Jochen Dreher | Essay |

Schwierige Konstellationen

Zum Vortrag „Technik und Gesellschaft“ von Heinrich Popitz (1925–2002)

Beim bisher unveröffentlichten Vortrag von Heinrich Popitz mit dem Titel „Technik und Gesellschaft“ (ohne Jahr) handelt es sich um ein Fundstück aus dem wissenschaftlichen Nachlass von Popitz, der sich im Sozialwissenschaftlichen Archiv der Universität Konstanz befindet.[1] Der Vortrag wurde im Rahmen eines „Seminars“ des Philosophen Simon Moser[2] – mit einer thematischen Ausrichtung im Spannungsfeld von Technik und Gesellschaft – Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre präsentiert; eine genaue Datierung der Veranstaltung ist nicht möglich. Als weitere Diskussionsteilnehmer waren im „Seminar“ als Vortragende Ivo Frenzel, Léon Walther sowie ein von Popitz mehrmals erwähnter Professor König anwesend.

Der von Popitz für den Vortrag gewählte Argumentationszusammenhang lässt sich eindeutig dem Forschungskontext der gemeinsam mit seinen Kollegen Hans Paul Bahrdt, Ernst A. Jüres und Hanno Kesting in den Jahren 1953/54 durchgeführten „Industriearbeiterstudie“ zuordnen, deren Ergebnisse 1957 veröffentlicht wurden.[3] Diese Studie war eine der ersten wissenschaftlich fundierten, qualitativ-empirischen Untersuchungen zum Gesellschaftsbild von Industriearbeitern in Nachkriegsdeutschland. Die beiden Initiatoren der Studie, Popitz und Bahrdt, hatten sich intensiv mit den Frühschriften von Karl Marx auseinandergesetzt, Popitz‘ Dissertation erschien unter dem Titel Der entfremdete Mensch. Zeitkritik und Geschichtsphilosophie des jungen Marx[4]. Die Grundidee der Industriearbeiterstudie bestand darin, Selbstentfremdung im Zusammenhang mit Technik und Industriearbeit empirisch zu erforschen und in der Auswertung der etwa qualitativen Interviews Überlegungen der Philosophischen Anthropologie wie der Phänomenologie einzubeziehen. Im Rahmen der Studie wurde die Frage nach dem Klassenbewusstsein jedoch – neutral formuliert – in jene nach dem „Gesellschaftsbild“ und der „sozialen Topik“ der Arbeiter umgewandelt. Die Studie erkundete die Auswirkungen technischer Entwicklungen auf die gesellschaftliche Situation der Arbeiter, indem sie die konkreten technischen Industriearbeiten arbeitssoziologisch und anthropologisch reflektierte.[5]

Als Ausgangshypothese für die Industriearbeiterstudie wurde angenommen, dass unterschiedliche Arbeitsbedingungen im Hinblick auf technische Gegebenheiten und Kooperationsformen eine Differenzierung im Gesellschaftsbild zur Folge haben – diese Hypothese konnte jedoch nicht bestätigt werden. Hans Paul Bahrdt bemerkt in seiner Selbstreflexion zur Industriearbeiterstudie in den 1980er Jahren: „Aber ein direkter Bezug zwischen Art der Arbeit und gesellschaftlichem Bewußtsein war nicht daraus zu ersehen.“[6]

Die Formulierung der Forschungsfrage ging von der bekannten Marx’schen Grundannahme der Deutschen Ideologie aus: „Nicht das Bewußtsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewußtsein“[7]. Man nahm dementsprechend an, dass das gesellschaftliche Sein wesentlich durch die Stellung des Arbeiters im Produktionsprozess bestimmt ist; wenn Veränderungen in diesem auftreten, dann müssten auch Veränderungen im Bewusstsein der produzierenden Arbeiter entstehen. Die von Popitz und Kollegen im Gesellschaftsbild des Arbeiters präsentierten Erkenntnisse der empirischen Untersuchung weisen jedoch darauf hin, dass es eine Uniformität der Industriearbeiterschaft nicht mehr gebe bzw. niemals gegeben habe. Dies zeigt sich an den vielfältigen Unterschieden hinsichtlich Denkvermögen, Vorstellungskraft, Erfahrungsreichtum, politischen Interessen und Selbstkritik der diversifizierten Arbeiterschaft.[8] Soziale Mythen der zeitkritischen und kulturphilosophischen Literatur, die von einer Gefährdung der bürgerlichen Gesellschaft durch die drohende Masse des kampfbereiten Proletariats ausgehen, erweisen sich im Hinblick auf die Erkenntnisse der Studie als hinfällig.[9]

Es wäre, so Popitz in seinem Vortrag über „Technik und Gesellschaft“, „zu billig, wenn man den Mythus von der Uniformität der Industriearbeiterschaft einfach als eine bürgerliche Ideologie bezeichnen würde, die man nur zu entlarven braucht, um diesen Mythus zu beseitigen“ (S. 11). Die empirischen Erkenntnisse der Industriearbeiterstudie zeigen auf, dass die Konstellation hinsichtlich der Vorstellungswelten und materiellen Bedingungen im Spannungsfeld von Industriearbeiterschaft und Kapitalisten wesentlich schwieriger und komplexer ist, als angenommen: Vorstellungen des Bürgertums, die pauschal von einer einheitlichen Arbeiterschaft ausgehen, treffen nicht zu. Auch Gesellschaftsbilder, denen zufolge die Industriearbeiterschaft dem Block machtüberlegener Kapitalisten gegenüber steht, erweisen sich als pauschal und stereotyp. In beiden Fällen taugen die von der marxistischen Ideologie beeinflussten Vorstellungen und Annahmen nicht, um das soziale Gefüge der industriellen Gesellschaft in seiner Komplexität zu erfassen.

Für die Edition des Vortragstextes wurden im Typoskript vorhandene handschriftliche Ergänzungen und Streichungen in den Haupttext übernommen und mit einem Hinweis in den editorischen Anmerkungen versehen. Ebenso aufgenommen wurden Literaturangaben und Erläuterungen zu den von Popitz erwähnten Personen. Für intensive Recherchen und Textarbeiten im Rahmen der Edition des Vortrages möchte ich insbesondere Minan Lou danken.


Seite 1 des Manuskripts zum Vortrag „Technik und Gesellschaft“ von Heinrich Popitz
Seite 1 des Manuskripts zum Vortrag „Technik und Gesellschaft“ von Heinrich Popitz, © Quelle: Sozialwissenschaftliches Archiv der Universität Konstanz

Zum gesamten Vortragsmanuskript im PDF-Format gelangen Sie hier


Heinrich Popitz: Technik und Gesellschaft[10]

In der Vorankündigung meines Vortrags steht das sehr anspruchsvolle Wort „Ideologie-Kritik“. Es verspricht mehr, als ich glaube halten zu können. Vielleicht ist es am besten, wenn ich Ihnen in einigen einleitenden Sätzen zu erklären versuche, was mir bei der Formulierung des Themas vorschwebte. Dank der freundlichen Einladung von Herrn Professor Moser[11] durften Herr Bahrdt und ich an mehreren Sitzungen des Seminars im vorigen Semester teilnehmen.[12] Ich machte[13] dabei eine Erfahrung, die mich[14] überraschte: Die Diskussionen, die hier stattgefunden haben, wichen alle sowohl sachlich wie auch in ihrem Stil beträchtlich von den Auseinandersetzungen ab, die mir aus der Literatur über die gleichen Fragen bekannt sind. Es fiel mir mit einem Wort schwer, die hier geführten Diskussionen zu „rubrizieren“; sie erschienen mir zunächst befremdend und in ihren Grundlagen irgendwie schwer durchschaubar.

Als mir Herr Professor Moser die Themenwahl meines Vortrags freundlicherweise freistellte, hatte ich daher sofort den Gedanken, mein eigenes, mangelhaftes Verständnis dieser Diskussionen zu überprüfen und den Versuch zu machen, durch eine erneute Lektüre der Protokolle festzustellen, worüber in diesem Kreise eigentlich gesprochen worden ist, – und vor allen Dingen unter welchen Voraussetzungen.

Das Ergebnis dieser erneuten Überlegung möchte ich Ihnen heute mitteilen. Ich bitte also, meinen Vortrag als Versuch einer Analyse und Weiterführung der bisherigen Diskussionen zu verstehen. Ob ich dem Anspruch entsprechen kann[15], den das Wort Ideologie-Kritik enthält,[16] – vielleicht habe ich es im Anfang allzu übermütig gewählt –, möchte ich dahingestellt sein lassen. Es kommt mir jedenfalls nicht auf dieses Wort und seine unendlichen unübersehbaren[17] Implikationen an.

Wenn ich im folgenden auf Stellungnahmen einiger Diskussionsteilnehmer zurückkomme, so bitte ich, dies nicht als eine – sehr verspätete – individuelle Kritik anzusehen. Es ist sehr leicht möglich, daß ich aus den Protokollen den Sinn einzelner Argumente falsch rekonstruiert habe. Es geht mir aber niemals um diese Einzelheiten, sondern lediglich um den Ablauf und den Charakter der Gesamtdiskussion.

Gestatten Sie, daß ich zunächst einige Voraussetzungen dieses Seminars historisch zu klären suche.

Wie Sie wissen, existiert besonders in Deutschland (aber auch in Frankreich und den angelsächsischen Ländern) eine sehr umfangreiche Literatur über das Thema „Technik und Gesellschaft". Diese Literaturgattung – man kann sie wohl als solche bezeichnen – entstand in den ersten Ansätzen in den letzten drei Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts und hat ihren ersten Höhepunkt unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg, in den zwanziger Jahren, erreicht. Ich weiß nicht, ob man das quantitative Anschwellen dieser Literatur nach dem letzten Weltkrieg[18] als zweiten Höhepunkt bezeichnen kann, aber auf jeden Fall ist es noch einmal zu einer erstaunlichen Breitenwirkung gekommen. Denken Sie etwa[19] an die Erfolge der[20] neuen Bücher Georg Friedrich Jüngers[21], aber auch Dvoraks[22] und Berdjadjews[23]. Ich weiß nicht, ob Sie mir so ohne weiteres zustimmen werden[24], wenn ich behaupte, daß in diesen Büchern über Technik und Gesellschaft vor dem 1. Weltkrieg von Anfang bis zu Ende genau das Gleiche drinzustehen pflegt wie nach dem 1. Weltkrieg und vor dem 2. Weltkrieg wiederum eben dieselben Thesen und Argumente vertreten werden wie es heute geschieht[25]. Es scheint so, als wäre die geschichtliche Erfahrung des letzten halben Jahrhunderts fast spurlos an diesen Diskussionen vorübergegangen. Auf jeden Fall habe ich nicht entdecken können, daß sie sich in ihnen niedergeschlagen hat.

Bevor ich auf den Inhalt dieser zahllosen Bücher über Technik und Gesellschaft zu sprechen komme und damit die Charakterisierung der hier geführten Diskussionen einleite[26], möchte ich noch etwas weiter zurückgreifen und[27] mit wenigen Worten auf eine Grundvoraussetzung eingehen, die m.E.[28] zum Verständnis des ganzen Problems gesehen werden muß. Herr Professor König hat mit Recht auf die Problematik des Wörtchens „und“ zwischen Technik und Gesellschaft hingewiesen und dabei wenigstens angedeutet, daß hier ein dritter Faktor mit im Spiele sei[29]. Soweit es das Bewußtsein betrifft, mit dem wir den Fragenkomplex Technik und Gesellschaft behandeln, kann man diesen Faktor, der durch das Wörtchen „und" repräsentiert wird, sehr[30] eindeutig benennen: Es ist der Begriff der Krise.[31] Also ein Begriff, der untrennbar mit der Französischen Revolution verbunden ist, – und zugleich, wie ich hinzufügen darf, der erste Begriff, den die Soziologie formuliert und mit dem sie sich selbst formuliert hat.

Ich rühre hier an sehr weitverzweigte geisteswissenschaftliche Fragen und muß mich auf wenige knappe Andeutungen beschränken. Das Theme [!] Technik und Gesellschaft würde nicht gestellt werden, wenn es nicht in Wirklichkeit Gesellschaftskrise und Technik bedeutete, oder noch einfacher: wenn es nicht zur Voraussetzung die Annahme hätte, daß mit dem Wort Technik ein Signum unserer Gesellschaftskrise ausgesprochen würde. Ohne dieses Krisenbewußtsein wäre die Entgegensetzung von[32] Technik und Gesellschaft sinnlos oder doch zumindest nur eine rein akademische Frage. Erst wenn man sich den Begriff der Krise als Kopula hinzudenkt, wird diese Entgegensetzung so spannungsgeladen und aufregend, wie wir sie hier und wie man sie seit jeher empfindet.[33] Nun ist aber das Wort Krise ebenso wie das Krisenbewußtsein keineswegs durch die Konfrontierung der modernen Welt mit der technisch-industriellen Entwicklung entstanden, sondern untrennbar mit dem modernen Zeitbewußtsein überhaupt verbunden[34], d.h mit der Französischen Revolution. Der erste Begriff dieses Zeitbewußtseins, mit dem es zu einem Selbstverständnis gelangte, ist der Begriff der Krise.[35] In Frankreich von Saint-Simon und Comte formuliert,[36] antwortet der Begriff der Krise zunächst auf eine rein politische Fragestellung, und zwar auf die Fragestellung des Bürgerkriegs. Ich kann Ihnen diese Zusammenhänge nicht im einzelnen schildern, aber man kann vielleicht in einer etwas groben Vereinfachung sagen, daß mit dem Begriff der Krise[37] versucht wird, die Bürgerkriegs-Situation geschichtsphilosophisch als bloßes Übergangsstadium einzugrenzen, als eine vorübergehende[38] Zwischenperiode. Der Konflikt zwischen Revolution und Restauration, der bis heute nicht endgültig[39] ausgetragen ist – mit anderen Worten: die Frage nach der Beendigung[40] der Französischen Revolution, die das ganze 19. Jahrhundert beunruhigt hat –, wird durch ein Krisenbewußtsein beantwortet, das mit der Anerkennung des Konflikts zugleich die Möglichkeit, ja das Bevorstehen seiner Beendigung impliziert. Ähnlich hat auch[41] die deutsche Klassik ihr eigenes Zeitalter als Tiefpunkt der menschlichen Geschichte als Zeit der totalen Erniedrigung des Menschen verstanden, aber zugleich als ein Übergangsstadium, das überwunden werden muss und überwunden werden wird. Der Begriff der „Entfremdung“ ist weiter und noch anspruchsvoller, aber er beinhaltet auch alle Vernunftsätze, die in dem Begriff der „Krise“ stecken.

Für unseren Zusammenhang ist es uns wichtig zu erkennen, dass weder der Begriff der Krise, noch unser als Krisenbewußtsein sich verstehendes Zeitbewußtsein ursprünglich etwas mit den Problemen der Technik zu tun haben. Als die Problematik der fortschreitenden Industrialisierung bewußt wurde, war jedes Zeitverständnis, jedes Bewußtsein von der eigenen geschichtlichen Position, bereits als Krisenbewußtsein definiert und festgelegt.[42] Man sprach auch übrigens[43] zunächst nicht von der „Technik". Die Worte Wirtschaft oder Ökonomie, später das Wort Industrie und (von wenigen Ausnahmen abgesehen) erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts das Wort Technik haben der Reihe nach jeweils den gleichen Sachverhalt bezeichnet, nämlich die fortschreitende Angleichung der Verkehrsformen der bürgerlichen Gesellschaft an die großindustriellen Produktionsbedingungen.

Noch einmal: Weder das Wort noch das Bewußtsein der Krise haben ursprünglich etwas mit dem Wort oder mit der Problematik der Technik zu tun. Es hat sich also ein bereits vorhandenes Krisenbewußtsein der Problematik einfach bemächtigt, die heute mit dem Wort „Technik" bezeichnet wird.[44]

So[45] ist es zu verstehen, daß die Literatur über Technik und Gesellschaft die Tatsache der Gesellschaftskrise stets stillschweigend voraussetzt und daß lediglich über die Frage diskutiert wird, inwieweit die Technik (und die Techniker) für diese Krise verantwortlich zu machen sind. Ja, selbst das ist fast noch zuviel gesagt. Denn die Gewißheit, mit der Technik den entscheidenden Sündenbock gefunden zu haben, bürgert sich auch sehr schnell als Selbstverständlichkeit ein. Und es geht sehr bald nur noch um die Frage, wie die Schäden der Technisierung beseitigt werden können oder zu überwinden sind – wobei ganz selbstverständlich diese Beseitigung oder Überwindung mit der Beseitigung oder Überwindung der Krise gleichgesetzt wird.

Diese Debatte wird entfesselt von einem Bildungsbürgertum, das an der technisch-industriellen Entwicklung nicht teilnimmt und die Voraussetzung der eigenen Existenz durch die technische Entwicklung bedroht sieht. Diese Gefährdung der eigenen Existenz, das überkommene Krisenbewußtsein und das Urteil über die konkreten Phänomene der Technisierung verschmelzen in dieser[46] neuen Form der Zeitkritik[47] zu einer unentrinnbaren Einheit. Sehr früh schon, gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, antworten[48] die Techniker mit einer öffentlichen Apologie der Technik. Auch sie selbst befinden sich in einem Dilemma. Als Homines novi kämpfen sie um ein soziales Prestige innerhalb einer bürgerlichen Gesellschaft, das ihnen von dem alten Bildungsbürgertum entschieden bestritten wird. Und nun geschieht etwas soziologisch höchst Interessantes. Es handelt sich gleichsam um eine Grundfigur des sozialen Prestigekampfes, die wahrscheinlieh so alt ist wie die menschliche Geschichte, aber doch immer wieder in verblüffenden neuen Formen zutage tritt. Während das Bildungsbürgertum die neuen Phänomene natürlich mit den Maßstäben seines eigenen Wertsystems mißt und dadurch den sozialen Anspruch der Techniker zu diskriminieren versucht, ist nicht das geringste Zeichen dafür vorhanden, daß die Techniker ihrerseits eigene Maßstäbe zu setzen versuchen. Vielmehr unterliegen sie völlig der Suggestion des bürgerlichen Wertsystems, akzeptieren seine Maßstäbe und unterwerfen ihren[49] Geltungsanspruch damit den Kriterien, die von der anderen Seite gesetzt werden. Die entscheidende Frage, die damit entsteht, kennen Sie alle: Gehört die Technik zur „Kultur" oder zur „Zivilisation"?

Hier werden nun vom alten Bürgertum die merkwürdigsten Konstruktionen zurechtgezimmert, etwa jene „kulturphilosophischen Wertpyramiden", in denen die Kunst, die Philosophie, [5a] die Geschichte, die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Technik jede ihr eigenes Stockwerk erhalten. Es versteht sich von selbst, daß der Technik dabei das Kellergeschoß zugewiesen wird. Sie gehört, so sagt man in dieser Literatur etwa, zur „Schicht des Unterkulturellen". Oder, um ein anderes Beispiel zu zitieren, man konstruiert eine Typenlehre, in der zwar zugestanden wird, daß der Techniker soziologisch einen eigenen Typus darstellt, in der ihm aber unter wertphilosophischen Aspekten ein eigener Platz im Olymp ewiger menschlicher Typen versagt bleibt. Das ist, etwas zugespitzt formuliert, die These Eduard Sprangers.[50] Die Themen der Techniker, die Bücher über die Technik schreiben, zeigen alle, daß sich der Techniker vor dem Forum der bereits ausgewiesenen Kulturträger zu legitimieren versucht. Ich nenne schlagwortartig einige Titel und Kapitelüberschriften: Der Weltsinn der Technik als Schlüssel zu ihrer Kulturbedeutung[51], oder: Die Technik als selbständiges Wertgebiet[52], oder: Die Technik als Kulturfaktor[53], oder: Die Technik als Kulturmacht in sozialer und geistiger Beziehung[54]. (Diese Zitate stammen aus Schriften von Robert Weyrauch, Eberhard Zschimmer, Peter Krannhals und Ulrich Wendt – Namen, die wahrscheinlich den meisten von Ihnen unbekannt sein werden. Aber auch Friedrich Dessauer und Manfred Schröter, die heute bekannter[55] sind, gehören in den gleichen Zusammenhang. Die Interpretationen der Technik, die hier angeboten werden, würden – eher überspitzt formuliert – alle vereinheitlicht und auf ein lyrisches Gedicht zutreffen.[56]

Aus diesem Kampf um ein soziales Prestige, dem eine sehr ernstzunehmende soziologische Problematik zugrunde liegt, entsteht nun neben dem Themenkreis „Kulturwert der Technik" ein zweiter, den man mit dem Stichwort "Vervollkommnung der Technik" bezeichnen kann. Auch hier läßt sich eine kuriose Sammlung der seltsamsten Geschichtskonstruktionen anlegen, die alle auf den Nachweis hinauslaufen, daß die Technik in Zukunft einmal die Schäden heilen wird, die sie in der Gegenwart verursacht hat. Nur ein einziges Beispiel:[57] sowohl die Angriffe des Bildungsbürgertums wie die Apologien der Techniker [sind] als Kampf um ein soziales Prestige zu verstehen, also im wesentlichen als ein soziales Problem der Verfasser und ein soziologisches Problem einer Gesellschaftsordnung, in der eine neue Berufsschicht Geltung beansprucht. Also, wie gesagt, ein Problem, das so alt ist wie die menschliche Geschichte und sehr wenig mit den spezifischen Fragen der Technisierung und Industrialisierung zu tun hat.

Gleichwertig neben dem Thema Kulturwert der Technik stehen in der gesamten Literatur über Technik und Gesellschaft die Zukunftsprognosen. Man kann hier eine kuriose Sammlung der seltsamen Geschichtskonstruktion anlegen, die alle auf den Nachweis hinauslaufen, daß die Technik in Zukunft einmal die Schäden heilen wird, die sie in der Gegenwart verursacht hat. Nur ein einziges Beispiel: Viktor Engelhardt erklärt in einer 1922 erschienenen Schrift[58], daß die Menschheit sich demnächst zu einer „Entmilitarisierung" der Technik durchringen werde. Alle „vulgären Einwände" gegen die Gewißheit dieses Prozesses fielen zusammen, sobald man erkennen werde, daß es hierzu lediglich einer notwendigen Anpassung an veränderte[59] Daseinsbedingungen bedürfe. Durch diese Anpassung bildeten sich gleichsam naturnotwendig die entsprechenden „ethischen Kategorien" aus. Ich zitiere: „Sie sind der Epoche immanent – und sie werden sein, weil sonst die Epoche nicht wäre."[60] (Drum ist's, so schloß der Messer scharf, weil nichts sein kann, was nicht sein darf.)[61] Unter diesen Prognosen befinden sich natürlich auch sehr interessante, wie z.B. die des Begründers der theoretischen Kinematik, Franz Reuleaux', auf die ich Sie nur hinweisen möchte.[62]

Schließlich sind, außer den Theorien über den Kulturwert der Technik und der eben beschriebenen „Flucht nach vorn", d.h. den Theorien über die Vervollkommnung der Technik, als dritter Themenkreis die Theorien über die Eigengesetzlichkeit der Technik zu nennen, auf die ich hier nicht im besondern eingehen will, weil sie mit den Argumenten, die in diesem[63] Seminar vorgetragen wurden, nicht unmittelbar[64] in Verbindung stehen. Ich komme aber auf das Stichwort „Eigengesetzlichkeit" noch einmal zurück.[65]

Während also auf der einen Seite – so können wir zusammenfassend sagen – die Technik als Bedrohung der gesamten menschlichen Kultur empfunden wird, wird auf der anderen Seite ihr Kulturwert proklamiert, während man[66] die Diskrepanz zwischen den moralischen und sozialen Kategorien einerseits und der neuen technischen Welt andererseits[67] beklagt, wird dort eine Anpassung, eine Adaptation, in der Zukunft erhofft.

Damit bin ich, wie Sie bemerkt haben werden, bereits mitten drin in den Diskussionen dieses Seminars.

Auch hier ist das Thema Technik und Gesellschaft stets unter dem Aspekt[68] diskutiert worden, welche Rolle die Technik in der modernen Gesellschaftskrise spielt. Auch hier schließlich sind einige der Empfindlichkeiten zutage getreten, die seit jeher die Diskussion zwischen Geisteswissenschaftlern und Technikern, Ingenieuren und Literaten, Universitäten und Technischen Hochschulen gekennzeichnet haben. So ist z.B. die These Schelers vom Machtstreben als letztem Grund des Wissenwollens[69] enthusiastisch bestritten worden, unter Hinweis auf den guten Willen und die guten Erfolge der Technik, obwohl beides niemals in Frage gestellt worden ist und obwohl diese These keineswegs spezifisch auf die Technik gemünzt war[70]. So ist auch hier von der mehr oder minder guten Beziehung der Technik[71] zur Kultur oft die Rede gewesen, obwohl, soweit ich sehe, niemand aufgetreten ist, der diese guten Beziehungen irgendwie in Frage gestellt hätte. Ich könnte Ihnen noch weitere, fast wörtlich zu belegende Parallelen zwischen der Literatur über den Kulturwert der Technik und Teilen der hier geführten Diskussionen geben. Aber es geht hier nicht um Einzelheiten.[72]

Schließlich ließen sich auch manche Beispiele für eine Bagatellisierung der Probleme mit dem Hinweis auf eine zukünftige Vervollkommnung der technischen Errungenschaften nennen, die sich besonders in der Diskussion finden, die im Anschluß an das Referat von Ivo Frenzel[73] entstanden. Aber in allen angedeuteten Fällen handelt es sich um Einzelheiten und Nebenbemerkungen, gleichsam um Reprisen eines in diesem Seminar eigentlich schon überwundenen Standpunktes. Das Charakteristikum der hier geführten Diskussionen ist[74] vielmehr ganz entschieden die Überwindung der Frage nach dem Kulturwert und der Vervollkommnung der Technik und damit die Überwindung zeitbedingter Konflikte und allzu durchsichtiger Ausflüchte.

Dieser ganze Katzenjammer scheint also abgetan zu sein. Dagegen ist nun etwas doch ziemlich Neues hinzugekommen. Man könnte es, vor allem wenn man an den Vortrag von Professor König denkt, als eine Art Wiedergutmachungsaktion der Geisteswissenschaftler bezeichnen. Dies[75] konnte in keinem Argument krasser zum Ausdruck kommen als in der Forderung Professor Königs nach einer besseren naturwissenschaftlich[76]-technischen Ausbildung in den Schulen, in Verbindung mit[77] dem Postulat, daß insbesondere die Universitäten mehr Verständnis für die spezifisch technischen Probleme aufbringen müßten. Professor König ging sogar so weit, unter dem Stichwort „Adaptation" oder „Anpassung an die technischen Gegebenheiten"[78] so etwas wie eine Elitenlehre zu entwickeln, indem er die Spannungen zwischen der industrietechnischen Entwicklung und der Gesellschaft vorwiegend auf Spannungen zwischen den schon angepaßten und den noch nicht angepaßten Gruppen zurückführte. Hier ist also die Adaptionstheorie theoretisch auf die Spitze getrieben und damit, (da die Techniker als Techniker kaum Einwände erheben können)[79] die Streitaxt scheinbar endgültig begraben worden.[80] Bis auf die wenigen angedeuteten Reprisen stehen wir also in diesem Seminar, gemessen an der landläufigen Literatur, vor einer neuen Situation.

Diese neue Situation bringt nun eine Verlegenheit mit sich, die überraschend ist. Ich glaube aber, daß Sie sich selbst daran erinnern werden, diese Verlegenheit empfunden zu haben, wenn ich Sie daran erinnern darf. Es wußte nämlich in den letzten drei Stunden eigentlich niemand mehr zu sagen, wie sich eigentlich die gefährliche Rolle der Technik in der modernen Gesellschaft auswirkt. Mit anderen Worten: Eine ThemasteIlung, die ohne das zugrunde liegende Krisenbewußtsein undenkbar ist, eine Gegenüberstellung (nämlich die von Technik und Gesellschaft), die ohne den verbindenden Begriff der Krise völlig spannungslos bleibt, droht in einem allgemeinen Einverständnis unterzugehen. Wenn sich keine Kritik mehr formulieren läßt, wird das Krisenbewußtsein zur reinen Pose, ja zur Farce. Was soll ohne diese Kritik, also ohne formulierte Bedenken gegenüber den Konsequenzen der technischen Entwicklung das Thema Technik und Gesellschaft überhaupt noch besagen? Es wäre nach der stattgefundenen Wiedergutmachungsaktion der Geisteswissenschaftler mehr oder minder würdig zu begraben.

Ich muß[81] hier allerdings eine Einschränkung machen. In den Protokollen der Diskussionen des letzten Semesters habe ich einen – aber auch nur einen einzigen – Einwand an verschiedenen Stellen gefunden: nämlich den Einwand, daß die[82] Technisierung zur Vermassung führte. Oder daß sie, mit anderen Worten, eine Bedrohung des Individuums darstellte.

Ich möchte mir angesichts dieser These zunächst – einmal aber auch nur vorübergehend – die Generallinie des bisherigen Seminarverlaufs zu eigen machen und auch dieses Bedenken der "Vermassung" mit dem Schlachtruf der Adaptation bekämpfen. Ich tue das vor allen Dingen, damit sozusagen die letzten Außenstände hereingetrieben werden, die für eine klare Bilanzierung noch fehlen.

Was hat die Technik mit Vermassung zu tun? Es gibt, soweit ich sehe, drei Aspekte des Begriffs der Vermassung. Der erste ist der rein psychologische Aspekt, der das Entstehen bestimmter Stimmungen und Leidenschaften bei Ansammlungen[83] großer Menschenmassen zu erklären versucht. Wir kennen diese Phänomene[84] vom Sportplatz, aus politischen Versammlungen und aus dem Kriege. Zweifellos handelt es sich hier um eine Gefährdung, die einfach deshalb heute ungewöhnlich groß ist, weil die Ansammlung großer Menschenmassen ungewöhnlich häufig notwendig ist. Ebenso sicher ist, daß es sich hier geschichtlich um nichts grundlegend Neues handelt.[85] Die griechischen und römischen Historiker haben die Phänomene der Massenpsychosen eher anschaulicher und lebendiger[86] geschildert als es etwa Le Bon[87] und seinen Nachfolgern gelungen ist.[88]

Der zweite anthropologische[89] Aspekt des Begriffs der Vermassung beruht auf dem Gegensatz von Masse und Individuum.[90] In diesem Sinn ist die Vermassung als ein kontinuierlicher geschichtlicher Vorgang eine[91] Bedrohung und evtl. sogar eine[92] Vernichtung der Individualität des einzelnen.[93]

Der dritte Aspekt[94] des Begriffs der Vermassung ist soziologischer Natur. Vermassung in diesem Sinne bedeutet das soziale Heraufkommen einer gleichförmigen, uniformen Gesellschaftsschicht und das entsprechende Herabsinken oder die Anpassung älterer Gesellschaftsschichten, die als nichtuniform und nichtgleichförmig zu bezeichnen sind. Also sagen wir es deutlich: Der dritte Aspekt des Begriffs der Vermassung bezieht sich auf das industrielle Proletariat Ich habe nun den Verdacht, daß der zweite und dritte Aspekt sehr viel miteinander zu tun haben, ja vielleicht, sogar in der Sache dasselbe meinen. Aber bevor ich diesen Verdacht näher begründe, möchte ich auf den soziologischen Aspekt der Vermassung – für sich genommen – etwas näher eingehen[95].[96]

Wir müssen von der Tatsache ausgehen, daß der Erlebnisbereich des Industriearbeiters, seine speziellen Berufserfahrungen, seine[97] Kenntnisse und Interessen für das öffentliche Bewußtsein durch die sozialen Mythen unserer Zeitkritik und kulturphilosophischen Literatur verstellt sind. Ein wesentliches Kennzeichen dieser Mythen ist die Überzeugung, daß alle sozialen und individuellen Differenzierungen jenseits des Bürgertums aufhören und in einem grauen Einerlei enden. In Erinnerung an die Gefährdung der bürgerlichen Gesellschaft durch die drohende Masse des kampfbereiten Proletariats, also an einen alten, schwer zu überwindenden Alptraum, wird eine Uniformität der Industriearbeiterschaft vorausgesetzt, die es heute längst nicht mehr gibt und die es vielleicht niemals gegeben hat. Es ist[98] nun aber an der Zeit, sich von der Vorstellung gründlich freizumachen, daß der Industriearbeiter ein einheitlicher „Typus Mensch" sei, eine „Gestalt", die am Horizont des bürgerlichen Weltbildes die Märtyrer- oder Vatermörderrolle spielt.[99] Innerhalb der Industriearbeiterschaft gibt es meines Erachtens ebenso viele Differenzierungen der Erfahrungen, Kenntnisse und Interessen wie innerhalb des Bürgertums.

Es wäre aber zu billig, wenn man den Mythus von der Uniformität der Industriearbeiterschaft einfach als eine bürgerliche Ideologie bezeichnen würde, die man nur zu entlarven braucht, um diesen Mythus zu beseitigen[100]. Es handelt sich hier vielmehr[101] um eine viel schwierigere Konstellation, als diese ersten Bemerkungen unterstellt haben[102]. Sie wird vielleicht am besten deutlich, wenn wir die Frage umdrehen: Welches Bild hat der Industriearbeiter seinerseits von der „anderen Seite"? Was macht er sich für Vorstellungen etwa von den Unternehmern, von denen da oben, den Kapitalisten? Die Antwort ist sehr einfach: nämlich ebenso pauschale, uniforme und stereotype Vorstellungen wie sie sich das Bürgertum von der Industriearbeiterschaft gebildet hat. Auch hier liegt natürlich – unter anderem – ein eindeutig feststellbarer ideologischer Einfluß – nämlich ihr marxistischer – vor, aber auch hier erklärt der Nachweis des ideologischen Einflusses das Phänomen nicht zureichend. Vielmehr handelt es sich um ein Dilemma, vor dem jeder einzelne steht, der heute versucht, sich ein Bild von dem sozialen Gefüge unserer Gesellschaft, der industriellen,[103] zu machen. Die Erfahrungen des eigenen Erlebnisbereiches reichen einfach objektiv nicht aus, um auch nur für die gesellschaftlichen Einflüsse auf die eigene Existenz eine Erklärung zu bieten. Je rationaler jeder von Fachleuten gestaltete Teil dieses sozialen Gefüges geworden ist, je unüberschaubarer sind für den einzelnen die Zusammenhänge im ganzen geworden. Unser Bild von der Gesellschaft, in der wir leben, kann einfach nicht mehr ohne gewisse Hilfskonstruktionen auskommen. Zu diesen Hilfskonstruktionen gehört typischerweise die Vorstellung, daß der jeweils fernliegende, unbekannte und fremde Teil der Gesellschaft eine im eigenen Erlebnisbereich nicht auffindbare Uniformität aufweist. Insofern sieht sich heute jeder einer "Masse" gegenüber, die ihrerseits aus lauter Individuen besteht, für die wiederum der Betrachter Teil einer „Masse" ist.

Damit habe ich bereits vom soziologischen Aspekt des Begriffs der Vermassung auf den anthropologischen übergegriffen. Denn tatsächlich enthält diese Vorstellung von der jeweils „anderen" Seite ein Moment der Bedrohung für den einzelnen, das nicht nur sozialpsychologisch, sondern auch individualpsychologisch eine sehr ernste Bedeutung hat. Dies wird z.B. deutlich, wenn man die Schriften Georg Friedrich Jüngers liest. Georg Friedrich Jünger mißt alle Phänomene der industriellen[104] Arbeitswelt an seinem Ideal des Otium cum dignitate. Vor diesem Ideal können selbstverständlich weder die Industriearbeiter noch die Techniker bestehen. Nun kann man natürlich fragen, welche sozialen und ökonomischen Voraussetzungen denn nötig sind[105], um eine schöpferische Muße zu ermöglichen, wie sie Georg Friedrich Jünger fordert. Was kostet diese Chance? Z.B. ein Landhaus, eine Bibliothek und wahrscheinlich auch einen wohlgepflegte[n] Weinkeller.[106]

Mit[107] solchen Gegenfragen wird zwar die Allgemeingültigkeit der hier angewandten Maßstäbe infrage gestellt, nicht aber ihr subjektives Recht. Und damit kommen wir – nach den Hinweisen auf die ideologisch Bedingtheit und die subjektive Undurchschaubarkeit des sozialen Gefüges[108] – zu einem dritten Erklärungsmoment der Vermassungstheorie. Sie besitzt[109] nämlich ein subjektives Recht, insofern sie lediglich ausdrückt, daß eine bestimmte Lebensform durch die fortschreitende Industrialisierung und Rationalisierung unserer Gesellschaft[110] bedroht wird. Mit anderen Worten: Sobald Georg Friedrich Jünger sich aus ökonomischen Gründen beruflich irgendwie auf die industrielle Gesellschaft einlassen müßte, könnte er in der Tat sein Otium cum dignitate in der alten Form[111] nicht mehr verwirklichen. Er müßte sich irgendwie angleichen, – an eine Masse, wie er glaubt und wie er glauben muß, da er eben die Bedingungen und Lebensformen, um die es hier geht, nicht kennt.[112] Insofern steckt nicht nur ein konkreter Sinn, sondern auch ein subjektives Recht dahinter, wenn er seine Individualität durch die "Masse"[113] bedroht sieht.

Diese Erklärungsversuche zum Begriff der Vermassung sollten zeigen, daß es sich hier um ein verständliches Bewußtseinsphänomen handelt, dem aber keineswegs auch der gemeinte Sachverhalt zu entsprechen braucht.[114] Man kann nun allerdings darauf hinweisen, daß die Technisierung nicht nur die Natur, sondern auch den Menschen verändert, – oder, wie es Max Weber mit einem für ihn ungewöhnlichen Pathos ausgedrückt hat, daß sie „das geistige[115] Antlitz des Menschengeschlechts bis zur Unkenntlichkeit verändert habe[116] und weiter verändern werde" [117]. Wenn man diese unbestreitbare Tatsache der Veränderung desselben mit dem Wort Vermassung bezeichnet, so weiß ich darauf nichts zu erwidern. Einer Prophetie können nur Propheten antworten.

Aber auch abgesehen von dieser Einschränkung muß ich mich dafür entschuldigen, den Begriff der Vermassung[118] in einer so zusammengedrängten, thesenartigen Form diskutiert zu haben. Es handelt sich hier aber, wie Sie sich erinnern werden,[119] lediglich um einen Exkurs, der zeigen sollte, daß es meines Erachtens prinzipiell möglich ist, auch der Kritik, die sich des Stichwortes der Vermassung bedient, mit dem Hinweis auf die unvollständige Anpassung zu begegnen. Dies setzt, soweit ich sehe, lediglich die Linie der bisherigen Diskussion fort. Ich habe also mit diesem Exkurs nichts weiter als eine letzte Flurbereinigung zu unternehmen versucht.

Wir wären damit an dem Punkt angekommen, von dem ich schon vorhin sprach: Das Triumvirat Technik, Krise und Gesellschaft bricht aus[120] Mangel an Kritik zusammen. Wenn ich einmal [13a] unterstellen darf, daß Sie dieser Diagnose zustimmen, so stellt sich mir abschließend noch die Aufgabe zu erklären, weshalb sich eine einst spannungsgeladene Problematik scheinbar aufzulösen beginnt. Ich sehe drei Gründe, die ich Ihnen andeuten möchte.[121]

Erstens beginnt der Konflikt zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft, zwischen Kulturphilosophen und Technikern hinfällig zu werden. Der Techniker ist adaptiert. Seine Einpassung in die bürgerliche Gesellschaft, seine geistige Anpassung an das bürgerliche Wertsystem sind zumindest in Mitteleuropa weitgehend vollzogen[122]. Das Ressentiment ist auf beiden Seiten im Schwinden.[123]

Zweitens können die Techniker auch beim allerbesten Willen sich nicht selbst für die Katastrophen verantwortlich machen, die aus der Anwendung technischer Mittel entstehen. Es ist tatsächlich nicht zu bestreiten – worauf auch hier im Seminar hingewiesen wurde –, daß die Techniker im konkreten Falle stets nur mit der Beseitigung von Schäden, von[124] Unzulänglichkeiten und Unausgeglichenheiten beschäftigt sind. Sie beantworten stets Fragen, die durch die naturwissenschaftlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen oder auch durch die politischen Konstellationen gestellt werden, – Fragen, deren Beantwortung zum Wohl der Allgemeinheit wünschenswert erscheint[125]. Dabei ist der Arbeitsbereich des Technikers, wie Arnold Gehlen sagt, so sehr abhängiger Teil gesellschaftlicher „Superstrukturen" geworden, daß sich eine isolierte sogenannte „technische Verantwortung" gar nicht mehr formulieren läßt.[126] Der Techniker[127] ist damit in der gleichen Lage wie etwa der Unternehmer oder der Sozialpolitiker. Daß[128] die Techniker oder die Unternehmer oder die Sozialpolitiker ihre jeweilige Aufgabe lösen, bedeutet in dieser Situation lediglich, daß sie ihrerseits den Schwarzen Peter, den sie gezogen haben, weiterzugeben vermögen. Wenn man aber von der gesellschaftlichen Verantwortung des Fachmannes spricht, so sehe ich nicht, welche wirklich oft sehr schwierige Aufgabe damit gemeint sein sollte, wenn nicht dieses Weitergeben des Schwarzen Peters.[129]

Vor allen Dingen aber, und damit komme ich zu meinem dritten und letzten Gesichtspunkt, wird durch die Worte „Technik und Gesellschaft"[130] ein Bereich abgesteckt, der in dieser Isoliertheit in unserem heutigen Krisenbewußtsein keine dominierende Rolle mehr spielt und spielen kann. Rückblickend stellt sich diese dominierende Rolle überhaupt nur als ein verhältnismäßig kurzes Intermezzo dar. Die Frage nach dem Ende der Französischen Revolution, die Alternative zwischen Revolution und Restauration, hat die technische Problematik gleichsam wieder in sich aufgesogen. Was heißt, wenn wir an die Gefahren denken, die sich heute stellen, „Technik und Gesellschaft"? Es gibt in der Welt heute zwar eine Technik, aber nicht eine Gesellschaft, sondern zwei Gesellschaften. Was aus der Technik wird, das heißt wie sie angewendet wird und wie sie sich auf das menschliche Leben auswirken wird, hängt viel weniger[131] von dem Verhältnis der Technik zu der Gesellschaft ab, als[132] von dem Verhältnis der beiden Gesellschaften untereinander. Die von dem späten 19. Jahrhundert konstruierte Gegenüberstellung von Technik und Gesellschaft wird damit nicht nur zu einer sekundären, sondern auch zu einer irreführenden Frage. Es wäre sehr schön, wenn es heute primär[133] auf dieses Verhältnis von Technik und Gesellschaft ankäme. Es wäre sehr schön, weil alle Spannungen, die sich aus der technischen Entwicklung innerhalb einer einheitlichen restaurativen Gesellschaftsordnung ergeben könnten, vermutlich nur graduell von den Bedrohungen abweichen würden, die man in der bürgerlichen Sekurität des späten 19. Jahrhunderts erfahren hat.

Es könnte[134] vielleicht so erscheinen, als wollte ich mit diesen Bemerkungen den Sinn des Themas "Technik und Gesellschaft" überhaupt bestreiten. Das ist[135] nicht meine Absicht. Es ging mir lediglich darum zu zeigen, daß dieses Thema seine zentrale[136] Rolle für das Krisenbewußtsein und die Zeitkritik verloren hat.[137] Unser Verhältnis zur eigenen Zeit kann sich nicht mehr legitim auf das Verhältnis unserer Rolle zur Technik konzentrieren.

Das Thema behält aber selbstverständlich seinen guten Sinn, wenn es sich beschränkt auf die Diagnose bestimmter gesellschaftlicher Auswirkungen der Technik und, soweit das nötig ist, auf die entsprechende Therapie. In diesem begrenzten Sinne haben und behalten auch die Begriffe Anpassung und Adaptation ihr volles Recht. Vor allem[138] im industriellen Betrieb können[139] die Techniker und Soziologen unmittelbar zusammenarbeiten, um die Anpassung der Arbeitsorganisation an die technischen Gegebenheiten zu erreichen. Ebenso ist die Anpassung der Arbeitsmaschinen an die physiologischen und psychologischen Gegebenheiten des Menschen eine lohnende und fruchtbare Aufgabe, wie wir aus dem Referat von Professor Léon Walther[140] wissen. Diese begrenzten praktischen Aufgaben, die auch interessante theoretische Aspekte aufweisen, rechtfertigen das hier gestellte Thema vollauf.

Es gebe[141] allerdings noch eine andere Rechtfertigung, und das wäre die Deutung der Technik im Rahmen[142] einer Geschichtsphilosophie. Sie finden vielleicht, daß das Wort Geschichtsphilosophie eine sehr allgemeine, eine allzu allgemeine Redewendung ist und daß es ja gerade die geschichtsphilosophische Betrachtungsweise sei[143], deren Fruchtbarkeit ich vorhin bezweifelt habe. Ich meine aber mit dem Wort Geschichtsphilosophie ein Denken, von dem ich bisher noch nicht gesprochen habe und das zu kritisieren daher nicht meine Absicht sein konnte. Auch betrachte ich das Wort Geschichtsphilosophie nicht als eine ungenaue Redewendung, sondern als die Bezeichnung einer peinlich genauen Frage. Kant hat sie mit dem lapidaren Satz gestellt, ob die Menschheit im Ganzen zu lieben sei. Er hat, um diese Frage bejahen zu können, nicht eine Veränderung oder Veredelung[144] des Menschen gefordert, sondern lediglich eine sehr begrenzte Leistung, der er aber eine große Bedeutung[145] beimaß. Er forderte, daß es der Menschheit gelingen müsse, einen würdigen Verfassungszustand zu erreichen, eine Organisation der Gesellschaft, die dem Menschen als Vernunftwesen angemessen sei. Dies war für ihn, im Sinne der genannten Frage, ein notwendiges Postulat. Im gleichen Sinn, in dem Kant geschichtsphilosophisch über einen dem Menschen angemessenen Verfassungszustand nachgedacht hat, könnte man über eine angemessene Bewältigung und Gestaltung der technischen Möglichkeiten als notwendige Leistung der menschlichen Geschichte nachdenken. Man kann dies aber nicht tun, jedenfalls nicht in einer Form, die den Namen der Geschichtsphilosophie verdient, wenn man nicht jene lapidare und peinliche Frage zu stellen willens ist, ob die Menschheit im ganzen zu lieben sei. Das hat, soweit ich weiß, seit geraumer Zeit[146] niemand mehr gewagt.

  1. Der Originalnachlass von Heinrich Popitz besteht vor allem aus Typoskripten und Manuskripten sowie aus zu Studienzwecken gesammelten Fremdmaterialien, etwa wissenschaftlichen Aufsätzen, Zeitungsartikeln oder Unterlagen zur Studentenbewegung in Freiburg in den 1960er Jahren. Schließlich finden sich im Nachlass einige wenige Videoaufnahmen sowie Zeichnungen von Popitz, der sich auch künstlerisch betätigte.
  2. Der österreichische Philosoph und Heidegger-Schüler Simon Moser war von 1955 bis1968 außerordentlicher Professor und Ordinarius an der Technischen Hochschule Karlsruhe (später Universität Karlsruhe) und organisierte in regelmäßigen Abständen interdisziplinäre „Seminare“ und „Gespräche“ mit bedeutenden Gelehrten aus den Geistes- und Naturwissenschaften in Alpbach/Österreich und an der TH Karlsruhe im Rahmen des Studium Generale (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Moser_(Philosoph), https://www.deutsche-biographie.de/gnd118737139.html#ndbcontent), die in der wissenschaftlichen Welt für große Aufmerksamkeit sorgten.
  3. Vgl. Heinrich Popitz / Hans P. Bahrdt / Ernst A. Jüres / Hanno Kesting, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Soziologische Untersuchung in der Hüttenindustrie, hrsg. v. Jochen Dreher, Wiesbaden 2017 [1957] und dies. Technik und Industriearbeit. Soziologischen Untersuchungen in der Hüttenindustrie, Tübingen 1964 [1957].
  4. Heinrich Popitz, Der entfremdete Mensch. Zeitkritik und Geschichtsphilosophie des jungen Marx, Frankfurt am Main 1967.
  5. Vgl. Jochen Dreher, Einleitung zu Das Gesellschaftsbild des Arbeiters, in: Popitz / Bahrdt / Jüres / Kesting, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters, S. XII.
  6. Hans Paul Bahrdt, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Ein Vortrag zur Entstehung dieser Studie, in: Zeitschrift für Soziologie, 14 (1985), 2, S. 152–155, hier S. 153.
  7. Karl Marx, Die deutsche Ideologie". In: ders., Die Frühschriften. Von 1837 bis zum Manifest der kommunistischen Partei 1848, hrsg. v. Siegfried Landshut, Stuttgart 1971 [1845/46], S. 339–485, hier S. 349.
  8. Vgl. Dreher, Einleitung zu Das Gesellschaftsbild des Arbeiters, S. XVI.
  9. Popitz et al., Das Gesellschaftsbild des Arbeiters, S. 6.
  10. Der Vortrag wurde im Rahmen eines „Seminars“ vermutlich mit demselben Titel „Technik und Gesellschaft“ präsentiert, wobei eine genaue Jahresangabe nicht vorliegt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass Popitz den Vortrag Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre hielt. – Der Text wurde nach dem im Nachlass von Heinrich Popitz im Sozialwissenschaftlichen Archiv Konstanz aufbewahrten Typoskript für die Veröffentlichung transkribiert und eingerichtet von Jochen Dreher. Für vielfältige Recherchen und Textarbeiten danken wir Minan Lou.
  11. Bei dem im Vortrag erwähnten Herrn Professor Moser handelt es sich möglicherweise um den österreichischen Philosophen Simon Moser, der von 1952 bis 1968 an der Technischen Hochschule Karlsruhe lehrte.
  12. Im Orig. wurde folgender Satz durchgestrichen: „Wir haben das sehr gern getan, da wir uns beide seit längerer Zeit für technische Fragen interessieren, uns wertvolle Informationen von den hier anwesenden Technikern versprachen und überhaupt an den Stellungnahmen gerade von Technikern zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Technik interessiert sind.“
  13. Im Orig. wurde das Wort „aber“ durchgestrichen.
  14. Im Orig. wurde hier das Wort „zunächst“ durchgestrichen.
  15. Im Orig. wurde handschriftlich ergänzt: „entsprechen kann“.
  16. Im Orig. steht hier eine Einfügung, die durchgestrichen ist: „– das ich im Anfang vielleicht allzu übermütig gewählt habe – entsprechen kann“.
  17. Im Orig. wurde „unübersehbaren“ handschriftlich hinzugefügt.
  18. Im Orig. hier durchgestrichen: „auch qualitativ“.
  19. Im Orig. wurde hier „Ich denke da vor allen Dingen“ durchgestrichen und handschriftlich durch „Denken Sie etwa“ ersetzt.
  20. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „Erfolge der“.
  21. Hier bezieht sich Popitz auf Friedrich Georg Jünger und mit großer Wahrscheinlichkeit auf Friedrich Georg Jünger, Die Perfektion der Technik, Frankfurt am Main 1946; ders., Maschine und Eigentum, Frankfurt am Main 1949.
  22. Vgl. Robert Dvorak, Technik, Macht und Tod, Hamburg 1948.
  23. Vgl. Nikolai Berdjadjew, Geist und Wirklichkeit, Lüneburg 1949; ders., Das Ich und die Welt der Objekte, Darmstadt 1951.
  24. Im Orig. wurde hier „glauben“ durchgestrichen und handschriftlich durch „zustimmen werden“ ersetzt.
  25. Handschriftlich wurde hier ergänzt: „wie [es] heute“.
  26. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „vorbereite“.
  27. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „noch etwas weiter zurückgreifen und“.
  28. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „m.E.“
  29. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „ist“.
  30. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „glaube ich“.
  31. Im Vortragstyposkript wurden die folgenden zwei Sätze von Popitz handschriftlich – vermutlich für eine Zeitersparnis während der Präsentation – gestrichen.
  32. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „von“.
  33. Dieser Satz wurde handschriftlich eingefügt.
  34. Im Orig. wurde folgender Satz durchgestrichen: „Das moderne Zeitbewußtsein und die moderne Zeitkritik sind teilweise teils Voraussetzung, teils Folgen der Französischen Revolution.“
  35. Der Satz wurde handschriftlich stark überarbeitet. Die ursprüngliche Formulierung lautet: „Ihr erster Begriff, mit dem sie zu einem Selbstverständnis gelangte, ist das Wort Krise.“
  36. Im Orig. durchgestrichen: „im deutschen Idealismus insbesondere von Schiller, Fichte, dem jungen Hegel mit den Worten Erniedrigung oder später Entfremdung bezeichnet“.
  37. Im Orig. durchgestrichen: „bzw. der Entfremdung“.
  38. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „vorübergehende“.
  39. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „endgültig“.
  40. Im Orig. durchgestrichen: „nach dem Ende“.
  41. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „So hat insbesondere“.
  42. Die nun folgenden Bemerkungen wurde im Vortragstyposkript, vermutlich für eine Zeitersparnis, gestrichen.
  43. Das Wort „übrigens“ wurde handschriftlich ergänzt.
  44. In der nicht überarbeiteten Fassung lautet der Satz: „Vielmehr hat ein bereits vorhandenes Krisenbewußtsein sich der Problematik, die später mit dem Wort Technik bezeichnet wurde, einfach bemächtigt.“ Im Orig. wurde der nun folgende Satz durchgestrichen: „Dieses Wort ist also ein verhältnismäßig neuer Sündenbock, ebenso wie die industrietechnische Problematik erst ein sekundärer Gegenstand des modernen Krisenbewußtseins ist.“
  45. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „Also“.
  46. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „der“.
  47. Im Orig. ist der Nebensatz durchgestrichen: „die ich hier beschreiben will“.
  48. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „beginnen“.
  49. Im Orig. hier gestrichen: „eigenen“.
  50. Vgl. Eduard Spranger, Lebensformen. Geisteswissenschaftliche Psychologie und Ethik der Persönlichkeit, Tübingen 1950 [1922].
  51. Vgl. Paul Krannhals, Der Weltsinn der Technik als Schlüssel zu ihrer Kulturbedeutung, München / Berlin 1932.
  52. Dieser Titel bzw. die Kapitelüberschrift stammt vermutlich aus dem Buch von Eberhard Zschimmer, Philosophie der Technik. Einführung in die technische Ideenwelt, Stuttgart 1933.
  53. Dieser Titel bzw. die Kapitelüberschrift stammt vermutlich aus der Publikation von Robert Weyrauch, Die Technik. Ihr Wesen und ihre Beziehungen zu anderen Lebensgebieten, Stuttgart / Berlin 1922.
  54. Vgl. Ulrich Wendt, Die Technik als Kulturmacht in sozialer und in geistiger Beziehung, Berlin 1906.
  55. In der nicht überarbeiteten Fassung steht das Wort „bekannt“ ohne Komparativ.
  56. Dieser Satz wurde handschriftlich am Seitenrand vermerkt.
  57. Die folgenden Sätze, wurden von Popitz – vermutlich aus Gründen der Zeitersparnis während des Vortragens – gestrichen.
  58. Vgl. Viktor Engelhardt, Weltanschauung und Technik, Hamburg 1922.
  59. Im Orig. hier gestrichen: „Daseinsformen“.
  60. Engelhardt, Weltanschauung und Technik, S. 66.
  61. Popitz zitiert hier frei nach Christian Morgenstern aus dessen Gedicht „Die unmögliche Tatsache“ (1909): „Und er kommt zu dem Ergebnis: / ,„Nur ein Traum war das Erlebnis. / Weil“, so schließt er messerscharf, / „nicht sein kann, was nicht sein darf.“
  62. Vgl. Franz Reuleaux, Theoretische Kinematik. Grundzüge einer Theorie des Maschinenwesens, Braunschweig 1875.
  63. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „hier im“.
  64. Im Orig. hier handschriftlich ergänzt: „unmittelbar“.
  65. Im Orig. wurde dieser Satz handschriftlich hinzugefügt.
  66. Im Orig. hier gestrichen: „hier“.
  67. Im Orig. wurden die beiden Wörter „einerseits“ und „andererseits“ handschriftlich hinzugefügt.
  68. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „stets als Frage“.
  69. Vgl. Max Scheler, Die Wissensformen und die Gesellschaft, Leipzig 1926, insbesondere die ersten beiden Abhandlungen „Probleme einer Soziologie des Wissens“ und „Erkenntnis und Arbeit. Eine Studie über Wert und Grenzen des pragmatischen Motivs in der Erkenntnis der Welt“.
  70. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „ist“.
  71. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „der Technik“.
  72. Im Orig. hier durchgestrichen: „und am allerwenigsten um eine individuelle Polemik“.
  73. Ivo Frenzel war ein war ein deutscher Philosoph, Lektor, Wissenschaftsredakteur und Verlagsleiter, der in der Zeit, in der Popitz‘ Vortrag präsentiert wurde, möglicherweise wissenschaftlicher Assistent am philosophischen Lehrstuhl der Universität Karlsruhe war.
  74. Im Orig. hier durchgestrichen: „keineswegs die Nachahmung und die Abhängigkeit von der Literatur, die ich vorhin charakterisiert habe, sondern“.
  75. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „Sie“.
  76. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „mathematisch“.
  77. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „und als in“
  78. Im Orig. wurden die Anführungszeichen handschriftlich ergänzt.
  79. Im Orig. wurden die Klammern handschriftlich hinzugefügt.
  80. In der nicht überarbeiteten Fassung lautet der Satz: „Hier ist also die Anpassung theoretisch auf die Spitze getrieben und damit, daß die Techniker als Techniker kaum Einwände erheben können, der Streit scheinbar endgültig begraben worden.“
  81. Im Orig. hier gestrichen: „nun“.
  82. Im Orig. hier gestrichen: „Industrialisierung und“.
  83. Im Orig. ist hier handschriftlich überarbeitet. Das Wort „Ansammlung“ steht ursprünglich im Singular.
  84. Im Orig. steht das Wort „Phänomen“ ursprünglich im Singular und ist handschriftlich modifiziert.
  85. Der nicht überarbeitete Satz lautet: „Ebenso handelt es sich aber hier um nichts grundlegend geschichtlich Neues.“
  86. Das Wort „lebendiger“ wurde eigentlich im Typoskript handschriftlich durchgestrichen, wird jedoch hier verwendet, da das ergänzte Wort nicht lesbar ist.
  87. Vgl. Gustave Le Bon, Psychologie der Massen, übers. von Rudolf Eisler, Stuttgart 1982 [1908].
  88. In der nicht überarbeiteten Fassung wird der Absatz an dieser Stelle fortgeführt.
  89. Das Wort „anthropologische“ wurde handschriftlich ergänzt.
  90. Der nicht überarbeitete Satz lautet: „Der zweite Aspekt des Begriffs der Vermassung steht in einem Gegensatz zum Begriff des Individuums“.
  91. Im Orig. hier gestrichen: „permanente“.
  92. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „eine“.
  93. In der nicht überarbeiteten Fassung wird der Absatz an dieser Stelle fortgeführt.
  94. Im Orig. hier gestrichen: „schließlich“.
  95. Der nicht überarbeitete Satz lautet: „Aber bevor ich diesen Verdacht näher begründe, möchte ich den soziologischen Aspekt der Vermassung etwas näher untersuchen.“
  96. Im Orig. ist der Satz durchgestrichen: „Zu diesem Zweck möchte ich eine Äußerung eines Industriearbeiters über die Kapitalisten einer These Friedrich Georg Jüngers über die Industriearbeiter gegenüberstellen.“
  97. Im Orig. handschriftlich hinzugefügt: „seine“.
  98. Im Orig. hier gestrichen: „heute“.
  99. In der nicht überarbeiteten Fassung beginnt hier ein neuer Absatz.
  100. In der nicht überarbeiteten Fassung: „wenn man diesen Mythus beseitigen will“.
  101. In der nicht überarbeiteten Fassung: „vielmehr hier“.
  102. In der nicht überarbeiteten Fassung: „unterstellen“.
  103. Dieser Einschub wurde handschriftlich hinzugefügt.
  104. In der nicht überarbeiteten Fassung: „technischen“.
  105. In der nicht überarbeiteten Fassung: „seien“.
  106. In der nicht überarbeiteten Fassung wird der Absatz an dieser Stelle fortgeführt.
  107. In der nicht überarbeiteten Fassung: „Aber mit“.
  108. Im Orig. wurde diese Einfügung handschriftlich überarbeitet. Die ursprüngliche Formulierung lautet: „nach der ideologischen Bedingtheit und nach der objektiven und subjektiven Undurchschaubarkeit des sozialen Gefüges“.
  109. Im Orig. wurde hier „hat“ gestrichen und handschriftlich durch „besitzt“ ersetzt.
  110. In der nicht überarbeiteten Fassung: „gesellschaftlichen Situation“ (handschriftlich durchgestrichen).
  111. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „in der alten Form“.
  112. Im Orig. steht die Einfügung („an eine Masse […] nicht kennt“) in handschriftlichen eckigen Klammern.
  113. Im Orig. wurden die Anführungszeichen handschriftlich hinzugefügt.
  114. Im Orig. wurde der Satz handschriftlich stark überarbeitet. Die ursprüngliche Formulierung lautet: „Diese Rückführung des Begriffs der Vermassung auf einige konkrete Sachverhalte sollte zeigen, daß es sich hier um ein vollständiges Bewusstseinsphänomen handelt, dem aber keineswegs auch der gemeinte Sachverhalt gegenüberzustehen braucht.“
  115. Im Orig. wurde das Wort „geistige“ handschriftlich hinzugefügt.
  116. In der nicht überarbeiteten Fassung: „verändere“.
  117. Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik, Tübingen: Mohr 1924, S. 60.
  118. Im Orig. wurde das Wort „Massenbegriff“ durchgestrichen und handschriftlich durch „Begriff der Vermassung“ ersetzt.
  119. Im Orig. hier durchgestrichen: „auch“.
  120. Im Orig. hier durchgestrichen: „an dem“.
  121. In der nicht überarbeiteten Fassung wird der Absatz an dieser Stelle fortgeführt.
  122. Im Orig. wurde das Wort „gelungen“ durchgestrichen und handschriftlich durch „vollzogen“ ersetzt.
  123. In der nicht überarbeiteten Fassung wird der Absatz an dieser Stelle fortgeführt.
  124. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „von“.
  125. In der nicht überarbeiteten Fassung lautet der Nebensatz: „deren Beantwortung zum Wohl der Allgemeinheit meist unbedingt notwendig ist“.
  126. Vgl. Arnold Gehlen, Die Seele im technischen Zeitalter. Sozialpsychologische Probleme in der industriellen Gesellschaft, Hamburg 1957, Kapitel 1.2 „Neuzeit: Die Superstruktur".
  127. In der nicht überarbeiteten Fassung: „Er“.
  128. Im Orig. hier durchgestrichen: „etwa“.
  129. Dieser Satz wurde handschriftlich eingefügt (unsichere Transkription).
  130. Im Orig. wurden die Anführungszeichen handschriftlich hinzugeführt.
  131. Im Orig. handschriftlich gestrichen: „daher nicht“.
  132. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „sondern“.
  133. Im Orig. handschriftlich ergänzt: „primär“.
  134. Im Orig. handschriftlich durchgestrichen: „kann“.
  135. Im Orig. hier durchgestrichen: „selbstverständlich“.
  136. Im Orig. hier durchgestrichen: „und fast ausschließliche“.
  137. Im Orig. ist der Satz durchgestrichen: „Damit aber werden auch zahlreiche der universalen geschichtsphilosophischen Kategorien hinfällig, die angesichts dieser Problematik einstmals gebildet worden sind.“
  138. Im Orig. handschriftlich hinzugefügt: „Vor allem“.
  139. Im Orig. hier durchgestrichen: „und müssen“.
  140. Es handelt sich hier um den Psychologen und Soziologen Léon Walther; vgl. ders., Arbeitspsychologie. Technopsychologie der industriellen Arbeit, Luzern 1950.
  141. In der nicht überarbeiteten Fassung: „gibt“.
  142. Im Orig. wurde das Wort „innerhalb“ gestrichen und handschriftlich durch „im Rahmen“ ersetzt.
  143. Im Orig. durchgestrichen: „wäre“.
  144. Im Orig. wurde das Wort „Verbesserung“ gestrichen und handschriftlich durch „Veredelung“ ersetzt.
  145. In der nicht überarbeiteten Fassung: „Wichtigkeit“.
  146. Im Orig. wurde hier „etwa hundert Jahren“ durchgestrichen und handschriftlich durch „geraumer Zeit“ ersetzt.

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Jens Bisky, Stephanie Kappacher.

Kategorien: Geschichte der Sozialwissenschaften Gesellschaftstheorie Technik

Jochen Dreher

Dr. Jochen Dreher ist leitender Geschäftsführer des Sozialwissenschaftlichen Archivs der Universität Konstanz und lehrt Soziologie an den Universitäten Konstanz und St. Gallen.

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