Alfons Söllner | Rezension |

Wollte Hannah Arendt wirklich ein Marx-Buch schreiben?

Rezension zu „The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs“ von Hannah Arendt

Hannah Arendt:
The Modern Challenge to Tradition. Fragmente eines Buchs
Kritische Gesamtausgabe Band 6. Herausgegeben von Barbara Hahn und James McFarland unter Mitarbeit von Ingo Kieslich und Ingeborg Nordmann.
Deutschland
Göttingen 2018: Wallstein
924 S., EUR 49,00
ISBN 978-3-8353-3192-1

Der kometenhafte Aufstieg Hannah Arendts in den Ideenhimmel des politischen Denkens ist eine so unbestreitbare Tatsache, dass es sich beinahe erübrigt, auf die widersprüchlichen Gründe zu verweisen, die dafür verantwortlich sind:[1] Obwohl sie selbst sich keiner bestimmten politischen Richtung zurechnete, wanderte ihr Lesepublikum seit den 1950er-Jahren gewissermaßen von rechts nach links. Ihre philosophische Originalität wurde durch ihre Streitlust und ihre schriftstellerische Brillanz nicht gemindert, und auch ihre wachsende Popularität tat ihrer akademischen Etablierung keinen Abbruch. Seit den 1990er-Jahren bekam sie die weibliche Starrolle in einem männerdominierten Geschäft zugewiesen, obschon – oder weil? – sie keinerlei feministischer Neigungen verdächtig war. Wer heute ihre philosophischen Prämissen infrage stellt oder Kritik an ihrer politischen Aktualisierung übt, läuft Gefahr, sich zum Außenseiter zu machen.

In dieser Erfolgsgeschichte gab es lange Zeit einen Makel, der von Arendts VerehrerInnen bitter beklagt wurde, weil er dem endgültigen Einzug in den akademischen Olymp im Wege zu stehen schien: Es fehlte eine Werkausgabe, also eine einheitliche und möglichst „kritische“ Edition von Arendts Schriften, wie es der Ehrenkodex für die Klassiker zumindest in der deutschen Tradition vorschreibt. Das soll sich jetzt ändern: Anzuzeigen ist der erste Band einer auf 17 Bände angelegten Gesamtausgabe, die im Göttinger Wallstein Verlag erscheint und von einem amerikanisch-deutschen Team betreut wird. Die Zusammensetzung des von den GermanistInnen Barbara Hahn und Thomas Wild geleiteten Gremiums steht für ein Programm: Das Konzept des ganzen Unternehmens zielt darauf ab, die Zweisprachigkeit beziehungsweise Mehrsprachigkeit der Autorin ernster zu nehmen, als bisher geschehen – und liegt damit ganz im Trend neuerer und neuester Lektüren, wie sie unlängst etwa Stefania Maffeis vorgelegt hat.[2]

Doch damit nicht genug. Der Clou der von einigen Medien mit viel Vorschusslorbeer bedachten Ausgabe soll offenbar in ihrer dezidiert intermedialen Anlage bestehen. Geplant ist, dass jeder einzelne Band zunächst als gedrucktes Buch erscheint, um ein Jahr später auch in digitalisierter Form vorzuliegen. Die Online-Ausgabe soll dem internetaffinen Zeitgenossen dann mittels besonderer Features einen umfassenden Zugriff auf die Texte gestatten: Die computergestützte Stichwort-Recherche oder das Zerlegen eines Textes nach zeitlichen oder sachlichen Kriterien sollen auf diese Weise ebenso ermöglicht werden wie das Abheben der Überklebungen oder das Entziffern der handschriftlichen Überschreibungen, das die Älteren von uns aus dem vordiluvialen Zeitalter des Schreibens leidvoll erinnern. Ja, sogar das virtuelle Synthetisieren der verschiedenen Schichten nach unterschiedlichen Fragestellungen wird uns in Aussicht gestellt.

Vom Einsatz der digitalen Technik erwartet man sich nicht weniger, als die Verwirklichung eines ganz neuartigen Forschungsprozesses, der den Denkbewegungen Hannah Arendts auf die Spur kommen, die Komplexität ihrer Arbeitsweise erfassen und die Geheimnisse ihrer Darstellungskunst entschlüsseln will. Damit soll letzten Endes an der Autorin selbst ihr nur scheinbar bescheidenes epistemologisches Credo „Ich will verstehen“ nachvollziehbar werden. Wie groß die Erwartungen sind, verdeutlicht die Überschrift eines an sich lesenswerten Artikels von Elke Schmitter auf Spiegel Online, in der die Ausgabe mit den Worten angepriesen wird: „Mit einem Klick hat man all ihre Denkprozesse vor Augen“.

Auch wenn man nicht umhin kann, derart übersteigerten Vorstellungen mit einer gewissen ironischen Distanz zu begegnen, soll die Seriosität der hier zu besprechenden Paper-Edition nicht bezweifelt werden. Dafür stehen nicht nur ihre Herausgeber, die sich sowohl in der Arendt-Forschung als auch anderweitig einen Namen gemacht haben, sondern auch die Institutionen, an denen sie tätig sind oder von denen sie für das Projekt freigesetzt wurden: In den USA die Vanderbilt-University und das Bard-College, in Deutschland die Freie Universität Berlin und die Göttinger Universitätsbibliothek, von der die digitale Infrastruktur kommen soll. Nicht zu vergessen sind schließlich auch die Geldgeber, allen voran die Hamburger Stiftung für Wissenschaft und Kultur, die eine großzügige Anschubfinanzierung geleistet hat, während die Weiterfinanzierung des Vorhabens offenbar noch nicht vollständig gesichert ist. An Sachverstand und Professionalität herrscht also kein Mangel. Gleichwohl besteht Grund zur Vorsicht: Es wäre nicht das erste und gewiss auch nicht das letzte Mal, dass einem ebenso ambitionierten wie teuren Editionsprojekt nach einigen Bänden die Luft ausgeht!

Wie stellt sich nun der von Barbara Hahn und James McFarland edierte Erstling dar, der in der Nummerierung der Gesamtausgabe als Band 6 firmiert? Es handelt sich um ein sehr dickes, um nicht zu sagen unhandliches Buch, das auf mehr als 900 Seiten Hannah Arendts Schaffen in den Jahren von 1951 bis 1954 dokumentiert. Der in ein freundliches Blau gebundene Band behandelt damit die Zeit nach dem Erscheinen des Totalitarismus-Buches, das ihren Durchbruch als Politiktheoretikerin markierte, das heißt eine Übergangsperiode, in der Arendt offenbar vor der Frage stand, „wie es weitergehen soll“. Der Titel des Bandes klingt rätselhaft: The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs. Aber gerade dieser Einstieg in das Gesamtprojekt ist gut gewählt, denn tatsächlich waren Skeptiker wie Bewunderer der streitbaren Denkerin immer schon gespannt zu erfahren, was eigentlich aus dem Forschungsstipendium: „Totalitarian Elements of Marxism“ geworden ist, das Hannah Arendt 1951 bei der Guggenheim-Foundation beantragt und auch erhalten hatte. Bekanntlich ist weder ein Aufsatz noch ein Buch mit diesem Titel je erschienen, doch wurde nie geklärt, warum nicht.

Vor diesem Hintergrund ist es zwar sehr bedauerlich, dass man auch jetzt weder den vollständigen Forschungsantrag zu Gesicht bekommt noch Genaueres über die Gründe erfährt, aus denen die Stiftung das Projekt nach einem Jahr nicht verlängert hat. Doch die EditorInnen machen aus der Not eine Tugend, und sie tun es mit guten Gründen. Denn so wenig Hannah Arendt für „Forschungsprojekte“ geschaffen war, so eifrig produzierte sie doch gerade in dieser Periode eine Fülle von Material, das man, wie ihren gesamten Nachlass, zunächst in der Library of Congress aufbewahrt hat, wo es dann geordnet und digitalisiert wurde. Auszugsweise konnte es seit einigen Jahren auch schon abgerufen werden, beispielsweise über die Universitätsbibliothek Oldenburg. Insgesamt sind es nicht weniger als 600 eng bedruckte Seiten im Arendt-Originalton, die die LeserInnen – teils auf Englisch, teils auf Deutsch und bisweilen in beiden Sprachen – auf eine geradezu abenteuerliche intellektuelle Reise schicken. Deren Wege waren zwar seit der Publikation des Denktagebuches im Wesentlichen bekannt, ihre Umwege aber lassen sich erst jetzt genauer erschließen.

Diese Denkreise zu dokumentieren und minutiös zu kommentieren, ist das große Verdienst des vorliegenden Bandes, das umso schwerer wiegt, als sich zwar ihr Ausgangspunkt einigermaßen gut bestimmen, ihr Ende aber nur schwer abschätzen lässt, geht es doch, wie es die HerausgeberInnen etwas romantisch formulieren, um ein Projekt, das „ins Endlose geraten“ ist. Das so überschriebene Nachwort (S. 827–877) hingegen ist durchaus kompakt. Ergänzt wird es nicht nur, wie üblich, durch eine Zeittafel, ein Register und eine Bibliografie, sondern auch durch eine separate Aufstellung der in Bard College (New York) aufbewahrten Privatbibliothek von Hannah Arendt. Diese forscherische Luxusgabe soll es möglich machen, ihre eigenhändigen Anstreichungen zu überprüfen, die in den vorausgehenden Kommentaren oft im altsprachlichen Original zitiert werden. Im detaillierten, nicht weniger als 300 Seiten füllenden Kommentarteil steckt die eigentliche Arbeit der HerausgeberInnen – und vielleicht entschlüsselt man sie am ehesten und schätzt sie gleichzeitig am höchsten, indem man einfach der Neugierde den Vortritt lässt und direkt, aber ungesichert fragt:

War es wirklich ein Buch über Marx und den Marxismus, an dem Hannah Arendt zu Anfang der 1950er-Jahre schrieb? Und warum hat eine Autorin wie sie, deren lebenslange Produktivität außer Zweifel steht, gerade dieses Buch nicht fertiggestellt? Konnte es nicht geschrieben werden, das heißt gab es zwingende Sachgründe für dieses Scheitern? Oder veränderte sich die Ausgangsfrage in der Auseinandersetzung mit dem Stoff so dramatisch, dass ein anderes Ziel in den Vordergrund rückte? Und falls dem so gewesen sein sollte: Warum wurde dann auch dieses neue Ziel nicht materialisiert? Sicherlich sind das eher Fragen zukünftiger Forschung, also inhaltlicher Art, während die Aufgabe einer kritischen Edition doch nur darin bestehen kann, das vorhandene Material textlich sauber zu präsentieren, es verständlich zu ordnen und daraus ein ebenso handliches wie handhabbares Archiv zu machen, das den Intentionen des Autors gerecht wird. Doch sei’s drum: Wie hilfreich sind die Materialien und besonders ihre editorische Präsentation, um solche Fragen mit Aussicht auf Erfolg anzugehen?

Es spricht für die Sorgfalt, mit der die HerausgeberInnen an ihren Stoff herangehen, dass sie sich mit der Beantwortung inhaltlicher Fragen eher zurückhalten. Dennoch arbeiten sie von Anfang an mit der ebenso „starken“ wie paradoxen Annahme eines nicht-geschriebenen Buches. Damit unterstellen sie der Autorin, dass sie ein solches Buch tatsächlich schreiben wollte, ihr Vorhaben aber nicht realisieren konnte. Im Nachwort liest sich das so: „Arendt schrieb an einem Buch, das nicht dasselbe blieb; sie arbeitete in einem Denkraum, den sie immer wieder umstrukturierte“ (S. 827). Auf der Hypothese vom nicht-geschriebenen Buch beziehungsweise deren Transformation zum sich umstrukturierenden Denkraum beruht die Grobgliederung des Materials in drei etwa gleichlange Teile, in denen es dann jeweils in eine sachliche Ordnung gebracht wird – und auch gebracht werden muss; denn es sind durchgehend inhaltsschwere, nicht selten lange und dichte, häufig aber auch „zerschnipselte“ Texte, die von Hannah Arendt aus den genannten drei bis vier Jahren erhalten sind.

Umstrukturieren kann sich nur, was von sich aus bereits eine gewisse zeitliche Struktur aufweist. In diesem Sinne ist es wohl zu verstehen, dass die EditorInnen für die Zeit zwischen 1951 und 1954/5 zunächst einen Ausgangspunkt und einen Endpunkt annehmen und dann innerhalb dieses Rahmens noch einmal drei Arbeitsphasen unterscheiden. Während sich der Ausgangspunkt von Arendts Denkbewegung mit dem Erscheinen der Origins of Totalitarianism 1951 relativ eindeutig fixieren lässt, bereitet die Angabe ihres Endpunktes offenbar Schwierigkeiten, eben wegen des Fehlens eines fertigen Produktes. So ergibt sich in den drei großen Teilen der Edition zwar eine gewisse sachliche Gliederung für die rund 20 hier abgedruckten Texte, aber die Übergänge sind fließend, da sich sowohl die zeitliche Datierung der Texte als auch ihre thematische Abgrenzung bisweilen schwierig gestalten – nicht zuletzt deshalb, weil Hannah Arendt großzügig mit der Schere gearbeitet und zerschnittene Manuskriptseiten wieder neu zusammengesetzt oder überklebt hat. (Mit der heute geläufigen Praxis des „copy and paste“ hat das freilich nichts zu tun!)

Im Teil I finden sich Texte aus den Jahren 1952/3, die teils noch als direkte Schlussfolgerungen aus dem Totalitarismus-Buch gelten dürfen (wie etwa das Stück über „Ideologie und Terror“, das dann 1955 die deutsche Fassung des Totalitarismus-Buches beschließen wird), teils eher indirekte Auseinandersetzungen mit dem Marxismus-Thema darstellen (beispielsweise ein Berliner Rundfunkvortrag zu „Hegel und Marx“ oder ein schwer einzuordnendes Manuskript zu „Law and Power“). Komplettiert wird der Teil durch eine Serie von Texten, in denen die Totalitarismuserfahrung als solche im Zentrum steht – und zwar weniger im Hinblick auf die zeitgenössische politische Lage als auf ihre Verstehbarkeit (oder besser noch: ihre verstörende Nichtverstehbarkeit). In einem Briefentwurf an Eric Voegelin vom April 1951 heißt es dazu: „Wie kommt es, dass wir aus unserer Tradition nicht im stande sind, die uns von unserer Zeit gestellten politischen Fragen zu beantworten. Dies fuehrt zu einer weiteren Frage: Was ist Politik seit Plato? und sind die seit Plato gegebenen Antworten zureichend?“ (S. 847)

Bei genauerem Hinsehen steht also bei den hier zusammengestellten wie auch bei den folgenden Texten nur eine einzige große Frage im Raum: ob nicht die geistesgeschichtliche Tradition als solche zerbrochen und damit in ihrer Gesamtheit zur Disposition gestellt ist. Diese Frage tritt zwar in verschiedenen Variationen, mit wechselnden Perspektiven und Sachbezügen auf, aber sie scheint für Arendt vor allem deshalb so dringlich zu werden, weil ihr Anfang und Ende dieses Traditionszusammenhangs auf fatale Weise miteinander verknüpft zu sein scheinen. Es ist die aktuelle Erfahrung der totalitären Herrschaft, durch die sie die Tradition des politischen Denkens insgesamt in Frage gestellt sieht: Wie und warum – das zeigen beispielsweise die Notizen zu einer im Frühjahr 1952 an der New School in New York gehaltenen Vorlesungsreihe oder die unter dem Titel „Understanding and Politics“ versammelten Varianten eines Textes, dessen Schlussversion 1953 in der Partisan Review erschien. Fragt man nach dem Stellenwert, den Marx und der Marxismus in diesem Kontext haben, so zeigt sich zunächst eine eindeutige Antistellung:

Wie Karl Marx und die ihm nachfolgenden Theoretiker des Marxismus Arendt zufolge einer von ehernen Gesetzen beherrschten Geschichtsvorstellung zur Durchsetzung verhalfen, die den Arbeitsbegriff verabsolutiert, so scheint ihr die moderne Sozialwissenschaft mit ihrem funktionalistischen Gesellschaftsbild ganz generell unfähig, das Wesen der totalitären Herrschaft zu verstehen. Dementsprechend ist die Auseinandersetzung mit Marx hochgradig ambivalent: Die Lehre von Marx ist für Arendt sicherlich wichtig, aber sie ist doch zunächst nur ein Staupunkt, der schließlich zum Abstoßungspunkt für eine nach rückwärts gerichtete Denkbewegung wird, die Rückhalt in den politischen Theorien der griechischen Klassiker sucht. Eine ähnliche Abstoßungsbewegung von Marx, jetzt ausgeweitet auf die modernen Sozialwissenschaften, lässt sich auch in drei weiteren Texten zu „Religion und Politik“ beobachten, in denen Arendt das seinerzeit gängige Konzept der „politischen Religion“ kritisiert, wobei sich Arendt hier konsequent – anders als etwa Eric Voegelin – zur modernen Trennung von Religion und Politik bekennt.

Teil II versammelt Texte aus der Zeit von Mitte 1952 bis Ende 1953, bei deren Lektüre deutlich wird, dass die These vom ungeschriebenen Marx-Buch auf ein viel weiteres Gelände führt und positiver gefasst werden muss. Umso riskanter erscheint jedoch die Perspektive, für die Hannah Arendt selbst wechselnde Titel erprobt hat. Einen von ihnen halten die HerausgeberInnen für so zentral, dass sie ihn zum Titel des Editionsbandes erkoren haben: „The Modern Challenge to Tradition“ – das klingt ebenso weitläufig wie vieldeutig, meint aber auch hier wieder den virtuellen, immer weiter ausufernden Denkraum, der sich zur gesamten Geschichte des politischen Denkens hin öffnet. Im Umkehrschluss scheint das nun aber zu bedeuten, dass es eine klare und begrenzte Konzentration auf Marx und den Marxismus bei Arendt ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gegeben hat. Und vielleicht, so ist man versucht weiter zu fragen, hat es eine solche Konzentration bei ihr auch vorher und nachher nicht gegeben.

Also, direkt und unverblümt gegen jeden Versuch einer linken Eingemeindung gefragt: Schrieb Hannah Arendt in den frühen 1950er-Jahren tatsächlich an einem Marx-Buch – oder wurde ihre Arbeit von ganz anderen Motiven angetrieben, für die der Rekurs auf Marx nur als Vorwand diente? Und wie konnte aus diesem (negativen) Abstoßungspunkt das (positive) Medium für ein intellektuelles Expansionsstreben werden, das zwar von der durch die Erfahrung des Totalitarismus geprägten Gegenwart ausging, sich aber auf die Vergangenheit erstreckte und einer Dynamik unterlag, die zu den antiken Wurzeln des politischen Denkens zurückstrebte? Und welche Rolle spielte dabei womöglich das ganz persönliche Motiv, wieder an die eigene Bildungsgeschichte aus Marburger und Heidelberger Tagen anzuknüpfen? Tatsächlich hatte, wie man im Denktagebuch nachvollziehen kann, die erneute Platonlektüre schon 1950 wieder machtvoll eingesetzt, und zwar genau in dem Augenblick, als ihre eigene Bibliothek aus Paris endlich in New York angekommen war. Vielleicht geht man aber auch nicht fehl, wenn man die Thematik des Guggenheim-Projekts primär als das Resultat einer Bewerbungsstrategie ansieht, die sich mit dem antikommunistischen Zeitgeist zu arrangieren hatte.

Doch wie dem auch sei. In den nach Hannah Arendts Rückkehr von ihrer mehrmonatigen Europareise Mitte 1952 entstehenden Texten sehen wir, wie eine nicht mehr ganz junge akademische Aspirantin, die bisher in erster Linie als politische Essayistin hervorgetreten ist, zur Hochform aufläuft. Über den Grund für diese Entwicklung informieren die Kontextstudien der HerausgeberInnen: Es handelt sich um eine Einladung zu den prominenten Christian Gauss Seminars on Criticism an der Princeton University, die Hannah Arendt, übrigens als erste Frau – als „Ausnahme-Frau“, wie sie selbst später süffisant bemerken wird – erhalten hat. Die Mehrzahl der bis zum Beginn der Seminare im Oktober und November 1953 produzierten Texte ist nicht nur von der daraus resultierenden Euphorie getragen; sie alle zeugen auch von der gleichen rückwärtsgewandten Tendenz, die nirgendwo treffender zum Ausdruck kommt als in einem Brief an Kurt Blumenfeld vom 16. November 1953: „Ich hatte vor, eine kleine Studie über Marx zu schreiben, aber, aber – Sobald man Marx anfasst, merkt man, dass man gar nichts machen kann, ohne sich um die gesamte Tradition der politischen Philosophie zu kümmern... Augenblicklich bemühe ich mich immer noch, die Sache irgendwie abzukürzen, wenigstens im äußeren Sinn. Ich will unter gar keinen Umständen wieder ein dickes Buch schreiben. Es passt mir einfach nicht.“ (S. 827).

Das bedeutet jedoch keineswegs, dass Marx in den während dieser Zeit entstandenen Texten abwesend wäre. Tatsächlich ist seine Lehre unter vielen verschiedenen, teilweise auch widerstreitenden Perspektiven präsent. So moniert Hannah Arendt deutlich die ideologische Verzerrung, die in der Finalisierung von Marx auf den Bolschewismus besteht, und setzt positiv dagegen: „Marx’s roots go by far deeper than he knew it himself. I think it could be shown that the line from Aristotle to Marx shows much less decisive breaks than the line from Marx to Stalin.“ (S. 247) Allerdings ist auch offensichtlich, dass Arendt in ihrer Marx-Interpretation ziemlich selektiv verfährt und sich letztlich auf die Wiederholung einiger abstrakter Beobachtungen zu seinem Geschichtsbild beschränkt. Nicht zufällig ist immer wieder von den drei Leitsätzen die Rede, „which are like the pillars on which his whole theory and philosophy rests“ und die so lauten: „Labor ist the creator of man...Violence ist the midwife of History...Nobody can be free who enslaves others“ (S. 272).

Faszinierend zu studieren ist nun, wie Arendts Marxbild sich im Zuge der exzessiven Antikenlektüre, von der es gleichsam um- und überwuchert wird, allmählich wandelt und dabei auch durchaus positive Züge annimmt. In diesem Sinn erläutert Hannah Arendt beispielsweise die „basic self-contradictions“ von Marx – die Glorifizierung der Arbeit zum Zweck der Freiheit und die Verwendung von Gewalt als Mittel der politischen Befreiung – mit Bezug auf die Hegelsche „Dialektik von Freiheit und Notwendigkeit“ folgendermaßen: sie als „sheer hypocrisy and mere inconsistency“ zu verstehen, „means not only to underrate the relevance of Marx’s work, but to underestimate the objective difficulties and obstacles to all so-called traditional values in the modern world.“ (S. 275) Und schließlich geht sie sogar soweit, Marx selbst vor jeder ideologischen Vereinnahmung in Schutz zu nehmen, weil ihr seine Utopie der klassenlosen Gesellschaft als Abglanz der athenischen Polis erscheint: „its geographical topos is Athens and its place in history is the 5th century before Christ.“ (S. 275, auch S. 277).

Welchen Stellenwert hatten also Marx und der Marxismus für Hannah Arendt in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre? Offensichtlich ist, dass dieser sich im Laufe der Zeit verändert: In der ersten, mit dem Guggenheim-Projekt verbundenen Phase verpflichtet die Antragstellung Arendt primär auf die Beschäftigung mit der Wirkungsgeschichte der Marxschen Lehre, wobei diese – unter dem Einfluss des Kalten Krieges? – von ihr als funktionaler Bestandteil totalitärer Herrschaft gedeutet wird. Aber schon in der zweiten Phase verschiebt sich der Fokus, wird Marx zum Vehikel einer ebenso angestrengten wie produktiven Antikenreise, in deren Verlauf Arendts Platon- und Aristoteles-Lektüre ihre ambivalenten Früchte trägt. Marx avanciert in diesem Zusammenhang zum Mediator zwischen der modernen und der vormodernen Welt, in der das griechisch-römische Zeitalter spannungsvoll gegen das mittelalterliche Christentum steht. Er spielt damit für Arendt eine ähnlich wichtige Rolle wie Montesquieu, dessen Staatsformenlehre am Ende des Totalitarismus-Projektes aus der Alternativlosigkeit der totalitären Herrschaft herauszuführen schien.[3] Aber was genau geschieht mit Marx in der dritten der hier unterschiedenen Arbeitsphasen?

Für die Beantwortung dieser Frage sind zunächst einige Beobachtungen praktischer Natur interessant. Zum einen verweisen die HerausgeberInnen darauf, dass sich in Arendts Privatbibliothek tatsächlich nur wenige Werke von Marx finden lassen, während die Ausgaben der philosophischen Klassiker, sowohl in der jeweiligen Originalsprache als auch in späteren Übersetzungen, nicht nur zahlreich versammelt, sondern auch mit zahllosen Anstreichungen versehen sind. Zum andern findet man bestätigt, was man schon aus dem Denktagebuch wusste: „Während viele, viele Seiten im Denktagebuch von der Beschäftigung mit Platon und Aristoteles, Montesquieu, Kant und Hegel zeugen, finden sich nur wenige Zitate und keine Spuren systematischer Lektüren von Marx und Engels.“ (S. 837) Selbst wenn der zuerst genannte Aspekt auch bedeuten könnte, dass die Marx-Bestände nachträglich aus der Bibliothek herausgenommen wurden, ist doch der zweite Befund umso gravierender: Arendts Lektürepensum konzentrierte sich offensichtlich auf die antiken Klassiker.

Scheint Arendts Retroperspektive anfangs noch von Zuversicht geleitet gewesen zu sein, stellte sich im Verlauf der Auseinandersetzung mit den Werken der Klassiker ein schlimmer Verdacht bei ihr ein: War etwa im Marxschen Geschichtsverständnis nur auf die Spitze getrieben, was als verderblicher Keim längst vorher angelegt war, und zwar schon ganz am Anfang bei Platon (und weniger bei Aristoteles)? Für Arendt wurde der Verdacht zur Gewissheit. Demnach begann die Verleugnung der zutiefst menschlichen Aktivitäten des Sprechens und Handelns schon im berühmten Höhlengleichnis und wurde, vermittelt durch die Tradition des Platonismus, zu einem machtvollen Unterstrom des abendländischen Denkens, durch den nicht nur der Zusammenhang von Wahrheit (logos) und Sprechen (dialogein) abstraktifiziert, sondern auch die Grundlagen des politischen Handelns verdunkelt wurden. Dieser Verdacht kommt in den gegen Ende des hier besprochenen Bandes versammelten Texten nicht mehr zur Ruhe. Entscheidend ist jedoch, dass er Arendt nicht etwa in eine Sackgasse, sondern ganz im Gegenteil in das weite Gelände der politischen Ideengeschichte führt. Dass diese als Ganze zur Disposition gestellt ist, kann dabei für eine so passionierte Denkerin wie Hannah Arendt nur bedeuten, dass das gesamte Gelände vom Anfang bis zum Ende neu vermessen werden muss.

„Totalitarian domination as an established fact which in its being unprecedented can not be comprehended through the categories of political thougt and whose ‚crimes’ cannot be judged by traditional moral standards or punished within the legal framework of our civilization has broken the continuity of occidental history. Since then, the brake in our tradition has been an accomplished fact, that is neither the result of anybody’s deliberate choosing nor subject to further decision.“ (S. 470). So oder so ähnlich liest es sich in schwerem „German English“ an vielen Stellen im dritten Teil dieser Edition, und tatsächlich haben die hier versammelten Texte bei aller Verschiedenheit eines gemein: Ihr Fragehorizont ist nicht mehr auf Marx, seine Voraussetzungen und Folgen begrenzt, vielmehr weitet sich der Blick in die politische Ideengeschichte und wird dabei eines wahrhaften Dammbruchs ansichtig, der die Fundamente der Tradition unterspült und mit sich fortreißt. Mit anderen Worten: Es geht Arendt nun um nicht weniger als die Krise der abendländischen Zivilisation sowie die Frage, wie dem Traditionsbruch, der mit der Moderne gleichgesetzt wird, Einhalt geboten werden kann.

So eröffnet sie den Text „Tradition and Modern Age“, der als einziger von den im Jahr 1954 entstandenen Entwürfen auch publiziert wurde, mit großer und epochenumspannender Geste: „Our tradition of political thought has its definitive beginning in the teachings of Plato and Aristotle. I believe it came to a no less definitive end in the theories of Karl Marx.“ (S. 484) Darin fasst sie die erwähnten Grundprinzipien des Marxschen Geschichtsbildes noch einmal zusammen, stellt jetzt aber den durch sie bewirkten Bruch mit der Tradition als unumkehrbar heraus. Damit nicht genug, radikalisiert sie den Gedanken der Traditionszerstörung noch einmal dadurch, dass sie Marx die beiden anderen großen „Rebellen“ des 19. Jahrhunderts, nämlich Kierkegaard und Nietzsche, an die Seite stellt. Indem diese drei Denker als „guideposts to a past“ fungieren, „which has lost its authority“, erscheint der Gesamtverlauf der abendländischen Ideengeschichte als „a field of ruins“. Gerade dadurch aber eröffnet sich Arendt eine gleichermaßen neue wie riesige Aufgabe, nämlich „the great chance to look upon the past with eyes undistracted by any tradition“ (S. 492)

Derselbe negativ-positive Gestus durchzieht auch Hannah Arendts anlässlich eines Vortrags unternommene Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Vertretern des europäischen Existentialismus und macht dabei auch nicht halt vor ihren eigenen Lehrern wie Martin Heidegger und Karl Jaspers: Sie alle bieten, genauso wenig wie die in den USA gerade zur Hochkonjunktur auflaufenden social sciences, ihr zufolge in der umfassenden Wertkrise der Gegenwart keine zuverlässige Orientierung mehr an. Damit aber steht ein offensichtliches Dilemma im Raum, das die Denk- und Schreibmotivation der Autorin selbst angreift: Hatte Arendt im August 1953 in einem Brief an Gershom Scholem noch angedeutet, dass sie „eine Art Buch schreibe, scheint mir, the modern challenge to tradition“ (S. 830), so notiert sie im Denktagebuch während des Frühsommers 1954 zwar noch eine dreiteilige Gliederung, spricht aber nur mehr von drei Essays, aus denen das Buch bestehen soll: „Buch: Eventuell drei Essays: Staatsformen – Vita activa – Philosophie und Politik“ (S. 482).

Offensichtlich ist der Denkraum, in dem Hannah Arendt sich gegen Ende der hier dokumentierten Arbeitsphase bewegt, nicht nur größer, sondern auch immer komplexer geworden. Und umso zweifelhafter muss ihr das Vorhaben erscheinen, die komplexe Thematik zwischen zwei Buchdeckeln einfangen zu können. Für die Dramaturgie der vorliegenden Edition bedeutet dies aber, dass die These vom ungeschriebenen Marx-Buch nicht unreflektiert stehen bleiben kann. Wenn nämlich das Nachwort mit der Feststellung endet, dass „ein Buchprojekt wie das ihre wohl nicht abgeschlossen werden konnte“ (S. 851), so provoziert das natürlich die Frage nach den Gründen. Es ist gut, dass auch die HerausgeberInnen dies bemerken und dem negativen Resultat eine positive Perspektive hinzufügen: Gewiss befand sich Hannah Arendt Mitte der 1950er-Jahre als Buchautorin erst einmal auf dem Rückzug, doch besann sie sich recht schnell auf eine andere Textgattung, mit der sie bereits vor dem Erscheinen der Origins of Totalitarianism erfolgreich gewesen war, nämlich den „Essay als Form“, wie ihn der von ihr wenig geliebte Theodor W. Adorno etwa zeitgleich zum Programm erhoben hat.

Aber muss man nicht sogar noch einen Schritt weitergehen und fragen, ob es mit Blick auf Hannah Arendt überhaupt angemessen ist, von einem ungeschriebenen Buch zu sprechen, das heißt ihr die Gestaltungskraft im vorliegenden Fall abzusprechen? Zum Glück sind die EditorInnen mit Arendts Arbeitsweise auch über die hier dokumentierte Schaffensperiode hinaus gut vertraut. Sie wissen, wie konstruktiv sie – vorher wie nachher – die Technik handhabte, aus dem Fragment ein Ganzes, aus dem Essay, dessen Schreibweise sie brillant beherrschte, ein Buch zu machen. Bedauerlich ist nur, dass von ihnen nicht wirklich zu Ende gedacht wird, was man die „Dialektik von Essay und Buch“ nennen könnte, und nicht nur bei Hannah Arendt, sondern auch bei vielen anderen Denkern aus der Emigranten-Generation studieren kann. So findet sich in der Edition zwar angedeutet, dass auf das nicht-geschriebene Marx-Buch vier, fünf Jahre später tatsächlich ein „echtes“ Buch folgte, nämlich The Human Condition beziehungsweise Vita activa, wie die von Arendt selbst besorgte Übersetzung ins Deutsche dann hieß. Was und wieviel von den hier zusammengestellten Texten jedoch tatsächlich in dieses Buch einging, bleibt außerhalb der Betrachtung.

Es ist natürlich der notwendigen Arbeitsteilung eines so umfangreichen Editionsprojektes geschuldet – und nicht etwa der fehlenden Perspektive der Herausgeber-Crew –, dass von der hier dokumentierten Wirkungsgeschichte zwar der terminus a quo gut sichtbar wird, ihr terminus ad quem jedoch abgedunkelt bleibt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es bedauerlich, dass der soeben nachgeschobene zweite Band der Gesamtausgabe werkgeschichtlich einen Schritt zurück in die späten 1940er-Jahre geht.[4] Wenn aber der Band über die zweite Hälfte der 1950er-Jahre einmal greifbar sein wird, dürfte sich herausstellen, dass die Gesamtmasse des ungeschriebenen Buches nur die lange Vorgeschichte zum „richtigen Buch“ war. Aufmerksame Leser wissen seit langem, dass The Human Condition beziehungsweise Vita activa sowohl das sorgfältigste als auch das schwierigste Werk von Hannah Arendt ist, wahrlich ihr philosophisches Hauptwerk. Doch erst jetzt lässt sich erahnen, wieviel von dem 1958 publizierten Buch – von der Systematik der Fragestellung bis in einzelne Formulierungen hinein – in den Texten der frühen 1950er-Jahre bereits vorformuliert war. Man darf also gespannt sein, wie die HerausgeberInnen diesen Bogen spannen werden!

Das betrifft nicht zuletzt auch die Deutung von Karl Marx und seine Stellung im Werk von Hannah Arendt insgesamt. Auch bislang schon war offensichtlich, dass es sich bei The Human Condition beziehungsweise Vita activa sowohl um ein Buch über als auch gegen Marx handelte. Vor allem aber war es ein Buch mit Marx; denn wie die systematische Dreiertypologie von Arbeiten, Herstellen und Handeln in der Auseinandersetzung mit Marx entwickelt wurde, so war es von den großen Namen, die von Arendt in die Textur dieser neuen politischen Ideengeschichte kunstvoll hineingewebt wurden – von Platon und Augustinus über Descartes bis zu Kant – vor allem derjenige von Karl Marx, der die meiste Aufmerksamt erfuhr. Hannah Arendt feiert seine Gesellschaftstheorie als den „größten und konsequentesten Ausdruck“ des gesamten neuzeitlichen Denkens, nennt ihn, verglichen mit John Locke und Adam Smith, den „größten der modernen Arbeitstheoretiker“, und steht nicht an, noch in seinen Widersprüchen die richtungsweisenden Einsichten über die moderne Gesellschaft formuliert zu sehen. Kurz, Karl Marx „spricht nur in schockierender Radikalität aus, worüber sich die gesamte Neuzeit im Grunde einig war“.[5]

Gerade im Vergleich mit Hannah Arendts geschichtsphilosophischem Respekt, mit dem sie Marx als den „rückwärtsgewandten Propheten“ (Friedrich Schlegel) der abendländischen Ideenentwicklung würdigt, fällt der wegwerfende Gestus auf, mit dem er im gegenwärtigen Feuilleton behandelt wird. Wenn eine hochseriöse, durch und durch „bürgerliche“ Zeitung wie die Neue Züricher Zeitung es für nötig erachtet, die Arendt-Gesamtausgabe etwas reißerisch mit der Überschrift: „Marx? Viel zu unpolitisch!“ zu begrüßen, und dafür eine flotte Fotografie aus den 1930er- in die 1950er-Jahre, von Paris nach New York hinüberschmuggelt, dann wird damit noch etwas anderes unterschlagen: die persönliche Bescheidenheit einer Autorin, die diese Liebenswürdigkeit auch später noch behielt, als sie in die große Öffentlichkeit hineingezerrt wurde. Und hätte es die Gelegenheit gegeben, sie selbst zu fragen, ob nach den intimen Briefwechseln nun auch noch ihre Notizen, die „Drafts“ und überklebten Texturen aus ihrer Denkwerkstatt hervorgeholt und tatsächlich publiziert werden sollen, dann hätte sie vermutlich die für sie so wichtige Unterscheidung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit aus ihrer immer eleganten (Hand-)Tasche gezogen und sehr schroff geantwortet: „No!“

  1. Eine gekürzte Fassung dieser Besprechung ist bei H-Soz-Kult verfügbar unter: https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-30383.
  2. Vgl. Stefania Maffeis, Transnationale Philosophie. Hannah Arendt und die Zirkulationen des Politischen, Frankfurt am Main 2018.
  3. So könnte man das Schlusskapitel der deutschen Fassung des Totalitarismus-Buches von 1955 interpretieren. Vgl. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, München 1986, besonders S.710-726.
  4. Hannah Arendt, Sechs Essays / Die verborgene Tradition, hrsg. von Barbara Hahn, Barbara Breysach und Christian Pischel, Göttingen 2019 (= Kritische Gesamtausgabe, Band 3) .
  5. Siehe Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, München 1967, S. 82, 86, 80. Vgl. dazu meinen Lektürevorschlag in: Alfons Söllner, Deutsche Politikwissenschaftler in der Emigration. Studien zu ihrer Akkulturation und Wirkungsgeschichte, Opladen 1996, S.226–248.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Karsten Malowitz.

Kategorien: Politische Ökonomie Politische Theorie und Ideengeschichte Moderne / Postmoderne

Alfons Söllner

Professor Dr. Alfons Söllner ist emeritierter Professor für politische Theorie und Ideengeschichte, er lehrte von 1994 bis 2012 an der Technischen Universität Chemnitz. Geb. 1947 in Bayern, Studium in Regensburg, München und Harvard, 1977 Promotion an der LMU München, 1986 Habilitation an der FU Berlin, 1990–1991 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin, 1994–1997 Prorektor der TU Chemnitz. Forschungsschwerpunkte: Wirkungsgeschichte der Hitler-Flüchtlinge; Geschichte der Politikwissenschaft; Politische Theorien im 20. Jahrhundert; Politische Ästhetik; Flüchtlingspolitik. Ausgewählte Veröffentlichungen: Peter Weiss und die Deutschen, 1988; Deutsche Politikwissenschaftler in der Emigration, 1996; Fluchtpunkte. Studien zur politischen Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts, 2006; Deutsche Frankreich-Bücher aus der Zwischenkriegszeit, 2012.

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Konferenz der DVPW-Sektionen „Politische Theorie und Ideengeschichte“ und „Politische Ökonomie“, Schader-Forum Darmstadt, 23.–25. Juni 2016

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