Fabien Jobard | Essay | 06.04.2016
Paris
Eine soziale Geographie der Gewalt
Die Einladung zur Tagung der deutschsprachigen ethnographischen Bildungs- und Sozialforschung[1] hat mich als Polizei- und Strafrechtsoziologen zunächst geehrt. Heute möchte ich jedoch keine Polizeiethnographie liefern, sondern zu den grauenhaften Geschehnissen vom 13. November 2015 in Paris zurückkommen und diese zum Gegenstand sozialgeographischer Überlegungen machen. Das von den Anschlägen ausgelöste Erschrecken hat Frankreich selbstverständlich in eine Orientierungslosigkeit gestürzt. Die Orientierungslosigkeit nehme ich hier wörtlich, und mein Vortrag hat den Zweck, den Blick auf die Territorien der Gewalt zurückzurichten – nämlich auf Paris. Damit weiche ich vom allgemeinen Diskurs über die Anschläge ab, der sich entweder auf die Außenwelt richtet, also die weitentfernten arabischen Wüsten als Ursprung aller Gewalt, oder auf die Ausgehviertel von Paris, die allen Ausgehvierteln des Abendlandes gleich sein sollen. Dagegen möchte ich die terroristische Gewalt vor dem Hintergrund einer vielfältigen Geschichte der Pariser sozialen Gewalt betrachten.
Wer sind die „Barbaren“?
Zunächst scheint es mir nötig, den Ablauf der Geschehnisse in Erinnerung zu rufen. Um 21:20 Uhr sprengt sich ein Attentäter am Stade de France in die Luft. Um 21:25 fallen Schüsse in zwei Cafés der Rue Alibert in Paris, denen fünfzehn Menschen zum Opfer fallen. Um 21:30 Uhr sprengt sich ein zweiter Attentäter am Stade de France in die Luft, wodurch eine Frau ums Leben kommt. Zwei Minuten später werden Schüsse auf die Terrassen von zwei anderen Cafés in der Rue du Faubourg du Temple abgefeuert; weitere fünf Menschen sterben. Zum gleichen Zeitpunkt wird ein paar Kilometer östlich der Rue du Faubourg du Temple in der Bar La Belle Equipe minutenlang gefeuert, was zum Tod von zwanzig Personen führt. Um 21:40 Uhr sprengt sich ein weiterer Attentäter in die Luft – ein paar Meter vom Place de la République entfernt. Zum gleichen Zeitpunkt stürmen drei bewaffnete Menschen den Konzertsaal und Klubraum Bataclan. Aufgrund der notorischen Ineffizienz der Pariser Polizei haben sie ausreichend Zeit, um dort neunzig Personen zu töten. Insgesamt haben in diesen paar Stunden ca. 130 Personen aus etwa zwanzig Ländern den Tod gefunden – darunter zehn Attentäter und Selbstmordattentäter.
In den ersten Reaktionen nach den Anschlägen war häufig von „Barbarei“ die Rede. François Hollande sprach in der Nacht zum 14. November von einer „absoluten Barbarei“, und mehrere andere benutzten den gleichen Begriff – wie es auch ein paar Monate zuvor nach den Morden in der Redaktion von Charlie Hebdo und in einem jüdischen Supermarkt im Ostteil von Paris geschehen war, oder im März 2012, als der junge Mohammed Merah Schüler, Eltern und Lehrer einer jüdischen Privatschule in Toulouse erschossen hatte. Sie erinnern sich an die Worte, die Baruch de Spinoza 1672 nach dem Doppelmord an den Brüdern Witt in Den Haag an die Wände der Stadt malen wollte: Die Mörder (obschon Mitglieder der Schützenkompagnie) seien „ultimi Barbarorum“ und damit aus der Gemeinwelt zu verbannen.
„Barbarei“ ist tatsächlich ein räumlicher Begriff, der zur Ab- und Ausgrenzung genutzt wird. Barbaren nannte man in der Antike diejenigen, die am Rande der Kultur stünden, da sie nicht einmal fähig seien, zu sprechen – sie könnten nur ein unverständliches Ba Ba Ba erzeugen. „Barbaren“ klingt aber in der französischen Sprache zugleich wie eine Anspielung auf den nordafrikanischen Stamm der „Berber“. Das Adjektiv „barbaresque“ wurde Anfang des 19. Jahrhunderts vom französischen Militär immer wieder zur Bezeichnung von Piraten und Söldnern des südlichen Mittelmeers verwendet, um den Einsatz in Algerien 1830 zu rechtfertigen. Die 130 Jahre französischer Besatzung Algeriens (1830–1962) sah man ursprünglich – wie sicherlich auch heute noch hin und wieder – als Kampf der Kultur gegen die Barbarei.
„Barbarei“ hat insofern eine Geschichte, ist jedoch zugleich ein Begriff mit starken Raumbezügen.[2] Wer von „Barbarei“ spricht, spaltet die Welt in zwei möglicherweise unversöhnliche Teile. Vor allem aber teilt er die Welt in Kultur und Jenseits der Kultur. Die „Barbarei“ hat ihren begrifflichen Ursprung in einer außenstehenden Negativität. Im stark laizistischen Frankreich wird zudem vermutet, „Barbaren“ seien unfähig, das jenseitige vom diesseitigen Leben zu unterscheiden, nähmen also die Sprache des heiligen Buches wörtlich, als ob sie eigentlich nicht lesen, das heißt: nicht verstehen könnten. Barbaren eben.
Praktisch und zugleich irreführend in Bezug auf den Begriff „Barbarei“ ist, dass der Terror von außen zu kommen scheint. Die Gewalt wird damit extraterritorialisiert. Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy schrieb in der kommunistischen Zeitung L’Humanité von „der plötzlichen Entfesselung einer vom Himmel einstürzenden Barbarei“.[3] Eine solche Vorstellung wirkt deshalb beruhigend, weil sie der französischen Gesellschaft die unangenehme Erkenntnis erspart, dass Terror zwar die strategische Ausdehnung nahöstlicher Gewalt nach Europa und Amerika ist, aber zugleich und vielleicht auch an erster Stelle als Fortsetzung der in unseren französischen Großstädten entstandenen Gewalt mit anderen Mitteln verstanden werden muss. Laut dem französischen Innenministerium befanden sich im Oktober 2015 mehr als 520 Franzosen oder in Frankreich lebende Bürger im Irak und in Syrien. Zusätzlich sind 250 weitere schon nach Frankreich zurückgezogen, genauso wie 700 andere in irgendeiner Weise einen Ausreisewillen geäußert haben. 140 Franzosen sind dort ums Leben gekommen. Darüber hinaus sind 1 800 Franzosen und in Frankreich dauerhaft lebende Bürger in die syrisch-irakischen Netzwerke verwickelt.[4]
Schon vor den Novemberanschlägen war die Stadt Raqqa im Zentrum Syriens, die bis heute unter Beschuss stehende Hochburg des IS, Ziel französischer Luftangriffe. Im Oktober 2015 konnte man in der Regionalpresse Ostfrankreichs lesen, ein junger Franzose namens Salim Benghalem sei das eigentliche Ziel eines französischen Militäreinsatzes gewesen.
Salim Benghalem wächst mit seinen sieben Geschwistern in einer Kleinstadt der Pariser Banlieue auf. Er ist dort als Supermarktkassierer, Schulwart und Elektromechaniker tätig, wird aber 2001 des Mordes im Kontext eines Bandenkonflikts beschuldigt. Er versucht sich der Strafverfolgung nach Algerien zu entziehen, kommt aber schon ein Jahr später nach Frankreich zurück und lernt weitere Franzosen nordafrikanischer Herkunft kennen, die ihn für den Islam gewinnen. Benghalem schließt sich der islamistischen Zelle des 19. Bezirks von Paris an und trifft dort die Brüder Kouachi, die ein paar Jahre danach mit dem Massaker an der Charlie-Hebdo-Redaktion traurige Berühmtheit erlangen. 2012 verschwindet er nach Syrien, wo er auf der Karriereleiter der IS-Organisation nach oben steigt. Nach einigen Enthauptungen und Folterungen, die er mit seinem Mitstreiter Mehdi Nemmouche durchführt (dem künftigen Mörder aus dem jüdischen Museum in Brüssel), wird Benghalem Kader der Islamistischen Polizei und/oder des Islamistischen Gerichts. Ein europäisches Exportprodukt also. Falls „Barbarei“ seinen Fall zutreffend beschreibt, dann sollte dieser Schlüsselbegriff zu unserer politischen und kulturellen Geographie gehören.
In der Grauzone
Die deutsche Presse hingegen richtete nach den Anschlägen ihre Aufmerksamkeit auf die Schauplätze. Es war oft zu lesen, die Massaker hätten auf einer Pariser „Partymeile“ stattgefunden. Der folgende Abschnitt ist ein typisches Beispiel: „Das ‚Kitch‘ hat zu. Samstagabend. Die kleine Pariser Kult-Bar markiert den Anfang der Rue Oberkampf im Osten der französischen Hauptstadt. Die Straße ist so was wie die Partymeile von Paris. Vergleichbar vielleicht mit der Simon-Dach-Straße in Berlin Friedrichshain, dem Münchner Glockenbachviertel, der Karl-Liebknecht-Straße in Leipzig oder Kölns Zülpicher Straße.“[5]
Interessant ist, dass hier ein gewisser Hang zur Universalität herauszulesen ist. Urbane Räume sind kulturtragende Räume – in diesem Fall Vergnügungsräume –, die einander über alle nationalen Grenzen hinweg ähneln, zumindest in der westlichen Welt. Freilich hat auch der IS eine solche Sichtweise vertreten: Seine politische Rechtfertigung der Anschläge beruht auf einer starken räumlichen Metapher.
Mit dem Begriff der „Grauzone“ wurden Attentäter überall auf der Erde angeworben – besonders aber bei den ungläubigen Unterstützern der Zionisten und Amerikaner, also bei den Engländern und den Franzosen. Was ist damit gemeint? Im Artikel „The extinction of the Grayzone“ der IS-Zeitschrift Dabiq wird die Grauzone theorisiert und als gemeinsame Erfindung des Korans und George W. Bushs bezeichnet. Zur Zeit des Propheten, so der Koran, habe man zwischen Gläubigen und Polytheisten unterschieden, weshalb der Prophet zu seinem Volk gesandt worden sei, um dessen guten vom bösen Teil zu trennen. Der Dabiq-Artikel hingegen beginnt mit einem Zitat von George W. Bush, das in eine Bin Laden zugeschriebene Aussage einfließt: „Or as Shaykh Usāmah Ibn Lādin (rahimahullāh) said, ‚The world today is divided into two camps. Bush spoke the truth when he said, ‘Either you are with us or you are with the terrorists.’ Meaning, either you are with the crusade or you are with Islam’”. [6]
Man sieht: Die Welt ist in zwei Territorien unterteilt, die Grauzone freilich ist genau der Raum dazwischen, also der Raum zwischen Schwarz und Weiß. Der IS meint damit vor allem die Sphäre, in der Muslime und Nichtmuslime zusammenleben, gewissermaßen den Gegenbeweis zu seiner binär aufgeteilten Welt. Parolen wie „Refugees welcome“ untergraben ja die Behauptung des IS, der Westen stehe Muslimen grundsätzlich feindselig gegenüber. Entsprechend will der IS Angst verbreiten, „damit nichtmuslimische Mehrheitsgesellschaften sich gegen ihre muslimischen Mitbürger wenden – bis Letztere zu der Einsicht gelangen, der einzige Ort, dem sie sich wirklich zugehörig fühlen, sei das Kalifat“.[7] Mehrdeutigkeit und Hybridität sind Zeichen einer Welt, die es zu vernichten gilt. Vielfalt ist das wichtigste Angriffsziel aller Fanatiker vom Jugoslawien der 1990er-Jahre bis hin zum Dschihadismus unserer Tage: Dass heute heterogenes Leben möglich ist, stört sie am allermeisten.
Besagtes Motiv erklärt die überraschend genaue Auswahl der Angriffsziele, bei der man fast von Raffinesse sprechen kann. Die IS-Theorie der Grauzone kam zur Anwendung: Die Terroristen haben dort zugeschlagen, wo es weh tut, wo Vielfalt und interkulturelles Zusammenleben anzutreffen sind. Allerdings sind diese Orte zugleich geprägt von innerpolitischen und innersozialen Konflikten. Reine Orte des Vergnügens sind sie, wenn überhaupt, nicht in den Augen aller Franzosen, noch sind sie das auf reibungslose, friedliche Weise geworden. Die Geographie des Terrors verzeichnet zwar reelle oder eingebildete Multikulturalität, aber eben auch soziale Gewalt.
Multikulturelle Zielscheiben
Fangen wir mit dem Stade de France in Saint-Denis an. An diesem Ort hat die französische Fußballelf 1998 die Weltmeisterschaft mit einem unvergesslichen und unvergessenen 3:0 gegen Brasilien gewonnen, woraufhin die bunte französische Nationalmannschaft zum Gesicht eines strahlenden, siegreichen Landes wurde: Frankreich feierte damals seine ethnische und religiöse Vielfalt, Ergebnis der Zuwanderung, als zukunftsweisend. Auch am 13. November 2015 konnten sich die Fernsehzuschauer des tragischen Freundschaftsspiels Frankreich – Deutschland davon überzeugen: Sowohl auf dem Rasen als auch auf den Rängen ist Fußball in Frankreich ein farbenfrohes Fest der Vielfalt.[8]
Trotzdem sei daran erinnert, dass der multiethnische Fußball nicht nur Märtyreranwärtern aus postkolonialen Vorstädten ein Dorn im Auge ist. Die Equipe de France war in den letzten Jahren für Neokonservative aller Schattierungen wiederholt ein zentrales Angriffsziel: Die Fußballer seien zu afrikanisch, hieß es 2011; es bedürfe einer Quotierung, um die Ausgewogenheit der französischen Mannschaft zu garantieren. Alain Finkielkraut, einer der in Frankreich meistgelesenen Essayisten, sagte bereits 2005: „Dieses schwarz-schwarz-schwarze Team ist das Gespött Europas.“[9] Ganz zu schweigen von der mittlerweile üblichen Annahme, die Fußballspieler wollten die Marseillaise nicht singen oder kennten deren Text nicht… Wie die Videos von besagtem Freitagabend des 13. November belegen, scheinen die Kinder, deren Hände die französischen Spieler halten, dazu angehalten worden zu sein, die Hymne aus vollem Hals zu singen. Und an dieser Stelle soll der Strafrechtssoziologe kurz zu Wort kommen: Nachdem die Marseillaise im Stade de France und in Anwesenheit vom Präsident Jacques Chirac ausgepfiffen worden war, verabschiedete man rasch ein Gesetz, das die „öffentliche Beleidigung der nationalen Hymne“ zum Vergehen machte.[10]
Nach und nach haben sich die andauernden Schmähungen zu einem konservativen Backlash gegen die französische Offenheit in Sachen Migration und Multiethnizität ausgewachsen. Der Einwanderer, sogar jener mit Ball am Fuß, scheint zur Rolle des Parias verdammt. Und so gelangte das französische Fußballteam zwischen die Mühlräder einer ebenso stummen wie extrem mörderischen Minderheit der maghrebinischen Jugend einerseits und der reaktionären Elite Frankreichs andererseits. Letztere durften im Fernsehen ihren Hass gegen die Durchmischung der Bevölkerungsgruppen in allen Talkshows ventilieren, in die sie eingeladen worden waren, um der ‚politischen Korrektheit‘ ein Ende zu machen.
Während sich einige junge Männer also vor dem Eingang des Stade de France in die Luft sprengten, brachen andere Mörder zu ihrer blutigen Spritztour in Paris auf. Aber nicht irgendwo, vor allem Ausgehviertel wurden zur Zielscheibe. In der Auswahl haben die Terroristen ihre perfekte Kenntnis der politischen und sozialen Geographie der französischen Hauptstadt unter Beweis gestellt. Die Angriffe fanden in der Tat in einem kleinen Teil des Pariser Stadtgebiets statt: Hier lebt eine sehr gut ausgebildete Bourgeoisie in den Dreißigern oder Vierzigern, die weltoffen und links eingestellt ist. Viele Journalisten der Pariser Redaktionen (Le Monde, Libération, Médiapart …) konnten die Anschläge von den Fenstern ihrer Wohnungen aus sehen oder waren im Bataclan dabei. Im Umfeld der Tatorte ist diese im Grunde sehr kleine Bevölkerungsgruppe extrem gut vertreten.
Wenn der städtische Raum umkämpft ist, warum wurde dann diese kleine gesellschaftliche Gruppe ins Visier genommen, die junge, aufgeklärte, weltoffene und tolerante Bourgeoisie, die beispielsweise vor kurzem die Homo-Ehe verteidigt hat und der wir den Umstand verdanken, dass seit Anfang der Nullerjahre das Pariser Rathaus von Linken regiert wird? Ganz einfach deshalb, weil die Mörder genau diese Bourgeoisie am meisten hassen. Denn sie steht für den Universalismus, den Kosmopolitismus und die Vielfalt, die sie erst ermöglicht. Es ist eine Bourgeoisie, die sich um andere kümmert, die zusammen mit jungen Arabern oder Afrikanern Alkohol oder Tee trinkt, also mit Abtrünnigen oder, in den Augen der Fanatiker, kuffār.
Lassen Sie mich als Beispiel Matthieu Giroud erwähnen, der als erstes Opfer im Bataclan starb und der an der Schnittstelle der beiden Bezirke mit seiner schwangeren Frau und seinem ersten Kind wohnte. Der junge Dozent für Soziologie engagierte sich in einem Verein zur Ausbildung von Flüchtlingskindern (ob Manuel Valls im Februar 2016 wohl zu Ehren der Opfer in Paris verkündet hat, er wolle die französischen Grenzen schließen?). Das Thema seiner Doktorarbeit erweist sich im Nachhinein als sowohl soziologisch wie politisch hochrelevant, da er über Gentrifizierungsprozesse schrieb.[11]
Warum rufe ich gerade die wissenschaftlichen Themen des Soziogeographen Matthieu Giroud ins Leben? Weil mir die soziale Geographie von Paris und deren Entwicklung im Laufe der letzten vierzig Jahre ein zentraler Aspekt der Anschläge zu sein scheint. Denn diese lebendigen Viertel, durch die der friedliche Canal St. Martin bis zur Place de la Bastille fließt, sind kleine Inseln inmitten einer Agglomeration, die von Ungleichheit und Entmischung geprägt ist. Und wenn wir davon ausgehen, dass es eine internationale Geopolitik der Massaker gibt, dann finden wir auch eine sehr lebendige Sozialgeschichte. Das dschihadistische Blutbad ist nicht nur ein Kapitel eines apokalyptischen Projekts, sondern auch des Pariser Klassenkampfes, der im Rahmen einer sehr starken räumlichen Polarisierung stattfindet. Das Massaker, so meine These, ist die hysterische Fortsetzung der urbanen Revolten der letzten drei Jahrzehnte.
Die Revolten der Banlieue
Wie Sie sehr wahrscheinlich wissen, haben urbane Aufstände seit Ende der 1970er-Jahre in Frankreich zugenommen.[12] Diese Revolten verlaufen immer nach dem gleichen Schema. Am Anfang steht ein realer oder vermeintlicher Polizeiübergriff gegen Jugendliche der Plattenbausiedlungen, dann kommt es zu Versammlungen wütender Menschen, wobei in der Regel Autos in Brand gesteckt werden. Die anrückende Bereitschaftspolizei wird angegriffen, und das Ganze kann sich zwei bis drei Nächte unter mehr oder weniger intensiver Medienberichterstattung hinziehen. Was sagt uns dieses Ritual? Reduziert städtische Gewalt sich in Frankreich auf das Abbrennen von Autos der Nachbarn, Freunde und Eltern? Und warum Autos? Auch hier ist eine genaue Analyse von Raumkonfigurationen und Handlungsmöglichkeiten geboten.
Die Strategie der Polizei hat sich seit Ende der 1970er-Jahre nicht geändert. Ihr geht es darum, Revolten räumlich einzuhegen, damit sie auf keinen Fall die wohlhabenderen Gegenden erreichen, in denen die Menschen an Wahlen teilnehmen und dadurch politischen Druck ausüben können. Sie ist also an Absicherung und nicht einmal unbedingt an strafrechtlicher Verfolgung interessiert. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Spiegelstrategie der Gewaltakteure, die sich ihrerseits nicht aus ihren Kiezen heraustrauen. Die Polizeistrategie sowie der politische Horizont der Gewaltakteure verengen die Revolten auf einen bestimmten städtischen Raum und verstärken damit die räumlich definierte Identität Letzterer. Der Handlungshorizont der jungen Rebellen ist nicht die Stadt, sondern der Stadtteil. Was aber haben ihnen diese Aufstände gebracht? Aus ihrer Sicht wahrscheinlich sehr wenig. Vielleicht lässt sich so die Verschiebung der städtischen Gewalt in den Kern der Hauptstadt hinein erklären, die nicht nur als Bruch mit den ritualisierten Taktiken des urbanen Aufstandes, sondern zugleich auch als Fortsetzung eines Kampfes zu verstehen ist, der auch auf die soziale Entwicklung der Großstädte in Frankreich zurückgeht.
Die friedlichen Pariser Bezirke um den Canal St. Martin gehören tatsächlich zu den ersten Gegenden, die vom sozialen Umsturz der Stadtsanierung des damaligen Bürgermeisters Jacques Chirac (1976–1995) betroffen waren. In meiner Kindheit waren sie Teil dessen, was man das „Paris Arabe“ nennt – also eine ärmere Gegend, in der einst die Pariser Kommune entstand (ihre letzte Barrikade soll sich am Ende der Rue de la Fontaine au Roi, also am Café La Bonne Bière, befunden haben). Hier wurden die nordafrikanischen Arbeiter in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren einquartiert. Wie gewaltig die Sanierungsprozesse der 1970er- und 1980er-Jahre ausfielen, also die Aneignung des „Paris Arabe“ durch Eigentümer und entsprechende Ausgrenzung der mietenden Araber und Afrikaner in die Plattenbauten der Banlieuestädte, die zu diesem Zweck von der Stadtverwaltung von Paris erbaut worden waren, lässt sich in Karten ablesen, die von der Geographin Anne Clerval gezeichnet wurden.[13] Sie dokumentieren sowohl das Ausmerzen gesundheitlich bedenklicher Wohnungen, manchmal auch ganzer heruntergekommener Stadtteile wie eben auf den beiden Seiten der Rue du Faubourg du Temple[14], als auch die Eroberung der Stadtteile vom Gare du Nord bis zur Place de la Bastille durch die Mittelschichten von 1982 bis 1999.[15] Wie auf den Karten zu sehen ist, haben die Anschläge ganz genau an den Frontlinien der Pariser Gentrifizierung stattgefunden (bei Clerval: „Bas Belleville Fbg du Temple“ und „Fbg St Antoine“).
Meine Auslegung der Anschläge als Übertragung der urbanen Revolten ins Pariser Zentrum lässt sich auch auf der symbolischen Ebene bestätigen. Die letzten Angriffe auf Caféterrassen haben an der Schnittstelle des 11. und 12. Bezirks stattgefunden, genauer gesagt, um die U-Bahn-Station „Charonne“ herum. Wofür steht der Name „Charonne“ im kollektiven Gedächtnis der Stadt? Er erinnert an die unglaubliche (barbarische?) Brutalität der Pariser Bereitschaftspolizei, die unter der Leitung von Maurice Papon am 8. Februar 1962 zehn TeilnehmerInnen einer Demonstration der Kommunistischen Partei zu Tode prügelte. Der Zusammenhang dieser Demonstration mit dem erwähnten „Paris Arabe“ besteht darin, dass sie zur Erinnerung an eine andere Kundgebung veranstaltet wurde.
Am 17. Oktober 1961 nämlich hatten die Algerier-Organisationen in Paris zu einer friedlichen Demonstration aufgerufen, um gegen die von Maurice Papon verhängte Ausgangssperre, die selbstverständlich nur für Nordafrikaner in Paris und den Vororten galt, zu protestieren. In dieser Nacht hatte man die Pariser Bereitschaftspolizei mit Maschinengewehren ausgestattet und über Vertraute von Maurice Papon Falschmeldungen auf den Polizeiradiokanälen gestreut. Am Ende waren unzählige Tote zu beklagen – unzählige insofern, als sich trotz der offiziellen Meldung von drei Toten nur vermuten lässt, dass diese blutige Aktion der Pariser Polizei eher eine Größenordnung von etwa hundert Opfern forderte.
Die Partymeile von Paris trägt eine lange, gewaltgeprägte Geschichte in sich. Meistens handelt es sich um eine „Gewalt ohne Phrase“, eine wortlose Gewalt, wie Karl Marx das im Kontext des gescheiterten Pariser Aufstandes vom Juni 1848 beschrieb.[16] Ab und zu ist freilich Blut geflossen, wie am 17. Oktober 1961 oder am 8. Februar 1962. Dies gilt jedoch auch für den Alltag der jungen „Migranten“ – genauer gesagt: der wie Migrantensöhne aussehenden Männer. Die Gentrifizierung hat dazu geführt, dass die von den Terroristen ausgewählten Territorien Orte sind, von denen junge Araber meistens seit Jahren ausgeschlossen sind, da ihnen die Sicherheitsangestellten der verschiedenen Bars und Cafés Hausverbote erteilt haben.
Hauptsächlich betrifft das die zum Bastille-Platz führenden Straßen, vor allem die Rue de la Roquette, aber auch den Boulevard Voltaire und die Rue de Charonne, an denen zwei der angegriffenen Cafés liegen. An diesen Straßen fanden in den 1990er- und 2000er-Jahren immer wieder gewalttätige Konfrontationen zwischen jungen Arabern, die aus der Banlieue zu kommen schienen, und (meistens aus Westafrika stammenden) Sicherheitsleuten statt. Bisweilen wird auf diesen Partymeilen physische Gewalt zwischen sozialen und kulturellen Schichten spürbar. Vielleicht hat das auch Spuren in den Köpfen junger Männer wie den Brüdern Kouachi, Coulibaly, Amimour, Mostefaï, Hadfi und anderen hinterlassen. Nicht nur private Sicherheitsunternehmen achten schließlich auf möglicherweise Grenzen überschreitende Jugendliche, die sich aus den Banlieues hinaus ins Stadtzentrum trauen. Auch die Polizeikräfte sind besonders aufmerksam.
Aus einer empirischen Untersuchung[17] wissen wir, dass Araber und Afrikaner je nach Ort einem zwischen 5- und 15-fach höheren Risiko ausgesetzt sind, verdachtsunabhängig kontrolliert zu werden. Ein anderer Kollege von der Universität St. Denis hat aus seiner Befragung einer repräsentativen Stichprobe von Studenten im Pariser Großraum geschlossen, dass die Polizei den Alltag bestimmter Menschen gewaltig prägt[18]:
- 9,5 Prozent der befragten StudentInnen geben an, ihr Aussehen bzw. ihre Bekleidung vor möglichen Begegnungen mit der Polizei zu ändern – aber 16 Prozent der nicht-weißen Männer.
- 20 Prozent der Befragten geben an, ihr übliches „Verhalten“ zu ändern – 28 Prozent der nicht-weißen Männer.
- 12 Prozent der Befragten geben an, wegen möglichen Polizeikontrollen ihre üblichen Wege in der Stadt zu ändern – und dies tun sogar fast 20 Prozent der nicht-weißen Männer.
Diese Ziffern und Bilder sollen zeigen, dass Pariser Ausgehkieze auch von Gewalt und Ausgrenzung geprägt sind. Weit entfernt davon, eine vom Himmel herabstürzende Barbarei zu sein, haben die jüngsten Massaker vielmehr ein Licht auf die eigene gewalttätige Sozialgeschichte von Paris geworfen.
Gewalt ohne Aufarbeitung
Ich habe von der Marx‘schen „Gewalt ohne Phrase“ gesprochen. Ich muss leider auch die „Gewalt der Phrase“ erwähnen. Wie wir gesehen haben, ist die soziale Geschichte von Paris von wortloser Ausgrenzung und Ausbrüchen individueller wie staatlicher Gewalt geprägt. Diese Gewalt hat sich einen sehr holprigen und immer noch konfliktbehafteten Weg ins kollektive Gedächtnis gebahnt. Nicht nur, dass die staatliche Gewalt als solche weder anerkannt noch gesellschaftlich aufgearbeitet wird. Das belegt etwa die Aussage des Fraktionsvorsitzenden der Konservativen: „Keiner soll die Geschehnisse des 17. Oktober 1961 verleumden und deren Opfer vergessen. Aber es bleibt inakzeptabel, die Polizei der Republik und mit ihr auch die Republik als solche zu beschuldigen“.[19]
Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass die Pariser Geographie seit ein paar Jahren tatsächlich Gegenstand einer ständigen „Gewalt der Phrase“, also einer verbalen Gewalt ist. Die verbürgerlichten Bezirke, die dem IS als Zielscheibe dienten, sind auch Hassobjekte vieler französischer Publizisten. Es sind oft die gleichen, die die französische Nationalelf als Hassobjekt aufs Korn genommen haben: Die „Bobos“ (bohémiens bourgeois), so ihr Vorwurf, igeln sich in ihrem Reiche-Leute-Ghetto ein. Sie seien in Sorge um die Welt, steckten ihre Kinder aber in Privatschulen. Diese narzisstischen Bourgeois kümmerten sich lieber um Nepal oder die französischen Vorstädte als um „echte“ Franzosen, Franzosen also, die in vernachlässigten ländlichen Regionen oder in kleinen, in Vergessenheit geratenen Städten in Armut lebten und für die Pariser „Bobos“ nur Verachtung übrig hätten.
Diese Diskurse, nachzulesen in neokonservativen Bestsellern der letzten Jahre[20], greifen Themen der reaktionären oder faschistischen Literatur der 1930er-Jahre auf (natürlich ohne das anzugeben), die schon damals das dahinsiechende Landleben und die ehrliche Krume pries, um die Stadt, die alles pervertiere, anzuklagen. Dieser Diskurs der Schuldzuweisung, die Literatur von Michel Houellebecq steht dafür exemplarisch, hat in Wahrheit nur ein Ziel: Frankreichs Rückzug auf sich selbst, das Schließen der Grenzen, die Sorge um ein „Selbst“, das alles ausschließt, was von außen kommt.
Es überrascht also nicht, dass auf das blutige Drama vom November 2015 politische Angst gefolgt ist. Diese Angst hängt nicht nur mit den Sicherheitsgesetzen zusammen. Das Abschlachten der jungen Bourgeoisie hat den Feinden des Universalismus, den Gegnern jeglicher Offenheit gegenüber anderen, den Reaktionären, die Frankreichs gegen die Migration verteidigen wollen, tatsächlich den Beweis dafür geliefert, dass sie Recht hatten: ‚Ihr, die Prediger einer universalistischen Moral, Ihr seid von jenen niedergemetzelt worden, die Ihr verteidigen wolltet; Euer Projekt ist aussichtslos.‘ In Frankreich geht die angesichts kriegerischer Reden und Taten sowie des fortdauernden Ausnahmezustands zunehmende Angst nicht nur auf Freitag, den 13. November zurück. Urbane Lebensweisen, die Sorge um die Anderen wie auch kosmopolitische Ambitionen sind in Frankreich schon seit Anfang der Nullerjahre das Ziel ununterbrochener Angriffe aus dem Lager des neokonservativen Backlashs, und das vor dem Hintergrund einer zunehmenden Radikalisierung fanatischer und immer gewaltbereiterer Teile der migrantischen Jugend. Fügt man dann noch den ständig zunehmenden Druck durch die Polizeipräsenz im Alltag hinzu, sieht man den Raum, in dem Vielfalt und Öffnung ihren Ausdruck finden, immer bedenklicher schrumpfen. Dafür sind die Terroristen des 13. November nicht die einzigen Verantwortlichen.
Fußnoten
- Dieser Text basiert auf einem Gastvortrag auf der Tagung „Ethnographie der Praxis, Praxis der Ethnographie“, Universität Hildesheim, 22.–24. Februar 2016. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Björn Warkalla (planpolitik.de) und bei Christina Müller (soziopolis.de) für ihre Bearbeitungen des Textes.
- Zu dieser Geschichte vgl. Jocelyne Dakhlia, Lingua franca. Histoire d’une langue métisse en Méditerranée, Arles 2008, S. 13. Arno Borst weist darauf hin, dass „Barbaren“ ein Schlüsselbegriff der europäischen Kultur ist (Arno Borst, Barbaren. Geschichte eines europäischen Schlagworts, in: Ders., Barbaren, Ketzer und Artisten. Welten des Mittelalters, München 1990, S. 19–31 – ich bedanke mich bei Denis Thouard für diesen Hinweis).
- Jean-Luc Nancy, Le poids de notre histoire, in: L’Humanité, 20. November 2015.
- Daten des französischen Innenministeriums zitiert in: Plus de 500 djihadistes français actuellement en Irak ou en Syrie, in: Le Monde, 13. Oktober 2015.
- Terror in Paris: Das „Kitch“ hat zu - Pariser Partymeile im Ausnahmezustand, in: Kölner Rundschau, 13. November 2015.
- Ansar Al Khilafah, The extinction of the Grayzone, in: Dabiq 7, S. 54–67.
- Jonathan Freedland, Es lebe die Grauzone, in: Der Freitag 48 (2015), S. 6 (übersetzt aus The Guardian).
- Fabien Jobard, Der Pariser Klassenkampf, in: Der Freitag, 48 (2015), S. 21.
- Interview mit Alain Finkielkraut in der israelischen Tageszeitung Haaretz, 18. Nov. 2005, ein paar Tage nach den Ausschreitungen der französischen Banlieues (23.10–10.11.2005). Siehe auch Christopher Thompson, From Black-Blanc-Beur to Black-Black-Black? ‘L'Affaire des Quotas’ and the Shattered ‘Image of 1998’ in Twenty-First-Century France, in: French Politics, Culture & Society 33 (2015), 1, S. 101–121.
- Jetzt steht das in Artikel 433-5-1 des französischen Strafgesetzbuchs.
- Vgl. seinen letzten Aufsatz: Matthieu Giroud, Mixité, contrôle social et gentrification, in: La vie des idées, 3. November 2015.
- Fabien Jobard, Die Aufstände in Frankreich. Politisierungsformen des urbanen Elends, in: Ellen Bareis / Thomas Wagner (Hrsg.), Politik mit der Armut. Europäische Sozialpolitik und Wohlfahrtproduktion ‘von unten’, Münster 2015, S. 240–260. Siehe auch Jan Philipp Reemtsma, Gewalt als attraktive Lebensform betrachtet, in: Soziopolis, 16. Februar 2016.
- Vgl. Anne Clerval, Paris sans le peuple. La gentrification de la capitale, Paris 2013.
- Siehe die Karte „La part des logements (…) sans confort à Paris 1982 et 1999“ in: Anne Clerval, Le logement et l’habitat, éléments-clés du processus de gentrification. L’exemple de Paris intra muros, in: Le logement et le habitat comme objets de recherche. Actes de la Journée d'étude Jeunes chercheurs 20 mai 2005. Auf der Ostseite der Stadt ist es am spektakulärsten: Der Anteil gesundheitsschädlicher Wohnungen ist von über 50 Prozent in 1982 auf 17 Prozent in 1999 gesunken.
- Siehe die Karte der „Gentrifizierungsfronten“ in: Anne Clerval, Les dynamiques spatiales de la gentrification à Paris. Une carte de synthèse, in: cybergéo. Revue européenne de géographie 505 (2010). Blau markiert sind die bürgerlichen Stadtteile von Paris (im Westteil der Stadt, wo auch – besonders im 7. Bezirk – die Parlaments- und Regierungsinstitutionen und – am Rande des 16. Bezirkes und im 8. Bezirk – die meisten TV- und Radioredaktionen konzentriert sind, die keineswegs Ziele der Terroristen waren), gelb hervorgehoben die am Stadtrand befindlichen Sozialwohnungen und rot die allerletzten Stadtteile mit einem hohen Ausländeranteil. Wie man merkt, haben die Anschläge in den rotmarkierten Stadtteilen stattgefunden.
- Karl Marx, Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte, Kommentar von Hauke Brunkhorst, Frankfurt am Main 2007 [1852], Kap. 7.
- Die Studie habe ich zusammen mit meinem Kollegen René Lévy in Paris 2007 bis 2008 durchgeführt und darin die Merkmale von 525 von der Polizei anlassunabhängig Kontrollierten mit den Merkmalen von 38.000 an den Kontrollorten ebenfalls anwesenden Passanten verglichen. Siehe Fabien Jobard / René Lévy, Identitätskontrollen in Frankreich. Diskriminierung festgestellt, Reform ausgeschlossen, in: Bürgerrechte & Polizei 104 (2013), S. 29–37.
- Nicolas Jounin et al., Le faciès du contrôle, Contrôles d’identité, apparence et modes de vie des étudiant(e)s en Île-de-France, in: Déviance & Société 39 (2015), 1, S. 3–29.
- So Christian Jacob am 17. Oktober 2012.
- Zwei neokonservative Autoren erleben massenhafte Erfolge bei jedem Buch: der schon erwähnte Alain Finkielkraut und der TV-, Radio- und Printmedienkolumnist Eric Zemmour. Alain Finkielkraut, L’identité malheureuse, Paris 2013; und Eric Zemmour, Le suicide français, Paris 2014, sind wochenlang jeweils Bestseller (Kategorie Essay) gewesen. L’identité malheureuse erzählt von der verlorenen Identität Frankreichs unter dem Einfluss der Migration und Le suicide français von dem unaufhaltsamen Niedergang Frankreichs. Weitere Autoren sind im Einklang mit dieser Zwangsvorstellung über die schwindende französische Identität, wie André Glucksmann, Pascal Bruckner, Pierre-André Taguieff etc. Siehe dazu Philippe Corcuff, Les années 30 reviennent et la gauche est dans le brouillard, Paris 2014 ; und Pascal Durand / Sarah Sindaco (Hrsg.), Le discours ‘néoréactionnaire’, Paris 2015.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Christina Müller.
Kategorien: Gewalt
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