubere Toiletten einzuwenden?

  1. Der vorliegende Aufsatz ist die überarbeitete Fassung eines Vortrags auf der Konferenz „Die Machtanalyse nach Foucault. Vierzig Jahre ,Überwachen und Strafen’“, Institut für Wissenschaft und Kunst Wien, 18.–20. Juni 2015.
  2. Michel Foucault, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt am Main XXX, S. 177; ders., Surveiller et punir. Naissance de la prison, Paris 1975, S. 140.
  3. Foucault, Überwachen und Strafen, S. 177.
  4. Ebd., S. 175.
  5. Ebd.
  6. Johannes Henrich von Heiseler, Militär und Technik. Arbeitssoziologische Studien zum Einfluß der Technisierung auf die Sozialstruktur des modernen Militärs, in: Georg Picht (Hrsg.), Studien zur politischen und gesellschaftlichen Situation der Bundeswehr, Zweite Folge, Witten/Berlin 1966, S. 66–158, hier: S. 120.
  7. Foucault, Überwachen und Strafen, S. 237.
  8. Vgl. Michael Makropoulos, „Kunstautonomie und Wettbewerbsgesellschaft. Nachtrag zur ‚Ökonomisierung des Sozialen’, in: Christoph Menke/Juliane Rebentisch (Hg.), Kreation und Depression. Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus, Berlin 2010, S. 208–225, hier: S. 211.
  9. Michel Foucault, Geschichte der Gouvernementalität II. Die Geburt der Biopolitik. Vorlesungen am Collège de France 1978–1979, Frankfurt am Main 2004, S. 29.
  10. Ebd., S. 14.
  11. Ebd., S. 314.
  12. Ebd., S. 173f.
  13. Vgl. dazu u.a. Nikolas Rose, Inventing Our Selves. Psychology, Power, and Personhood, Cambridge 1998; ders., Powers of Freedom. Reframing Political Thought, Cambridge 1999; Peter Miller/Nikolas Rose, Governing the Present, Cambridge/Malden 2008; Sven Opitz, Gouvernementalität im Postfordismus. Macht, Wissen und Techniken des Selbst im Feld unternehmerischer Rationalität, Hamburg 2004; Fabian Kessl, Der Gebrauch der eigenen Kräfte. Eine Gouvernementalität Sozialer Arbeit, Weinheim/München 2005; Stefanie Duttweiler, Sein Glück machen. Arbeit am Glück als neoliberale Regierungstechnologie, Konstanz 2007; Lars Gertenbach, Die Kultivierung des Marktes. Foucault und die Gouvernementalität des Neoliberalismus, Berlin 2008; Boris Traue, Das Subjekt der Beratung. Zur Soziologie einer Psycho-Technik, Bielefeld 2010; Andreas Gelhard, Kritik der Kompetenz, Zürich 2011; sowie Ulrich Bröckling, Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt am Main 2007.
  14. Vgl. die Ausführungen zum Verhältnis von Tauglichkeit (fitness) und Fügsamkeit (docility) bei Herbert A. Simon, Homo rationalis. Die Vernunft im menschlichen Leben, Frankfurt am Main/New York 1993, S. 75f.
  15. Ebd., S. 44.
  16. Die grundlegenden Arbeiten in diesem Feld stammen von Amos Tversky und Daniel Kahneman, Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, in: Science 185 (1974), 4157, S. 1124–1131; dies., Prospect Theory: An Analysis of Decision Under Risk“, in: Econometrica 49 (1979), 2, S. 263–292; dies., The Framing of Decisions and the Psychology of Choice“, in: Science 211 (1981), 4481, S. 453–458.
  17. Vgl. für eine populäre Darstellung der Zwei-Systeme-Theorie Daniel Kahneman, Schnelles Denken, langsames Denken, München 2012.
  18. Richard H. Thaler/Cass R. Sunstein, „Libertarian paternalism“, in: American Economic Review 93 (2003), 2, S. 175–179; dies., Libertarian Paternalism is not an Oxymoron, John M. Olin Program in Law and Economics Working Paper, No. 185, 2003; dies., Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt, Berlin 2009; Cass R. Sunstein, Storrs Lectures: Behavioral Economics and Paternalism, in: The Yale Law Journal 122 (2012), S. 1826–1899.
  19. Vgl. (15.06.2015).
  20. Vgl. „Kanzlerin sucht Verhaltensforscher“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.08.2014.
  21. Zitiert nach Blake Evans-Pritchard, „Aiming To Reduce Cleaning Costs“, in: Works that Work 2013, 1, worksthatwork.com/1/urinal-fly. Vgl. Sunstein/Thaler, Nudge, S. 121f.; kritisch dazu Riccardo Rebonato, Taking Liberties. A Critical Examination of Libertarian Paternalism, London 2012, S. 63ff.
  22. Gebhard Kirchgässner, Sanfter Paternalismus, meritorische Güter, und der normative Individualismus, University of St. Gallen, School of Economics and Political Science, Dept. of Economics, Discussion Paper no. 2012-17, S. 1f.
  23. Sunstein/Thaler, Nudge, S. 14f.
  24. Sunstein, Behavioral Economics and Paternalism, S. 1879.
  25. Ebd., S. 1834.
  26. Foucault, Die Geburt der Biopolitik, S. 372.
  27. Ebd., S. 342.
  28. Vgl. ders., Geschichte der Gouvernementalität I. Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Vorlesungen am Collège de France 1977–1978, Frankfurt am Main 2004, S. 254ff.
  29. Alice Bradbury/Ian McGimpsey/Diego Santori, Revising Rationality: The Use of ‚Nudge’ Approaches in Neoliberal Education Policy, in: Journal of Education Policy 28 (2013), S. 247–267, hier: S. 253.
  30. Vgl. Cass R. Sunstein, Impersonal Default Rules vs. Active Choices vs. Personalized Default Rules: A Triptych, Mossavar-Rahmani Center for Business and Government, Harvard Kennedy School, Regulatory Policy Program, Working Paper: RPP-2012-17.
  31. Vgl. Daniel G. Goldstein u.a., Nudge Your Customers Toward Better Choices, in: Harvard Business Review, December 2008, S. 99–105.
  32. Richard T. Ford, Save the Robots: Cyber Profiling and Your So-Called Life, in: Stanford Law Review 52 (2000), S. 1573–1584, hier: S. 1578f.
  33. Vgl. Emir Kamenica/Sendhil Mullainathan/Richard Thaler, Helping Consumers Know Themselves, in: The American Economic Review 101 (2011), No. 3 (Papers and Proceedings of the 123rd Annual Meeting of the American Economic Association), S. 417–422.
  34. Michel Foucault, Was ist Kritik?, Berlin 1992, S. 52f.
  35. Vgl. aus der inzwischen umfangreichen Literatur Rebonato, Taking Liberties; Jan Schnellenbach, Wohlwollendes Anschubsen: Was ist mit liberalem Paternalismus zu erreichen und was sind seine Nebenwirkungen?, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 12 (2011), S. 445–459; ders., Nudges and Norms: On the Political Economy of Soft Paternalism, in: European Journal of Political Economy 28 (2012), S. 266–277; Mark D. White, The Manipulation of Choice. Ethics and Libertarian Paternalism, New York 2013. Einen Überblick über die Diskussion gibt Kirchgässner, Sanfter Paternalismus.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Martin Bauer.

Kategorien: Wirtschaft Politik Kultur

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Ulrich Bröckling

Dr. Ulrich Bröckling ist Professor für Kultursoziologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau.

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