Saskia Gränitz | Rezension |

Intervention zur rechten Zeit

Rezension zu „Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt“ von Steffen Mau

Abbildung Buchcover Ungleich vereint von Steffen Mau

Steffen Mau:
Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt
Deutschland
Berlin 2024: Suhrkamp
168 S., 18,00 EUR
ISBN 978-3-518-02989-3

Kurz vor dem oder in den ersten Jahren des Nationalsozialismus[1] entwickelte Walter Benjamin mit dem Begriff der „Jetztzeit“ einen Grundbaustein seiner Geschichtsphilosophie: Jedes „Jetzt ist das Jetzt einer bestimmten Erkennbarkeit. In ihm ist die Wahrheit mit Zeit bis zum Zerspringen geladen.“[2] Nicht wo „das Vergangene sein Licht auf das Gegenwärtige oder das Gegenwärtige sein Licht auf das Vergangene“ wirft, stellt sich ein solcher Moment der Erkennbarkeit ein, sondern wo „das Gewesene mit dem Jetzt blitzhaft zu einer Konstellation zusammentritt“.[3] In ein solches Jetzt interveniert Steffen Mau. Er fordert zum Innehalten auf in einer Zeit, die vom Durchmarsch der AfD in den Parlamenten, einer Verrohung der bürgerlichen Öffentlichkeit, zunehmender Enthemmung rechter Akteure auf der Straße und anhaltender Gewalt von Neonazis geprägt ist. All dies, so betont er immer wieder, ist kein alleiniges Problem ‚des Ostens‘, wir müssen die hiesige Entwicklung vielmehr als Seismograf für eine bundesweite (und internationale) Tendenz begreifen.

Und doch gibt es eine Spezifik, die mit den sozioökonomischen Erschütterungen der Nachwendezeit, einer in vielerlei Hinsicht fortbestehenden sozialen Ungleichheit und ihrem Niederschlag in den Subjekten, schließlich auch mit der DDR und subjektiven Erfahrungen im Zuge der ‚Wende‘ zu tun hat. Bei der Europawahl 2024 haben in den ostdeutschen Bundesländern knapp ein Drittel der Wähler:innen ihre Stimme der AfD gegeben, für die im September 2024 stattfindenden Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen lassen aktuelle Prognosen vermuten, dass die AfD in den betreffenden drei ostdeutschen Parlamenten zwar nicht die absolute Mehrheit erlangen, aber doch die stärkste Fraktion stellen wird.

Übersicht schaffen, ohne mit Schuldbegriffen zu operieren; Mythen entkräften und faktenbasiert die Komplexität der Thematik aufzeigen, um Unsicherheit und Missverstehen entgegenzuwirken (S. 9).

Steffen Maus kleines Buch, wie er es selbst nennt, ist ein Buch zur Stunde. Die mit reichhaltigen Literaturreferenzen ausgestattete Zeitdiagnose stellt eine soziologisch und historisch aufschlussreiche Spurensuche dar, die nicht nur das Vergangene im Lichte der Gegenwart erhellt, sondern Gewesenes und Jetzt in Konstellation zu denken versucht. Damit positioniert sich Mau geradezu eindringlich in der öffentlichen Debatte. Wie breit, um nicht zu sagen: ausufernd, die Ost/West-Debatte mittlerweile ist und welche Stimmen aus Journalismus und Wissenschaft, Kultur und Literatur darin derzeit tonangebend sind, skizziert Mau ganz nonchalant und mit einem Augenzwinkern gleich zum Einstieg. Im Zuge dessen legt er seine eigene Stoßrichtung offen: Übersicht schaffen, ohne mit Schuldbegriffen zu operieren; Mythen entkräften und faktenbasiert die Komplexität der Thematik aufzeigen, um Unsicherheit und Missverstehen entgegenzuwirken (S. 9). Wer nun aber eine trockene soziologische Kartierung ‚des Ostens‘ befürchtet, wird überrascht. Regelrecht kurzweilig liest man sich durch sieben dichte Kapitel, die die Arenen der gegenwärtigen Debatte aufgreifen. In pointierter und zugleich anschaulicher Sprache trägt der Autor eine Vielzahl überzeugender Argumente zusammen, die seine Thesen untermauern.

So etwa in Kapitel 1 („Ossifikation statt Angleichung“) die Einsicht, dass auch 35 Jahre nach der Vereinigung gewichtige sozialstrukturelle, kulturelle und demografische Unterschiede[4] fortbestehen. Da bisherige politische Strategien nur begrenzt in der Lage waren, die Ungleichheiten zu beseitigen, kann „die Angleichungs- oder Nachahmungserwartung nicht länger ein realistisches Entwicklungsszenario sein“; vielmehr müssen wir in mancherlei Hinsicht „von dauerhaften Unterschieden ausgehen“ (S. 22). Die ostdeutsche Teilgesellschaft wird, so Mau weiter, auf sozialgeografischen Karten „als erkennbares soziales Gefüge noch lange erhalten bleiben, so dass es ratsam ist, den Osten nicht nur im Lichte einer westdeutschen Referenzgesellschaft zu betrachten, sondern in der ihm eigenen Konstitution“ (S. 21). An der Herstellung ‚gleichwertiger Lebensverhältnisse‘ sei aber, was etwa Löhne oder Renten angeht, natürlich weiterzuarbeiten.

Das zweite Kapitel beginnt mit der Feststellung, bereits der Übergang von der ‚friedlichen Revolution‘ zur deutschen Einheit lasse sich als „ausgebremste Demokratisierung“ (so die Überschrift des Kapitels) interpretieren, weshalb die Hoffnung auf einen „Aufbau Ost“ schnell in einem „Nachbau West“ versandete. Letzterer schuf keine „blühenden Landschaften“ (Helmut Kohl), sondern neben deindustrialisierter Ödnis ein politisches Brachland mit westdeutschen Führungseliten, schwacher Parteienbindung, kleiner Zivilgesellschaft und Freiräumen für rechte Akteure. „Zugleich entstand daraus ein ungutes, fast vormundschaftliches Verhältnis, in dem die eine Seite sagte, wo es langzugehen hat, und die andere folgen musste. Eine solche Gemengelage birgt großes Unmutspotenzial.“ (S. 46)

Um den Drang zur Aufarbeitung der jüngsten DDR-Vergangenheit in der ostdeutschen Nachwendegesellschaft geht es im nächsten Kapitel (3: „Kein 1968“). Dieser kam, so Mau, weniger aus der Bevölkerung heraus, als vielmehr von oben, vom Staat. Die Bürger:innen wurden davon nicht wirklich affiziert, ebenso wenig hatte der verordnete Staatsantifaschismus zu einer individuellen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit geführt. Ein solcher verordneter Staatsantifaschismus führe zu keiner individuellen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Demgegenüber sei die Revolte der 68er-Generation in der alten BRD gegen ihre im Nationalsozialismus sozialisierten Eltern von innen gekommen, weshalb sie auf lange Sicht eine andere Dynamik entfalten konnte.

Im vierten Kapitel („Ostdeutsche Identität“) bezieht der Autor gegenüber identitätspolitischen Diskurspositionen Stellung. Die soziologische Brille ermöglicht es ihm, die viel beschworene Ostidentität als Reaktion auf einen geteilten Erfahrungszusammenhang zu begreifen, ohne selbst in Essenzialismen zu verfallen, denn diese „führen regelmäßig in die Irre. Jedes Sprechen von den ‚Ostdeutschen‘ unterschlägt die innere Diversität der Referenzgruppe selbst.“ (S. 80) Im Kanon der oft autofiktionalen Romane der Wende- und Nachwendegeneration erkennt Mau hingegen eine gut gelingende Reflexion:

„Themen wie Schuld und Verstrickung, Gewalt, die Entzivilisierung gesellschaftlicher Konflikte und das Zerreißen von Sozialformen nehmen dabei einen besonderen Stellenwert ein. Biografisches Erleben spielt hier ebenso eine Rolle wie die narrative Vermittlung über die Eltern- und Großelterngeneration. […] Es kann, so zeigen diese Bücher, sehr wohl eine Auseinandersetzung mit spezifischen Erfahrungen geben, die meilenweit von der Behauptung einer durch den Westen auferlegten Identität entfernt ist.“ (S. 86)

Dies leitet über zur These des fünften Kapitels („Politische Konfliktlagen“), denn für die identitäre Aufladung von Anerkennungsdefiziten und Deklassierungen fühlt sich heute die AfD zuständig. Ausgerechnet deren „aus dem Westen gekommenes Personal“ beherrsche „die ostdeutsche Seelenpflege“ und die Inszenierung als ‚Ostpartei‘ sehr gut, während den Grünen „der Stempel der ‚Westpartei‘“ aufgedrückt werde: „Der immer wieder beschworene Kulturkampf, der zum Kernbesteck rechter Strategien zählt, wird recht geschickt in einen Konflikt zwischen Ost- und Westdeutschland übersetzt.“ (S. 90 f.) Dass sich politische Konflikte im Osten zunehmend auf die Straße verlagern und die Parteienlandschaft auf kommunaler Ebene in Kleinstparteien und Bürgerlisten diffundiert, bringt Mau zum einen in einen – meines Erachtens gewagten – Zusammenhang mit Erfahrungen politischer Subjektivierung im Zuge der ‚Friedlichen Revolution‘,[5] zum anderen sei das Prinzip Volkspartei und die Logik repräsentativer Demokratie im Osten nie wirklich angekommen.

Mit Blick auf die von einem Rechtsruck geprägte Jetztzeit warnt Mau schließlich unter der Überschrift „Allmählichkeitsschäden der Demokratie“ (Kapitel 6) vor den „Beeinträchtigungen, die sich aus einer Verbreitung illiberaler Haltungen, der Normalisierung eines radikalen Vokabulars und dem sukzessiven Verlassen des demokratischen Grundkonsenses ergeben“ (S. 111). Zu erwarten sei – jedenfalls im Jahr 2024 – zwar keine Allein- oder von der AfD geführte Koalitionsregierung.[6] Doch veränderten bereits „die kleinen Tabubrüche, die Entzivilisierung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und die Verrohungen der politischen Debatte“ (ebd.) die Gesellschaft nachhaltig. In der nicht einfachen Strategiefrage, wie mit der AfD auf den politischen Ebenen, aber auch mit ihren Anhänger:innen im Alltag umzugehen sei, plädiert der Autor klar für eine Brandmauer in den Parlamenten. Im sozialen Umfeld dürfe man allerdings „nicht allzu optimistisch“ sein, denn

„im sozialen Alltag hartnäckig auf Distanz und Tabuisierung zu setzen[,] ist hier [in Ostdeutschland] eine ungleich größere Herausforderung als in Westdeutschland, weil die Partei vor allem in den Mittelstädten und im ländlichen Raum in einem erheblichen Ausmaß Fuß gefasst hat. An dieser Stelle büßen die auf Bundesebene regelmäßig bekräftigten Brandmauerargumente lebensweltlich an Plausibilität ein. Wo Kleingartennachbarn, Kita-Erzieherinnen, Kollegen, Kegelbrüder, der Bäcker um die Ecke, Mitsängerinnen im Chor oder medizinisches Personal einer rechtsextremen Partei zuneigen, ist es schwer, dauerhaft auf Abstand zu gehen.“ (S. 117)

Was sind also die Möglichkeiten politischer Veränderung, fragt sich Mau in seinem Schlusskapitel („Labor der Partizipation“) und findet eine, man möchte fast meinen: westdeutsche Lösung. Mit der Idee der Bürgerräte knüpft er an die deliberative Demokratietheorie von Habermas an – dies ist im Übrigen der einzige explizite Theoriebezug des ansonsten für eine breite, auch nichtakademische Klientel geschriebenen Buches. Ob er der geneigten Leserin mit diesem Vorschlag in der aktuellen Situation Mut dafür macht, „noch konsequenter als bisher über eine Wiederbelebung der Demokratie nachzudenken“ (S. 132), soll sie selbst entscheiden.

Die gewiss gut gemeinte Idee dürfte auf einer in gewissem Sinne idealisierenden Vorstellung von Bürgerlichkeit und Debattenfähigkeit fußen, an der sich schwerlich festhalten lässt, wenn man etwa die Verhältnisse in der sächsischen Provinz kennt. Dort scheitert die Deliberation bereits an der Rigidität und am Autoritarismus relevanter Teile der eigenen Verwandtschaft, mit denen man regelmäßig am Kaffeetisch sitzt. Ein anderes, womöglich fundamentaleres Problem scheint mir aber in den Zwängen des kapitalistischen Normalbetriebs zu liegen, weil nach 35 Jahren Neoliberalismus auch – oder gerade – im Osten deutlich geworden ist, dass spätestens die nächste Krise alle Versuche systemimmanenter Demokratisierung zunichtemacht. Und wir befinden uns derzeit mitten in einer globalen Vielfachkrise.

Auf der von Mau gewählten Analyseebene lassen sich Fragen der politischen Ökonomie oder des kapitalistischen Weltsystems nicht wirklich aufwerfen, geschweige denn verhandeln.

Anders als einige lose Enden, die sich sicherlich gewinnbringend weiterspinnen lassen (die sozialpsychologischen und raumtheoretischen Bezüge wären beispielweise ausbaufähig), ist die fehlende Problematisierung des ‚großen Ganzen‘ in dieser Zeitdiagnose eine Leerstelle, die sich nicht einfach ergänzen lässt. Sie ist der Argumentation eingeschrieben, denn auf der von Mau gewählten (ungleichheitssoziologisch und mentalitätsgeschichtlich gerahmten) Analyseebene lassen sich Fragen der politischen Ökonomie oder des kapitalistischen Weltsystems nicht wirklich aufwerfen, geschweige denn verhandeln. Damit bleiben wichtige Faktoren außen vor, mit denen der Aufstieg der AfD ebenfalls zu tun hat und die die Bedingungen des derzeit sichtbaren Rechtsrucks maßgeblich strukturieren.

Ein anderer Punkt, der – ausgehend von Maus Argumentation – Eingang in die Ost/West-Debatte sowie in die Transformationsforschung finden sollte, ist die Nachwirkung des Nationalsozialismus; und zwar gerade mit Blick auf den von rechter Gewalt geprägten Prozess der Vereinigung,[7] aber auch hinsichtlich der im dritten Kapitel gestellten Frage nach einem ‚ostdeutschen 1968‘. Dieses hätte sich nicht nur der Verstrickung in den DDR-Machtapparat zuzuwenden, sondern auch der unterm DDR-Staatsantifaschismus kaum aufgearbeiteten nationalsozialistischen Vergangenheit und vor allem den in beiden Teilen Deutschlands ungeklärten Fragen von Mitläufertum und Täterschaft der eigenen Vorfahren.

Wirklich heikel, wie Mau selbst schreibt (S. 94), ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich die Ostdeutschen 1989 wirklich als politische Subjekte erlebten. Es wäre empirisch zu untersuchen, welche Rolle eine Politisierung im Zuge der ‚Friedlichen Revolution‘ (die so friedlich ja nicht war) für die Menschen in der untergehenden DDR überhaupt spielte. Die festgeschriebenen Narrative gilt es zu prüfen, und zwar über die vom Diskurs überformten Erinnerungsspuren der Zeitzeug:innen hinaus. Erste empirische Ergebnisse und auch die Wendekinderliteratur geben Anlass zu der Annahme, dass für Teile der Bevölkerung – gerade in der Provinz – die ‚Wende‘ ohne eigene politische Partizipation vonstattenging. Viele Wendekinder erinnern eher orientierungslose Eltern, die ohne die Erfahrung einer ‚politischen Subjektwerdung‘in die neue Zeit geworfen wurden beziehungsweise stolperten.

Die daraufhin zu klärende Frage wäre, ob Teile des heutigen Wahlvolkes nicht vielmehr mit der Erfahrung der rassistischen Pogrome und dem darauffolgenden Asylkompromiss sowie in der staatlich wie gesellschaftlich kaum begrenzten rechten Gewalt der Baseballschlägerjahre eine bis heute nachwirkende Ermächtigungserfahrung verbinden (Stichwort Generation Hoyerswerda) – dies als Gedankenanstoß für die gewiss noch über das Wahljahr hinaus andauernde Suche nach Erklärungen für die tektonischen Verschiebungen im politischen Raum.

In jedem Fall kommt Steffen Maus Intervention zur rechten Zeit. Er meldet sich mit angenehm unaufgeregter Stimme in einer deutlich aufgeheizten Debatte zu Wort und hilft mit einem umfassenden Fußnotenapparat, die aktuellen Diskurspositionen zu sortieren. Wer sich im Herzen der Bestie auf die in Bälde zu erwartenden politischen Erschütterungen gedanklich vorbereiten möchte, wird in seinem Buch sicherlich Hilfreiches entdecken. Wer aus (vermeintlich) sicherer Distanz verstehen will, was im Osten der Republik vor sich geht und warum dies über den Osten hinaus eine Bedeutung hat, dem sei das Buch ebenfalls ans Herz gelegt.

  1. Die Datierung ist ungewiss, weil nach der Flucht und dem Freitod des Autors sein unvollendetes Lebenswerk nur fragmentarisch geborgen werden konnte.
  2. Walter Benjamin, Das Passagen-Werk, Bd. 1, hrsg. von Rolf Tiedemann, Frankfurt am Main 1983, S. 578.
  3. Ebd.
  4. Sozialstrukturelle Ungleichheit herrscht in den Lohn- und Vermögensverhältnissen, hinsichtlich der Elitenschwäche und in der Spezifik der ostdeutschen Wirtschaft (verlängerte Werkbänke, Produktivitätslücke und Transferökonomie). Kulturell wirken die Geschlechterrollenvorstellungen der DDR nach, zugleich haben sich Rückzug, Defensivität, Skepsis und Ressentiments verfestigt. Sie sind demografisch verbunden mit schrumpfenden, überalternden ländlichen Regionen, in denen seit der Vereinigung ein teils eklatanter Männerüberschuss besteht: „Nicht überraschend ist in diesem Zusammenhang der starke Zuspruch zur AfD in diesen vermännlichten Räumen. Mit weniger als 20 Prozent weiblichen Mitgliedern ist die AfD eine Männerpartei oder besser: eine Partei der verunsicherten und reaktionären Männlichkeit.“ (S. 30).
  5. Mau schreibt: „Das Sich-Versammeln auf Plätzen, der politische Spaziergang oder das Hochhalten von Transparenten waren im Osten gewissermaßen die Urformen der Mitwirkung. Hier erkannten sich die DDR-Bürger im Herbst 1989 zum ersten Mal als politische Subjekte, indem sie klare Forderungen an Partei und Obrigkeit richteten und diese (noch immer ein Wunder!) erst mit kleineren, dann mit größeren Zugeständnissen reagierten – bis sie plötzlich ganz verschwanden.“ (S. 94)
  6. Was das im Detail bedeuten würde, führt uns der Autor mit Blick auf Polen, Ungarn und die Türkei vorsichtshalber schon einmal vor Augen.
  7. Die systematische Aufarbeitung dieser rechten Gewalt im Kontext der (Nach-)Wendezeit hat kürzlich erst begonnen, etwa in diesem Rechercheprojekt zum 2. Oktober 1990 [12.6.2024].

Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Wibke Liebhart.

Kategorien: Demokratie Politik Soziale Ungleichheit Sozialgeschichte Stadt / Raum Zivilgesellschaft / Soziale Bewegungen

Saskia Gränitz

Dr. des. Saskia Gränitz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Von 2015 bis 2022 arbeitete und lehrte sie am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo sie qualitativ empirisch über die „Grauzone der Wohnungsnot. Zur materiellen und symbolischen Ordnung prekären Wohnens promovierte.

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