Simon Hecke | Essay | 30.11.2022
Die Polarisierung der „Einflusssphären”
Zu Entstehung und Wandel einer imperialen Semantik
„Sphere of influence is a contested concept…“[1] – Zur normativen Ambivalenz der „Einflusssphären“
Vorangetrieben vor allem von dem seit 2014 andauernden Ukraine-Konflikt und -Krieg erleben wir seit einigen Jahren eine Renaissance des Konzepts der „Einflusssphären“ im politischen und wissenschaftlichen Diskurs.[2] In öffentlichen Debatten stehen sich dabei zwei grundlegend verschiedene Auffassungen von „Einflusssphären“ gegenüber:
Die eine Sicht erkennt in Einflusssphären ein anachronistisches Instrument imperialistischer Machtpolitik. Einflusssphären verletzen und gefährden demnach die etablierte internationale Ordnung, die auf Normen wie nationaler Selbstbestimmung und staatlicher Souveränität basiert. Nach der russischen Invasion der Krim und dem Kriegsbeginn im Donbass 2014 sahen sich etwa die damalige Bundeskanzlerin Merkel und der seinerzeitige Bundespräsident Gauck konfrontiert mit „einem Konflikt um Einflusssphären und um Territorialansprüche, wie wir ihn eigentlich aus dem 19. oder 20. Jahrhundert kennen“, und zählten Einflusssphären entsprechend zu den „überwunden“ geglaubten „Denk- und Verhaltensmustern“ internationaler Politik.[3] Auch die US-Regierung warf damals Russland explizit den Rückfall in überkommene Verhaltensweisen vor: „The days of empire and spheres of influence are over“, stellte etwa der damals amtierende Präsident Obama fest[4] und unterstrich damit das öffentlich verbreitete Bild von Einflusssphären als einem „imperialistischen“ und deshalb so unzeitgemäßen wie unrechtmäßigen Instrument zeitgenössischer internationaler Politik.
Die andere Position, vorgetragen vorrangig von Vertretern „realistischer“ Theorien in den Internationalen Beziehungen, sieht hingegen in Einflusssphären keineswegs einen polemogenen Atavismus des Imperialismus. Im Gegenteil: Auch im 21. Jahrhundert, wie Graham Allison, ein prominenter US-amerikanischer Vertreter dieser Sichtweise, feststellte, blieben Einflusssphären doch die robustesten Bausteine im Verständnis und im Aufbau internationaler Ordnung. [5] In der deutschsprachigen Debatte hat zuletzt vor allem Herfried Münkler die Abstimmung von Einflusssphären und die Einrichtung von neutralen Pufferstaaten zwischen Großmächten – ebenfalls am Akutfall der Ukraine – als stabilitäts- und friedensstiftende Instrumente internationaler Sicherheitspolitik propagiert.[6] Auch für ihn sind „nicht die Einflusszonen selbst […] in friedenspolitischer Hinsicht das Problem“; neuralgische Punkte internationaler Ordnung stellten hingegen „die Überlappungsbereiche konkurrierender Einflusszonen“ dar.[7] Wie andere Analysten[8] hielt auch Münkler nach Beginn der russischen Großoffensive an dieser „realistischen“ Einschätzung fest: Durch die Koordination der jeweiligen Einflusssphären Russlands und des Westens sowie die Einrichtung der Ukraine als neutraler Pufferstaat, so der Politikwissenschaftler noch im Mai 2022 gegenüber der NZZ,[9] „hätten ungeheure Zerstörungen und Zehntausende Tote vermieden“ und „[v]ielleicht […] auch die territoriale Integrität der Ukraine, wie sie bei Kriegsbeginn bestand, sichergestellt werden können“.
Ordnungsgefährdendes und kriegstreibendes Werkzeug eines neuen Imperialismus oder ordnungsstiftendes und pazifizierendes Instrument internationaler Großmachtpolitik – man braucht sich dem Oberthema des diesjährigen DGS-Kongresses nicht unnötig anzubiedern, um sagen zu können: Einflusssphären polarisieren. Diese Umstrittenheit von Einflusssphären – und dies möchte ich im Folgenden zeigen – ist jedoch keine neue Erscheinung. Seit ihrem Auftauchen im Zusammenhang mit der imperialistischen Vereinnahmung weiter Teile Asiens und des afrikanischen Kontinents im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind Konzepte der „Einfluss-“ und „Interessensphären“ in politischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Diskursen höchst unterschiedlich verstanden und bewertet worden. Eine normative Ambivalenz in der öffentlichen Einschätzung von Einflusssphären tritt dabei bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert zum ersten Mal deutlich hervor.
Mein Beitrag beleuchtet im Folgenden die Entstehung und den Wandel der historischen Semantik der Einflusssphären in der Zeit des Hochimperialismus und wirft dabei einen besonderen Blick auf Diskurse im Deutschen Kaiserreich. Dabei gehe ich zunächst auf das Verständnis von Einfluss- und Interessensphären in der zeitgenössischen Völker- und Kolonialrechtswissenschaft ein. Daran anschließend wende ich mich der Theoretisierung und Bewertung von Einflusssphären in der sozialistischen und linksliberalen Imperialismuskritik um 1900 zu. Damit ist, wie wir sehen werden, eine frühe „polare“ Grundkonstellation im Verständnis von Einflusssphären als entweder förderliche und legitime oder aber gefährliche und verwerfliche Elemente zwischenstaatlicher Ordnung beschrieben. Der Beitrag schließt mit analytischen Implikationen, die sich aus einer begriffs- und diskursgeschichtlichen Betrachtung von Einflusssphären ergeben.[10]
„…a new chapter is being added to International Law“[11] – Der Eintritt der „Einflusssphären” in den völker- und kolonialrechtlichen Diskurs
Eingang in die Sprache zwischenstaatlicher Politik fand die Semantik der Einflusssphären wohl zum ersten Mal im Kontext des sogenannten „Great Game“ des 19. Jahrhunderts, genauer im Zuge der russisch-britischen Verhandlungen um das Jahr 1870.[12] Bereits an diesem Entstehungsdiskurs lassen sich expansionistische wie auch konfliktregulierende und -präventive Motive ablesen, die in das Konzept historisch eingehen werden: In ihrem Ringen um die Vorherrschaft in Zentralasien verständigten sich damals das Russische und das Britische Reich über die Einrichtung einer neutralen Zone, die die russischen und britischen Besitzungen in Asien voneinander trennen und damit auch die Interessen und den Einfluss der beiden Großmächte auf Abstand halten sollte. „[A]n independent zone“, so beschrieb der russische Außenminister und Kanzler seinerzeit diese Idee, „would preserve them from any immediate contact, and the two countries could, in all security, devote themselves to the accomplishment of their mission of civilization, each in her natural sphere“.[13]
Die „Einflusssphären“ entstanden wortwörtlich als „Nebenprodukt“ dieser Idee: Sie bezeichneten jene zwei Gebiete, die jenseits des eigentlich in Rede stehenden inter-imperialen Zwischenraums lagen und jeweils dem exklusiven Einfluss einer der beiden Mächte vorbehalten sein sollten. Für den Zwischenraum, die „independent zone“, sollte sich bald der Begriff der „buffer zone“ beziehungsweise des „buffer state“ etablieren – eine Wortschöpfung im Rückgriff auf die sich damals rapide entwickelnde und geopolitisch so relevante Eisenbahntechnik.[14] Bis heute verweisen Ausdrücke wie die „Pufferzone“ oder der „Pufferstaat“ auf die präventive, nämlich distanzhaltende und abfedernde Funktion, die zuweilen mit der Koordination und Auszeichnung von Einflusssphären verbunden wird.
Es scheint jedoch erst die Berliner Konferenz von 1884/85 gewesen zu sein, mit der, wie man später formulieren würde, „the modern era of […] spheres of influence properly began.“[15] In der General-Akte der Konferenz findet sich der Begriff selbst dabei nicht. Aus bestimmten Formulierungen ihrer Artikel versuchten europäische Kolonialmächte jedoch abzuleiten, dass die Tatsache, dass Mächte in „Gebieten“ nicht nur Souveränitäts- oder Protektoratsrechte, sondern auch „einen Einfluß ausüben“,[16] nun ebenfalls formale Anerkennung erhalten habe.[17]
Schon bald nach der Konferenz finden sich jedenfalls erste Abkommen zwischen Kolonialmächten, die sich des Konzepts der „Einflusssphären“ bedienen. Vereinbarungen mit deutscher Beteiligung stechen dabei als gleichsam prototypische Fälle deutlich hervor – und das sowohl aufgrund ihres frühen Datums als auch ihrer Vorbildfunktion für nachfolgende Abkommen. So unterbreitete bereits im März 1885, also nur wenige Wochen nach der Berliner Konferenz, der britische Außenminister dem Kaiserlichen Botschafter in London „ein Memorandum, betreffend ein Übereinkommen über Trennung und Abgrenzung der Machtsphären Großbritanniens und Deutschlands in denjenigen Gebieten am Golf von Guinea, wo eine Kollision der beidseitigen Kolonialinteressen eintreten könnte“.[18]
Während die englische Seite an anderer Stelle dieses Übereinkommens bereits von „Einflusssphären“ („spheres of influence“) spricht,[19] sollte sich in der deutschen Amtssprache zunächst bis Ende 1886 die für den weiteren deutschsprachigen Diskurs lange Zeit typische und vorherrschende Wortwahl „Interessensphären“ etablieren.[20] Sowohl sprachlich als auch inhaltlich festigte sich das Konzept vor allem aber durch das deutsch-britische Abkommen vom 1. Juli 1890, bekannt auch als „Helgoland-Sansibar-Vertrag“.[21] Als eine „Einflusssphäre“ beziehungsweise „Interessensphäre“ wird darin in Art. 1 zweimal jenes „Gebiet“ ausgezeichnet, das der jeweiligen Vertragsseite „zur Geltendmachung seines Einflusses vorbehalten wird“.[22] Artikel 7 (Abs. 1) des Vertrags definiert dann noch genauer:
„Jede der beiden Mächte übernimmt die Verpflichtung, sich jeglicher Einmischung in diejenige Interessensphäre zu enthalten, welche der anderen durch Artikel 1 bis 4 des gegenwärtigen Übereinkommens zuerkannt ist. Keine Macht wird in der Interessensphäre der anderen Erwerbungen machen, Verträge abschließen, Souveränetätsrechte oder Protektorate übernehmen oder die Ausdehnung des Einflusses der anderen hindern.“[23]
Diese Formulierung wurde in der zeitgenössischen wie späteren Literatur vielfach als paradigmatisch für die Auslegung dieser sogenannten „Abgrenzungsverträge“ und des Konzepts der „Einflusssphären“ beziehungsweise „Interessensphären“ gesehen und verwandt.[24] Um die Zeit dieses Abkommens, also um 1890, verbreitete sich der Begriff auch zunehmend im internationalen völkerrechtlichen Diskurs und fand vermehrt Eingang in entsprechende Abhandlungen, Hand- und Lehrbücher.[25] Auch die damals noch kaum etablierte deutsche Kolonialrechtswissenschaft begann bereits zu dieser Zeit, das Konzept zu rezipieren.[26]
„…ein erfreulicher Fortschritt auf der Bahn friedlicher Entwicklung der Staatenbeziehungen“[27] – Normative Einschätzungen zu Einfluss- beziehungsweise Interessensphären im völker- und kolonialrechtlichen Diskurs
Dabei wurde sowohl in der internationalen Völkerrechts- als auch in der deutschen Kolonialrechtsliteratur früh die konfliktregulierende und -präventive Wirkung der Abgrenzungsverträge begrüßt. Fehlende oder zu ungenaue rechtliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Okkupationsrechts, so erklärte ein britischer Kommentator bereits im Jahr 1885, „have prompted the great European states who have engaged in the recent competition for territory and influence in Africa to enter into agreements among themselves with a view to avoiding future conflicts.“[28] Auch einer der ersten im Deutschen Kaiserreich erschienenen kolonialrechtlichen Aufsätze überhaupt teilte diese Auffassung nachdrücklich.
„In neuerer Zeit,“ so sein Autor, Robert Adam, „haben die europäischen Kolonialmächte ein zweckdienliches Mittel, um Konflikte, wie sie ehedem über die gegenseitige Abgrenzung überseeischer Gebiete sich entsponnen haben, hintanzuhalten, in den Verträgen gefunden, welche die sog. Interessensphären zwischen den Konkurrenten bestimmen und zu diesem Behufe Demarkationslinien aufstellen. […]
Entgegen den bisherigen vagen Aufstellungen über die territoriale Abgrenzung okkupierter Gebiete sind die Verträge als ein erfreulicher Fortschritt auf der Bahn friedlicher Entwicklung der Staatenbeziehung zu begrüssen.“[29]
Dieses Motiv einer konfliktregulierenden und -vorbeugenden Wirkung von Abkommen über Einfluss- und Interessensphären lässt sich innerhalb der europäischen Völker- und Kolonialrechtsliteratur – im Vergleich dann übrigens weniger stark innerhalb der deutschen[30] – noch mindestens bis in die Zwischenkriegszeit hinein verfolgen[31] und sollte als Motiv diese Diskurse bald auch überschreiten und langfristig überdauern.[32] Noch 1926 urteilte etwa der britische Jurist Mark F. Lindley: „It was largely owing to their use that, despite the keen competition among the Powers for territory in Africa and Oceania, the primary division amongst them of those parts of the world was effected by peaceful methods.”[33]
Erwähnt sei in diesem Zusammenhang zudem, dass sich auch Max Weber – wie wir wissen, ein durchaus „entschiedener Anhänger imperialistischer Ideale“[34] – zum Konfliktpotenzial von Einflusssphären geäußert hat: Weber beklagte zu Kriegszeiten den kolonialen „Streuerwerb in aller Welt“, in dem sich die „Überseeausdehnung“ des Deutschen Kaiserreichs „bei Fehlen historischer Interessensphären“ leider vollzogen hätte. Dieser habe doch den „Nachteil“ gehabt, das Reich „in Reibung mit aller Welt zu bringen“.[35] Für die Verhandlungen und die Etablierung einer Nachkriegsordnung propagierte Weber daher auch den Tausch „unseres Streubesitzes“ gegen „eine arrondierte Interessensphäre, wie andere Länder sie auch haben, ohne daß jemand dadurch gefährdet wird“.[36] In einem Brief an Friedrich Naumann sprach er sich im Mai 1917 dafür aus, die Reichsregierung möge unter anderem erklären „daß wir eine Festlegung kolonialer Interessensphären in kulturlosen Gebieten wie Afrika unter Austausch der zersplitterten Besitzungen wünschen, welche uns nutzlos mit allen möglichen Mächten in Interessenkollision bringen.“[37]
„…eine Uebergangsbildung κατ’ ἐξοχήν“[38] – Die Einfluss- beziehungsweise Interessensphäre als Initialform und -phase in einem Steigerungsprozess kolonialer Kontrolle
Einflusssphären werden heute, auch im Rückblick auf das späte 19. Jahrhundert, nicht selten dem Phänomenbereich des sogenannten informalen Imperialismus (informal empire) zugerechnet.[39] Verstanden wird darunter gemeinhin eine Form zwischenstaatlicher Kontrolle oder Einflussnahme, die auf eine formale Aneignung von Territorien oder den Entzug der politischen Souveränität der kontrollierten beziehungsweise beeinflussten Gemeinwesen vorläufig oder (mit Absicht) gänzlich verzichtet und demgegenüber auf verschiedene andere Machtressourcen (militärische, ökonomische, politische, kulturelle) setzt. Interessanterweise lassen auch schon die historischen Diskurse zu Einfluss- und Interessensphären zur Zeit des Hochimperialismus selbst – gewöhnlich doch verstanden und erinnert als ein Zeitraum intensivster Ausweitung formaler Kolonialherrschaft – Vorstellungen von einer gewissen Informalität ihres Gegenstands erkennen.
Für den hier zunächst betrachteten völker- und kolonialrechtlichen Diskurs lässt sich in Bezug auf diese Informalität der Einflusssphären auch umgekehrt von einer abgeschwächten oder abgestuften Formalität sprechen, die dort nahezu einhellig mit dem Phänomen assoziiert wurde. So hat man früh etwa den Rechtscharakter der Einflusssphären selbst angezweifelt, weil entsprechende Übereinkommen nur die Vertragspartner, nicht aber Dritte, also andere Mächte, zur Achtung der betreffenden Einflusssphären völkerrechtlich zu binden vermochten.[40] Der britische Jurist William Edward Hall sah in einer Einflusssphäre daher auch noch mehr „einen moralischen Anspruch“ („a moral claim“) als „ein wirkliches Recht“ („a true right“) verwirklicht.[41]
Schon bei Hall[42] findet sich jedoch die forthin den Diskurs mindestens genauso stark prägende Idee von einer bestimmten rechtlichen und politischen Entwicklungsstufe sowie einer vorgezeichneten Entwicklungsrichtung der Einflusssphäre: Sie stellte demnach primär eine vorläufige Einrichtung dar, um weitergehende politische Kontrolle und rechtliche Ausgestaltung des bisher ,nur‘ beeinflussten Gebietes zu ermöglichen und vorzubereiten.
Gerade der kategoriale Vergleich und das Ins-Verhältnis-Setzen der Einflusssphäre mit anderen, etablierteren Formen des Kolonial- und Völkerrechts[43] führten die Autoren jener Zeit zu der Überzeugung, dass Einflusssphären – so eine treffende zeitgenössische Formulierung – „nur eine Vorstufe und häufig sogar den notwendigen Durchgangpunkt zur Kolonie beziehungsweise zum kolonialen Protektorat“[44] bildeten. Als kennzeichnend für die Einfluss- beziehungsweise Interessensphären wurde daher ihr Übergangscharakter gesehen.[45] Dieser steht auch im Mittelpunkt der einzigen deutschsprachigen kolonialrechtlichen Dissertation und Monografie zu den „Interessensphären“, die bisher recherchiert werden konnte:[46]
„Als eine Uebergangsbildung“, so lesen wir darin, „erscheint die Interessensphäre insoferne, als sie nicht nur ihrer selbst willen begründet wird und besteht, sondern um in die höhere Kategorie der Kolonie bezw. des kolonialen Protektorats aufzusteigen; als ein Uebergangsgebilde zeigt sie sich aber auch in dem Sinne, als ihr räumlicher Umfang stets in Fluss begriffen ist.“[47]
Grundlegend für diese Auffassung war eine damals weithin geteilte Vorstellung von einem auf zunehmende Ausweitung und steigende Intensität hin gerichteten Entwicklungsprozess kolonialer Kontrolle. Der Königsberger Rechtsprofessor Karl Gareis brachte diese Vorstellung in seiner Gesamtdarstellung zum „Deutschen Kolonialrecht“ auf den Punkt: „[D]ie staatliche Besitzergreifung kann sich stufen- und schrittweise vollziehen, allmählich und zwar nicht bloss räumlich, so dass das Land stück- oder streifenweise in Schutz und Besitz genommen wird, sondern auch der Intensität nach, so dass Rechtspflege und Verwaltung sich sachlich ausdehnen“.[48] Wie sich ein solcher Prozess realiter vollziehen konnte, hat zuletzt Matthias Leanza an der Entstehung des Schutzgebietes „Deutsch-Südwestafrika“ eindrücklich gezeigt.[49] Die Untersuchung der historischen Semantik der Einfluss- beziehungsweise Interessensphären macht deutlich: Auch konzeptionell wurden diese als rechtliche und politische Initialformen und Initialphasen in einem quasi naturgemäß auf vollständige Kolonisation hindrängenden Entwicklungsprozess aufgefasst.
Mag daher auch der Rechtscharakter der Einfluss- und Interessensphären früh und immer wieder von Autoren im Völker- und Kolonialrechtsdiskurs angezweifelt worden sein – grundsätzlich sind sie dort jedoch als legitime, ja teils notwendige rechtliche Erscheinungen und Einrichtungen der Beziehungen zwischen den Kolonialmächten angesehen worden. Schwerwiegende rechtliche oder auch moralische Bedenken gegen Einflusssphären wurden hier nicht vorgebracht; im imperial-eurozentrisch fundierten Völker- und Kolonialrecht der Zeit sind sie, neben der Kolonie und dem Protektorat, vielmehr Teil eines für relativ selbstverständlich erachteten Katalogs politischer und rechtlicher Formen und Instrumente, die zur Ausweitung imperialer Macht und kolonialer Herrschaft in Anspruch genommen werden konnten.
„…Imperialismus ist der Drang nach Kolonien, Schutzgebieten und Einflusssphären.“[50] – Das Konzept der Einflusssphären in den frühen (Anti-)Imperialismustheorien
Im anti-imperialistischen Diskurs um die Jahrhundertwende werden Einfluss- und Interessensphären dieser Selbstverständlichkeit entkleidet beziehungsweise nun – gleichsam unter negativen Vorzeichen – als selbstverständliche Elemente eines desaströsen „neuen Imperialismus“ interpretiert. Anders als im Völker- und Kolonialrechtsdiskurs, werden hier Konzepte der „Einflusssphären“ dementsprechend deutlich negativ konnotiert. Auch Vorstellungen von einer gewissen Informalität des Phänomens erfahren hier einen entscheidenden und nachhaltigen Wandel.
Ein wesentlicher Auslöser für die verstärkte Kritik und auch frühe Theorie des Imperialismus durch linksliberale und sozialistische Autor:innen um 1900 ist die damals explizit auch so genannte „Politik der Einflusssphären“ beziehungsweise „Interessensphären“ verschiedener Großmächte, darunter auch Deutschland, in China. Mit seiner Anwendung auf den chinesischen Kontext erhält das Konzept der „Einflusssphären“ beziehungsweise „Interessensphären“ in beiden hier untersuchten Diskurszusammenhängen eine wichtige neue Bedeutung: Im Völker- und Kolonialrechtsdiskurs dient es von nun an, neben der bekannten Bezeichnung von als „herrenlos“ verstandenen Gebieten auf dem afrikanischen Kontinent, nun auch zur Bezeichnung von Gebieten innerhalb von Staaten, denen die Autoren zumindest einen mehr oder weniger ,zivilisierten‘ und souveränen Status zuerkannt hatten.[51] Bald diskutierte man unter den Juristen auch, inwiefern der Begriff „Einflusssphären“ für den einen, die Bezeichnung „Interessensphären“ hingegen für den anderen Zusammenhang besser geeignet wären.[52]
Für die frühe Imperialismuskritik war gerade diese zweite und neue, intra-staatliche Bedeutung des Einflusssphären-Konzepts zentral. Hier diente der Begriff nun vorrangig zur kritischen Kennzeichnung einer imperialistischen Durchdringung – ebenfalls vorgestellt als „Aufteilung“ – von als formal relativ unabhängig geltenden politischen Gebilden wie China, aber auch Persien oder der Türkei.[53] Einflusssphären wurden dabei sowohl von Liberalen als auch Sozialist:innen als wesentliches Element einer neuen Form des zeitgenössischen Imperialismus gedeutet, der neben neuen Absatz- vor allem auch neue Anlagemärkte zu erschließen beziehungsweise zu „erobern“ versuchte.[54] Schon im Mai 1900 schrieb Karl Kautsky dazu mit Blick auf China im Vorwärts:
„[…D]er eigentliche jetzige Kampf ums himmlische Reich aber dreht sich darum, bestimmte Landesteile als ‚Interessensphäre‘, d.h. als Kapitalanlagemärkte und Exploitationsgebiete zugewiesen zu erhalten, Eisenbahn- und Bergwerkskonzessionen zu erlangen, Kapitalien in Anleihen unterzubringen etc. Und ähnliche Kämpfe um Kapitalanlagemärkte finden wir in Kleinasien, in Südafrika, in Aegypten; ebenso kommen die kleinen Republiken Zentralamerikas für die Vereinigten Staaten und Ostindien für England mehr noch als finanzielle Ausbeutungsgebiete, denn als Warenabsatzmärkte in Betracht.“[55]
Einfluss- beziehungsweise Interessensphären wurden gleichsam als „Investitionssphären“ beziehungsweise „Anlagesphären“ gedeutet und gelegentlich auch so bezeichnet. In diesem Sinne gingen sie – auch über die verschiedenen Lager der sozialistischen Bewegung hinweg – in viele Definitionen des neuen Imperialismus explizit ein.[56]
Im linksliberalen Diskurs sind Einflusssphären ebenfalls als konstitutive Merkmale eines neuen Imperialismus früh registriert und theoretisiert worden.[57] In John A. Hobsons einflussreicher Imperialismustheorie, der ersten umfassenderen Theorie des modernen Imperialismus,[58] finden wir dabei Einfluss- und Interessensphären, wie schon im Völker- oder Kolonialrecht, als Initialformen und -phasen in einem Steigerungsprozess kolonialer Kontrolle gedeutet. Zugleich kritisierte Hobson diese gestuften rechtlichen und politischen Unterscheidungen jedoch als primär verbale Täuschungen: als Erfindungen und Ausdruck eines „zynischen Geistes“ des Imperialismus, der sein eigentliches und konstant verfolgtes Ziel, nämlich den Erwerb und die Kontrolle immer größerer Gebiete der Welt als wirtschaftliche Absatz- und Anlagemärkte, mit dieser „diplomatischen Sprache“ nur zu verschleiern versuche.[59]
Damit wird ein Schritt vollzogen, die Informalität von Einflusssphären nicht nur in einer abgeschwächten oder abgestuften Formalität, sondern auch in einer gewissen Latenz zu sehen. Einflusssphären sollten von nun an immer häufiger, gerade in kritischen Diskursen, als indirekte und verdeckte Formen des Imperialismus interpretiert werden.
„…was zum Wettrüsten führt.“[60] – Der Zusammenhang von Einflusssphären, Militarismus und Krieg im imperialismuskritischen Diskurs
Insgesamt erfuhr der Begriff der „Einflusssphäre“ im anti-imperialistischen Diskurs um 1900 eine starke Pejoration. Er ist zudem auch explizit als konflikterzeugendes und -verschärfendes, statt, wie im Völker- und Kolonialrechtsdiskurs, als konfliktregulierendes und -präventives Instrument internationaler beziehungsweise nun „imperialistischer“ Politik gedeutet worden. Als Wesensmerkmal des neuen Imperialismus wurden Einflusssphären sowohl von Sozialist:innen als auch von Liberalen eng mit dem sogenannten „Militarismus“ der damaligen Zeit und schließlich auch mit dem Weltkrieg ursächlich verknüpft. In einflussreichen Beiträgen zur Abrüstungsdebatte innerhalb der deutschen Sozialdemokratie etwa spielten Einflusssphären über die verschiedenen Meinungslager hinweg – bei Kautsky wie bei Luxemburg – eine wichtige Rolle.[61] Lenin sollte nach dem Ende des Weltkriegs seiner berühmten Imperialismusstudie den Satz voranstellen:
„In der Schrift wird der Beweis erbracht, daß der Krieg von 1914–1918 auf beiden Seiten ein imperialistischer Krieg (d. h. ein Eroberungskrieg, ein Raub- und Plünderungskrieg) war, ein Krieg um die Aufteilung der Welt, um die Verteilung und Neuverteilung der Kolonien, der ‚Einflußsphären‘ des Finanzkapitals usw.“[62]
Auch für linksliberale Autoren wie Hobson oder Henry N. Brailsford hatten die Ursachen des Krieges gleichsam nicht in Europa selbst, sondern in Afrika und Asien gelegen – eine Sicht, die bekanntermaßen auch der afroamerikanische Soziologe W.E.B. Du Bois entwickeln sollte.[63] In seinem Aufsatz „The African Roots of War“ zählte Du Bois die Aufteilung von Kolonien und Einflusssphären, auch für die Zeit nach der Weltenschlacht, zu den „fortwährenden Kriegsgefahren“, den „perpetual dangers of war“, wenn nämlich in Zukunft die gegenwärtige Aufteilung erneut von irgendwem (es sollte wiederum vor allem Deutschland sein) als ungerecht empfunden werden würde.[64]
Brailsford diskutierte in seinem damals äußerst erfolgreichen Buch The War of Steel and Gold explizit das Motiv der konflikthemmenden Wirkung der Abgrenzung von Einflusssphären im imperialistischen Wettstreit und nannte dabei „zwei gravierende Einwände“ gegen eine solche Sicht:[65] Erstens habe eine Verständigung über Einflusssphären selten einen Konflikt verhindern, sondern in den meisten Fällen nur beenden können, also gar keine präventive Wirkung besessen. Als zweiten Einwand sah er, dass „the delimitation of spheres of interest is almost inevitably fatal to the national existence of the country portioned”,[66] und richtete damit schließlich den Blick auf das Schicksal der sozusagen „eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritten“ von Einflusssphären im internationalen System: den beeinflussten Gemeinwesen selbst.
Schluss: Analytische Implikationen begriffs- und diskursgeschichtlicher Erkenntnisse
Erstaunlicherweise sind Bedeutungen und Bedeutungswandel der „Einflusssphären“ und „Interessensphären“ in ihrem Entstehungskontext, dem Hochimperialismus, bisher kaum von der politikwissenschaftlichen oder auch rechtshistorischen Forschung näher betrachtet worden.[67] Mit meinem Beitrag habe ich versucht, eine polare Grundkonstellation im Verständnis von Einfluss- und Interessensphären herauszuarbeiten und zu kennzeichnen: In der Zeit und (auch) im Zusammenhang des Deutschen Kaiserreichs hat das Konzept der „Einflusssphären“ eine nachhaltige „Polarisierung“ zwischen einem ordnungsstiftenden und pazifizierenden gegenüber einem ordnungszerstörenden und polemogenen Instrument zwischenstaatlicher Politik erfahren. Indem diese polare Konstellation später in verschiedene andere Diskurszusammenhänge einwandern und sich darin oder zwischen diesen jeweils neu aufspannen konnte, hat die „Polarisierung der Einflusssphären“ ihren Entstehungskontext bis heute überlebt.
Auf diese weitere Entwicklung des Konzepts konnte hier nicht eingegangen werden. Ich möchte abschließend aber zwei analytische Implikationen andeuten und hervorheben, die sich aus einer begriffs- und diskursgeschichtlichen Betrachtung der Einflusssphären ergeben:
Deutlich wurde, zum einen, dass eine Einflusssphäre semantisch, aber auch strukturell, mehr ist als eine außenpolitische Strategie oder deren Umsetzung: In ihrer diskursiven wie praktischen Realisierung impliziert sie stets Vorstellungen über internationale Ordnung und dabei über akzeptable und inakzeptable Formen und Maße der Einflussnahme im zwischenstaatlichen Verkehr.[68] Begriff und Form der Einflusssphäre sind daher historisch stark geprägt von den jeweils vorherrschenden oder diese herausfordernden Weltordnungsmodellen (vor allem kolonialistischen/imperialistischen, internationalistischen, bi- oder multipolaren beziehungsweise regionalistischen Modellen). Seit ihrer Entstehung variieren sie mit selbst wiederum historisch wechselnden und wandelbaren (dominanten wie subversiven) Beobachtungs- und Ordnungsschemata von Welt- beziehungsweise „internationaler“ Ordnung.
Immer sind Einflusssphären dabei jedoch das Instrument einer „governance by the few“ geblieben, wie man mit dem Bielefelder Politikwissenschaftler Thomas Müller[69] formulieren kann: einer Art von aristokratischem Governance-Modus weniger, privilegierter Großmächte, dem aber seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch ein demokratischer Modus – teils widerstreitend, teils ergänzend – gegenübersteht: der Modus einer „governance by the many”. Anzahl, Status und auch Einfluss jener „Vielen“ im internationalen System haben sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, insbesondere durch die Dekolonialisierungsbewegungen, deutlich erhöht; seinen „aristokratischen Habitus“, wenn man so will, hat das Konzept der Einflusssphären dadurch jedoch gerade nicht ablegen können.
Zweitens, und mit dem ersten Punkt eng verknüpft, haben wir es im „langen 20. Jahrhundert“ scheinbar mit einer nachhaltigen, aber nie ganz vollständigen Delegitimation von Einflusssphären zu tun. Durch ihre wortwörtlich ursprüngliche Assoziation mit Imperialismus und Kolonialismus fallen Einflusssphären etwa seit der Zwischenkriegszeit zunehmend unter eine gewisse Kommunikationslatenz:[70] Statt veröffentlichter, staats- und völkerrechtlich sanktionierter Abkommen nahm etwa in der Zeit des Kalten Krieges die Koordination von Einflusssphären zwischen den Groß- beziehungsweise Supermächten die Form von „stillschweigenden Übereinkommen“ („tacit understandings“), wie Paul Keal formuliert hat,[71] an. Einem politischen Gegner lassen sich die Etablierung oder Ausweitung von „Einflusssphären“ dadurch zwar nicht weniger leicht als geheime und hinterhältige Absichten oder Handlungen unterstellen; entsprechende Anschuldigungen können von diesem aber wiederum ebenso leicht dementiert beziehungsweise erwidert werden. In jüngerer Zeit zeugten davon etwa die vielen wechselseitigen Vorwürfe zwischen EU, NATO und Russland schon vor Beginn des Russisch-Ukrainischen Krieges.[72] Einflusssphären gehören daher heute zur „grey zone” internationaler Politik: „they might exist but cannot be publicly recognized”.[73]
Ein wechselseitiger Zusammenhang mit Weltordnungsmodellen, eine zunehmende Delegitimation und entsprechende Kommunikationslatenz – dies sind zentrale Daten, die sich an der Begriffs- und Diskurs-, aber auch an der Strukturgeschichte der Einflusssphären im „langen 20. Jahrhundert“ ablesen lassen. Sie sollten in der analytischen Beschäftigung mit diesem Phänomen, ob in seinen historischen oder aber gegenwärtigen Ausprägungen, in Rechnung gestellt werden; dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich in den Theorien und Begriffen von „Einflusssphären“, die sich Sozialwissenschaftler:innen in den vergangenen gut 150 Jahren von ihnen gebildet haben, explizit oder implizit widerspiegeln.
Fußnoten
- Susanna Hast, Spheres of Influence in International Relations. History, Theory and Politics, Farnham 2014, S. vii.
- Vgl. etwa Audrey Makarychev / Alexandra Yatsyk (Hg.), Vocabularies of International Relations after the Crisis in Ukraine, London / New York 2017; sowie das Sonderheft „The Return of Spheres of Influence“ der Zeitschrift Geopolitics 23 (2018), 2, hrsg. von Iain Ferguson / Susanna Hast.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel, Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zum Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zur Lage in der Ukraine am 6. März 2014 vor dem Deutschen Bundestag am 13. März 2014 in Berlin, in: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hg.), Bulletin der Bundesregierung Nr. 25-1 vom 13. März 2014, S. 2; Bundespräsident Joachim Gauck, Rede anlässlich der Gedenkveranstaltung „1914 – 2014. Hundert europäische Jahre“, gehalten am 27. Juni 2014 in Schloss Bellevue, Berlin.
- President of the United States, Remarks by President Obama at the 25th Anniversary of Freedom Day, June 04, 2014. Warsaw, Poland.
- Graham Allison, The New Spheres of Influence. Sharing the Globe With Other Great Powers, in: Foreign Affairs 99 (2020), 2, S. 30–40, hier S. 36. Vgl. aber auch den bekannten israelisch-amerikanischen Soziologen Amitai Etzioni, Spheres of Influence. A Reconceptualization, in: Fletcher Forum of World Affairs 39 (2015), 2, S. 117–132, der unter Rückgriff auf seine Theorie und Typologie verschiedener Beziehungen der Folgebereitschaft (compliance) zu zeigen versucht, dass Einflusssphären einer liberalen internationalen Ordnung nicht entgegenstehen müssen, sondern umgekehrt zu deren Erhalt beitragen können.
- Für Beiträge vor dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 vgl. etwa das Interview mit Herfried Münkler, „Es gibt Einflusszonen, die die Bündnisfähigkeit von Ländern beschränken“, in: Neue Zürcher Zeitung, 25.01.2022; Herfried Münkler., Die Wiederkehr der Einflusszonen, in: Die Zeit, 10.02.2022, S. 58–59.
- Ebd.
- Vgl. die bekannte Einschätzung von John Mearsheimer, Why the Ukraine Crisis Is the West's Fault. The Liberal Delusions That Provoked Putin, in: Foreign Affairs 93 (2014), 5, S. 77–89; ders., The Causes and Consequences of the Ukraine Crisis, Presentation given at the University of Chicago, June 4, 2015; Isaac Chotiner, Why John Mearsheimer blames the U.S. for the crisis in Ukraine, in: The New Yorker, 01.03.2022; dazu auch Adam Tooze, John Mearsheimer and the dark origins of realism, in: The New Statesman, 08.03.2022.
- Herfried Münkler im Interview mit Andreas Ernst, „Die Ukraine wird unter die Räder kommen, wie immer die Sache ausgeht“, in: Neue Zürcher Zeitung, 19.05.2022.
- Der Beitrag basiert auf einem Vortrag im Rahmen der Ad-hoc-Gruppe „Das Deutsche Kaiserreich als ,polarisierte Welt‘“? Historisch-soziologische Zugänge“, gehalten beim 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), 26.–30. September 2022, Universität Bielefeld. Ich danke Hans Joas, Thomas Müller, Tobias Werron sowie den Mitgliedern des Kolloquiums „Soziologische Theorie und Weltgesellschaftsforschung“, veranstaltet von Bettina Heintz und Andrea Glauser an der Universität Luzern, für ihre wertvollen kritischen Hinweise zum Vortrag und/oder Manuskript.
- Thomas J. Lawrence, The Principles of International Law, London / New York 1895, S. 161.
- Vgl. zu diesen Verhandlungen mit Blick auf die Festlegung der jeweiligen Einflusssphären in Zentralasien Martin Ewans, Securing the Indian Frontier in Central Asia. Confrontation and Negotiation, 1865–1895, London and New York 2010, S. 27 ff.
- Prince Gortchakow [Alexander Mikhailovich Gorchakov], Letter from Prince Gortchakow to Baron Brunnow, 26 February / 7 March 1869, in: Parliamentary Papers (Hg.), Correspondence respecting Central Asia. C 704. Presented to both Houses of Parliament by Command of Her Majesty, London 1873, S. 3 (meine Hervorh., S.H.).
- Vgl. Iain Ferguson, Between New Spheres of Influence: Ukraine’s Geopolitical Misfortune, in: Geopolitics 23 (2018), 2, S. 285–306, hier S. 292.
- Mark F. Lindley, The Acquisition and Government of Backward Territory in International Law. Being a Treatise on the Law and Practice Relating to Colonial Expansion, London u. a. 1926, S. 209.
- Vgl. General-Akte der Berliner Konferenz vom 26. Februar 1885, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 6. Legislaturperiode, I. Session 1884/85, 7. Band, Anlagen zu den Verhandlungen des Reichstages Nr. 290, Aktenstücke betreffend die Kongo-Frage, No. 44, S. 1664–1670, hier S. 1666 (Art. 6 u. 9).
- Lindley, The Acquisition, S. 209 f. Schon Zeitgenossen verorteten die „terminologische Quelle“ des Konzepts der „Einflusssphären“ beziehungsweise „Interessensphäre“ in der Generalakte: Andreas Weissmüller, Die Interessensphären. Eine kolonialrechtliche Studie mit besonderer Berücksichtigung von Deutschland, Würzburg 1908, S. 21, mit Verweis auf Karl von Stengel, Die deutschen Schutzgebiete, ihre rechtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung (Neu bearbeitet), in: Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik 28 (1895), 7, S. 493–784, hier S. 509; vgl. zeitgleich auch J. Scott Keltie, The Partition of Africa, London 1895, S. 210 f.
- Übereinkommen zwischen Deutschland und England wegen Abgrenzung ihrer westafrikanischen Schutzgebiete am Golf von Guinea und wegen Gewährung gegenseitiger Handels- und Verkehrsfreiheit daselbst, in: Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger, No. 142 vom 20.06.1885, o.p. (meine Hervorh., S.H.).
- Vgl. Arrangement between Great Britain and Germany, relative to their respective Spheres of Action in portions of Africa, 29th April – 16th June, 1885, in: Edward Hertslet, The Map of Africa by Treaty, Vol. III, 3rd ed., London 1909, S. 868–874, hier S. 870 u. 871.
- Vgl. Weissmüller, Die Interessensphären, S. 21, der wie andere in diesem Zusammenhang die Erklärung zwischen der Kaiserlich Deutschen und Königlich Portugiesischen Regierung, betreffend die Abgrenzung ihrer beidseitigen Besitzungen und Interessensphären in Südafrika vom 30. Dezember 1886 hervorhebt. Der Text ist abgedruckt in: Otto Riebow (Hg.), Die deutsche Kolonial-Gesetzgebung, Berlin 1893, S. 89–92.
- Abkommen zwischen Deutschland und England, in: Deutsches Kolonialblatt 1 (1890), 8, S. 120–128. Auch in der öffentlichen Begründung dieses Vertrags wurden explizit Motive der Deeskalation und der Befriedung zwischenstaatlicher Beziehungen angeführt. „Allem voran“, so hieß es etwa in der Denkschrift der Kaiserlichen Regierung über die Beweggründe zu dem deutsch-englischen Abkommen (veröffentlicht als erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger, No. 181 vom 29.07.1890), „stand das Bestreben, unsere […] guten Beziehungen zu England weiter zu erhalten und zu befestigen und dadurch dem eigenen Interesse wie dem des Weltfriedens zu dienen.“
- Abkommen, S. 120 bzw. 121.
- Ebd., S. 125.
- Früh bereits Robert Adam, Völkerrechtliche Okkupation und deutsches Kolonialstaatsrecht, in: Archiv des öffentlichen Rechts 6 (1891), 2, S. 193–310, hier S. 284 m. Anm. 108; allgemein vgl. Franz J. Sassen, Art. „Interessensphären“, in: Max Fleischmann (Hg.), Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Bd. 2, 2., völlig neu gearb. u. erw. Aufl., Tübingen 1913, S. 437–438, hier S. 437; Paul Heilborn, Art. „Interessensphäre“, in: Karl Strupp (Hg.), Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie, Bd. 2, Berlin/Leipzig 1924, S. 550–552, hier S. 551; Lindley, The Acquisition, S. 208.
- Früh etwa Charles Salomon, L’Occupation des Territoires Sans Maître. Étude de Droit International, Paris 1889, S. 254 ff.; John Westlake, Le Conflit Anglo-Portugais, in: Revue de Droit International et de Législation Comparée 23 (1891), S. 243–265, hier S. 263 f.; ders., Chapters on the Principles of International Law, Cambridge 1894, S. 187 ff.; William E. Hall, A Treatise on the Foreign Powers and Jurisdiction of the British Crown, Oxford/London 1894, S. 228 ff.; ders., A Treatise on International Law, 4th ed., Oxford/London 1895, S. 134 ff.; Lawrence, The Principles, S. 164 ff. Deutschsprachig dann vor allem Franz von Liszt, Das Völkerrecht, Berlin 1898, S. 48 f.; Karl von Gareis, Institutionen des Völkerrechts, 2., neu durchgearb. Aufl., Giessen 1901, S. 62 f. u. S. 74.
- Noch implizit und/oder beiläufig etwa Conrad Bornhak, Die Anfänge des deutschen Kolonialstaatsrechts, in: Archiv des öffentlichen Rechts 2 (1887), 1, S. 3–53, hier S. 5; Karl von Stengel, Die staats- und völkerrechtliche Stellung der Deutschen „Kolonien“ und ihre zukünftige Verfassung, Berlin 1886, S. 33; Georg Meyer, Die staatsrechtliche Stellung der deutschen Schutzgebiete, Leipzig 1888, S. 13 u. 40; Karl von Stengel, Die deutschen Schutzgebiete, ihre rechtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung, in: Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik 22 (1889), S. 1–211, hier S. 14 m. Anm. 1; ders., Art. „Schutzgebiete (Kolonien)“, in: ders. (Hg.), Wörterbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, Bd. 2, Freiburg i. B. 1890, S. 433–439, hier S. 434 f.; explizit dann vor allem Adam, Völkerrechtliche Okkupation, S. 283 f.; Karl von Stengel, Das deutsch-englische Übereinkommen vom 1. Juli 1890 vom Standpunkte des Staatsrechts und Völkerrechts aus betrachtet, in: Deutsche Kolonialzeitung 3 (09.08.1890), 17, S. 199–202; ders., Die deutschen Schutzgebiete (1895), S. 509 ff.
- Adam, Völkerrechtliche Okkupation, S. 285.
- Lawrence, The Principles, S. 158.
- Adam, Völkerrechtliche Okkupation, S. 283 f., 284 f. (Hervorh. i. Orig.).
- Vgl. etwa die auffällige Leerstelle bei Weissmüller, Die Interessensphären.
- Vgl. prominent etwa Lassa Oppenheim, International Law. A Treatise, Vol. 1, London u. a. 1905, S. 281; abwägender bereits Lord Curzon of Kedleston, Frontiers, Oxford 1907, S. 42 ff.
- Vgl. etwa Hast, Spheres of Influence, die dem Motiv der ordnungsstiftenden und -sichernden Wirkung von Einflusssphären vor allem im Literaturbestand der sogenannten „English School“ der Theorie internationaler Beziehungen nachgeht.
- Lindley, The Acquisition, S. 210.
- Wolfgang J. Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik, 1890–1920, 3., verb. Aufl., Tübingen 2004, S. 148. Zum Folgenden auch ebd., S. 149.
- Max Weber, Bismarcks Außenpolitik und die Gegenwart, in: ders., Gesammelte Politische Schriften, hrsg. von Marianne Weber, München 1921, S. 31–45, hier S. 33. Der Text war am 25.12.1915 in der Frankfurter Zeitung erschienen.
- Max Weber, Deutschland unter den europäischen Weltmächten, in: ders., Gesammelte Politische Schriften, S. 73–93, hier S. 81 f. Vgl. auch ders., Bismarcks Außenpolitik, S. 33. Der Text „Deutschland unter den europäischen Weltmächten“ geht auf einen Vortrag Webers, gehalten im Oktober 1916, zurück und wurde in überarbeiteter Form zuerst am 09.11.1916 in der Wochenschrift Die Hilfe veröffentlicht.
- Max Weber an Friedrich Naumann, 08.05.1917, in: Weber, Gesammelte Politische Schriften, S. 470–472, hier S. 471.
- Weissmüller, Die Interessensphären, S. 1.
- Begriffsprägend bereits John Gallagher / Ronald Robinson, The Imperialism of Free Trade, in: The Economic History Review 6 (1953), 1, S. 1–15, hier S. 13. Vgl. aber auch etwa die Definition des Konzepts des „Informal Empire“ im gleichnamigen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag.
- Westlake, Conflit Anglo-Portugais, S. 263 f.; Hall, Foreign Powers and Jurisdiction, S. 229.
- Ebd., S. 229.
- Ebd., S. 228 ff.
- Für entsprechende Vergleiche siehe auf deutscher Seite z. B. Karl von Stengel, Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, Tübingen/Leipzig 1901, S. 1 ff.; Gareis, Institutionen, S. 60 ff.; ders., Deutsches Kolonialrecht. Eine orientierende Schilderung der aussereuropäischen Erwerbungen des Deutschen Reiches und Darstellung ihrer Rechtsordnung nebst dem Text und Erläuterungen der diese Schutzgebiete betreffenden Gesetze und Kaiserlichen Verordnungen, 2., völlig umgearb. Aufl., Giessen 1902, S. 1 ff.; Otto Köbner, Einführung in die Kolonialpolitik, Jena 1908, S. 11 ff.; Weissmüller, Die Interessensphären, S. 1 ff. u. S. 64 ff. Zum Unterschied und Zusammenhang von Kategorisieren und Vergleichen als sozialen Ordnungsverfahren vgl. jüngst Bettina Heintz, Kategorisieren, Vergleichen, Bewerten und Quantifizieren im Spiegel sozialer Beobachtungsformate, in: dies. / Theresa Wobbe (Hg.) Soziale Praktiken des Beobachtens: Vergleichen, Bewerten, Kategorisieren und Quantifizieren, Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 73 (2021), S. 5–47, hier insb. S. 10 f.
- Ebd., S. 68 (meine Hervorh., S.H.).
- So auch Sassen, Art. „Interessensphären“, S. 437: „Jedenfalls muß anerkannt werden, daß die I. eine Uebergangsbildung des Rechts, einen nasciturus darstellt, für den ein starrer Rechtsbegriff sich nicht geben läßt.“ (Hervorh. i. Orig.)
- Dies ist Weissmüller, Die Interessensphären. Die Studie wurde von ihrem Autor, vermutlich am 18. Juli 1908, an „der hohen rechts- und staatswissenschaftlichen Facultät der K. Bayer. Julius-Maximilians-Universität Würzburg zur Erlangung der rechts- und staatswissenschaftlichen Doktorwürde“ als Dissertation eingereicht.
- Weissmüller, Die Interessensphären, S. 67.
- Gareis, Deutsches Kolonialrecht, S. 4.
- Matthias Leanza, Colonial Trajectories: On the Evolution of the German Protectorate of Southwest Africa, in: Axel T. Paul / Matthias Leanza (Hg.), Comparing Colonialism. Beyond European Exceptionalism, Sonderheft der Zeitschrift Comparativ 30 (2020), 3/4, S. 372–386.
- Max Beer, Imperialistische Politik, in: Die Neue Zeit 21,1 (1902–1903), 13, S. 389–395, hier S. 390.
- Frühe entsprechende Differenzierungen des Konzepts finden sich etwa bei John Westlake, International Law, Vol. 1, Cambridge 1904, S. 128 ff.; Pitt Cobbett, Cases and Opinions on International Law, 3rd ed., Vol. 1, S. 113 ff.; sehr nuanciert dann Lindley, The Acquisition, S. 207 ff.
- Vgl. Westlake, International Law, S. 132; Cobbett, Cases and Opinions, S. 113 Anm. c); Franz von Liszt, Das Völkerrecht, 4., durchgearb. Aufl., Berlin 1906, S. 82 Anm. 5; schließlich Westel W. Willoughby, Foreign Rights and Interests in China, Baltimore, MD 1920, S. 270 ff. Vorher war die Wortwahl primär von der Landes- bzw. Schriftsprache des jeweiligen Autors abhängig gewesen. Die deutsche Kolonialrechtswissenschaft verwahrte sich übrigens lange dagegen, die „neutrale Zone“ rund um das deutsche „Pachtgebiet“ Kiautschou als deutsche „Interessensphäre“ im rechtlichen Sinne zu bezeichnen und hatte stattdessen den Terminus „Interessenszone“ vorgeschlagen (vgl. Weissmüller, Die Interessensphären, S. 12 ff., S. 104 f.; Sassen, Art. „Interessensphären“, S. 437. Heilborn, Art. „Interessensphäre“, S. 551 f., diskutierte zwar die Unterscheidung der „Interessensphäre auf staatenlosem Gebiet von der Einflußsphäre in fremdem Staatsgebiet“, hielt die Wortwahl aber letztlich für „unerheblich, weil die Begriffe identisch sind“.
- In China selbst hat das Bild (wie auch der westliche Rechtsbegriff) der „Aufteilung“ eines Landes nachhaltig Niederschlag gefunden im metaphorischen Konzept guafen 瓜分, dem „Aufschneiden [eines Landes] wie eine Melone“. Vgl. dazu eindrücklich Rudolf G. Wagner, “Dividing up the [Chinese] Melon, guafen 瓜分”. The Fate of a Transcultural Metaphor in the Formation of National Myth, in: Transcultural Studies 8 (2017), 1, S. 9–122.
- Früh dazu im deutschen Diskurs etwa Heinrich Cunow, Handelsvertrags- und imperialistische Expansionspolitik, Teil I, in: Die Neue Zeit 18,2 (1899/1900), 34, S. 207–215, Teil II, in: Die Neue Zeit 18,2 (1899/1900), 35, S. 234–242; prominent dann bei John A. Hobson, Imperialism. A Study, New York 1902; Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus, Berlin 1923, insb. S. 362 ff.; sowie Wladimir I. Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Gemeinverständlicher Abriss, Kritische Neuausgabe hrsg. von Wladislaw Hedeler und Volker Külow, Berlin 2016.
- Karl Kautsky, Deutschland, England und die Weltpolitik, Teil II, in: Vorwärts – Berliner Volksblatt. Centralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 17 (10.05.1900), 107, S. 1.
- Vgl. früh etwa Beer, Imperialistische Politik, S. 390; Hugo Haase, Referat zu Tagesordnungspunkt 8 „Der Imperialismus“, sowie die verabschiedete Resolution „Der Imperialismus“, beides in: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) (Hg.), Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten in Chemnitz vom 15. bis 21. September 1912, Berlin 1912, S. 403–434, hier S. 403; Anton Pannekoek, The Downfall of the International, in: The New Review 2 (Nov. 1914), 11, S. 621–630, hier S. 625. Der Text war zunächst auf Deutsch mehrteilig in der Berner Tagwacht 245, 246 und 247 (20-22.10.1914) erschienen. Vgl. auch Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals oder was die Epigonen aus der Marxschen Theorie gemacht haben, Leipzig 1921, S. 21.
- Vgl. etwa Paul S. Reinsch, World Politics at the End of the Nineteenth Century. As Influenced by the Oriental Situation, New York / London 1900, S. 60 f.
- Wolfgang J. Mommsen, Imperialismustheorien. Ein Überblick über die neueren Imperialismusinterpretationen, 3., erw. Aufl., Göttingen, 1987, S. 12.
- Hobson, Imperialism, insb. S. 11, S. 15 u. S. 219.
- Karl Kautsky, Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, in: Die Neue Zeit 30,2 (26.04.1912), 30, S. 97–109, hier S. 107.
- Vgl. ebd., S. 106 f.; Rosa Luxemburg, Friedensutopien (Teil 1), in: Leipziger Volkszeitung. Organ für die Interessen des gesamten werkthätigen Volkes 18 (06.05.1911), 103.
- Lenin, Der Imperialismus, S. 46. Es handelt sich hier um das „Vorwort zur französischen und deutschen Ausgabe“, das Lenin bereits im Juli 1920 verfasst hatte, das jedoch keinen Eingang in die erste deutschsprachige (1921) beziehungsweise französischsprachige (1923) Ausgabe seiner Schrift finden sollte. Veröffentlicht wurde es erstmalig (und dabei gleich viersprachig) im Oktober 1921 im offiziellen Organ des Exekutivkomitees der Komintern. Vgl. N. (Wladimir I.) Lenin, Imperialismus und Kapitalismus, in: Die Kommunistische Internationale 2 (1921), 18, S. 61–64.
- Vgl. dazu Stephen Howe, Anticolonialism in British Politics. The Left and the End of Empire, 1918–1964, Oxford 1993, S. 106.
- W.E.B. Du Bois, The African Roots of War, in: The Atlantic Monthly 115 (May 1915), 5, S. 707–714, hier S. 713.
- Henry N. Brailsford, The War of Steel and Gold. A Study of the Armed Peace, 10., rev. ed., London 1918, S. 246 ff.
- Ebd., S. 247.
- Vgl. für die Politikwissenschaft die bereits genannte Studie von Hast, Spheres of Influence; vonseiten der Rechtsgeschichte siehe Inge Van Hulle, The ‚Sphere of Influence‘ in International Law (1870–1920), in: Dave de Ruysscher u.a. (Hg.), Rechtsgeschiedenis op nieuwe wegen / Legal history, moving in new directions, Antwerpen/Apeldoorn 2015, S. 395–412.
- Vgl. Hast, Spheres of Influence, S. 1.
- Thomas Müller, Governance by the Few in International Society. A History of the Institution of Great Powers, Dissertation, Universität Bielefeld 2020.
- Vgl. zum Begriff Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main 1984, S. 457; früh aufgenommen von Werner Bergmann / Rainer Erb, Kommunikationslatenz, Moral und Öffentliche Meinung. Theoretische Überlegungen zum Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 38 (1986), 2, S. 223–246
- Paul Keal, Unspoken Rules and Superpower Dominance, London/Basingstoke 1983; ders., Contemporary Understanding about Spheres of Influence, in: Review of International Studies 9 (1983), 3, S. 155–172.
- Bereits 2009, nach der Inaussichtstellung einer NATO-Mitgliedschaft an Georgien, dem darauffolgenden Krieg Russlands gegen das Land sowie der Initiierung des EU-Projekts „Östliche Partnerschaft“ ein Jahr zuvor, hatte Russlands Außenminister Sergei Lawrow beim „Brussels Forum“ des German Marshall Funds gesagt: „We are accused of having spheres of influence. But what is the Eastern Partnership, if not an attempt to extend the EU’s sphere of influence, including to Belarus.“ Zit. n. Valentina Pop, EU expanding its ‘sphere of influence’, Russia says, in: EUobserver, 21.03.2009. Und noch am Vorabend der Ukraine-Krise, im September 2013, verabschiedeten sowohl das EU-Parlament als auch die russische Staatsduma zwei Resolutionen, in denen sie sich gegenseitig vorwarfen, die Ukraine und andere postsowjetische Staaten in ihre „ausschließliche Einflusssphäre“ beziehungsweise „exklusive Interessenszone“, so der jeweilige Wortlaut, hineinziehen zu wollen. Beide Resolutionstexte in offizieller beziehungsweise inoffizieller deutscher Übersetzung sind abgedruckt in: Ukraine-Analysen 124 (26.11.2013), S. 6–9; Zitate: ebd., S. 6 u. S. 9.
- Heino Nyyssönen, Spheres of Influence. A Few Reflections on the Concept, in: Corvinus Journal of International Affairs 1 (2016), 3, S. 42–57, hier S. 53.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Jens Bisky.
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