Dossier

Wachen, schlafen, träumen

Betten sind Multifunktionsmöbel und Orte, an denen wir überraschend vielen und erstaunlich unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen: Wir ruhen oder kurieren uns aus, lesen, schauen fern, manche Menschen arbeiten auch in ihnen, andere lernen, essen, haben Sex – vor allem aber schlafen wir hier. Circa ein Drittel jedes Tages (und damit unseres Lebens) verbringen wir schlafend, das heißt, in einem Zustand, den wir nicht bewusst erleben. Letzteres macht es insbesondere für die Sozialwissenschaften schwierig, Schlafen und Träumen zu erforschen. Und auf den ersten Blick scheint der menschliche Schlaf auch ein asoziales Phänomen zu sein, im Schlaf ist schließlich jeder für sich. Aber wie wir schlafen, ist geprägt von kulturellen wie sozialen Faktoren und Normen: Schlafgewohnheiten, -praktiken und -bedürfnisse variieren in unterschiedlichen Gesellschaften und historischen Kontexten. Entsprechend untersucht die Soziologie des Schlafs, wie sich soziale Klasse, Alter, Armut, Geschlecht, aber auch Kulturtechniken wie die Nutzung von Smartphones oder Lebensumstände – etwa Arbeitslosigkeit oder Wohnverhältnisse – auf das Schlafverhalten auswirken.

Die Beiträge des Dossiers – Wachen, schlafen, träumen – treten noch einen Schritt weiter zurück und beschäftigen sich mit der akademischen und individuellen Erforschung des Schlafs. Dariuš Zifonun fragt nach Entstehung und Erfolg der Schlafforschung, vor allem der Schlaflabore. Er sucht nach Erklärungen für das steigende wissenschaftliche Interesse am Schlaf und zeigt zugleich die epistemischen Brüche auf, die das Feld durchziehen. Nico Wettmann und Nicole Zillien stellen wissenssoziologische Überlegungen zum Schlaf an: Ihnen zufolge ist das Schlafwissen fragil und widersprüchlich, weshalb die digitale Vermessung des Schlafs via Sleep-Tracking-Tools so großen Anklang findet. Dies gelte allerdings nicht für das Schlafwandeln als liminales Phänomen zwischen Wachsein und Schlafen, dort seien selbstexperimentelle Praktiken weit weniger verbreitet. „Die meiste Zeit, wenn Menschen schlafen, träumen sie auch“, stellen Fiona Ambrosi, Anna-Lena Knoll und Björn Krey zu Beginn ihres Essays fest. Sie beobachten soziokulturelle Methoden und Theorien des Träumens, dabei konzentrieren sie sich auf die Bereiche Medizin/Wissenschaft und Beratung/Coaching. Wie haben sich unser Verständnis und unsere Vorstellung von Schlaf über die Zeit verändert? Unter anderem auf diese Frage antwortet die Historikerin Hannah Ahlheim im Interview.

– Die Redaktion

Dariuš Zifonun | Essay

Die Fabrikation des Schlafs

Das Schlaflabor und die epistemischen Brüche der Schlafforschung

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Nico Wettmann, Nicole Zillien | Essay

Von Sleep Tracking bis Schlafwandeln

Wissenssoziologische Überlegungen zum Schlaf

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Hannah Ahlheim | Interview

Nachgefragt bei Hannah Ahlheim

Fünf Fragen zu unserer Vorstellung von, zu unserem Wissen über und zur Beschäftigung mit Schlaf

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