Deadline: 15.01.2026
Translation und Transformation als operationale Formen von Vermittlung und Ordnung
Call for Papers für eine Konferenz vom 18. bis 19. Juni 2026 in Mainz. Deadline: 15. Januar 2026
In einer sich wandelnden Welt sind Translation und Transformation komplementäre Modi von Veränderung und Bearbeitung. Beide Konzepte operieren auf unterschiedlichen Ebenen, folgen je eigenen Logiken und erzeugen unterschiedliche Formen von Anschlussfähigkeit. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie nicht nur auf Resultate verweisen, sondern praktische und symbolische Operationen bezeichnen, durch die etwas – eine Idee, ein Medium, ein Konzept, ein Artefakt – anders wird. Das Georg Forster Forum (GFF) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz nimmt dieses Zusammenspiel von Translation und Transformation in den Blick und erforscht es durch theoretische Reflektionen und empirische Untersuchungen. Für die Konferenz „Translation und Transformation als operationale Formen von Vermittlung und Ordnung“ lädt das GFF Forschende aus den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ein, die sich für Prozesse der Vermittlung, Umformung und Neuanordnung und deren Rolle für gesellschaftlichen Wandel interessieren, um gemeinsam Translation und Transformation in einem interdisziplinären und multiparadigmatischen Rahmen zu diskutieren.
Translation umfasst ein breites Spektrum inter- und intramedialer, interdiskursiver und intersystemischer Übersetzungsprozesse. Das Konzept Translation bezeichnet die Vermittlung zwischen Sinnwelten, Systemen, Medien und Praktiken – ohne von vornherein ein „richtiges“ Ergebnis oder eine ideale Form anzunehmen. Etwas wird in einen neuen Kontext gebracht – sei es ein wissenschaftlicher Begriff in den Journalismus, ein Algorithmus in ein Gesetz, eine visuelle Metapher in eine politische Rede. Dadurch werden Anschlüsse erzeugt, Dinge verständlich, operationalisierbar, verhandelbar gemacht – doch Translationen tun das nie neutral. Sie erzeugen Unschärfe, lassen Reste entstehen, markieren Differenz. Translation ist deshalb nicht nur ein Verstehensprozess, sondern auch ein Ort der Selektion, Rahmung und Interpretation, an dem Sichtbares unsichtbar wird oder umgekehrt. Der Prozess ist nie vollständig kontrollierbar, sondern immer auch offen, umkämpft, unabschließbar, und er macht sichtbar, dass Veränderung sich auch durch Verschiebungen, Missverständnisse, kreative Re-Arrangements ereignet.
Demgegenüber verweist Transformation als Konzept stärker auf Struktureingriffe, Neuprogrammierungen und Reorganisationen. In Transformationen werden Ordnungen verschoben, Konfigurationen reorganisiert, neue Relationen erzeugt – sei es in der Wissensproduktion, in institutionellen Settings oder in kulturellen Semantiken. Im Unterschied zur Translation suggeriert das Konzept Transformation vielfach die Stabilisierung neuer Zustände nach einer Krise – ohne aber zwingend eine Zielvorstellung oder eine intentionale Steuerung vorauszusetzen. Transformation kann emergent oder reflexiv sein, sie kann an symbolischen Ordnungen arbeiten oder an materiellen Infrastrukturen ansetzen. Wichtig ist: Auch Transformationen sind kein binäres Ereignis, sondern ein dynamischer, oft brüchiger Vorgang, der auf translationalen Leistungen aufbaut oder diese motiviert. Transformationen mobilisieren Ressourcen, Machtverhältnisse und kulturelle Deutungsmuster. Sie bedürfen eines expliziten Diskurses, sind auf Akteure angewiesen und erzeugen immer auch Gegenbewegungen, Widerstände, Alternativen.
Wir machen das Zusammenspiel von Translation und Transformation zum Gegenstand analytischer Reflexion. Verstanden als komplementäre Modi kultureller, medialer und epistemischer Dynamik interessiert uns besonders das Spannungsverhältnis zwischen Stabilisierung und Verschiebung, zwischen Wiedererkennbarkeit und Differenz. Statt Steuerung, Planung oder Fortschritt sollen dabei Formen der Bearbeitung, Adaptierung und Kontextverschiebung im Vordergrund stehen – also jene „unspektakulären“ Operationen, durch die sich das Neue formiert. Dieses Erkenntnisinteresse wollen wir auf der Tagung im Juni 2026 anhand von unterschiedlichen empirischen und theoretischen Beiträgen vertiefen. Erwünscht sind Beiträge, die zur Klärung der Begriffe aus disziplinärer Perspektive beitragen oder verwandte Begriffe und terminologische Synonyme zum Thema haben. Wir laden zudem Beiträge ein, die eines der beiden Konzepte für Forschungsarbeiten fruchtbar machen und die Dynamik von Übersetzung und Umwandlung in konkreten Konstellationen aufzeigen. Schließlich freuen wir uns auf Beiträge, die Translation und Transformation in theoretischer oder empirischer Perspektive produktiv aufeinander beziehen. Angesichts des innovativen und experimentellen Vorhabens der Tagung erwarten wir keine ausführliche vorhergehende Beschäftigung mit beiden Konzepten, sondern laden die Teilnehmenden vielmehr ein, ihre etablierten eigenen Ansätze um Translation und Transformation zu erweitern.
Folgende Fragestellungen bieten Anregungen für mögliche Beiträge, sollen diese aber keineswegs einengen:
• Wie operieren Translation und Transformation in verschiedenen Feldern wie Kunst, Wissenschaft oder Technik?
• Wie werden Übersetzung und Umwandlung autorisiert, legitimiert oder problematisiert und welches zeitgenössische Verständnis von Stabilisierung und Verschiebung lässt sich dabei erkennen?
• Wie wird Translation zu einem epistemologischen Schlüsselbegriff der Wissenschaftsanalyse? Wann und warum wird Transformation als politisch-normativer Leitbegriff mobilisiert? Und in welchen Konstellationen überschneiden sich beide Begriffe?
• Welche Rolle spielen Medien, Formate oder Infrastrukturen in Prozessen der Translation und Transformation?
• Wie werden Ideen, Objekte und Praktiken durch Translation in andere Kontexte überführt – und was geht dabei verloren oder wird neu generiert?
• Welche Bedeutungen haben Prozesse der Translation in Konstellationen der Transformation? Welche Translationen regen Transformationen an und wie beeinflussen Übersetzungen und Übertragungen den Fortgang einer Transformation?
Die Tagung richtet sich an Forschende aus allen Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Wir bitten um Vorschläge für Beiträge in Form eines kurzen Abstracts (bis zu 300 Wörtern inklusive kurzes Biogramm) bis zum 15. Januar 2026 an Gregor Feindt (gfeindt(at)uni-mainz.de). Die Tagung wird am 18. und 19. Juni 2026 in Mainz stattfinden. Für externe Teilnehmende übernehmen wir die Kosten von Anreise und Übernachtung. Für alle weiterführenden Fragen zur Konferenz steht Gregor Feindt (gfeindt(at)uni-mainz.de) zur Verfügung.
Call for Papers (PDF)