Oliver Eberl | Rezension |

Die Mühlen der Zivilisation 4

Die nomadische Alternative

James C. Scott:
Die Mühlen der Zivilisation. Eine Tiefengeschichte der frühesten Staaten
Deutschland
Berlin 2019: Suhrkamp
329 S., EUR 32,00
ISBN 978-3-518-58729-4

Die Einblicke der neueren Archäologie in vorherrschende Lebensweisen im mesopotamischen Schwemmland zwischen 10.000 und 3.000 vor unserer Zeit bilden den Ausgangspunkt von James C. Scotts „Tiefengeschichte der frühesten Staaten“. Die Schlüsse, die er aus diesen Erkenntnissen zieht, führen ihn zur Abkehr von einer Idee, die lange Zeit als eine Art zivilisatorische Standarderzählung gegolten hat: die Annahme von der Reihen- oder sogar Stufenfolge der Entwicklung zur städtischen Lebensweise und zum Ackerbau. Dieser Erzählung liegt nach Scott die Vorstellung zugrunde, „die Domestikation von Pflanzen und Tieren habe direkt zu Sesshaftigkeit und feldgebundener Landwirtschaft geführt“ (S. 11).[1] Die Logik der Entwicklung der Zivilisation legt nahe, dass Sesshaftigkeit und Landwirtschaft zwangsläufig zum Entstehen von Staaten führen mussten. In den Geschichten von der Entwicklung der Menschheit, wie sie von Aufklärern wie Montesquieu, Adam Ferguson, Adam Smith und Condorcet oder später von Autoren wie Louis Henry Morgan und Friedrich Engels geschrieben wurden, war das Stadium der Jäger und Sammler (der „Wilden“) und dasjenige der Pastoralwirtschaft (der „Barbaren“) streng von demjenigen der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates unterschieden (vgl. S. 24). Ihrer Ansicht nach handelte es sich dabei um Stufen, die von manchen Gesellschaften erklommen werden, von anderen hingegen nicht. Daher hielten sie Gesellschaften, die eine staatliche Ordnung errichtet hatten, für „weiter entwickelt“ als solche, die in Gruppen lebten und mit ihrem Vieh oder als Jäger und Sammler umherzogen.

Vor den Aufklärern hatte Thomas Hobbes diese Geschichte noch einfacher erzählt: Demnach bot das Leben im Staat die einzige mögliche Alternative zur Existenz im Naturzustand. In diesem gibt es nach Hobbes‘ prominenter Darstellung im Leviathan „keinen Ackerbau, keine Schifffahrt, keine Waren, die auf dem Seeweg eingeführt werden können, keine bequemen Gebäude, keine Geräte, um Dinge, deren Fortbewegung viel Kraft erfordert, hin- und herzubewegen, keine Kenntnis von der Erdoberfläche, keine Zeitrechnung, keine Künste, keine Literatur, keine gesellschaftlichen Beziehungen“, weshalb das menschliche Leben in ihm „einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz“ sei.[2]

Hobbes‘ Beschreibung des Lebens im Naturzustand, das verbreiteten Vorstellungen der nomadischen Lebensweise entspricht, hat die Darstellung des „wilden“ außer-staatlichen Daseins in der Standarderzählung nachhaltig geprägt. Es ist daher kein Wunder, dass die Politische Theorie in ihrem Bezug auf den Staat einen anti-nomadischen Bias aufweist.[3] Hobbes‘ Darstellung wird immer noch weitgehend einstimmig als rationales Konstrukt eines staatslosen Zustands angesehen, obwohl er selbst immer wieder von Amerika als konkretem Beispiel eines solchen Naturzustandes sprach und seine Beschreibung somit keineswegs hypothetisch, sondern tief im kolonialen Geschehen seiner Zeit verankert ist. Auch Autoren wie Jean-Jacques Rousseau und Adam Ferguson, die sich um eine alternative Deutung des Naturzustandes bemühten, verstanden Hobbes‘ Beschreibung übereinstimmend als Hinweis auf den Zustand der Völker, auf welche die europäischen Entdecker und Kolonisatoren in Übersee gestoßen waren. Entsprechende Vergleiche mit den peripheren Völkern der Antike oder noch entfernterer Vorzeit wurden nicht nur von Schriftstellern und Philosophen gezogen, sondern boten auch Illustratoren wie Theodor de Bry Stoff für ihre Darstellungen.

Die wenig einladende Beschreibung des Naturzustandes hat ihren Grund in der damit ex negativo gegebenen Begründung des Staates: Die Zumutungen eines Lebens unter staatlicher Herrschaft erscheinen gerechtfertigt und notwendig angesichts der Schrecken eines Lebens außerhalb staatlicher Ordnung. Für die Situation eines Bürgerkriegs, wie sie Hobbes vor Augen hatte, mag die radikale Schlussfolgerung, der zufolge jede Form staatlicher Herrschaft besser sei als ein anhaltender Krieg eines jeden gegen jeden zutreffend sein. Seine daraus abgeleitete Legitimierung eines absolutistischen Staats beruht aber auf der stillschweigenden Voraussetzung, dass das Leben im Staat die einzig mögliche Form friedlicher Koexistenz darstellt. Ihre vordergründige Plausibilität gewinnt diese Voraussetzung allerdings nur vor der Folie einer grotesk verzerrten Beschreibung der realen Lebensweise nicht-staatlicher Gesellschaften. Entsprechende Informationen wurden diesseits des Atlantiks breit rezipiert. Tatsächlich kann die Auseinandersetzung mit Berichten über die Sitten und Gebräuche indigener und kolonisierter Völker in ihrer Bedeutung für das politische Denken der Neuzeit von Hobbes bis zur Aufklärung kaum überschätzt werden. Die Rechtfertigung des Staates und die koloniale Expansion gehen in der Folge eine Verbindung ein, deren Nachwirkungen auf der begrifflichen und kategorialen Ebene sowohl das wissenschaftliche als auch das allgemeine politische Denken bis heute prägen, was sich etwa an Beschreibungen wie der des Naturzustands als eines „Rückfalls in die Barbarei“ ablesen lässt.[4]

Doch zurück zu Scott. Seine scheinbar spezialistische Beobachtung, „dass Sesshaftigkeit der nachgewiesenen Domestikation von Pflanzen und Tieren lange vorausging und dass es sowohl Sesshaftigkeit als auch Domestikation mindestens vier Jahrtausende lang gab, bis so etwas wie ein landwirtschaftliches Dorf auftrat“ (S. 11), hat weitreichende Konsequenzen, die in ihrer Summe die bereits eingangs erwähnte Korrektur der Standarderzählung nach sich ziehen: Staaten tauchten dem zufolge erst lange nach dem Auftreten feldgebundener Landwirtschaft auf, Ackerbau stellte hinsichtlich des Wohlstands und der Ernährung keinen Fortschritt dar, und Staaten waren keine Magnete für nicht-staatlich lebende Menschen, sondern mussten sich ihre Untertanen regelrecht erbeuten (vgl. S. 17–25). Scott zufolge lässt sich daher mit guten Gründen behaupten, „dass das Leben außerhalb des Staates – das Leben als ‚Barbar‘ – materiell gesehen häufig leichter, freier und gesünder war als das Leben innerhalb der Zivilisation – zumindest für die Nichteliten.“ (S. 11 f.) Damit führt er einen Punkt an, den etliche Staats- und Zivilisationsskeptiker wiederholt gegen Hobbes geltend gemacht haben: Sollte es stimmen, dass es sich bei dem Leben außerhalb des Staates um ein Leben in relativer Fülle und Gesundheit sowie in Freiheit und Gesellschaft handelt, so wären sowohl die These von der Notwendigkeit staatlicher Herrschaft als auch die korrespondierende Erzählung von den Vorzügen der staatlichen Lebensweise mindestens korrekturbedürftig, wenn nicht hinfällig.

Scotts These lautet, dass Weizen das geeignetste Getreide war, um zum Gegenstand der Besteuerung zu werden, was zur Folge hatte, dass die Ernährung im Staat auf diese eine Grundlage gestellt wurde. Demgegenüber konnten die mobilen Nomaden jederzeit auf unterschiedlichste Nahrungsquellen zurückgreifen, von wilden Getreidesorten über Früchte, Fische, Wild und Wurzeln bis hin zu den von ihnen eigens mitgeführten Viehherden. Nahrungsmangel trat daher bei ihnen seltener auf und Hungersnöte konnten leichter vermieden werden. So betrachtet, ging die Errichtung des Staates nicht mit der Überwindung einer primitiven Stufe menschlicher Existenz einher, sondern mit einer Beschränkung von Möglichkeiten, machte es die Menschen doch von einer einzigen Nahrungsquelle abhängig. Ausschlaggebend für diese folgenreiche Umstellung war nach Scott die Absicht der staatlichen Eliten zur Besteuerung ihrer Untertanen. Die Eigenschaften des Weizens, der lange haltbar, leicht zu transportieren und einfach abzumessen ist, machten die Verwirklichung dieser Absicht möglich. Abgesehen von seiner Eignung als Zahlungsmittel bot der Weizen weder eine sichere Ernährungsgrundlage noch ermöglichte er ein einfacheres Leben, muss er doch gehegt und gepflegt, bewässert und beschützt werden. Scott geht sogar so weit zu fragen, ob der Vorgang der Domestikation nicht in umgekehrter Richtung verlaufen ist, gewissermaßen als Kultivierung des Menschen durch die Pflanze. „Wurde er [der Mensch, O. E.] nicht seinerseits domestiziert, gefangen in der Tretmühle des Pflügens, Säens, Jätens, Mähens, Dreschens, Mahlens, alles um seines Lieblingsgetreides willen und zur Erfüllung der täglichen Bedürfnisse seines Viehs?“ (S. 34)

Was Scott an diesem Vorgang interessiert, ist nun weniger die Beantwortung der in seinen Augen letztlich metaphysischen Frage „Wer dient wem?“ (S. 99),[5] als vielmehr die damit verbundenen Implikationen: Wenn uns die Pflanzen domestizierten, so Scott, dann müssen wir den Gedanken akzeptieren, „dass wir ebenso sehr ein Produkt der intendierten oder nichtintendierten Selbstdomestizierung sind, wie andere Spezies der Hausgemeinschaft Produkte unserer Domestikation sind“ (S. 95).[6] Die Folgen dieses Prozesses betreffen Mensch und Tier gleichermaßen: das Gehirn schrumpft, die Knochen werden weicher, das Wissen über die Natur nimmt ab, die Anfälligkeit für epidemische Krankheiten steigt, Freiheit schwindet und Missernten werden zu einer tödlichen Bedrohung.

Die Frage nach der Richtung der Domestikation ist Teil von Scotts „Tiefengeschichte“ (S. 19), mit der er auf eine Korrektur des „Standardnarrativs“ zielt, von dem die neuesten Erkenntnisse der Archäologie „nichts als Trümmer hinterlassen habe[n]“ (S. 27). Die Frage aber, wer wen domestiziert hat, behandelt Scott im Sinne der Aufklärung als „unparteiische Gattungsgeschichte“ (S. 28), in der dem Staat seiner Ansicht nach eine „weitaus bescheidenere Rolle“ zuerkannt werden sollte als bisher (ebd.). Die Gattungsgeschichten der Aufklärung beschrieben den Staat als eine fortschrittliche Instanz mit dem Potenzial, die Freiheit aller mit den Mitteln des Rechts zu sichern. In bewusster Abgrenzung zu Hobbes setzten sowohl John Locke und Rousseau als auch Immanuel Kant nicht auf einen absolutistischen Staat, sondern auf Volkssouveränität als Garant der Sicherheit und Freiheit des Einzelnen. Anders als Rousseau, der in seinem Diskurs über die Ungleichheit bekanntlich eine zivilisationskritische Version der Gattungsgeschichte und eine Gegenerzählung eines friedlichen Naturzustands entwirft, hält Kant an Hobbes‘ konflikthafter Naturzustandsvorstellung fest und nutzt diese als Negativfolie für die vertragstheoretische Begründung des Staats- und Völkerrechts. Die kultur- und gesellschaftskritischen Vorbehalte, die Rousseau zu einer mindestens ambivalenten Bewertung des Zivilisationsprozesses gelangen lassen, sind Kant fremd.

Die Mühlen des Staates und die Geschichte der Menschheit

In bewusster Umkehrung der gewohnten Perspektive wirft Scott nun die Frage auf, ob der Eintritt in den Staat gattungsgeschichtlich betrachtet nicht eher einen Rückschritt als einen Fortschritt darstellte. Dass er mit dieser Auffassung nicht allein ist, zeigen etwa die Arbeiten des Universalhistorikers Harari, der wie Scott zu dem Schluss kommt: „Die landwirtschaftliche Revolution läutete […] keine Ära des angenehmen Lebens ein, ganz im Gegenteil, der Alltag der Bauern war härter und weniger befriedigend als der ihrer Vorfahren. Die Jäger und Sammler ernährten sich gesünder, arbeiteten weniger, gingen interessanteren Tätigkeiten nach und litten weniger unter Hunger und Krankheiten. Mit der landwirtschaftlichen Revolution nahm zwar die Gesamtmenge der verfügbaren Nahrung zu, doch die größere Menge an Nahrungsmitteln bedeutete keineswegs eine bessere Ernährung oder mehr Freizeit. Im Gegenteil, die Folgen waren eine Bevölkerungsexplosion und die Entstehung einer verwöhnten Elite. Im Durchschnitt arbeiteten die Bauern mehr als die Jäger und Sammler und bekamen zum Dank eine ärmere Kost. Die landwirtschaftliche Revolution war der größte Betrug der Geschichte.“[7]

Nur in der Perspektive der Gattungsgeschichte kann die Frage nach einem „Fehler“ oder gar einem „Betrug“ der Geschichte in den letzten 10.000 Jahren gestellt werden. Denn nur in ihr lässt sich ein Vergleich mit den vorhergehenden Hunderttausenden von Jahren menschlicher Existenz als Jäger und Sammler überhaupt sinnvoll ziehen. Dass die Frage sich nur hypothetisch stellen und der Geschichtsverlauf sich nicht zurückdrehen lässt, versteht sich. Gleichwohl macht es einen nicht unerheblichen Unterschied, den Staat als das Schicksal der Menschheit anzusehen, und nicht als ihr Ziel. Folgt man Scotts Tiefengeschichte, dann erscheint der Staat nicht als das vernünftige Resultat moderner Entwicklungen, sondern sehr viel nüchterner als Produkt eines bereits zehntausend Jahre andauernden Prozesses. Obwohl beide Lebensweisen, die staatliche und die nomadische, Scotts Darstellung zufolge lange nebeneinander bestanden, war diese Zeit der Koexistenz dennoch geprägt von der langsamen, aber andauernden Expansion des Staates. Macht man sich seine Sichtweise zu eigen, der zufolge die Phase der Koexistenz tatsächlich erst um 1600 an ihr Ende gelangte, erscheint die Moderne als Epoche der Staatlichkeit noch einmal in neuem Licht: Zum einen als Epoche spezifisch europäischer Staatlichkeit, die sich als Modell etablierte,[8] und zum anderen als Epoche kolonialer Staatlichkeit, die ebenfalls um 1600 einsetzte und in der die europäischen Mächte eine wachsende Anzahl kolonialisierter Gebiete und Territorien unterwarf und so den Raum der nomadischen Lebensweise zunehmend einengte.[9]

Doch dies ist nicht Scotts Thema. Auch über die naheliegende Frage, ob eine Aufhebung der Staatlichkeit ohne „Rückfall in den Naturzustand“ möglich ist, spekuliert er nicht. Er beschränkt sich darauf, Schlüsse aus den Erkenntnissen der neueren archäologischen Forschung zu ziehen, die bisher in den empirischen Sozialwissenschaften nicht beachtet wurden. Darunter fällt auch die Beobachtung, dass einige der dem Staat zugerechneten Errungenschaften, nämlich Bewässerung und Getreidekultivierung, schon vorher bekannt waren und von nicht-staatlichen Völkern entwickelt wurden (S. 37). Aus dem Nachweis nichtlinearer Entwicklungsprozesse ergibt sich die Möglichkeit, das lang andauernde Nebeneinander von Staatlichkeit und Nicht-Staatlichkeit zu erfassen und beides als ein „Kontinuum“ und weniger als ein „Entweder-oder“ zu begreifen (S. 38).

Erst mit der verstärkten Kolonisation fremder Kontinente und der europäischen wie asiatischen Randzonen wurde die nomadische Lebensweise immer weiter zurückgedrängt. Bis dahin aber dauerte das „goldene Zeitalter der Barbaren“. Und solange es währte, bot die „barbarische“ Lebensweise gegenüber der staatlichen manche Vorteile – von denen sich einige allererst der Existenz bereits vorhandener Staaten verdankten (S. 229). Denn mit ihren Weiden und Feldern, den Getreidesilos und Schatzkammern boten die frühen Staaten den mobilen „Barbaren“ immer wieder lohnende Ziele für Überfälle und Plünderungen. So erklärt sich das Sprichwort „Plündern ist unsere Landwirtschaft“ (S. 242). Scott betont, dass die mobilen Plünderer den staatlichen Armeen bis zum Aufkommen der Kanonen überlegen waren. Problematisch an dieser Form der Raubökonomie war freilich, dass sie selbstzerstörerisch wirkte, wenn sie zu exzessiv angewendet wurde: Die Ausgeplünderten zogen dann nämlich weg und kamen nicht wieder. Die Plünderer gingen daher schrittweise zu Schutzgelderpressungen über (S. 245). Scott beschreibt die daraus entstehende Situation als eine Art „Wettbewerb“ der Nomaden und des Staates um das Mehrprodukt der Bauern (S. 247). Doch standen sich die frühen Staaten und die „Barbaren“ nicht nur als Konkurrenten gegenüber. Zwischen beiden kam es auch immer wieder zu Formen der Kooperation. So heuerten Staaten „Barbaren“ häufig als Söldner an. Und mit dem ansteigenden Handel ergab sich für Nomaden nicht nur die Möglichkeit, noch höhere Schutzgelder zu erpressen, sondern auch die Gelegenheit, an ihm teilzunehmen (S. 252). Vor allem der Sklavenhandel wurde häufig von nomadischen Völkern mit den Staaten betrieben (S. 258). Derartige Spezialisierungen erlaubten eine lang andauernde, mal mehr, mal weniger friedliche Koexistenz von staatlichen und nicht-staatlichen Gesellschaften. In der öffentlichen Darstellung überwog seitens der staatlichen Gesellschaften allerdings das Bild von den räuberischen und grausamen Tätigkeiten der „Barbaren“.

Scotts Verdienst ist es, nicht allein die Frühgeschichte auf Basis neuer Erkenntnisse (um)zuschreiben, sondern auch aufzuzeigen, wie das Standardnarrativ der Staatlichkeit die negative Wahrnehmung von Nomaden geprägt und im Zuge der Überlieferung weitergegeben hat. Seine „Tiefengeschichte der frühesten Staaten“ liefert somit auch eine Geschichte des Umgangs mit den nicht-staatlichen Völkern. Wenn der Staat beziehungsweise seine Bevölkerung stets in Gefahr war, überfallen, geplündert oder gar erobert und aufgelöst zu werden, dann wundert es nicht, dass die in seinen Diensten stehenden Schriftsteller die Vorzüge der Staatlichkeit und die Schrecken der Nichtstaatlichkeit betonten und überzeichneten. Auch dass die vor allem von den Chronisten der frühen Staaten verfassten Geschichtsbücher und Traktate nicht viel Gutes über das Leben der nicht-staatlichen Völker zu berichten hatten und deren Sitten und Gebräuche meist als fremd oder bedrohlich schilderten, ist wenig überraschend. Verstärkt wurde dieser Bias dadurch, dass die nicht-staatlichen Kulturen zumeist Holzkulturen waren, deren Artefakte nicht so lange überdauerten wie die Zeugnisse staatlicher Macht und deren Darstellungen entsprechend schlechter tradiert wurden (vgl. S. 28).[10]

Vor diesem Hintergrund will Scott „Barbarei“ nicht wie zumeist üblich als kulturelle, sondern als „politische Kategorie“ verstanden wissen (S. 48). Ihm zufolge wurde der Begriff „in staatlichen Zentren erfunden, um diejenigen zu beschreiben und zu stigmatisieren, die noch keine staatlichen Untertanen waren“ (S. 227). Als „Barbaren“ galten demnach diejenigen, die in einer Zone der „unübersichtlichen“ Produktivität außerhalb des Staates lebten, und die ihre Existenz nicht mit Landwirtschaft, sondern mit Brandrodung, Weidewirtschaft oder Plünderei sicherten. Erst vor diesem Hintergrund erschließt sich Aristoteles‘ Beschreibung der „Barbaren“ als außerhalb des Staates lebende „Sklaven von Natur“, deren Bestimmung es sei, im Ackerbau der Polis als Sklaven zu arbeiten (S. 47), in ihrer ganzen Bedeutung.

Der Bedarf des Staates an landwirtschaftlichen Sklaven und Arbeitern ist eines der großen Themen von Scotts Buch. Schon in der Antike begann die Deutung von Landwirtschaft als entscheidendem Zivilisationssprung. Das Leben außerhalb des Staates sei „unbedacht und impulsiv“ und zudem von „unmittelbarem Ertrag“ bestimmt, während Landwirtschaft auf Planung und Überlegung gründe und „aufgeschobenen Ertrag“ ermögliche (S. 78). Dass diese Darstellung unzutreffend war, die nomadischen Jäger, Sammler und Hirten mindestens ebenso vorausschauend agierten wie ihre sesshaften Gegenüber, tat dem Erfolg der Überlieferung keinen Abbruch. Die Abwertung des nomadischen Lebens führte letztlich zu einem Begriff der „Barbaren“, der diese zum Sinnbild von Bedrohung, Gewalt, Unberechenbarkeit, Faulheit, Grausamkeit und Unordnung machte. Die „Barbaren“ waren diejenigen, mit denen kein Staat zu machen war. „Sie müssen entweder beherrscht und domestiziert oder, wenn das scheitert, vernichtet oder rigoros aus der Hausgemeinschaft ausgeschlossen werden.“ (S. 227)

Scott erwähnt zwar auch die „inneren Barbaren“, doch geht er dem Thema nicht wirklich nach. Auch die enge Verbindung von Kolonialismus und Staatlichkeit wird von ihm nicht eingehender erörtert, obwohl dies gerade im Hinblick auf den Barbarendiskurs naheliegend gewesen wäre. Der koloniale Blick auf die Kolonisierten ist ein Blick aus der Perspektive staatlicher Herrschaft. Scott liefert die Tiefengeschichte dieser Wahrnehmung. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Fortschrittsidee und ihren kolonialen Implikationen[11] liefert er indes ebenso wenig wie eine Diskussion des Motivs vom „Rückfall in Barbarei“.[12] Scotts Buch eröffnet demgegenüber eine ganz andere Perspektive der Kritik, die abschließend noch kurz angedeutet werden soll.

Die nomadische Alternative

Scott trägt in drei Hinsichten dazu bei, eine normative und theoretische Beschäftigung mit einer Gesellschaftskritik zu eröffnen, die ich in Anlehnung an Bruce Chatwin „die nomadische Alternative“ nennen möchte. Erstens trägt er wichtige Informationen zur Korrektur des üblichen Bildes der „Barbaren“ bei; zweitens gibt er Hinweise zur Erklärung des Hasses auf die Nomaden als Sinnbild des nicht-staatlichen Lebens; und schließlich ermöglichen diese Einsichten, drittens, eine alternative Form der Gesellschaftskritik (alternativ vor allem mit Blick auf den „Rückfall in die Barbarei“).

Zunächst korrigiert Scott das Bild von den plündernden Nomaden, deren Leben von Krieg und Grausamkeit geprägt sei.[13] Stattdessen erzählt er eine Geschichte der Koexistenz und Interdependenz zweier unterschiedlicher Lebensweisen und Gesellschaftsformen, in deren Verlauf die eine durch die andere marginalisiert und zurückgedrängt, aber nicht zum Wohle der Menschheit überwunden wurde. Scott strebt mit seiner Erzählung eine Rehabilitation der „Barbaren“ an, indem er ihre Eigenschaften und Verhaltensweisen im Kontext ihrer Lebensbedingungen verständlich zu machen sucht.[14]

Diese Korrektur scheint durchaus geboten angesichts der zahlreichen Vorurteile und der vielfältigen Formen der Ablehnung und des Hasses, mit denen Nomaden und andere staatsferne Existenzen sich auch heute noch konfrontiert sehen. Erst in der Opposition zum Staat und seiner Form der Herrschaft und Kontrolle wird erkennbar, was es ist, das bestimmte Gruppen miteinander teilen, und warum sie immer wieder zur Zielscheibe staatlicher Maßnahmen und gesellschaftlicher Ausgrenzung werden. Der Schriftsteller Bruce Chatwin schrieb zur Erläuterung eines geplanten Textes über „die Geschichte der Nomaden im Zusammenhang mit der siegreichen agrarischen und später industriellen Revolution“ an seinen Verleger: „Ich werde darin die harten Methoden beschreiben, mit denen gegen Nomaden vorgegangen wird, den rationalisierten Haß auf sie und die Anmaßung moralischer Überlegenheit. Nomaden werden Tieren gleichgestellt und als solche behandelt. Ich werde das Schicksal der Zigeuner, der Indianer, der Lappländer und der Zulus erörtern, ebenso das von Nomaden in hochentwickelten Kulturen: Vagabunden, Tippelbrüder, usw. Ich werde über die ostsudanischen Beja, Kiplings fuzzy-wuzzies, berichten. Sie konnten sich allen zivilisatorischen Einflüssen widersetzen, seit sie vor über dreitausend Jahren zum ersten Mal in ägyptischen Annalen auftauchten – nur weil sie gewillt waren, sich mit dem allergeringsten persönlichen Komfort zu begnügen.“[15]

Chatwin erwähnt eine Gruppe nicht: die Juden. Adorno sah aber im gleichen Motiv eine wesentliche Ursache für den Hass auf die Juden: „Offenbar war das Aufgeben des Nomadentums eines der schwersten Opfer, welches die Geschichte der Menschheit auferlegt hat. Der abendländische Begriff der Arbeit und alles mit ihr verbundenen Triebverzichts dürfte mit dem Seßhaft-Werden genau zusammenfallen. Das Bild der Juden repräsentiert das eines Zustands der Menschheit, der die Arbeit nicht gekannt hat [...]. Die Juden sind die, welche sich nicht haben ‚zivilisieren‘ und dem Primat der Arbeit unterwerfen lassen. Das wird ihnen nicht verziehen und deshalb sind sie der Stein des Anstoßes in der Klassengesellschaft.“[16]

Alle, die sich nicht zivilisieren lassen wollen, die mobil sind oder bleiben, können also zum Stein des Anstoßes und zur Zielscheibe des Hasses sesshafter Gesellschaften werden. Dies trifft heute in besonderer Weise auf Flüchtende zu, die mit ihrer Mobilität den Sesshaften ihre Hoffnungslosigkeit vor Augen führen. Die Flüchtenden fliehen vor Krieg und Not. Sie suchen ein besseres Leben und verlassen ihr Land. Da sie aus der Zone des Krieges kommen und mobil sind, stehen sie unvermeidlich für Gewalt und „Barbarei“. Sie repräsentieren die umgekehrte Richtung eines Phänomens, das Scott ebenfalls untersucht hat: die Staatsflucht.[17] Diese Bewegung aus dem Staat zu den „Barbaren“, die der französische Ethnologe Pierre Clastres „sekundären Primitivismus“ nannte, die man aber auch als „Zivilisationsflucht“ bezeichnen könnte, beschreibt Scott als „,Fahnenflucht zu den Barbaren‘“ (S. 237–239). Sie ist weniger gefährlich als Rebellion und daher die einfachere Lösung, um den Gefahren der Zivilisation sowie Unterdrückung und Gewalt zu entkommen. Dieses Phänomen der „kulturellen Überläufer“ hat die Menschheitsgeschichte ebenso geprägt wie die Unterwerfung der „Undomestizierten“, es wird nur weniger gern erwähnt. Nach Chatwin sind die Nomaden das sichtbare Zeichen dafür, dass der Mensch gattungsgeschichtlich gesehen nicht auf Sesshaftigkeit hin angelegt war. In den Worten Scotts: „Zumindest haben wir keinerlei Gewähr für die Annahme, dass die sedentären ‚Gegebenheiten‘ des modernen Lebens sich in der Menschheitsgeschichte auf ein universales Streben zurückverfolgen ließen.“ (S. 24)[18]

Das nomadische Leben ist also die menschheitsgeschichtliche Alternative, das verlorene Paradies, wie es bei Harari, Chatwin und Scott übereinstimmend heißt. Davon, dass dieses Paradies von seinen Bewohnern nicht freiwillig aufgegeben wurde, sondern diese gewaltsam daraus vertrieben wurden, berichtet schon die Bibel: Der Bauer Kain erschlug seinen Bruder, den Nomaden Abel. Nach dieser Tat sollten wir, Kains Nachkommen, die nomadische Alternative vergessen. Bei Horkheimer und Adorno heißt es dazu in der Dialektik der Aufklärung: „Die lebendige Erinnerung an die Vorzeit, schon an die nomadischen, um wie viel mehr an die eigentlich präpatriarchalischen Stufen, war mit den furchtbarsten Strafen in allen Jahrtausenden aus dem Bewußtsein der Menschen ausgebrannt worden.“[19] Neben der überfälligen Korrektur des Bildes ihrer Opfer wäre es also eine weitere Aufgabe, zumindest die verschüttete Erinnerung an die nomadische Alternative wieder wachzurufen.[20] Dazu muss man die „Barbaren“ nicht verherrlichen, wie Tacitus die Germanen, de Lahontan die Huronen oder Diderot die Tahitianer. Es reicht aus, das Nomadische als Alternative zu verstehen und jene Formen, die eine aktuelle Ausprägung des Nomadischen sind, ernst zu nehmen und die Erinnerung seiner Auslöschung zu artikulieren.

Der dritte Aspekt betrifft schließlich die Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft aus nomadischer Sicht: Das Verlassen des Staates ist eine Form praktischer Gesellschaftskritik. Sie ist eine „Abstimmung mit den Füßen“. Auch die Theorie kann dem Staat „den Rücken kehren“ und sich um eine Perspektive bemühen, die erstens diese Formen praktischer Herrschaftskritik ernst nimmt und zweitens die staatlichen Praktiken der territorialen Abschließung und der sozialen Ausschließung nicht unwidersprochen lässt: Zu kritisieren wären demnach alle Verhältnisse, durch die das Erinnern an die nomadische Alternative ausgelöscht und der Hass auf die Erben oder (vermeintlichen) Repräsentanten einer solchen Alternative wachgehalten oder neu hervorgebracht wird. Zu kritisieren wären ferner alle Institutionen und Praktiken, die dazu beitragen, die Verwirklichung einer praktischen nomadischen Alternative zu verhindern.

  1. Alle in Klammern genannten Seitenangaben beziehen sich auf James C. Scott, Die Mühlen der Zivilisation. Eine Tiefengeschichte der frühesten Staaten, übers. v. Horst Brühmann, Berlin 2019.
  2. Thomas Hobbes, Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates [1651], hrsg. und eingeleitet von Iring Fetscher, übers. v. Walter Euchner, 7. Aufl., Frankfurt am Main 1996, S. 96.
  3. Siehe dazu Erik Ringmar, The Anti-Nomadic Bias of Political Theory, in: Nomad-State Relationships in International Relations: Before and After Borders, hrsg. von Jamie Levin, Basingstoke, im Erscheinen.
  4. Siehe zu dieser These ausführlich Oliver Eberl, Naturzustand und Barbarei. Begründung und Kritik des Staates im Zeichen des Kolonialismus, Habilitationsschrift, TU Darmstadt 2016.
  5. Siehe hierzu auch die Ausführungen des israelischen Historikers Yuval Noah Harari, der ebenfalls die Ansicht vertritt, dass es die Pflanzen waren, die den Homo sapiens domestizierten. Vgl. Yuval Noah Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit, übers. von Jürgen Neubauer, München 2018, S. 107. Ein früher Vertreter dieser These ist Jean-Jacques Rousseau, dem zufolge es „das Eisen und das Getreide [sind], welche die Menschen zivilisiert und das Menschengeschlecht ins Verderben gestürzt haben.” Jean-Jacques Rousseau, Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen, übers. u. hrsg. von Philipp Rippel, Stuttgart 1998, S. 84.
  6. Zum Schicksal der domestizierten Tiere vgl. die weitergehenden Anmerkungen bei Harari, Geschichte der Menschheit, S. 123 ff.
  7. Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit, S. 107. Auch von diesem Argument findet sich eine frühe Variante bei Rousseau, dem zufolge „die ausgedehnten Wälder“ sich mit dem Aufkommen der Landwirtschaft in Felder verwandelten, „die mit dem Schweiß der Menschen begossen werden mussten und auf denen man bald die Sklaverei und das Elend keimen und wachsen sah.“ Rousseau, Über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit, S. 84. Der Vollständigkeit halber sei hier noch vermerkt, dass Harari mit einem weiteren Standardnarrativ der Menschheitsgeschichte aufräumt, nämlich dem von der selbstverständlichen Überlegenheit des Homo sapiens gegenüber den anderen Hominiden. Ähnlich wie bei der Koexistenz von Staaten und „Barbaren“ gab es auch eine lange Koexistenz von Homo sapiens und weiteren Hominiden. Vgl. Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit, S. 30 ff.
  8. Siehe hierzu u. a. Wolfgang Reinhard, Geschichte des modernen Staates. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2007.
  9. Vgl. Reinhard Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, Paderborn u.a. 2007, S. 107 ff.
  10. Vgl. auch Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit, S. 62.
  11. Vgl. dazu Thomas McCarthy, Rassismus, Imperialismus und die Idee menschlicher Entwicklung, übers. v. Michael Müller, Berlin 2015; Amy Allen, The End of Progress. Decolonizing the Normative Foundations of Critical Theory, New York 2017.
  12. Bekanntlich haben Horkheimer und Adorno ihre Kritik an Faschismus, Krieg und Judenverfolgung der modernen Gesellschaft auf den Begriff eines „Rückfalls in Barbarei“ gebracht. Der berühmte Satz aus der Vorrede zur Dialektik der Aufklärung lautet: „Was wir uns vorgesetzt hatten, war tatsächlich nicht weniger als die Erkenntnis, warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art von Barbarei versinkt.“ Max Horkheimer / Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung [1947], in: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, Band 5: Dialektik der Aufklärung und Schriften 1940–1950, hrsg. v. Gunzelin Schmid Noerr, Frankfurt am Main 1987, S. 16.
  13. Ein ähnlicher Versuch zur Rehabilitierung der „Wilden“ findet sich wiederum in Rousseaus Diskurs über die Ungleichheit. Darin schildert Rousseau den Menschen im Naturzustand als friedliches und genügsames Lebewesen und erklärt den kriegerischen Charakter nicht-staatlicher Gesellschaften unter Rekurs auf die schädliche Wirkung des Eigentums, das die Entwicklung vormals unbekannter Gefühle wie Habsucht und Ehrsucht begünstigt habe. Damit verbindet sich bei Rousseau die an Hobbes gerichtete Kritik, den Menschen in seiner konflikthaften Version des Naturzustands fälschlicherweise Eigenschaften zugeschrieben zu haben, die sich nicht der Natur, sondern dem Leben in der (von Konkurrenz geprägten) bürgerlichen Gesellschaft verdanken. Vgl. Rousseau, Über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit, S. 90.
  14. Hierbei vernachlässigt er wie so oft in der Geschichte solcher Rehabilitationen die realen Herrschaftsverhältnisse der diskriminierten Lebensweise. Siehe hierzu den Beitrag von Mario Krämer zu diesem Buchforum.
  15. Bruce Chatwin, Brief an Tom Maschler, in: ders., Der Traum des Ruhelosen, hrsg. von Jan Borm und Matthew Graves, München u. Wien 1996, S. 105.
  16. Theodor W. Adorno, Brief an Max Horkheimer v. 18. 9. 1940, in: ders. / Max Horkheimer, Briefwechsel, Band II: 1938–1944, hrsg. von Christoph Gödde und Henri Lonitz, Frankfurt am Main 2004, S. 102.
  17. Siehe dazu den Eröffnungsbeitrag zu diesem Buchforum von Jochen Schwenk.
  18. Scott verweist in diesem Zusammenhang auf den Roman Traumpfade (München u. Wien 1990) von Bruce Chatwin.
  19. Horkheimer / Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 57.
  20. Natürlich laufen solche Überlegungen Gefahr, sich den Vorwurf eines naiven „Zurück zur Natur“ einzuhandeln. Es wäre sicherlich eine lohnende Aufgabe zu klären, inwiefern Horkheimers Warnung gerechtfertigt – oder doch übermäßig – ist, der in der „Revolte der Natur“ „stets ein regressives Element“ enthalten sah. Auch er wandte sich entschieden gegen die „Lehren, die die Natur oder den Primitivismus auf Kosten des Geistes erhöhen“ wollen, und hielt ihnen entgegen, sie könnten die Versöhnung mit der Natur nicht erreichen. „Immer wenn der Mensch vorsätzlich Natur zu seinem Prinzip macht“, so Horkheimer, „regrediert er auf primitive Triebe.“ Max Horkheimer, Die Revolte der Natur, in: ders., Gesammelte Schriften, Band 6: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft und Notizen 1949–1969, hrsg. von Alfred Schmidt, 2. Aufl., Frankfurt am Main 2008, S. 105–135, hier S. 134 und S. 135.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Karsten Malowitz.

Kategorien: Anthropologie / Ethnologie

Oliver Eberl

PD Dr. Oliver Eberl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter für Politische Ideengeschichte und Theorien der Politik an der Leibniz-Universität Hannover. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Demokratie- und Staatstheorie, die Normative und Internationale Politische Theorie sowie die Politische Ideengeschichte.

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