Deadline: 31.12.2025

Digitalisierung in der Sozialpolitik – Prozesse, Wirkungen und Perspektiven

Call for Abstracts für ein Schwerpunktheft der Zeitschrift Sozialer Fortschritt. Deadline: 31. Dezember 2025

Digitale Technologien prägen den Lebensalltag der meisten Bürger:innen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen. Umso bemerkenswerter ist es, dass die sozialpolitische Forschung das Thema Digitalisierung bislang nur selten explizit aufgegriffen hat. Deutschland gilt in der Digitalisierungsforschung regelmäßig als Nachzügler, der gegenüber anderen Wohlfahrtsstaaten in digitalen Transformationsprozessen aufzuholen hat. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass das Thema auch im internationalen Diskurs weitgehend ausgespart wird. Ein Grund dafür könnte sein, dass Digitalisierung häufig als reine Umstellung administrativer Prozesse verstanden wird, bei der analoge Verfahren digitalisiert werden, die grundlegende Funktionsweise des Sozialstaats jedoch unverändert bleibt.

Jüngere Forschung weist allerdings darauf hin, dass Digitalisierungsprozesse ein weit größeres sozialpolitisches Transformationspotenzial besitzen. Dies zeigt sich etwa bei neuen Formen der Erwerbsarbeit wie Plattformarbeit oder hybrider Selbstständigkeit. Hier geht es nicht nur um die unmittelbare Absicherung solcher Arbeitsverhältnisse, sondern auch um grundlegende Fragen zur Zukunft eines lohnarbeitszentrierten Sozialversicherungssystems. Auch abseits des Arbeitsmarktes lassen sich tiefgreifende Veränderungspotenziale erkennen, die das sozialstaatliche Funktionsgefüge verschieben können. Internationale Beispiele wie das Universal Credit System in Großbritannien verdeutlichen dies. Erste Forschungsergebnisse legen nahe, dass Digitalisierungsprozesse zentrale Mechanismen des Sozialstaats wie das Versicherungsprinzip oder Leitbilder wie Aktivierung und Eigenverantwortung transformieren können. Zudem drängen mit Tech-Unternehmen neue Akteure in das Feld, während sich auch bestehende Akteurskonstellationen neu ausrichten.

Auch in Deutschland schreitet die Digitalisierung der Sozialpolitik voran. Bürger:innen begegnen ihr zunehmend in Form der digitalen Rentenübersicht, digitaler Pflegeassistenzsysteme oder der elektronischen Patientenakte. Vor diesem Hintergrund soll ein Schwerpunktheft der Zeitschrift Sozialer Fortschritt die These verfolgen, dass Digitalisierung weit mehr ist als die bloße Umstellung analoger auf digitale Verfahren: Sie verändert die Substanz und den Gestaltungsmodus von Sozialpolitik in struktureller, normativer und praktischer Hinsicht.

Gefragt sind theoretisch und empirisch fundierte Beiträge zu Digitalisierungsprozessen in unterschiedlichen Feldern der Sozialpolitik. Mögliche Fragestellungen betreffen die systematischen Veränderungen in Institutionen, Akteurskonstellationen und Adressat:innen, die Auswirkungen auf sozialpolitische Einstellungen und Präferenzen in der Bevölkerung, die Erklärungskraft klassischer wohlfahrtsstaatlicher Theorien sowie die Konsequenzen für Zugänglichkeit, Teilhabe und Grundrechte. Darüber hinaus rücken die Folgen der Datafizierung und algorithmischer Entscheidungsverfahren, Wechselwirkungen mit sozialer Ungleichheit, die Transformation von Leitbildern wie Aktivierung, Eigenverantwortung und Solidarität sowie Veränderungen in der Wissensproduktion und -steuerung in den Fokus. Besonders willkommen sind auch international vergleichende Analysen.

Abstracts von maximal 400 Wörtern können bis zum 31. Dezember 2025 an Felix Wilke (felix.wilke(at)eah-jena.de) eingereicht werden. Nach Annahme der Skizze ist der vollständige Beitrag bis zum 30. April 2026 einzureichen. Angenommene Manuskripte werden im Rahmen einer Tagung an der EAH Jena im Juli 2026 vorgestellt und mit Fachpublikum diskutiert. Die Beiträge durchlaufen ein doppeltes Begutachtungsverfahren, das Schwerpunktheft soll Ende 2026 erscheinen. Für Rückfragen stehen die Gastherausgeber gern zur Verfügung.

Call for Papers (PDF)

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