Henriette Liebhart | Zeitschriftenschau | 26.11.2025
Aufgelesen
Die Zeitschriftenschau im November 2025
Bereits in 25 Jahren könnte die Erderwärmung 3 Grad über den Durchschnittstemperaturen der vorindustriellen Zeit liegen – mit verheerenden Folgen: Dürreperioden, Hitzewellen, Waldbrände, Starkniederschläge, Überschwemmungen etc. So lautet ein Worst-Case-Szenario, das die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) und die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) in ihrem gemeinsamen „Aufruf zu entschlossenem Handeln“ Anfang August skizzieren. „Es ist möglich, dass noch vor 2050 in tropischen Regionen erstmals Situationen auftreten, in denen die Kombination aus hoher Luftfeuchtigkeit und extrem hohen Temperaturen ein Überleben im Freien unmöglich machen“, heißt es in dem Appell. Zudem würde eine beschleunigte Erderwärmung dafür sorgen, dass die viel beschworenen Kipppunkte schneller überschritten werden, was irreversible Konsequenzen hätte. Laut dem Global Tipping Point Report 2025 der University Exeter, an dem über 20 Autor:innen mitarbeiteten, ist der weltweit erste Klimakipppunkt längst erreicht: das Absterben von Korallenriffen überall auf dem Globus. Auch die Sozialwissenschaften beschäftigen sich mit dem Problem, sodass verschiedene Themenhefte und Einzelbeiträge der gesellschaftspolitischen Umsetzung einer dringend notwendigen ökologischen Transformation gewidmet sind.
In einem der November-Hefte des Magazins Aus Politik und Zeitgeschichte der Bundeszentrale für politische Bildung geht es um Wachstum. Niko Paech bricht in seinem Beitrag „Wohlstand jenseits von Wachstum“ eine Lanze für die Postwachstumsökonomie und erklärt uns, was wir uns darunter vorzustellen haben und warum dieses Konzept der vielversprechendste Umgang mit der Klimakatastrophe ist. Zunächst konstatiert Paech das Scheitern bisheriger Nachhaltigkeitskonzepte angesichts „des ökologischen Abgrundes“ (S. 26), an dem wir mittlerweile stehen. So verspreche der Green New Deal zwar, Wachstum durch erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft nachhaltig zu gestalten, letztlich sorge er aber nur für eine zunehmende „Distanz zwischen den urbanen oder touristischen Komfortzonen auf der einen und den Austragungsorten eines ‚grünen Kolonialismus‘ auf der anderen Seite“ (ebd.).
Daraus, so der Autor weiter, ergeben sich drei fundamentale Konsequenzen: Erstens müsse der einzelne Mensch zum Ausgangspunkt der Transformation gemacht werden, denn nur „individuelle Umweltbilanzen [bilden] ein adäquates Zielsystem“ (ebd.). Vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und dem Anspruch globaler Gerechtigkeit folgend seien die CO2-Emissionen pro Kopf, die in Mitteleuropa aktuell bei rund elf Tonnen jährlich liegen, auf etwa eine Tonne zu begrenzen. Seltsamerweise erwähnt Paech die mindestens ebenso notwendigen Emissionsreduktionen der Industrie mit keinem Wort, dabei könnten diese weit größere und vor allem schnellere Effekte erzielen als die von ihm angesprochenen individuellen Einsparungen. Zweitens bestehe eine „[s]ystematische Handlungsunfähigkeit der Politik“ (S. 27), da die Mehrheit der Wähler:innen reduktive Maßnahmen als Bedrohung empfinden und die Parteien, die sich hierfür stark machten, an der Wahlurne abstrafen würden. Wirksamer Wandel obliege daher „proaktiven Minderheiten“ (ebd.), die unabhängig von politischen Mehrheitsverhältnissen agieren könnten. Drittens seien ökologische und ökonomische Krisen bis hin zum Kollaps unvermeidbar: „Unvorbereitet eintretende Verwerfungen nebst substanzieller Knappheit führen zu einem Regime, das sich nicht abwählen lässt. Seine regulative Macht beruht nicht auf demokratischen, sondern physischen Gesetzen und erinnert an Epochen, in denen Menschen den Unbilden der Natur noch stärker ausgesetzt waren.“ (ebd.) Es brauche daher Transformationsstrategien, die „auf Kompetenzen und die Befähigung zielen, gegebenenfalls in den Ruinen einer gescheiterten industriellen Moderne würdig zu überleben“ (ebd.), so Paech nicht ohne Pathos.
Die Postwachstumsökonomie basiert auf den beiden Säulen Suffizienz und Subsistenz. Ersteres bedeutet „materielle[] Abrüstung“ (ebd.), also eine Reduzierung des eigenen Konsums, und hat eine zeitökonomische Optimierung zum Ziel: „weniger Aktivitäten […], um diese dafür umso intensiver ausschöpfen zu können“ (S. 28). Denn bei einem steigenden Güter- und Erlebnisangebot konkurrieren alle Konsummöglichkeiten um die Ressource Zeit, die damit „zum Engpassfaktor wird“ (ebd.). Erschöpfung, Überforderung und Unbehagen seien vielfach die Folgen. Selbstverständlich ist auch Geld ein limitierender Faktor, davon ist bei Paech allerdings keine Rede. Suffizienz setzt bei Luxuskonsum an, dessen Schäden in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen, etwa Weltreisen, Kreuzfahrten oder SUVs. Den ausschweifenden Konsum der Reichen einzuschränken, sei „verteilungspolitisch nivellierend“, da untere Einkommensgruppen davon nicht betroffen wären, und „ökonomisch effizient“, da knappe Naturgüter dort zum Einsatz kämen, wo sie wirklich benötigt werden (ebd.).
Den tatsächlichen, wenn man so will: den Grundbedarf decken in Paechs Utopie Subsistenz, Regionalökonomie und eine verkleinerte Industrie. Subsistenz umfasst unbezahlte, marktfreie Leistungen wie „die eigene Herstellung von Gütern […], die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern […] sowie die Nutzungsdauerverlängerung“ (ebd.) von Gütern durch Wartung und Reparatur. Menschen würden als Prosumenten aktiv, indem sie ihre handwerklichen Kompetenzen, ihre Freizeit und lokale Kooperationen nutzten. Um dies einzuüben und zu praktizieren, brauche es entsprechende Vernetzungs- und Interaktionsmöglichkeiten, das heißt Plattformen und konkrete Orte. „Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden würde den Rückbau industrieller Strukturen sozialpolitisch abfedern, nämlich Arbeitslosigkeit vermeiden“ (S. 28 f.) und Zeit für Selbstversorgung schaffen. Die Regionalökonomie könnte dies um handwerkliche Kleinbetriebe, mittelständische Unternehmen, solidarische Landwirtschaft und Reparaturwerkstätten ergänzen – alles unter der Maßgabe kurzer Wege und direkter Beziehungen zwischen Produzent:innen und Konsument:innen. In einem solchen Szenario würde die Industrie stark verkleinert und produzierte nur noch Ersatz für nicht mehr zu reparierende Waren.
Die hier skizzierte Transformation verlaufe in drei Phasen: „In der ersten, längst begonnenen Phase entwickelt eine Avantgarde postwachstumstaugliche Daseins-, Versorgungs- und Unternehmensformen.“ (S. 30) In der zweiten Phase übernehmen von Krisen Betroffene diese Praktiken, wenn staatliche Hilfe ausbleibt. Sobald eine kritische Masse erreicht ist, kann die Politik in „der dritten Phase ein geordnetes Reduktionsprogramm umsetzen“ (ebd.). Unthematisiert bleiben die vielen Menschen, insbesondere im Globalen Süden, die schon jetzt unter den massiven Folgen des Klimawandels leiden und denen derzeit keine Praktiken der Postwachstumsökonomie zur Verfügung stehen. Wann ist eine kritische Masse erreicht und wo muss diese leben? Da scheint der von Paech genannte Anspruch globaler Gerechtigkeit nicht mehr als eine leere Floskel zu sein. Abschließend formuliert der Autor einen Maßnahmenkatalog bezüglich öffentlicher Investitionen, Regulierungen und Lebensstilpolitik. Er betont, das Warten auf politische Lösungen sei illusorisch – Menschen müssten selbst Verantwortung übernehmen und „gemeinsam mit anderen Rettungsboote bauen“, um unter den zu erwartenden „Kollaps- und Knappheitsbedingungen souverän“ existieren zu können (ebd.). Die christlichen Anleihen auf die Arche Noah erwecken den Eindruck, als könne den apokalyptischen Umweltszenarien mit sozialromantischen Gemeinschaftsfantasien begegnet werden. Dabei ist die Postwachstumsökonomie zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als eine Utopie. Aber wir befinden uns nach Lesart des Autors ja auch erst in Phase eins.
Während für Niko Paech die Postwachstumsökonomie angesichts der Klimakatastrophe der Weisheit letzter Schluss zu sein scheint, setzen die Autor:innen der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen auf ein anderes Pferd: die Transformation des Wohlfahrtsstaats hin zu einer ökologischen Sozialpolitik. Das Schwerpunktheft beleuchtet „Wirkmechanismen und Gestaltungsprinzipien, nach denen soziale Sicherung einen aktiven Beitrag zu einer ökologischen Transformation und einem zukunftsfähigen Sozialstaat leisten kann“ (S. 343). Was hierunter zu verstehen ist, erläutern Katharina Bohnenberger und Florian Blank in ihrer Einführung „Ökologische Sozialpolitik in den Sektoren des Sozialstaats“; die einzelnen Aufsätze des Heftes beleuchten anschließend konkrete Bereiche wie Gesundheit oder Alterssicherung. Für Bohnenberger und Blank bedrohen Umweltkrisen nicht nur die Funktionalität des Sozialstaats, umgekehrt hat auch die Gestaltung der sozialen Sicherung erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. „Eine Integration ökologischer und sozialpolitischer Ziele ist notwendig“, da andernfalls beide Bereiche „gegeneinander ausgespielt werden können und auf diese Weise weder umwelt- noch sozialpolitische Ziele erreicht werden“ (S. 337).
Drei analytische Perspektiven auf den Zusammenhang von Umwelt- und Sozialpolitik gelte es einzunehmen (siehe die Grafik auf S. 339). (1) Ökologische Krisen haben Auswirkungen auf die Sozialpolitik, weil durch sie neue ökosoziale Risiken entstehen, die besonders vulnerable Gruppen wie einkommensärmere Schichten, chronisch Kranke und ältere Menschen treffen. (2) Es braucht integrierte Ansätze einer ökologischen Sozialpolitik, die beide Ziele gemeinsam realisieren: „Neben ökologischen Leitbildern und Gestaltungsprinzipien innerhalb bereits existierender Institutionen und Sektoren […] kann auch die Neuschaffung von Institutionen genannt werden.“ (S. 340) (3) Auch die Sozialpolitik kann einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten – in Form von finanziellen Transfers und Sachleistungen sowie durch die „Schaffung sozialpolitischer Rechte“ (ebd.) –, ein Potenzial, das den Autor:innen zufolge bisher kaum untersucht wurde.
Zur systematischen Analyse des letztgenannten Aspekts entwickeln Bohnenberger und Blank das Konzept des „ökologischen Handabdrucks“ (S. 340–342), worunter sie „den positiven Gestaltungsrahmen von Politikfeldern und Institutionen“ (S. 341) verstehen (siehe insbes. die Grafik auf S. 342). Hier identifizieren sie wiederum drei Reichweiten (Scopes): Scope 1 meint den unmittelbaren Einfluss, den sozialpolitische Einrichtungen auf die Umwelt haben, beispielsweise der Energieverbrauch von Krankenhäusern oder Pflegeheimen und die Beschaffung von Verbrauchsgütern. Scope 2 beschreibt indirekte ökologische Effekte durch in den Sozialstaat involvierte Personen, etwa veränderte Konsummuster durch Transferleistungen oder verändertes Wissen und neue Handlungsmöglichkeiten. Scope 3 erfasst Wirkungen auf der Makroebene wie die demografische Entwicklung, Ressourcenverteilung und die Rolle des Sozialstaats in Bezug auf das Wirtschaftswachstum.
„Wohlfahrtsstaaten haben einen enormen Einfluss auf ökologische Transformationen, da sie wirtschaftliche Ressourcen […] verteilen, politische Überzeugungen prägen, kulturelle Gewohnheiten festigen und gesellschaftliche Aktivitäten und Praktiken strukturieren.“ (S. 340) Zudem beschäftigt der Sozialsektor mehrere Millionen Menschen (vgl. S. 338) und hat auch deswegen einen erheblichen ökologischen Impact. Eine ökologische Sozialpolitik müsste die normativen Ziele des Wohlfahrtsstaats reformulieren: „Umweltgerechtigkeit [würde] zu einer zentralen Interpretation sozialer Gerechtigkeit.“ (S. 343) Menschliches Wohlbefinden, das heißt materielles und psychologisches Wohlbefinden wie auch soziale Teilhabe, gehört zum Zielkatalog von Sozialpolitik, müsste jedoch stärker in den Fokus der Maßnahmen rücken, denn in Deutschland ist die Sozialpolitik stark an der Arbeitsmarktintegration orientiert. Zentral wäre außerdem die Einführung von Konsumkorridoren – ökologisch tragbare Ober- und Untergrenzen für individuellen Konsum. Dies steht jedoch im Spannungsverhältnis zu bisherigen Zielen wie Lebensstandardsicherung und Arbeitsmarkteinbindung. Abschließend überlegen die Autor:innen, ob der Sozialstaat bezüglich einer solchen ökologischen Transformation womöglich schnell an seine Grenzen geriete, da „die Wettbewerbsfähigkeit und das Wertschöpfungsmodell eines Landes nicht infrage gestellt werden“ (ebd.) dürfen.
Liest man den mit „Klima vor dem Kollaps?“ überschriebenen Artikel von Benjamin von Brackel und Toralf Staud in der aktuellen Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik, sind Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung zweitrangige Probleme. Schließlich, so die Autoren, rücken mehrere klimatisch kritische Kipppunkte bedrohlich näher oder wurden längst überschritten: Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis taue wahrscheinlich unaufhaltsam auf und könnte den gesamten westantarktischen Eisschild destabilisieren. Der grönländische Eisschild sei ebenfalls gefährdet, wobei selbst das 1,5-Grad-Ziel möglicherweise nicht ausreiche, um seinen Fortbestand zu sichern. „Deshalb muss sich die Menschheit auf das Abschmelzen riesiger Eispanzer und einen Meeresspiegelanstieg um mehrere Meter in den kommenden Jahrhunderten einstellen.“ (S. 112 f.) Bereits 2040 könnten die Korallenriffe im Atlantik großflächig zusammenbrechen – wie oben bereits erwähnt, ist dieser Kipppunkt schon überschritten –, bei 2 Grad Erwärmung wären 99 Prozent aller tropischen Riffe betroffen. Auch die atlantische Umwälzzirkulation (AMOC), zu der der Golfstrom gehört, könnte noch in diesem Jahrhundert zum Erliegen kommen und Europa massiv abkühlen. Insbesondere die Lebens- und Wirtschaftsweise von Industrie- und Schwellenländern sei für die Zerstörung der „Riesen des Erdsystems“ (S. 113) verantwortlich. Ähnlich wie Bohnenberger und Blank, die lediglich darauf verweisen, dass „ökologische Gerechtigkeit dezidiert eine globale Perspektive beinhaltet“ (S. 343), buchstabieren auch von Brackel und Staud nicht weiter aus, was die westlichen Gesellschaften unternehmen müssten, um globale Gerechtigkeit herzustellen – in intergenerationaler und internationaler Hinsicht.
Aber die Autoren haben auch eine gute, zumindest hoffnungsvolle Nachricht: Sogenannte positive Kipppunkte in Technologie und Wirtschaft könnten das Schlimmste verhindern. Dieses „Rezept“ (S. 114) beschreibt selbstverstärkende Dynamiken, bei denen nach anfänglicher Anschubhilfe eine eigenständige, sich beschleunigende Entwicklung einsetzt. „Die Verbreitung technischer Neuheiten setzt sich oft sprunghaft durch und nimmt dabei in Form einer charakteristischen Kurve zu: nach flachem Anlauf schießt sie hoch, kurz vor hundert Prozent verlangsamt sich das Wachstum dann wieder.“ (ebd.) Die Solarenergie zeige, wie das funktioniert: Durch das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entstand ein Mechanismus sinkender Kosten bei steigender Produktion. Heute ist Solarstrom die günstigste Energiequelle weltweit, 2025 stammte erstmals mehr globaler Strom aus erneuerbaren Quellen als aus Kohle. Ähnliches lässt sich bei der Entwicklung von leistungsstarken Batterien beobachten, die dafür sorgt, dass E-Autos immer günstiger werden. In Norwegen, wo bereits in den 1990er-Jahren kluge politische Rahmenbedingungen den Kauf von E-Autos forcierten, werden mittlerweile fast alle Neuwagen mit Strom betrieben.
Das Beispiel Norwegen zeigt, dass und wie die Politik das Erreichen positiver Kipppunkte unterstützen, beschleunigen, begünstigen kann. Förderung von Forschung und Entwicklung, Steuersenkungen und Quotenregeln sind die Maßnahmen, die von Brackel und Staud in diesem Zusammenhang betonen. Niko Paech hat in seinem Aufsatz zur Postwachstumsökonomie allerdings zu Recht darauf verwiesen, dass Politiker:innen – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – bei bestimmten, nämlich restriktiven Entscheidungen aus Angst vor Machtverlust sehr zögerlich sind. Womöglich ist damit zu erklären, dass politische Akteure – in den USA und anderswo, nicht zuletzt hierzulande – geradezu kontraproduktiv agieren. Während Trump fossile Energien fördere, bremse auch Deutschland die Energiewende, so von Brackel und Staud. Die Bundesregierung, insbesondere die Unionsminister:innen, versäume es, „positive Kipppunkte zu befördern“ (S. 116); stattdessen plane man neue Gaskraftwerke und stelle Klimaschutzziele infrage. Dabei ist die Botschaft klar: Jedes Jahr zählt, „denn es gibt harte Grenzen, ab denen die Welt unumkehrbar eine andere sein wird“ (ebd.). Jede vermiedene Tonne Treibhausgas kann auch nach dem Erreichen erster Kipppunkte weitere Katastrophen verhindern oder hinauszögern. Die rasche Abkehr von fossiler Energie bleibt – verglichen mit der Anpassung an ein kollabierendes, sich reorganisierendes Erdsystem – der weitaus einfachere Weg für die Menschheit.
Alle drei Artikel streifen zwar das Thema globale Klimagerechtigkeit, bleiben jedoch in ihrer Analyse und Argumentation innerhalb nationaler Grenzen: Paechs Drei-Stadien-Modell ignoriert, dass im Globalen Süden eine sogenannte kritische Masse schon längst unter unhaltbaren Umweltbedingungen lebt – diese globale Ungleichheit wird toleriert. Bohnenberger und Blank denken lediglich über den deutschen Wohlfahrtsstaat nach, während von Brackel und Staud die Industrieländer als Verantwortliche benennen, ohne sie in die Pflicht zu nehmen.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Stephanie Kappacher.
Kategorien: Kapitalismus / Postkapitalismus Ökologie / Nachhaltigkeit Politik Soziale Ungleichheit Zeit / Zukunft
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