Finn Gölitzer | Essay | 19.03.2025
Antisemitismus als fetischistischer Antikapitalismus
Über Moishe Postones Ansatz einer materialistischen Antisemitismuskritik
Wohl kaum ein Text hat linke Debatten über Antisemitismus so stark beeinflusst wie der im Jahre 1979 publizierte Artikel „Antisemitismus und Nationalsozialismus“ des 2018 verstorbenen Historikers Moishe Postone. Angesichts des weltweit grassierenden Antisemitismus wird Postones Analyse des modernen Antisemitismus als „fetischistischen Antikapitalismus“ jüngst wieder verstärkt diskutiert und findet dabei zunehmend Eingang in die akademische Antisemitismusforschung. Aus diesem Anlass soll der Text in seinem historischen und ideengeschichtlichen Entstehungskontext beleuchtet werden, wobei zwei Aspekte besonders hervorzuheben sind: Die Debatten der Neuen Linken über Antisemitismus und den Holocaust sowie die Neue Marx-Lektüre während der 1970er- und -80er-Jahre in Westdeutschland. Zu guter Letzt wird zudem die politische und akademische Rezeptionsgeschichte betrachtet.
Die Wirren der Publikationsgeschichte
Will man sich mit Postones Aufsatz beschäftigen, ist man schnell mit seiner verworrenen Publikationsgeschichte konfrontiert. Wie in der ersten deutschen Übersetzung vermerkt ist, war der Text eigentlich für das US-amerikanische Publikum bestimmt und sollte in einer Zeitschrift für „German Studies“, der „New German Critique“, einem wichtigen Organ für Kritische Theorie im angloamerikanischen Raum, erscheinen.[1] Der Titel „Anti-Semitism and National Socialism: Notes on the German Reaction to ‘Holocaust’” verrät die ursprüngliche Intention des Textes: Es sollte darum gehen, dem US-amerikanischem Publikum die Wirkung der Fernsehserie „Holocaust“ auf die westdeutsche Gesellschaft zu erklären. Gleichzeitig reiht sich der Text in eine Reihe von politischen Interventionen aus dieser Zeit ein, in denen Postone explizit die deutsche Linke adressierte.[2]
Dass der Text vor allem für seine grundlegenden Anmerkungen zum modernen Antisemitismus bekannt wurde, spiegelt sich im Wandel des Titels wider: In späteren Versionen fiel der Untertitel mit dem Verweis auf die Fernsehserie weg. Zugleich wurden die zwei titelgebenden Begriffe vertauscht, weshalb der Aufsatz heute auch als „Nationalsozialismus und Antisemitismus“ bekannt ist.[3] Was erstmal wie ein unwichtiges Detail erscheint, verweist bei genauerer Betrachtung auf eine grundlegende Spannung, die sowohl den Text als auch seine Rezeption auszeichnet: Während der Begriff des Nationalsozialismus auf eine historische Partikularität rekurriert, verweist der des Antisemitismus auf eine historische Kontinuität. Wie sich im Folgenden immer wieder zeigen wird, versucht Postone diese Spannung nicht einseitig aufzulösen, was bei der Rezeption zu vielen Missverständnissen und gegensätzlichen Interpretationen geführt hat.
Die Neue Linke und der Holocaust
Im Jahre 1979, noch vor Publikation der englischen Originalversion, erschien Postones Artikel in deutscher Übersetzung im Frankfurter Studierendenmagazin diskus. Die Wahl dieses Publikationsmediums war kein Zufall: Die diskus war ein bundesweit bekanntes Sprachrohr der Neuen Linken, mit der Postone in engeren Kontakt kam, nachdem er Anfang der 1970er-Jahre auf Anraten seiner Chicagoer Professoren für mehrere Jahre nach Frankfurt gezogen war, um sich dort intensiver mit Marx und der Kritischen Theorie auseinanderzusetzen. Das Milieu, das ihn in dieser Zeit prägte, bestand aus ehemaligen Aktivist*innen des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) und linken Juden*Jüdinnen wie Cilly Kugelmann oder Dan Diner, mit denen Postone auch eine Zeitlang zusammenwohnte.[4] Einige seiner Kommiliton*innen hatten noch bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer studiert, weshalb die Einsichten der Frankfurter Schule stärker als andernorts in die politischen Debatten einflossen.[5] Das prägte auch Postone, der sich regelmäßig an Diskussionsrunden beim ehemaligen Verlag des SDS, der Neuen Kritik beteiligte.[6]
Mit dem Sechstagekrieg 1967 hatte sich in der Neuen Linken ein antizionistischer Konsens durchgesetzt. Die Konsequenz war eine zunehmende Fokussierung auf antiimperialistische Kämpfe in der sogenannten „Dritten Welt“, wohingegen die Thematisierung der nationalsozialistischen Vergangenheit aus dem Blickfeld rückte.[7] Vor dem Hintergrund dieser politischen Stimmung erzeugte die Ausstrahlung der Fernsehserie „Holocaust“ (1979) eine immense Wirkung. Die Serie versuchte zwar nicht, „[…] den Antisemitismus zu erklären oder die gesellschaftlichen und geschichtlichen Dimensionen des Nationalsozialismus anzudeuten. Jedoch zwang vielleicht gerade dieser Mangel die Menschen, sich mit dem unverarbeiteten Phänomen zu konfrontieren […]“.[8]
Für Postone reflektierten die Reaktionen auf die Serie die Diskussionen in der BRD über den Holocaust. So unterschiedlich die Analysen des Nationalsozialismus auch waren, gemeinsam sei allen politischen Lagern gewesen, dass sie das Verhältnis von Antisemitismus und Nationalsozialismus nicht hinreichend begriffen hätten. Während sich Liberale und Konservative zwar auf die „Verfolgung und Ausrottung der Juden konzentriert“, diese aber gleichzeitig als einen „totalen Bruch zwischen dem Dritten Reich und der BRD“ verstanden hätten,[9] betonten Linke zwar die Kontinuitäten zwischen Faschismus und bürgerlicher Gesellschaft, seien aber nicht in der Lage, die historische Spezifik der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zu erfassen. Auch weil Postone sich als Teil der Linken verstand, richtete sich seine Aufmerksamkeit vor allem auf ihre analytischen Leerstellen. In den 1970er-Jahren waren diese vor allem einem verallgemeinerten Faschismusbegriff geschuldet, der sich exemplarisch an der damals weit verbreiteten „Dimitroff-These“ verdeutlichen lässt. Hier wurde Faschismus als „offene, terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen, und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ verstanden.[10] Der Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus wurde also funktional im Sinne einer Herrschaftspolitik einzelner Kapitalfraktionen gedeutet. Diese reduktionistische Interpretation schlug sich auch im linken Antisemitismusverständnis nieder: Er wurde nun als Herrschaftsideologie zur Spaltung der Arbeiterklasse verstanden. Der Vernichtungsantisemitismus des Nationalsozialismus konnte für Postone so jedoch nicht erklärt werden. Dass gegen Kriegsende Unmengen an Ressourcen für die Deportation und Ermordung von Juden*Jüdinnen statt in den Transport von Waffen und Personal aufgewendet wurden, lasse sich nicht aus Herrschaftsinteressen ableiten. Postone folgerte daraus: „Keine Analyse des Nationalsozialismus, die nicht die Ausrottung des europäischen Judentums erklären kann, wird ihm gerecht“.[11]
Die Spezifik des modernen Antisemitismus
Um zu einer solchen Analyse zu kommen, müsse man die Besonderheit des „modernen Antisemitismus“ herausarbeiten. Ein erster Schritt sei die Unterscheidung vom Rassismus: Dieser schreibe dem rassifizierten Objekt konkrete Macht zu, die unterdrückt oder abgewertet werden müsse. Im modernen Antisemitismus würde den Juden*Jüdinnen hingegen eine abstrakte Macht zugesprochen: „Weil diese Macht nicht konkret gebunden ist, nicht ‚verwurzelt‘ ist, wird sie als ungeheuer groß und schwer kontrollierbar empfunden.[12] Sie steht hinter den Erscheinungen, ist aber nicht identisch mit ihnen. Ihre Quelle ist daher verborgen — konspirativ. Die Juden stehen für eine ungeheuer machtvolle, unfaßbare internationale Verschwörung“.[13] Hier ist man an Adornos und Horkheimers Thesen aus dem Kapitel „Elemente des Antisemitismus“ erinnert, in denen sie die Identifizierung der Juden*Jüdinnen mit den Eigenschaften der kapitalistischen Zirkulationssphäre thematisieren: „Der Bankier wie der Intellektuelle, Geld und Geist, die Exponenten der Zirkulation, sind das verleugnete Wunschbild der durch Herrschaft Verstümmelten […]. Die Zirkulationssphäre, in der sie [die Juden*Jüdinnen] ihre ökonomischen Machtpositionen besaßen, ist im Schwinden begriffen. […] Gleichgültig wie die Juden an sich selber beschaffen sein mögen, ihr Bild, als das des Überwundenen, trägt die Züge, denen die totalitär gewordene Herrschaft todfeind sein muß“.[14] Adorno und Horkheimer argumentieren, dass mit dem Übergang zum Monopolkapitalismus zunehmend die Zirkulationssphäre für die ökonomische Ausbeutung der Menschen verantwortlich gemacht werde. Und je mehr die Beseitigung der Zirkulationssphäre zum Versprechen auf „Befreiung“ werde, desto stärker erscheine auch die Beseitigung der Juden*Jüdinnen notwendig.[15]
Postone baut in „Antisemitismus und Nationalsozialismus“ in vielerlei Hinsicht auf diesen Gedanken auf, entwickelt aber die ökonomiekritischen Argumente der Kritischen Theorie weiter. Und er problematisiert den Ansatz der Kritischen Theorie an entscheidender Stelle: Er sei nicht imstande, „die antisemitische Vorstellung einzufangen, Juden stünden hinter Sozialdemokratie und Kommunismus“.[16] Der moderne Antisemitismus des Nationalsozialismus sei durch eine Personifizierung der abstrakten Sphäre der kapitalistischen Moderne insgesamt gekennzeichnet und könne daher mit dem Bezug auf die Zirkulationssphäre nicht in Gänze begriffen werden.
Reinterpretation der Marx‘schen Ökonomiekritik
Postone versuchte, diese Leerstelle zu schließen und griff dafür auf den Marxs‘chen Fetischbegriff zurück. In den 1970er-Jahren kam es in Westdeutschland zu einer breiten Reinterpretation der Marx‘schen Ökonomiekritik, mit der die im Kontext realsozialistischer Weltanschauung vorgenommene Engführung überwunden werden sollte. In Frankfurt wurde diese Neue Marx-Lektüre von Autoren wie Hans-Georg Backhaus und Helmut Reichelt vertreten, deren Arbeiten zum Wiederaufleben der Diskussion über Methodik und Darstellungsweise in der Kritik der politischen Ökonomie beitrugen. Bei ihnen stand nun vor allem die „Fetischkritik“ im Mittelpunkt der Marx-Interpretation.[17] Dabei bezogen sich Backhaus und Reichelt auf Marx‘ Vorarbeiten zum Kapital, insbesondere auf die Grundrisse, die durch ihre Neuveröffentlichung im Jahre 1953 nun besser zugänglich waren. Ergebnis dieser Rekonstruktion war vor allem die Einsicht, dass es sich bei den Anfangskapiteln des Kapitals nicht – wie von Engels popularisiert – um die historische Darstellung einer vorkapitalistischen Stufe der „einfachen Warenproduktion“,[18] sondern um den ersten Abstraktionsschritt einer immanent-logischen Darstellung des Kapitals handele. Die Anfangskategorien des Kapital – etwa Wert und Arbeit – müssten vor diesem Hintergrund neu bewertet werden. Backhaus grenzt diese Form der Marx‘sche Kritik vom „linken Ricardianismus“ ab, mit dem er auf die nationalökonomische Werttheorie David Ricardos verweist. Dieser hätte die Arbeit zwar als Grundlage des Wertes identifiziert, sie im Gegensatz zu Marx aber nicht historisiert.[19]
Postone griff diese Unterscheidung in seiner Dissertation Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft auf und formulierte seinerseits eine Kritik des „Traditionsmarxismus“.[20] Demnach hypostasiere dieser den Begriff der Arbeit, obwohl aus den Grundrissen hervorgehe, dass es sich in Marx‘ Ökonomiekritik um eine „historisch-spezifische“ Kategorie handele. Postones Dissertation kann zwar als sein Hauptwerk betrachtet werden, sie erreichte in Deutschland jedoch nie den Bekanntheitsgrad von „Antisemitismus und Nationalsozialismus“. Dabei hängen beide Texte eng miteinander zusammen.
Von besonderer Bedeutung für Postones „revidierte[s] Verständnis des Arbeitsbegriffes“ ist der am Anfang des Kapitals dargestellte „Doppelcharakter der Arbeit“.[21] Die Ware enthalte zum einen „abstrakte Arbeit“, die gemessen in abstrakter Zeit, den Wert der Ware konstituiere, zum anderen „konkrete Arbeit“, also stoffliche Tätigkeit. Während die abstrakte Arbeit als Grundlage der sozialen Vermittlung fungiere, könne sie sich nur in ihrem Gegenteil – der konkreten Arbeit – ausdrücken. Für Postone ist dieser Aspekt zentral für das Verständnis des „Fetischcharakters der Ware“, wie Marx ihn im vierten Unterkapitel des Kapitals beschreibt. Gerade weil die abstrakte Dimension der Arbeit sich nur in ihrer materiellen, also konkreten Dimension ausdrücken könne, erscheine sie als produktive Tätigkeit, als bloße Naturbearbeitung: „Die historisch spezifische gesellschaftliche Dimension der Arbeit wird durch die scheinbar transhistorische, ‚materielle‘ Dimension der Arbeit sowohl ausgedrückt als auch verschleiert“.[22] Ausgehend von der widersprüchlichen Einheit der Ware kläre Marx das „Wesen des Kapitals und die ihm innewohnende Dynamik“ auf.[23] Der Widerspruch zwischen Abstraktem und Konkretem ziehe sich durch alle logischen Stufen des Kapitals und produziere dort verschiedene Formen des Waren-, Geld- und Kapitalfetischs. In Postones Interpretation steht der Fetischbegriff für die komplexe Subjekt-Objekt-Relation im Kapitalismus: Er beziehe sich sowohl auf die Selbstverschleierung der objektiven Gesellschaftsstruktur, als auch auf die daraus resultierende Subjektivität, die sich in Denkformen ausdrücke, welche die eine Seite der Antinomie hypostasierten und damit „in den Erscheinungsformen der gesellschaftlichen Verhältnisse befangen bleiben“ müssten.[24]
Antisemitismus als fetischistischer Antikapitalismus
Zurück zu „Antisemitismus und Nationalsozialismus“: Die These, der moderne Antisemitismus des Nationalsozialismus sei eine Form des „fetischistischen Antikapitalismus“, kann nun nachvollzogen werden. Postone geht es um jene fetischistische Denkform, die die konkrete Seite der dargestellten Antinomie zwischen Abstraktem und Konkretem naturalisiert. Während die „positivistische Denkweise“ das „Abstrakte als überhistorisch hypostasiert“, würde die „romantische Denkweise“ auf gleiche Weise mit der konkreten Dimension des Kapitals verfahren.[25] Damit werde ersichtlich, weshalb die Juden*Jüdinnen nur mit der abstrakten Seite der kapitalistischen Moderne identifiziert wurden, während das „industrielle Kapital“ gänzlich unangetastet blieb. Mit dieser Perspektive grenzt sich Postone von jenen Theorien ab, die den nazistischen Antisemitismus einseitig als „Antimodernismus“ beschrieben. Sie könnten nicht begreifen, „daß im fetischistischen ‚Antikapitalismus‘ dieser Art beides, Blut wie Maschine, als konkretes Gegenprinzip zum Abstrakten gesehen wird“. Nun bleibe es beim Antisemitismus aber nicht bei einem Angriff auf das „Abstrakte als Abstraktem“.[26] Vielmehr werde die abstrakte Seite des Kapitals selbst wieder konkretisiert, und zwar in Form einer Personifizierung in den Juden*Jüdinnen. Dadurch gehe der fetischistische Antikapitalismus in den modernen Antisemitismus über: Die „antikapitalistische‘ Revolte [wird] zur Revolte gegen die Juden“.[27]
Gegen Ende seines Aufsatzes geht Postone auf die historischen Folgen dieses Zusammenhangs ein. Hier bricht er plötzlich mit seinem nüchternen Ton und resümiert seine Ausführungen in erschreckender Deutlichkeit:
„Eine kapitalistische Fabrik ist ein Ort, an dem Wert produziert wird, der ‚unglücklicherweise‘ die Form der Produktion von Gütern annehmen muß. Das Konkrete wird als der notwendige Träger des Abstrakten produziert. Die Ausrottungslager waren demgegenüber keine entsetzliche Version einer solchen Fabrik, sondern müssen eher als ihre groteske arische ‚antikapitalistische‘ Negation gesehen werden, Auschwitz war eine Fabrik zur ‚Vernichtung des Werts‘, das heißt zur Vernichtung der Personifizierungen des Abstrakten. Sie hatte die Organisation eines teuflischen industriellen Prozesses mit dem Ziel, das Konkrete vom Abstrakten zu ‚befreien‘. […] Auschwitz, nicht 1933, war die wirkliche ‚Deutsche Revolution‘ — die wirkliche Schein- ‚Umwälzung‘ der bestehenden Gesellschaftsformation.“[28]
Die Antinomien der kapitalistischen Gesellschaft werden hier so konsequent mit dem Holocaust zusammengebunden, dass sie beim Lesen unmittelbar Unbehagen auslösen. Antisemitismus und Nationalsozialismus sind damit in einen Zusammenhang gebracht: Vernichtung sei die „antikapitalistische“ Praxis einer antisemitischen Ideologie gewesen, die das Konkrete (den Gebrauchswert) vom Abstrakten (dem Wert) befreien wollte.
Zur Rezeptionsgeschichte
Postones Aufsatz war der Versuch, den modernen Antisemitismus mithilfe der Marx‘schen Fetischkritik in eine „materialistische Erkenntnistheorie“ einzubetten. Es lässt sich argumentieren, dass er der erste war, der Antisemitismustheorie und Kritik der Politischen Ökonomie derart in einen Zusammenhang gebracht hat.[29] Trotz dieser Innovation setzte die akademische Rezeption des Textes relativ spät ein. Lange Zeit blieb er einigen wenigen Diskussionszirkeln der undogmatischen Linken vorbehalten. Zu einer Popularisierung von Postones Thesen innerhalb der Linken trug die Entstehung der „Antideutschen“ im Zuge der Kampagnen gegen die deutsche Wiedervereinigung bei.[30] Hier war es vor allem das publizistische Umfeld der Freiburger Initiative Sozialistisches Forum (ISF), das „Antisemitismus und Nationalsozialismus“ diskutierte. Auch wenn der Aufsatz dadurch etwas mehr Bekanntheit erlangte, reagierten weite Teile der Linken mit Ablehnung, wie die scharfen, teils polemischen Kritiken zeigen.[31] Nichtsdestotrotz sind einige Versatzstücke von Postones Thesen dauerhaft in die politischen Debatten eingeflossen. So gehört der Begriff des „verkürzten Antikapitalismus“ – mit dem in Anschluss an Postone zumeist auf die Unzulänglichkeiten einer personalisierten Kapitalismuskritik verwiesen wird – mittlerweile zum Standardrepertoire der innerlinken Auseinandersetzungen um Antisemitismus, wobei er auch zu einer Reihe von Missverständnissen führte.[32]
Zu der späten akademischen Rezeption trug womöglich bei, dass Postone nie zu einer systematischen Ausarbeitung seiner Thesen kam. Dabei ist auch zu beachten, dass die Antisemitismusforschung selbst eine vergleichsweise junge eigenständige Disziplin ist und die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema lange Zeit nur innerhalb der „Einstellungs- und Vorurteilsforschung“ stattfand, unter die sich Postones Ansatz schwerlich subsumieren ließ.[33] Stephan Grigat stellte deshalb fest, dass Postones Thesen in „der etablierten Antisemitismusforschung des politikwissenschaftlichen Mainstreams bisher wenig zur Kenntnis genommen“ wurden.[34] Mittlerweile scheint sich das aber teilweise geändert zu haben. Vor allem innerhalb des Forschungsfeldes zu Kritischer Theorie und Antisemitismus ist eine Vielzahl von Arbeiten entstanden, die sich zentral auf Postone beziehen.[35] Aber auch in Publikationen, die sich der allgemeinen Antisemitismustheorie zuordnen lassen, zitiert man ihn vermehrt. In einigen Einführungswerken wird er sogar neben Klassikern wie Hannah Arendt, Jean-Paul Sartre oder Adorno und Horkheimer aufgeführt.[36] Der Soziologe Marcel Stoetzler bezeichnet „Antisemitismus und Nationalsozialismus“ gar als kanonischen Text und konstatiert, er habe den gegenwärtigen Trend in der Holocaust-Forschung, den Begriff des modernen Antisemitismus in die historische Analyse einzubeziehen, vorweggenommen.[37] Auch Samuel Salzborn und Lars Rensmann haben das analytische Potenzial von Postones Ansatz für verschiedene Forschungsfelder hervorgehoben. In der Fachzeitschrift Antisemitism Studies schreiben sie, dass „Antisemitismus und Nationalsozialismus“ neue Einsichten in das Verständnis des „strukturellen Antisemitismus“ und des „post-Holocaust antisemitism“ eröffnen könnte.[38]
Postones theoretische Überlegungen haben auch Eingang in die empirische Antisemitismusforschung gefunden, wobei sie zumeist der theoretischen Fundierung von empirischen Erhebungen und dem Aufstellen untersuchungsleitender Hypothesen dienen. Vor allem in Studien zum Zusammenhang von Antiamerikanismus, Antikapitalismus und Antisemitismus greift man auf Postones Fetischkritik zurück. Interessanterweise widmen sich jene Arbeiten vor allem linken Erscheinungsformen des Antisemitismus, was – worauf ich noch eingehen werde – auch durch Postone selbst begünstigt worden sein dürfte. Erwähnenswert ist beispielsweise die Leipziger Autoritarismus Studie 2024, in welcher der Anstieg von antisemitischen Einstellungen mit Bezug auf Postone als inkonsistente Verarbeitung einer widersprüchlichen Moderne gedeutet wird. Die durch quantitative Befragungen nachgewiesene Nähe von Antisemitismus, Antikapitalismus und Antiamerikanismus im linken Spektrum wird dabei mit der Notwendigkeit zur „Umwegkommunikation“ erklärt: Um akzeptabel zu sein, müsse sich der Antisemitismus gegen vermeintlich andere Zielobjekte richten (etwa gegen den israelischen Staat, oder die „Globalisten“). Der Zusammenhang von Antiamerikanismus, Antikapitalismus und Antisemitismus sei zwar feststellbar, allerdings nicht stark ausgeprägt, was dafür spräche, dass es sich um „eigenständige[r] Phänomene“ handeln würde.[39] Zu einem anderen Ergebnis kam die ebenfalls quantitativ angelegte Studie von Heiko Beyer und Ulf Liebe,[40] in der von einer starken Korrelation zwischen antisemitischen und antiamerikanischen Einstellungen die Rede ist. Als gemeinsames Strukturmerkmal der beiden Ideologien wird eine „verkürzte Kapitalismuskritik“ angeführt, die sich im Sinne Postones durch die einseitige Konkretisierung abstrakter Kapitalherrschaft auszeichne. In einer weiteren Studie von Beyer zum Antisemitismus im inter- und transnationalen Kontext wird dieser Konnex um globalisierungskritische Einstellungen ergänzt. Auch hier zeigt sich – zumindest in einigen Ländern – eine starke Korrelation zum Antisemitismus, weshalb man Postones Thesen bestätigt sieht.[41] In den Arbeiten von Matthew Bolton über den „Corbynismus“[42] wird der Zusammenhang zwischen einem verkürzten Antikapitalismus und antisemitischen Einstellungen diskursanalytisch untersucht. Bolton kommt zu dem Schluss, dass der Antisemitismus innerhalb der Corbyn-Bewegung kein Zufall war, sondern durch einen populistischen „Produktivismus“ begünstigt wurde. Diese Weltanschauung sei geprägt von einer manichäischen Unterteilung in eine „nationale, produktive Mehrheit“ und eine „globale, unproduktive Elite“. Kapitalismus aus der Perspektive des Corbynismus sei ein „rigged system“, das durch die Beseitigung der unproduktiven Elite überwunden werden könne.[43] Auch hier dient Postones Analyse als Vorlage, um den untersuchten Antisemitismus in einen theoretischen Zusammenhang zu bringen und erklärbar zu machen.
Die Weitläufigkeit dieser Forschungsbereiche verweist auf die bereits angesprochene Spannung in Postones Text: Während es zum einen um die qualitative Besonderheit des modernen Antisemitismus im Nationalsozialismus geht, macht er zugleich Aussagen über den modernen Antisemitismus insgesamt. Diese Spannung verstärkte Postone in dem Aufsatz „Geschichte und Ohnmacht“ aus dem Jahr 2003 noch weiter, wo er seine Thesen explizit auf linke Formen des Antikapitalismus und Antiimperialismus ausweitete. In Hinblick auf die linken Reaktionen auf den Irakkrieg sprach Postone von einem „Neo-Antiimperialismus“, der sich durch eine Romantisierung „antihegemonialer“ Widerstandsbewegungen, einer „Wende zum Konkreten“,[44] sowie die Kulturalisierung der abstrakten Herrschaft der „neoliberalen Weltordnung“ auszeichne. Diese Kritik wirkt angesichts gegenwärtiger linker Debatten um den Nahostkonflikt oder den Russland-Ukraine-Krieg noch immer aktuell, begünstigte jedoch auch einige Missverständnisse in der Rezeption. Wie Neil Levi in der aktuellen Ausgabe von historical materialism[45] gezeigt hat, tendieren einige Interpretationen dazu, den Fetisch- und Antisemitismusbegriff gleichzusetzen. Wäre dies Postones Intention gewesen, würde der Vorwurf des „ökonomischen Reduktionismus“[46] oder der „Widerspiegelungsvorstellung“[47] tatsächlich nahe liegen. Wie Grigat argumentiert hat, liegt dem jedoch ein falsches Verständnis von Postones Fetischkritik zugrunde: Ihr gehe es nicht um die Ableitung von Ideologien aus der ökonomischen Struktur, sondern um eine Formbestimmung des Gesellschaftlichen überhaupt.[48] Das heißt: Der Fetischismus ist notwendig falsches Bewusstsein, aber seine ideologische Verarbeitung – etwa in Form des Antisemitismus – ist prinzipiell kontingent. Um diese Lücke zwischen einem „falschem“ Erkennen der Gesellschaft und einer antisemitischen Ideologie hinreichend theoretisieren zu können – und auch das spricht Postone in seinem Aufsatz explizit an – seien zusätzliche Erklärungsansätze, wie etwa die Sozialpsychologie oder die Psychoanalyse, erforderlich. Wie Sven Ellmers in einem Beitrag zur Antisemitismustheorie argumentiert, stehen Fetischkritik und Sozialpsychologie daher keinesfalls in einem Konkurrenzverhältnis, sondern sind beide unerlässlich für die Kritik des modernen Antisemitismus. Sinn der Fetischkritik ist es, aufzuzeigen, „warum und wie der objektive Sachverhalt und dessen ideelle Verarbeitung aus nicht-kontingenten Gründen auseinanderfallen“.[49]
Es gilt also Postones selbst vorgenommene Differenzierungen ernst zu nehmen. Insofern sollten seine Bemerkungen zum modernen Antisemitismus des NS und des linken Antikapitalismus auch nicht umstandslos in einen Topf geworfen werden. Postone analysierte zwar beide mithilfe des Fetischbegriffs, setzte sie als Weltanschauungen aber keinesfalls gleich. Dass er mit seinen Aufsätzen zumeist die Linke adressierte, war seiner politischen Intention geschuldet: Postone ging es vor allem um die Bewahrung der Möglichkeit auf eine wirklich emanzipatorische Kapitalismuskritik.
Fußnoten
- Moishe Postone, Anti-Semitism and National Socialism: Notes on the German Reaction to ‘Holocaust’, in: New German Critique 19 (1980), Special Issue 1: Germans and Jews, S. 97-115.
- Zu diesen Texten gehören u.a.: „Stammheim und Tel Zaatar“ (1977); „Thesen zu Fassbinder, Antisemitismus und Deutschland“ (1985); oder „Brief an die westdeutsche Linke“ (1985). Gesammelt veröffentlicht in: Moishe Postone, Deutschland, die Linke und der Holocaust. Politische Interventionen, Freiburg 2005.
- Im Folgenden werde ich vor allem aus zwei Versionen des Textes zitieren: Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, (Übersetzt von Renate Schumacher), in: diskus 29, (1979), 3, S. 37–47. Verfügbar im Onlinearchiv der diskus: Ausgabe: 3-4 aus 1979, 29. Jahrgang | diskus. Und: Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, (Übersetzt von Renate Schumacher und Dan Diner), in: Deutschland, die Linke, S. 165-194.
- Zarin Ashrafi, Eingeschriebene Erfahrung, Moishe Postones Dissertation zwischen Deutschland und Amerika, 2023, in: Mimeo, https://mimeo.dubnow.de/eingeschriebene-erfahrung/ (09.12.2024).
- Moishe Postone, Ich bin nach Frankfurt gegangen, nicht nach Deutschland, 2017, in: Malmoe, https://www.malmoe.org/archiv/artikel/regieren/3304.html (09.12.2024).
- Einige der Diskussionen wurden aufgezeichnet und von dem Verlag Neue Kritik veröffentlicht. Zum Beispiel: Daniel Cohn-Bendit u.a., „‘Dann ist der Pessimismus eben realistisch…‘ 13 Jahre später. “, in: Herbert Marcuse, Das Ende der Utopie, (S. 154) Frankfurt am Main 1980, S. 154-191.
- Jens Benicke, Von Adorno zu Mao. Über die schlechte Aufhebung der antiautoritären Bewegung, Freiburg 2010, S. 73-79.
- Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [1979], S. 47.
- Ebd., S. 37.
- Georgi Dimitroff, Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus. Bericht auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale, 1935, in: Georgi Dimitroff, Ausgewählte Schriften Band 2 1921–1935, Berlin 1958, S. 525.
- Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [1979], S. 41.
- Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [1979], S. 42. Postone grenzt den modernen Antisemitismus von früheren Formen des Antisemitismus ab. Ersterer sei erst im späten 19. Jahrhundert aufgetreten. Ebd., S. 41.
- Ebd., S. 42.
- Theodor W. Adorno / Max Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, Frankfurt am Main 1969, S. 181ff.
- Ebd.
- Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [2005], S. 181. Postones Bemerkung bezieht sich hier auf Horkheimers "Die Juden und Europa" aus dem Jahre 1939, trifft aber auch auf die zitierten Stellen in der Dialektik der Aufklärung zu.
- Stephan Grigat, Fetisch und Freiheit, Freiburg 2007, S. 13. Siehe auch: Backhaus, Dialektik der Wertform, S. 34.
- Backhaus, Dialektik der Wertform, Freiburg 1997, S. 11.
- Vgl. Backhaus, Dialektik der Wertform, S. 48 ff.
- Moishe Postone, Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft, Freiburg 2003. Ursprünglich veröffentlicht 1993 unter dem Titel „Time, Labor, and Social Domination“. Es gibt erstaunlicherweise sonst nur sehr wenige direkte Verweise auf Backhaus oder Reichelt, obwohl Postone in der „Hochphase“ der Neuen Marx Lektüre in Frankfurt studierte. Wie Christine Achinger dem Autor bestätigt hat, ist in Postones Nachlass keine Korrespondenz zwischen Backhaus/Reichelt und Postone vermerkt. Dennoch kann seine Arbeit im Kontext der Neuen Marx-Lektüre betrachtet werden. Vgl. dazu: Ingo Elbe, Marx im Westen, Berlin 2010, S. 242.
- Postone, Zeit, Arbeit, 2003, S. 24ff.
- Ebd., S. 258
- Ebd., S: 217
- Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [2005], S. 183.
- Ebd., S. 185.
- Ebd., S. 187.
- Ebd., S. 190.
- Ebd., S.193.
- Lars Rensmann / Samuel Salzborn, Modern Antisemitism as Fetishized Anti-Capitalism, in: Antisemitism Studies Vol. 5, No. 1, 2021, S. 44-99, hier S. 24.
- Wie einflussreich der Aufsatz hier war, zeigt ein Diskussionsbeitrag von Bettina Hoeltje aus dem Jahre 1990, in dem die Mitinitiatorin der Kampagne „Nie wieder Deutschland! dazu aufruft Postone zu lesen. Vgl.: Bettina Hoeltje, Zu einigen Problemen der linken Analyse des deutschen Faschismus, in: Kongreß der radikalen Linken, Reden und Diskussionsbeiträge zu Kongreß an Pfingsten 1990 und der Demo ‚Nie wieder Deutschland‘ am 12.5.1990 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1990, S. 174–186, hier S. 184. Postone ordnete sich selbst nie der antideutschen Strömung zu.
- Siehe etwa: Karl Reitter, Marxisierende Konstruktionen des linken Antisemitismus am Beispiel von Moishe Postones ‚Nationalsozialismus und Antisemitismus‘, in: Gerhard Hanloser (Hg.), Linker Antisemitismus?, Wien/Berlin 2020, S. 261-277.
- Vgl.: Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus [1979], S. 46. Moritz Zeiler merkte in der diskus zurecht an, dass der Begriff fälschlicherweise „die Möglichkeit einer Verlängerung“ suggeriere. Postone sei es aber eher um eine grundsätzlich falsche Weltanschauung gegangen, die nicht einfach korrigiert, bzw. erweitert werden könne. Vgl.: Moritz Zeiler, Illusionen und Versäumnisse, in: diskus, what’s left?, No. 1/24 (2024), S. 62-68, hier S. 66.
- Heiko Beyer, Theorien des Antisemitismus: Eine Systematisierung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 67 (2015), S. 573-589, hier S. 574.
- Grigat, Fetisch und Freiheit, S. 286.
- Siehe exemplarisch: Werner Bonefeld, Critical Theory and the Critique of Political Economy, New York 2014; Klaus Holz & Thomas Haury, Antisemitismus gegen Israel, Hamburg 2021; Christine Achinger, Gespaltene Moderne, Würzburg 2007; Stephan Grigat, Fetisch und Freiheit, Freiburg 2007.
- Vgl. etwa Peter Ullrich et al., Was ist Antisemitismus? Begriffe und Definitionen von Judenfeindschaft, Göttingen 2024; oder Samuel Salzborn, Antisemitismustheorien, Wiesbaden 2022.
- Marcel Stoetzler (Hg.), Critical Theory and the Critique of Antisemitism, London 2018, S. 4.
- Vgl.: Lars Rensmann / Samuel Salzborn, Modern Antisemitism as Fetishized Anti-Capitalism, in: Antisemitism Studies 5 (2021), 1, S. 22–99. Mit Postone ließe sich der strukturelle Antisemitismus – als Form des Antisemitismus, die vor allem der Struktur nach antisemitischen Verschwörungserzählungen gleicht, ohne sich jedoch explizit auf Juden*Jüdinnen zu beziehen – gesellschaftstheoretisch fundieren. Sein Ansatz ermögliche es, die Tendenz zur personalisierenden Kapitalismuskritik aus dem Kapitalverhältnis selbst zu erklären. Da – wie ich weiter unten ausführe – die Differenz zwischen verkürzter Kapitalismuskritik und Antisemitismus bei Postones Ansatz zentral bleibt, lässt sich jedoch bezweifeln, ob er so einfach mit dem Begriff des strukturellen Antisemitismus in Einklang gebracht werden kann.
- Oliver Decker et al., Leipziger Autoritarismusforschung 2024, Gießen 2024, S. 144 ff. Bei der Leipziger Autoritarismus Studie handelt es sich um eine alle zwei Jahre durchgeführte Langzeitstudie mit Fragebogen-Erhebung bei einer Stichprobe von 2.504 Probanden in Deutschland (Jahr 2024).
- Heiko Beyer / Ulf Liebe, The Elective Affinities of Anti-Semitic and Anti-American Resentments in Germanys, in: Social Science Quarterly, Vol. 99, No. 1 (2018). S. 262-282. Erhebung durch computergestützte Telefoninterviews bei einer Stichprobe von 1.201 Probanden in Deutschland.
- Heiko Beyer, The Globalization of Resentment: Antisemitism in an Inter- and Transnational Context, in: Social Science Quarterly, Vol. 100, No. 5 (2019), S. 1503-1522. Das Analysierte Material kommt von einer Umfrage des Pew Research Center aus 2011, mit einer Stichprobe von 13,975 Probanden aus 18 verschiedenen Ländern.
- Corbynismus: Politische Bewegung um den ehemaligen Parteivorsitzenden der britischen Labour-Partei Jeremy Corbyn.
- Vgl.: Matthew Bolton / Frederick Harry Pitts, Labour, antisemitism and the critique of political economy, in: Critical Theory and the Critique of Antisemitism, London 2023, S. 253-273.
- Moishe Postone, Geschichte und Ohnmacht, in: Deutschland, die Linke, S. 195-213, hier S. 197, 209.
- Neil Levi, Power, Politics, and Personification, in: historical materialism 32 (2024), 2, S. 163–194. Während sich der Beitrag vergleichsweise differenziert mit Postones Kritik des linken Antisemitismus auseinandersetzt, scheint es vielen anderen Autor*innen der Ausgabe um die kategorische Abwehr einer solchen Kritik zu gehen.
- Alexander Gallas, Ökonomismus und politische Irrwege, in: Reader Nr. 3 des wissenschaftlichen Beirats von Attac Deutschland (2015), S. 48-53, hier S. 51.
- Thomas Haury, Antisemitismus von links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR, Hamburg 2002, S. 27. Mit den Begriffen des „Ökonomismus“ oder der „Widerspiegelung“ wurde Postone eine monokausale Ableitung des Antisemitismus aus der Produktionsweise vorgeworfen.
- Grigat, Fetisch und Freiheit, S. 304 ff.
- Sven Ellmers, Was ist moderner Antisemitismus?, in: CARS Working Papers, No. 24 (2024), S. 14.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Hannah Schmidt-Ott.
Kategorien: Erinnerung Geschichte Gesellschaft Gesellschaftstheorie Kapitalismus / Postkapitalismus Kritische Theorie Moderne / Postmoderne Politische Ökonomie
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