Deadline: 30.04.2025

Zeit im Sozialstaat – Zeitlichkeit in sozialstaatlich organisierten Übergangsprozessen

Call for Papers für eine Ad-hoc-Gruppe auf dem 42. Kongress der DGS vom 22. bis 26. September 2025 in Duisburg. Deadline: 30. April 2025

Die Ad-hoc-Gruppe knüpft an das Kongressthema der Transitionen an und beleuchtet es aus einer zeitlichen Perspektive. Die Dimension Zeit wird in soziologischen Analysen oftmals randständig behandelt, sofern sie überhaupt aufscheint. Bei den ‚Klassikern‘ der Soziologie spielte die zeitliche Dimension innerhalb der Gesellschaftsanalysen noch eine größere Rolle (u.a. Elias 1984). Während in der jüngeren Vergangenheit unterschiedliche ‚turns‘ innerhalb der Soziologie konstatiert wurden (u.a. cultural turn, spatial turn, material turn etc.), steht der ‚temporal turn‘ im Sinne einer (Wieder-)Belebung zeitlicher Dimensionen für die Analyse gesellschaftlicher Phänomene und Prozesse noch aus.

Eine besonders herausgehobene Rolle mit Blick auf Transitions- und Veränderungsprozesse nimmt das Feld der Sozialpolitik ein. Sozialpolitik fungiert gerade in Übergangs- und Transitionsprozessen als zentrale Institution, die solche Phasen absichert, bearbeitet und rahmt (Leisering/Leibfried 1999). Dabei prägt sie auch die Zeitlichkeit von Übergangsprozessen.

Der Fokus der Ad-hoc-Gruppe liegt auf der Verschränkung von sozialstaatlichem Handeln und Zeitlichkeit. Fragen nach dem ‚richtigen‘ Zeitpunkt von Übergängen, der ‚angemessenen‘ Dauer und Geschwindigkeit von Prozessen wie auch der ‚passenden‘ Sequenzialität von Schritten kommen bspw. in der sozialstaatlichen Bearbeitung von Erwerbslosigkeit oder von Ankommensprozessen in der Migration (Cwerner 2001) zum Tragen. Zeit ist darüber hinaus grundlegend für die Klassifikation von Bedarfskategorien, die sozialstaatliche Unterstützung regulieren (Soldatic 2019). Diese Klassifikationsprozesse regeln zum einen Transitionsprozesse, unterliegen zum anderen aber auch selbst Veränderungsprozessen, wie es am Beispiel der Arbeitslosenversicherung deutlich wird, die durch die Einführung des SGB II grundlegend reformiert wurde, wodurch auch neue Zeitregime etabliert wurden.

Mit der Zugehörigkeit zu einer Übergangskategorie sind auch Erwartungen verbunden, Aktivitäten, die gefordert werden – geduldig zu warten (auf Entscheidungen zum Aufenthaltsstatus) oder auch angemessene Mitwirkung (durch Bewerbungen, Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen, etc.) bei der Überwindung des Leistungsbezuges zu zeigen. Zeitregime sind also nicht neutral, sondern inhaltlich gefüllt. Zwar scheint die Zeit für alle zu verstreichen, aber die einen sollen sie über sich ergehen lassen, warten, während die anderen damit etwas ‚anfangen‘ sollen.

Gewünscht sind Beiträge, die sich konzeptionell oder empirisch mit dem Thema der Zeitlichkeit sozialstaatlichen Handelns in Übergangsprozessen befassen. Mögliche Fragestellungen sind:

  • Welche Rolle spielt Zeit in Diskursen zum Sozialstaat?
  • Wie wird Zeitlichkeit in sozialstaatlichen Organisationen verhandelt, auch auf Ebene der street-level bureaucrats?
  • Welches Zusammenspiel zwischen objektiven zeitlichen Rahmungen und subjektiven Wahrnehmungen und Bedarfen lässt sich im sozialstaatlichen Handeln und der individuellen Verarbeitung beobachten?
  • Welche Rolle nehmen Phasen des Wartens ein? Wie wird das Warten individuell und institutionell bearbeitet (Paris 2001)?
  • Welche Rolle spielt Zeit in Interaktionen zwischen Adressat:innen und öffentlichen Vertreter:innen – „time as an ordering principle of interaction“ (Rawls 2005)?#
  • Wie verhalten sich Zeitlichkeit und die Techniken des Sozialstaats (digitale und andere Geräte) zueinander (Kaun 2025)?
  • Wie haben sich Klassifikationsmuster aus temporaler Perspektive verändert?
  • Welche theoretischen und methodologischen Ansätze erweisen sich als fruchtbar zur Analyse von Zeitlichkeit in Übergangsprozessen?

Angestrebt werden vier bis fünf Vorträge (Deutsch oder Englisch) mit je anschließender Diskussion.

Beiträge

Wir bitten um die Einreichung von Abstracts (maximal zwei Seiten) bis zum 30.04.2025 an die Organisator:innen. 

Kontakt

Anemari Karačić 
anemari.karacic(at)uni-due.de 

Ariana Kellmer 
ariana.kellmer(at)uni-due.de 

Dr. Daniela Böhringer 
daniela.boehringer(at)uni-due.de 

Zum Call for Papers + Literatur (PDF)

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