Klaus Lichtblau | Rezension |

Historisierung als Kritik

Rezension zu „Die Soziologie vor der Geschichte. Zur Kritik der Sozialtheorie“ von Wolfgang Knöbl

Wolfgang Knöbl:
Die Soziologie vor der Geschichte. Zur Kritik der Sozialtheorie
Deutschland
Berlin 2022: Suhrkamp
316 S., 22,00 EUR
ISBN 978-3-518-29975-3

Die Soziologie wird heute in der Regel als eine ‚Gegenwartswissenschaft‘ verstanden und betrieben. Ihr Untersuchungsgegenstand ist in diesem Fall nicht die ‚Vergangenheit‘, deren Erforschung sie bewusst den historischen Disziplinen überlässt, sondern die ‚Jetztzeit‘, das heißt unsere ‚heutige Zeit‘. Um diese auf den Begriff zu bringen, ist das Genre der soziologischen ‚Zeitdiagnose‘ entwickelt worden. Was alle Zeitdiagnosen eint, ist der Anspruch auf Erforschung einer sehr spezifischen, nämlich ‚unserer Epoche‘ – auch wenn diese höchst unterschiedlich ausbuchstabiert wird. Inzwischen gibt es recht viele solcher soziologischen Zeitdiagnosen, die mehr oder weniger unverbunden nebeneinanderstehen und von denen man, da Jahreszahlen bei diesem literarischen Genre in der Regel keine große Rolle spielen, nicht weiß, auf welchen ‚Zeitraum‘ sie sich eigentlich beziehen. Dieser scheinbare Rückzug der Soziologie auf die Gegenwart steht allerdings im Widerspruch zu der anhaltenden Beliebtheit von Prozessbegriffen wie ‚Säkularisierung‘, ‚Rationalisierung‘, ‚funktionale Differenzierung‘ und ‚Modernisierung‘. Diese Prozessbegriffe beziehen sich in der Regel auf große Zeiträume und erfüllen insofern das Kriterium einer ‚großen Erzählung‘. Das heißt sie treten mehr oder weniger unverhüllt mit geschichtsphilosophischen Ansprüchen auf. Doch haben jene überhaupt einen ‚historischen‘ Charakter? Und wenn ja: wie soll man sich den eigentlich vorstellen – universalgeschichtlich, neuzeitlich oder ‚modern‘?

Wolfgang Knöbl hat kürzlich ein bemerkenswertes Buch veröffentlicht, das dieses spannungsreiche Verhältnis der Soziologie zur Geschichte zum Gegenstand hat. Damit greift er ein Thema auf, das in fachgeschichtlicher Hinsicht für die deutschen Sozialwissenschaften einst von großer Bedeutung war. Ausgehend von der Feststellung, dass diese immer schon Schwierigkeiten damit gehabt hätten, „überhaupt einen adäquaten Zugang zur Vergangenheit zu finden“ und „ihr geschichtsphilosophisches Erbe abzuschütteln“ (S. 13), blickt Knöbl zum einen weit in die Fachgeschichte zurück, die in diesem Fall nicht nur die Soziologie, sondern auch die Geschichtswissenschaft und Geschichtsphilosophie einschließt. Zum anderen geht er ausführlich auf die neueren Debatten über die Eigenart von historischen und sozialen Prozessen sowie auf den Stellenwert von erzähltheoretischen Argumenten in den Geschichts- und Sozialwissenschaften ein. Sein Ziel ist dabei eine „Historisierung und Kritik der Sozialtheorie“, wobei deren Kritik im Grunde genommen mit ihrer Historisierung identisch ist (S. 17 und 303). Unter einer Historisierung der Sozialtheorie versteht er nämlich die Aufdeckung von deren verdeckten „geschichtsphilosophischen Annahmen“ (S. 303). Dies ist auch der Grund, warum für ihn nicht nur das Spannungsverhältnis zwischen der Geschichtswissenschaft und der Soziologie, sondern auch das zwischen der Geschichtsphilosophie und dem ‚Historismus‘ von Bedeutung ist.

Um einen fachgeschichtlichen Zugang zur Thematik herzustellen, widmet sich Knöbl zunächst ausführlich einem Zwischenfall, der sich am 26. Oktober 1973 bei einem gemeinsamen Frühstück von Talcott Parsons und Raymond Aron in Rom ereignet haben soll. Die beiden führten dabei eine Kontroverse, die das Verhältnis zwischen der ‚systematischen soziologischen Theorie‘ und der ‚soziologischen Theoriegeschichte‘ betraf. Während der ‚Systematiker‘ Parsons Aron vorwarf, primär Theoriegeschichte zu betreiben, erlaubte sich letzterer die Frage, warum bei Parsons eigentlich dem ‚sozialen Handeln‘ eine so große Rolle zukomme, woraufhin Parsons das gemeinsame Frühstück wortlos beendet habe. Knöbl spricht dieser Szene eine Schlüsselrolle bei seinem Versuch zu, die Bedeutung der Geschichtsphilosophie für die verschiedenen Theorien des sozialen Wandels aufzuzeigen, wobei er sich der Position Arons anschließt, laut der auch die Soziologie nicht darum herumkomme, sich mit ihren geschichtsphilosophischen Prämissen und Implikationen auseinander zu setzen. Dies gelte auch für den Begriff des ‚sozialen Handelns‘, da dieses ja ebenfalls in spezifischen historischen Konstellationen stattfinde. In diesem Sinne stehe die Soziologie also „vor der Geschichte“ (S. 21–53 und 302).

Anschließend erörtert Knöbl das Verständnis von Geschichtsphilosophie und Universalgeschichte bei Herder, Kant und Hegel sowie die Kritik von Leopold von Ranke und Johann Gustav Droysen an einer philosophisch verallgemeinerten Vorstellung von ‚Weltgeschichte‘. Ranke und Droysen vertraten dabei einen radikalen Historismus und Relativismus, der in der Folgezeit das Verhältnis zwischen Theorie und Geschichte zu einem Dauerstreitfall machen sollte (S. 54–83). Der Neukantianismus um 1900 wird von Knöbl als Versuch verstanden, die Aporien des Historismus durch eine neue Form der ‚Geschichtslogik‘ zu überwinden. In diesem Zusammenhang weist er auf die Bedeutung von Heinrich Rickert und Max Weber für eine theoretische Grundlegung der historischen Kulturwissenschaften hin (S. 84–91). Bezüglich der geschichtsphilosophischen Überlegungen Georg Simmels hebt er dessen Betonung der Nähe „zwischen der Dichtkunst und der Geschichtswissenschaft“ hervor und nimmt damit gewissermaßen jenen ‚narrative turn‘ vorweg, dem er sich später ausdrücklich anschließen wird (S. 92). Hinsichtlich Ernst Troeltschs Versuch, den Historismus durch eine ‚neue Kultursynthese‘ zu überwinden, merkt Knöbl an, dass jener damit alle globalgeschichtlichen Ansprüche ad acta lege, da er nur noch eine „Universalgeschichte der europäischen Kultur“ im Rahmen der Geschichte des Christentums für möglich gehalten habe (S. 93–96).

Die Eigenart derjenigen Richtungen der historischen Soziologie, die in der Weimarer Republik entwickelt wurden, versucht Knöbl dann am Beispiel der Arbeiten von Karl Mannheim, Norbert Elias und Alfred Weber zu verdeutlichen. Seine Darstellung der von Mannheim praktizierten ‚Historisierung des Historismus‘ ist am ausführlichsten geraten. Das ist insofern gerechtfertigt, als Mannheim nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Weltanschauungsanalyse geleistet, sondern in seinem Aufsatz über die Bedeutung der Generationen im Anschluss an den Kunsthistoriker Wilhelm Pinder auch auf die „Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen“ innerhalb einer Generationslagerung hingewiesen hat, womit er eine völlig neue Theorie der historischen Zeit vorlegte (S. 101–116). Darüber hinaus geht Knöbl auch auf die „Prozesssoziologie“ von Norbert Elias ein. Dessen Hauptwerk Der Prozeß der Zivilisation liege nicht zufällig ein Begriff zugrunde, den er von Alfred Weber übernommen habe (S. 116–120). Denn der unterschied im Rahmen der von ihm entwickelten Kultursoziologie zwischen dem „Gesellschaftsprozeß“, dem „Zivilisationsprozeß“ und der „Kulturbewegung“. Die beiden zuerst genannten Prozess-Typen verstand er dabei als eine kumulative Entwicklung, die ‚Kulturbewegung‘ hingegen als eine Art Rhythmik, welche die Eigenart eines Kulturkreises kennzeichnet, die nicht verallgemeinerbar, sondern einzigartig ist (S. 125 f.).

Um dem Vorwurf zu entgehen, ausschließlich deutsche Theorie- und Fachgeschichte zu berücksichtigen, setzt Knöbl sich anschließend ausführlich mit der sozialwissenschaftlichen Modernisierungstheorie auseinander, die in den 1950er-Jahren in den USA entwickelt worden ist. Bei dieser handle es sich um eine „Großtheorie des sozialen Wandels“ (S. 144), deren geschichtsphilosophische Implikationen nicht zu übersehen seien, zumal sie ganz offensichtlich in Konkurrenz zu der marxistischen Geschichtsphilosophie stehe. Der Begriff der ‚Modernisierung‘ sei von Anfang an stark normativ aufgeladen gewesen, weil die Indikatoren zu ihrer empirischen Erforschung unübersehbar am Modell der nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgreichsten ‚modernen Gesellschaft‘ – nämlich den U.S.A. und ihren engsten ‚westlichen Verbündeten‘ – orientiert gewesen seien. Knöbl weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der sich anbietende Epochenbegriff der ‚Moderne‘ relativ spät Eingang in den sozialwissenschaftlichen Sprachgebrauch gefunden habe. Ein Grund hierfür könne sein, dass der Begriff der ‚Moderne’ beziehungsweise der ‚Modernität‘ zwar bereits in den 1880er-Jahren in Europa gebräuchlich war, jedoch nicht in den Sozial-, sondern in den Kunst- und Literaturwissenschaften. Wir haben es also mit einem ästhetisch-literarischen ‚Epochenbegriff‘ zu tun, der dann im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gewissermaßen als ‚gesunkenes Kulturgut‘ auch in den Sozialwissenschaften international auf breite Resonanz gestoßen ist (S. 154–158).

Eng mit der Modernisierungstheorie zusammen hängt die, ursprünglich im Rahmen der Evolutionstheorie von Charles Darwin und Herbert Spencer entwickelte, Theorie der funktionalen Differenzierung. Gesellschaftstheoretisch ausbuchstabiert wurde das Kriterium der funktionalen Differenzierung dann insbesondere von Talcott Parsons und Niklas Luhmann, denen zufolge ‚moderne Gesellschaften‘ grundsätzlich auf einer funktionalen Differenzierung zwischen den einzelnen gesellschaftlichen Teilbereichen wie Politik, Recht, Wirtschaft und Wissenschaft beruhen. Luhmann hat in diesem Zusammenhang versucht, die von dem Bielefelder Historiker Reinhart Koselleck entwickelte ‚Sattelzeit‘-Hypothese auch in gesellschaftstheoretischer Hinsicht plausibel und analytisch fruchtbar zu machen. Denn Koselleck zufolge fand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa ein fundamentaler Bedeutungswandel zentraler geschichtlicher Grundbegriffe statt. Seien diese ursprünglich noch auf die ‚alteuropäische‘ ständische Gesellschaft ausgerichtet gewesen, so habe sich deren Bedeutung während der französischen Aufklärung zu einem auch noch heute gebräuchlichen Sinn geändert. Luhmann zufolge ist dieser Bedeutungswandel in soziologischer Hinsicht mit dem zu dieser Zeit in Westeuropa stattfindenden – und ihm zufolge alternativlosen – Übergang von einer primär schichtungsbezogenen hin zu einer funktionalen Differenzierungsform der ‚modernen Gesellschaft‘ identisch (S. 161–177). Anschließend widmet sich Knöbl ausführlich der von Historikern und Soziologen geführten Debatte darüber, was historische und soziale ‚Prozesse‘ überhaupt sind und worin sie sich von ‚Strukturen‘ und ‚Ereignissen‘ unterscheiden. Behandelt werden dabei unter anderem die ‚Eigendynamik‘ von Prozessen, ‚krisenhafte‘ Prozesse, die ‚Prozessontologie‘ von Niklas Luhmann sowie die ‚Ordnung‘ in sozialen Prozessen (S. 198–238).

Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Buch der Kritik an den „-isierungen“ sowie dem richtigen Umgang mit ihnen im sozialwissenschaftlichen Sprachgebrauch zu. In diesem Zusammenhang erörtert Knöbl auch ausführlich die „Problematik der Narrativität“, die ja nicht ohne Weiteres selbstverständlich ist (S. 239). Eine ‚Erzählung‘ ist normalerweise Kennzeichen des Epos, des Mythos und der Sagen. Sie ist eine narrative Form der Geschichtsschreibung sowie biographischer Darstellungen und autobiographischer Berichte, aber nicht unbedingt die der ‚Sozialtheorie‘ – es sei denn, dass sie eine verklausulierte Form der Geschichtsphilosophie darstellt, wie dies zum Beispiel bei der sozialwissenschaftlichen Modernisierungstheorie der Fall ist. Welche Kriterien müssen aber erfüllt sein, damit auch eine Sozialtheorie zu einer ‚Erzählung‘ beziehungsweise eine Erzählung zu einer ‚Sozialtheorie‘ wird? Und wie kann sichergestellt werden, dass es sich dabei um eine ‚historische‘ Erzählung und nicht um eine unreflektierte Form von Geschichtsphilosophie handelt?

Das Problem der Narrativität wird Knöbl zufolge vor allem bei Prozessbegriffen virulent, die auf „große(n) Erzählungen sozialen Wandels“ beziehungsweise entsprechenden Sozialtheorien beruhen. Zu ihnen gehören der Begriff der „Modernisierung“, der „Individualisierung“, der „Demokratisierung“, der „Bürokratisierung“ und der „Globalisierung“ (S. 239). Narrative Formen und rhetorische Strukturen von Erzählungen sind üblicherweise Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung. Auch in der Geschichtswissenschaft und der Philosophie hat man sich schon seit Langem mit der Eigenart des Erzählens als einer anthropologischen Form der Welterschließung und einer spezifisch historischen Form der Präsentation vergangener Ereignisse auseinandergesetzt. In den Sozialwissenschaften sind die damit verbundenen theoretischen Möglichkeiten erst relativ spät diskutiert worden. Knöbl macht insbesondere bei sozialwissenschaftlichen Erzählungen, die große zeitliche und räumliche Distanzen einschließen, kaum lösbare methodologische Probleme aus, da entsprechende Plausibilitätszumutungen in solchen Fällen meist geschichtsphilosophisch unterfüttert seien. Der von dem französischen Philosophen Jean-François Lyotard geäußerten Empfehlung, deshalb ganz auf diese ‚großen Erzählungen‘ zu verzichten und stattdessen auf ‚kleine Erzählungen‘ zurückzugreifen, schließt sich Knöbl jedoch nicht an. Er will die moderne Sozialtheorie nicht auf eine ‚Theorie mittlerer Reichweite‘ reduzieren und so Möglichkeiten der Theoriebildung ausschließen, die einstmals als ‚geschichtsphilosophisch‘ bezeichnet worden sind. Nur müsse die Sozialtheorie sich dieser Hypothek bewusst sein und lernen, mit ihr umzugehen, um sie narrativ fruchtbar zu machen. Denn nur auf diesem Weg könne eine Kritik der Sozialtheorie formuliert werden, die mit ihrer Historisierung identisch wäre (S. 298–305).

In diesem Zusammenhang tauchen eine Reihe von Problemen auf, die an dieser Stelle nur angedeutet werden können: (a) Mit der Historisierung der Sozialtheorie geht ein Verzicht auf eine theoretische Synthese verschiedener Ansätze einher, die einstmals Kennzeichen einer soziologischen ‚grand theory‘ war. (b) Sozialtheorie und Soziologie sind nicht identisch. Wenn nur die Sozialtheorie historisiert wird, dann gilt dies noch lange nicht für den gesamten Bereich der soziologischen Forschung und Theoriebildung. (c) Wenn eine ‚Erzählung‘ mit einer ‚Erklärung‘ von Ereignissen gleichgesetzt wird, wie dies bei Wolfgang Knöbl der Fall ist, dann wiederholt sich an dieser Stelle das bisher immer noch nicht zufriedenstellend gelöste Problem des Verhältnisses zwischen dem ‚Verstehen‘ und dem ‚Erklären‘, das Wilhelm Dilthey und Max Weber in höchst unterschiedlicher Weise bearbeitet haben. (d) Erzählungen von Historiker*innen beziehen sich immer auf geschichtliche Prozesse, die bereits abgeschlossen sind. Der Anfang und das Ende solcher Prozesse stehen bei ihnen also definitiv fest. Bei den meisten sozialwissenschaftlichen Groß-Erzählungen scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein. Denn diese haben es in der Regel mit ‚laufenden Prozessen‘ zu tun, deren Ende noch überhaupt nicht abzusehen ist. Das gilt zum Beispiel sowohl für den Prozess der Modernisierung, der funktionalen Differenzierung, der Individualisierung als auch der Globalisierung. Auch wäre es in diesem Zusammenhang nicht sehr hilfreich, auf entsprechende ‚Post‘-Begriffe wie dem des ‚Posthistorie‘, des ‚postindustriellen Zeitalters‘ sowie der ‚Postmoderne‘ zurückzugreifen – was Knöbl übrigens bewusst nicht tut, weil die damit verbundenen Periodisierungsprobleme ebenfalls alles andere als gelöst sind. (e) Ähnliche Probleme stellen sich beim Umgang mit ‚rückläufigen Prozessen‘ wie dem der ‚De-Globalisierung‘, der funktionalen ‚Ent-Differenzierung‘ und der ‚Ent-Individualisierung‘. Eine in narrativer Form historisierte Sozialtheorie müsste hinsichtlich solcher reversiblen Prozesse ebenfalls eine überzeugende Lösung finden. Doch dies wird vermutlich nur dann möglich sein, wenn wir langanhaltende historisch-soziale Prozesse entsprechend zeitlich sequenzieren, ohne dabei ständig neue ‚Epochen‘ zu erfinden, wie dies ja bei den eingangs erwähnten soziologischen ‚Zeitdiagnosen‘ der Fall ist, und die insofern ein schlechtes Beispiel für den Umgang mit der historischen Zeit sind.

Wolfgang Knöbl ist es zu verdanken, auf diese Probleme aufmerksam gemacht zu haben, auch wenn er sie nicht alle gelöst hat. Schließlich befinden wir uns diesbezüglich ja noch mitten in einem ‚laufenden Prozess‘, dessen Ausgang alles andere als geklärt ist. Wir haben es im vorliegenden Fall dennoch mit einem anregenden, sehr gut geschriebenen und höchst informativen Buch zu tun, dessen Lektüre in jeder Hinsicht zu empfehlen ist. Darüber hinaus profitiert die Studie von ihrer interdisziplinären Perspektive, die darum bemüht ist, neue Brücken zwischen der Geschichtswissenschaft und der Soziologie zu bauen, und dabei in einer nachvollziehbaren Art und Weise auch Anleihen bei benachbarten Disziplinen wie der Philosophie und der Literaturwissenschaft nimmt.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Hannah Schmidt-Ott.

Kategorien: Geschichte Geschichte der Sozialwissenschaften Gesellschaftstheorie Philosophie Zeit / Zukunft

Klaus Lichtblau

Prof. Dr. Klaus Lichtblau lehrte bis Frühjahr 2017 Soziologie am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Soziologische Theorie, die Geschichte der Sozialwissenschaften sowie die Begriffs- und Ideengeschichte. Er ist Mitherausgeber der seit 2009 in Wiesbaden erscheinenden Buchreihe „Klassiker der Sozialwissenschaften“ und lebt derzeit als Ruheständler in Jever (Niedersachsen).

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