Fiona Ambrosi, Anna-Lena Knoll, Björn Krey | Essay |

Zur Soziologie des Träumens

Die meiste Zeit, wenn Menschen schlafen, träumen sie auch – über unterschiedliche Schlafphasen hinweg. So jedenfalls berichten es die Neurowissenschaften. Als gegenwärtig prägende Disziplinen der Schlafforschung beeinflussen sie unser aller Verständnis davon, was Träumen ist: ihnen zufolge ein untrennbar mit dem Schlafen verbundenes Phänomen. Die Soziologie hat sich damit bislang kaum beschäftigt. In diesem Essay gehen wir der Frage nach, welche eigenen analytischen Perspektiven die Soziologie auf das Träumen entwickeln kann. Dabei greifen wir auf Überlegungen und erste Ergebnisse eines durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekts mit dem Titel „Traumarbeit und ihre Grade der Sozialität“ zurück, mit dem wir zu einer Soziologie des Träumens beitragen.[1]

Träume, Träumen und die Soziologie

Dass sich die Soziologie bislang nur sporadisch mit dem Träumen beschäftigt hat, ist vermutlich eine direkte Konsequenz der Erfolgsgeschichten der Psychoanalyse und der Neurowissenschaften, deren Perspektiven sich viele in den Kultur- und Sozialwissenschaften zu eigen gemacht haben.[2] Die Psychoanalyse interessierte sich für die Psyche als „Inneres des Menschen“ und erklärte das Träumen zum Modellobjekt, an dem sich das Funktionieren der Psyche analytisch begreifen ließe.[3] Die Neurowissenschaften wiederum widmeten sich – anstelle der psychoanalytischen Auseinandersetzung mit Ängsten, Begierden und Wünschen – der Erkundung des menschlichen Gehirns. Im Zuge des Aufstiegs der Neurowissenschaften büßte die Psychoanalyse an Reputation ein, seit einigen Jahren erfährt sie jedoch eine inner- wie außerakademische Renaissance. Beide Disziplinen haben das alltägliche und soziologische Denken über das Träumen geprägt.

So formuliert Jörg Bergmann mit Referenz auf Siegmund Freud, das Träumen sei „asozial“, da es „prinzipiell allein“ und „also ohne Sozialität“ in einer „Wirklichkeit des Traums“ stattfinde, in der die „sozial akzeptierten Muster und Regeln des bewussten Denkens und des zielgerichteten Handelns keine Gültigkeit haben“. Zu einem „legitimen Gegenstand“ wird es für den Soziologen Bergmann erst, wenn es „zur Sprache kommt“.[4] Er und Kolleg:innen konzentrieren sich entsprechend auf Analysen der kommunikativen Vergemeinschaftung von Träumen im Gespräch. Samuel Strehle untersucht Filme und andere künstlerische Erzeugnisse, mit und in denen Träume sozial verhandelt werden.[5] Ebenfalls mit Referenz auf Freud begreifen Roger Bastide, Michel Foucault und andere Poststrukturalist:innen das Träumen als „oneirisches Denken“, in dem sich das subjektive Erleben der materiellen und sozialen Welt artikuliert.[6] Gegenwärtig vertritt Bernard Lahire diese Perspektive in einem aktuellen Beitrag zu einer „soziologischen Interpretation des Traums“, in dem er anhand von mündlich oder schriftlich erinnerten Träumen „inkorporierte Erlebnisse“ beziehungsweise „inkorporierte Dispositionen“ der Menschen untersucht.[7]

All diese Beiträge zu einer Soziologie des Träumens übernehmen zwei Prämissen der Psychoanalyse und der Neurowissenschaften: zum einen die Unterscheidung zwischen einer sozialen Form des Träumens – dem erinnerten und erzählten Traum – und einem dieser Form vorgelagerten, basalen neuronal-psychischen Prozess des Träumens, der dem Sozialen und somit auch dem Sozial-Wissenschaftlichen unzugänglich ist; zum anderen die Idee, dass die Deutungshoheit sowohl über Trauminhalte als auch über Prozesse des Träumens bei spezifischen Wissenschaftsdisziplinen liegt.

In unserem Forschungsprojekt distanzieren wir uns von diesen Prämissen und beobachten soziokulturelle Methoden und Theorien des Träumens.[8] Mit dem Titel des Projekts – Traumarbeit – referieren wir auf eine Formulierung von Freud, die wir allerdings soziologisch umdeuten. Bei Freud ist damit jener „psychische Vorgang“ während des Schlafens und unmittelbar nach dem Aufwachen gemeint, der den „manifesten Trauminhalt“ herstellt.[9] Wir betrachten die Traumarbeit dementgegen als ein genuin soziales Geschehen und verstehen darunter das, was Alfred Krovoza als „Kulturarbeit am Traum“ bezeichnet: „jede Form des Verständnisses und der Nutzung des Träumens, der Träume, des Traums“, das heißt jede alltägliche, künstlerische, wissenschaftliche und anderweitige Beschäftigung mit dem Traum und dem Träumen.[10]

Für eine detaillierte ethnografische Analyse ist es notwendig, konkrete soziale Rahmungen auszuwählen. Unser analytischer Fokus liegt auf zwei gesellschaftlichen Bereichen, die das Alltagsverständnis vieler Menschen vom Träumen prägen: Medizin und Wissenschaft sowie Beratung und Coaching. Im ersten Bereich geht es wesentlich um die Erforschung von Traumvorgängen; im zweiten um das Erinnern und Mitteilen von Trauminhalten.

Forschungsarbeit

Das Feld der Medizin und Wissenschaft der Träume hat sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt. Ausgangspunkt hierfür war unter anderem die Sorge um den ‚richtigen‘ Schlaf, denn man versuchte, die Einsatzbereitschaft der Menschen für Arbeitsmarkt und Militär zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen. Medizin und Wissenschaft diagnostizieren und therapieren Träume entweder als Probleme respektive Störungen für die Schlafzustände von Patient:innen oder untersuchen sie zu Erkenntniszwecken in Schlaflaboren. Die dortigen Apparaturen messen Hirnaktivitäten, das Träumen gilt hierbei als analytisch instruktiver Fall für die Erkundung des menschlichen Bewusstseins, da es als ein basaler Grund- oder Ruhemodus des Hirns begriffen wird.[11] Die von uns befragten und begleiteten Traumwissenschaftler:innen sind unter anderem in Medizin, Philosophie, Psychologie und Sportwissenschaften tätig. Einige halten auch Vorträge bei Seminaren, Tagungen und Workshops, weshalb sie auch Teil der Beratungs- und Coachingsbranche sind.

Die Schlaflaborforschung differenziert zwischen dem Träumen als psychische Aktivität beim Schlafen und dem Traum als erinnerter Trauminhalt nach dem Aufwachen – eine Unterscheidung, die sich die Soziologie zu eigen gemacht hat[12] und die auf zwei verschiedenen Konzepten von Bewusstsein basiert. So gibt es, wie Petra Gehring schreibt, das „Bewusstsein im Sinne von bewusstem Erleben“ und das „Bewusstsein im Sinne von gemessener Hirnaktivität“ beziehungsweise „messbarem inneren Eindruck – gewissermaßen ein[] Erleben des Hirns“. In Medizin und Wissenschaft gehe es zwar auch um das bewusste Erleben als reflektierendes Erinnern und Erzählen von Trauminhalten im Wachzustand, von wesentlich größerem Interesse ist aber „der nicht erinnerte Traum […] als ‚aktives Bewusstsein’ bzw. ‚Bewusstseinsaktivität‘“.[13]

Die Messung von Bewusstseinsaktivitäten ist der Markenkern der Schlaflaborforschung. Mit dem Einzug der Traumarbeit ins medizinisch-wissenschaftliche Laboratorium wurde – und wird – der Traumvorgang als Bewusstseinszustand mittels bildgebenden Instrumenten und Verfahren aufgezeichnet und objektiviert: beispielsweise als Bild eines Hirnscans oder als grafische Verlaufskurve elektromagnetischer Wellen, die Bewusstseins- beziehungsweise Hirnaktivitäten abbilden. Diese Bilder und Verlaufskurven visualisieren und dokumentieren Schlafrhythmen, die sich sequenziell in NREM-, REM- oder Tiefschlafphase unterteilen lassen. Aufgrund der unterschiedlichen Schlafphasen gibt es, so die Annahme, auch unterschiedliche Formen des Träumens.

Als Datenmaterial fungieren aber auch Traumtagebücher, die Einzelpersonen über lange Zeiträume hinweg führen – sogenannte Traumserien. Sie dienen dem Abgleich von Trauminhalten mit Ereignissen im individuellen wie kollektiven Leben und erlauben es, in Träumen auf Spurensuche nach abgelagerten – im Vokabular der Psychoanalyse – „Tagesresten“ zu gehen. Das Forschungsinteresse gilt hier der Frage, wie sich das Wacherleben auf das Traumerleben auswirkt beziehungsweise inwiefern sich das Wacherleben im Traumerleben ablagert, das heißt Ereignisse und Erlebnisse zu Objekten des (Un-)Bewusstseins werden.

Besonders fasziniert sind die Traumforschenden vom Klarträumen, auch luzides Träumen genannt. Als solches gilt das bewusste Erleben während des Träumens. Die Träumenden wissen, so die Idee, dass sie träumen während sie träumen und können dadurch Einfluss auf ihr Traumerleben nehmen. Die von uns befragten Schlafforscher:innen führen immer wieder Luziditätsstudien durch, die darauf abzielen, das Klarträumen als einen spezifischen Bewusstseinszustand untersuchen zu können. Dafür suchen sie geeignete Kandidat:innen und schließen sie an die Apparate des Schlaflabors an. Als geeignet gilt, wer mindestens einen luziden Traum pro Nacht erinnert. Zu diesem Feld gibt es einen eigenen Kanon an Literatur, mit dem Ziel, Wissen zu vermitteln und willige Proband:innen – die sogenannten Oneironaut:innen – zu schulen.[14]

Das wesentliche Problem bei der Erforschung des luziden Träumens besteht in der Spurensuche, das heißt darin, in den technischen Visualisierungen Zeichen eines spezifischen Bewusstseinszustandes der Luzidität zu erkennen. Dazu versuchen die Forschenden in den von uns beobachteten Fällen, mit den träumenden Oneironaut:innen über unterschiedliche Kanäle zu kommunizieren. Zunächst bekommen die Oneironaut:innen eine sensorische Stimulation in Form eines elektrischen Impulses, die sie dazu bringen soll, ihr Erleben im Schlaf als Traum zu identifizieren. Ist dies der Fall, sind sie angehalten, ein sogenanntes Augensignal zu senden, indem sie ihre Augen von nach links und rechts bewegen. Wenn dies passiert, werden sie geweckt und zu ihrem Traum und der Traumerfahrung befragt. All dies gestaltet sich im konkreten Experimentalvollzug als schwierig, denn die Oneironaut:innen können oft nicht eindeutig sagen, ob sie den Impuls gespürt, Augensignale gegeben und luzide geträumt haben.

So oder so ist soziologisch interessant, dass die Forschung die Grenze zwischen Wachen und Schlafen über solche und andere Mittel der Spurenerzeugung zu überwinden versucht. Gehring zufolge ist es die Klartraumforschung, die das Schlaflaboratorium zu einer „Art Trainingsstätte und Esoterikzone des Bewusstseins“ macht. Die Klartraumforschung passt sich in eine „Hyperromantik des Wachseins“ ein, in der ein Vokabular der Achtsamkeit, der Klarheit und der Selbstwahrnehmung eine allgemeinere Sorge um das Bewusstsein signalisiert.[15] Wie bereits erwähnt, gibt es Schnittmengen zwischen den medizinisch-wissenschaftlichen Wissensbeständen und denen im Feld Beratung und Coaching.

Beratungsarbeit

Im Alltag existieren Träume als mal belustigende, mal beängstigende Gedanken und Gefühle, die nach dem Aufwachen oft nur vage erinnert und verheimlicht, erzählt oder aufgeschrieben werden – scheinbar anekdotische, peinliche oder intime Einblicke in das Innenleben eines Menschen. Daneben gibt es unter anderem noch Tagträume ebenso wie umfangreichere träumerische Fantasien bezüglich Wunschvorstellungen und Lebensentwürfen. Die Beratungs- und Coachingbranche schließt an all diese Formen von Träumen an.

Beratung und Coaching haben sich aus unterschiedlichen Disziplinen der Analyse, Therapie, Ökonomie und Personalverwaltung heraus entwickelt; das Feld wird etwa von Bildungseinrichtungen, Kultur- und Sportvereinen, religiösen oder spirituellen Gemeinschaften und Einzelpersonen bespielt, die Schulungen, Therapien und Workshops anbieten. Oft geht es um Probleme und Themen aus dem privaten oder beruflichen Leben der Klient:innen oder um mal esoterische, mal spirituelle, mal aus Bausteinen akademischer philosophischer Diskurse zusammengesetzte Lebensphilosophien, die gelehrt und gelernt werden. Träume fungieren dabei meist als Indikatoren, um beratungs- und coachingbedürftige Themen und Probleme zu identifizieren und zu rekonstruieren.

Ausgangspunkt dieser Arbeit sind Traumerinnerungen. Ob sie dem tatsächlich Geträumten entsprechen und ob tatsächlich geträumt wurde, spielt dabei keine Rolle. Vielmehr nutzen die Beratenen – mithilfe der Beratenden – die Arbeit an und mit Traumerinnerungen, um eine Beziehung zu ihren eigenen Gedanken und Gefühlen herzustellen. Dies geschieht, indem der Coach den/die Klient:in bittet oder ermutigt, Träume zu notieren und in der Beratungssituation zu erzählen. Im Anschluss an solche Erzählungen artikulieren sowohl die Beratenen als auch die Beratenden Gedanken und Gefühle, die sie mit den erzählten Traumerinnerungen verbinden. Dabei geht es um soziale ebenso wie leibliche Resonanzen, das heißt darum, in der Gesprächssituation eine Beziehung zwischen Beratenden und Beratenen zu etablieren, die den Beratenen dabei hilft, ihr Erleben im Dialog mit den Beratenden zu begreifen und zu verändern. Eine solche Traumarbeit ist, mit Boris Traue formuliert, eine „Psycho-Technik“, über die die Beratenen lernen, sich selbst zu Subjekten zu machen, deren Gedanken und Gefühle legitime Analyseobjekte sind.[16] Diese Art von Traumarbeit verbindet problemlos neurowissenschaftliche, psychoanalytische und spirituelle Theorien. Dabei intensiviert und professionalisiert die Beratungs- und Coachingbranche lediglich eine gesellschaftlich weitverbreitete Kulturtechnik im Umgang mit Träumen: Trauminhalte werden gemeinhin auf mögliche Bedeutungen für das eigene Leben abgesucht.

In Beratungssituationen ebenso wie in Traumdeutungsseminaren und -workshops wird oft Wissen über unterschiedliche Formen von Träumen sowie über Schlafrhythmen und Schlafphasen vermittelt. Träume gelten dabei als Produkte des Bewusstseins im Schlafzustand, das Konzept des Bewusstseins ist also wesentlich für die Traumarbeit in Beratung und Coaching und wird mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen: als neurophysiologischer Zustand des Gehirns, als Moment subjektiver Achtsamkeit oder als spirituelles Ziel höherer Klarheit, in der lebensphilosophische Wahrheiten erkannt und erkundet werden können. Wie in Medizin und Wissenschaft wird auch bei Beratung und Coaching zwischen zwei Formen von Traumbewusstsein unterschieden: dem Un- beziehungsweise Unterbewusstem im Sinne der oben beschriebenen, eigentätigen psychischen oder seelischen Speicherung von Erlebnissen und Ereignissen während des Schlafens und dem Selbstbewusstsein im Sinne einer Klarheit oder Luzidität, die das eigene Traumerleben reflektiert und dessen Bedeutungen ergründet.

Beratung und Coaching stehen auf den Schultern der Psychoanalyse: Die im Gespräch über den Traum thematisierten Gedanken und Gefühle werden als unzureichend gewürdigte oder befriedigte Ängste, Bedürfnisse oder Wünsche interpretiert, die sich im Unterbewussten abgespeichert haben und sich nun im Traumerleben artikulieren. Dass diese Artikulationen zu Objekten der kooperativen Analysearbeit werden, unterscheidet Beratung und Coaching allerdings von der klassischen Psychoanalyse, in der Analyst:in und Analysant:in in einer hierarchischen Deutungsbeziehung stehen. Beratende und Beratene wiederum holen in einem ebenbürtigen Verhältnis Gedanken und Gefühle ins Bewusstsein.

Die Träume werden mit Symboltheorien analysiert und gedeutet. Man durchsucht die Traumerinnerungen nach typischen Bildern, die sich in Symbolkategorien einsortieren lassen: zum Beispiel Angst- und Albträume, Flucht-, Prüfungs- oder intime Träume, Träume über Leibes-, Raum-, Ding-, Geräusch- oder Geruchswahrnehmungen etc. Für alles findet sich eine Kategorie, die helfen soll, den jeweiligen Trauminhalt bedeutsam zu machen. Ein wichtiges Moment der Traumarbeit in diesem Feld besteht also darin, eine Traumerinnerung als Ausdruck eines im Körper gespeicherten Erlebens zu verstehen und sie in ein Symbolsystem einzuordnen, mit dessen Hilfe sich die konkrete Erinnerung kategorial als kulturell tradiertes Objekt begreifen lässt. Träume werden so zu Objekten sowohl eines erlebenden Subjekts als auch einer kollektiven Symbollehre. Soziologisch interessant ist hier, dass diese beiden Rahmen – inneres Erleben und kollektive Symbole – alltagsweltlich miteinander verbunden werden.

Luzides Träumen fasziniert auch in der Beratungs- und Coachingbranche, die versucht, das Klarträumen zu einem „bewussten Ergründen“ von Ängsten, Bedürfnissen, Begierden und Wünschen zu nutzen. Luzides Träumen soll zum einen das Besprechen von Traumsymboliken erleichtern, da davon ausgegangen wird, dass wir uns an Klarträume besser erinnern können und dass luzides Träumen das Erinnern an Träume insgesamt intensiviert. Zum anderen sollen wir durch Klarträume das eigene Traumerleben schon während des Träumens wahrnehmen und zum Ergründen unseres Innenlebens nutzen können.

In den von uns beforschten Feldern gilt das Träumen als inkorporierte Sozialität, das heißt als im Körper abgelagertes und eigentätig verarbeitetes Erleben. Mit Schütz ließe sich eine „Quasi-Sozialität“ des Träumens analysieren, die mit anderen Sozialkonstellationen kombiniert wird – in Gesprächen, materiellen Forschungsumgebungen oder umfassenderen Theoriensystemen.[17] Eine Soziologie des Träumens nähert sich solchen Methoden und Theorien der Traumarbeit analytisch offen und fragt empirisch wie theoretisch neugierig danach, was wir von der Traumarbeit über Formen und Zustände des Sozialen lernen können.

  1. DFG-Projektnummer 503719065.
  2. Solche Erfolgsgeschichten einzelner Disziplinen gibt es auch bei anderen Phänomenen. Dort hat die Soziologie aber selbstbewusster eigene Perspektiven definiert.
  3. Michael Cuntz, Der psychische Apparat ist auch nur eine Black Box. Unordnungen und Metamorphosen der französischen Ethnopsychiatrie, in: Zeitschrift für Medienwissenschaften 9 (2017), 2, S. 72–86, hier S. 78.
  4. Jörg Bergmann, Traumkonversation, in: Brigitte Boothe (Hg.), Der Traum. 100 Jahre nach Freuds Traumdeutung, Zürich 2000, S. 41–57, hier S. 45 f. und S. 49 f.
  5. Vgl. Samuel Strehle, Kollektivierung der Träume. Eine Kulturtheorie der Bilder, Weilerswist 2019.
  6. Roger Bastide, The Sociology of the Dream, in: Gustave E. von Grunebaum / Roger Caillois (Hg.), The Dream and Human Societies, Berkeley, CA / Los Angeles, CA 1966, S. 199–213; Michel Foucault, Einleitung, in: Ludwig Binswanger, Traum und Existenz, übers. und mit einem Nachw. von Walter Seitter, Bern/Berlin 1992, S. 7–93.
  7. Bernard Lahire, The Sociological Interpretation of Dreams, Cambridge 2020, S. 57–61 und S. 129 f.
  8. Das Datenmaterial dieses Projekts setzt sich zusammen aus audiovisuellen Aufzeichnungen von Beratungsgesprächen und Fachtagungen, an denen die Autor:innen aktiv teilgenommen haben, ebenso wie aus ethnografischen Protokollen und Interviews, die während Feldaufenthalten in Schlaflaboren und durch Gespräche mit Berater:innen, Forscher:innen und Teilnehmer:innen an Traumdeutungsseminaren und Schlaflaborstudien erstellt wurden.
  9. Sigmund Freud, Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet, Bd. 2/3: Die Traumdeutung. Über den Traum, Frankfurt am Main 1961, S. 233 und S. 503–511.
  10. Alfred Krovoza, ‚Kulturarbeit‘ am Traum; in: ders. / Christine Walde (Hg.), Traum und Schlaf. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2018, S. 2–19, hier S. 14 f.
  11. Hannah Ahlheim, Der Traum vom Schlaf im 20. Jahrhundert. Wissen, Optimierungsphantasien und Widerständigkeit, Göttingen 2018, S. 299–334 und S. 421–438; Petra Gehring, Traum und Wirklichkeit. Zur Geschichte einer Unterscheidung, Frankfurt am Main / New York 2008, S. 200 f. An diese Experimente schlossen Technikfantasien zur Beeinflussung und Einpflanzung von Träumen, zu Bildgebungsverfahren und zu VR-Brillen für das Eintauchen in Traumrealitäten mittels Spielkonsolen an.
  12. Michael Schredl, Traum, München/Basel 2008, S. 11–13.
  13. Gehring, Traum und Wirklichkeit, S. 166 f.
  14. Stephen LaBerge / Howard Rheingold, Exploring the World of Lucid Dreaming, New York 1990.
  15. Gehring, Traum und Wirklichkeit, S. 155 f. und S. 170 f.
  16. Boris Traue, Das Subjekt der Beratung. Zur Soziologie einer Psycho-Technik, Bielefeld 2010, S. 259–261 und S. 281–283.
  17. Alfred Schütz, On Multiple Realities, in: Philosophy and Phenomenological Research 5 (1945), 4, S. 533–576.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Henriette Liebhart.

Kategorien: Gesundheit / Medizin Körper Methoden / Forschung Psychologie / Psychoanalyse Wissenschaft

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Fiona Ambrosi

Fiona Ambrosi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und dort im DFG-Forschungsprojekt „Traumarbeit und ihre Grade der Sozialität“ tätig. Ihre Forschungsinteressen sind die Soziologie des Träumens sowie Wissenschafts- und Technikforschung.

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Anna-Lena Knoll

Anna-Lena Knoll ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie beschäftigt sich mit Traumwissen und modernen Sinnstiftungspraktiken.

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Björn Krey

Björn Krey ist Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und dort Leiter des DFG-Projekts „Traumarbeit und ihre Grade der Sozialität“. Seine Forschungsschwerpunkte sind Kultursoziologie sowie Wissenschafts- und Technikforschung.

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