Theresa Wobbe | Essay | 14.10.2025
Die longue durée der Deutungsmuster Geschlecht und Rasse
Für eine historische Soziologie von Differenzdimensionen
1. Einleitung
Die Soziopolis-Reihe Die unsichtbare Hälfte: Frauen in der Geschichte der Soziologie stellt Frauen vor, die im 19. und 20. Jahrhundert in der Sozialforschung und der institutionalisierten Soziologie tätig waren oder in anderen sozialen Feldern soziologisch relevante Praktiken initiierten.[1] Aus der heutigen Sicht einer binnendifferenzierten Disziplin mögen diese Frauen an den Rändern des Faches angesiedelt gewesen sein, aus einer feministischen und wissenssoziologischen Sicht ist hingegen interessant, wie in den Portraits nicht nur die inhaltliche Arbeit der Frauen, sondern auch die Entstehungsbedingungen ihres Schaffens, ihrer Originalität und ihres Verständnisses der Geschlechterdifferenz diskutiert werden.[2]
Die folgenden Überlegungen beschäftigen sich mit der Perspektive auf die Geschlechterdifferenz, setzen allerdings anders an, und zwar indem sie von der Soziologiegeschichte – die mit ihren vielfältigen Ansätzen einen fachgeschichtlichen Bezug hat – zur historischen Wissenssoziologie wechseln.[3] Ich möchte der Frage nachgehen, mit welchen begrifflichen Instrumenten und Verfahren Soziologinnen die Differenz zwischen den Geschlechtern beobachtet haben, welche Perspektive ihren Arbeiten zugrunde liegt und inwiefern sie für weitere Differenzdimensionen von Bedeutung sind.
Den Ausgangspunkt des Beitrags bildet die Beobachtung, dass die Deutungsmuster Geschlecht und Rasse in der Geschlechtersoziologie zwar unter dem Gesichtspunkt der Intersektion[4] als Kategorien selbstverständlich geworden sind, ihre historisch-epistemologischen[5] Voraussetzungen indes alles andere als geklärt sind. Die folgenden Überlegungen sollen zum Verständnis des Verhältnisses von Teilung und Verflechtung dieser beiden Differenzdimensionen beitragen. Sie reflektieren historisch die Bedingungsmöglichkeiten und Mittel, mit denen diese Unterschiede zum Untersuchungsobjekt gemacht und zur Gewinnung von Wissen verwendet wurden. Ziel ist die Historisierung der beiden Deutungsmuster.
Der Weg dahin verlief in meiner Recherche nicht chronologisch, sondern problemorientiert, entsprechend bin auch ich vorgegangen. Ausgangspunkt war – inspiriert von Claudia Honegger – die Frage, mit welchen Mitteln und Verfahren die Soziologinnen im Umkreis von Karl Mannheim und Norbert Elias zum Ende der Weimarer Republik geforscht und die Geschlechterdifferenz in den Blick genommen haben. Viola Kleins Studie The Feminine Character bildete meinen Untersuchungsgegenstand. Durch die nähere Auseinandersetzung damit wurde deutlich, dass es die Beschäftigung mit den Lebenswissenschaften (1750–1830) braucht, um die Historisierung von Geschlecht und Rasse wissenssoziologisch vornehmen zu können. Kleins Forschung – die den Weiblichkeitskonzepten ihrer Zeit galt, ohne die Humanwissenschaften selbst zu untersuchen – ist in deren Tradition gewiss auch eingebettet.
Zunächst wende ich mich im vorliegenden Beitrag daher jenen Soziologinnen der Zwischenkriegszeit zu, die im Umfeld von Karl Mannheim und Norbert Elias die Instrumente für eine wissenssoziologische Herangehensweise kennenlernten (2.). Anschließend liegt der Fokus auf Viola Klein, die diese Methodologie in ihrer Dissertation bei Mannheim im englischen Exil (1944) gebrauchte, um verschiedene wissenschaftliche Konzepte des „weiblichen Charakters“ zu untersuchen (3.).[6] Angestoßen durch Kleins Hinweis auf die Relationalität verschiedener Differenzdimensionen wende ich mich den Wissenschaften vom Menschen zu, in deren Tradition die von ihr behandelten Geschlechtercodierungen stehen. Dieser Abschnitt geht der Entfaltung des naturalisierten, wissenschaftlichen Verständnisses von Geschlecht und Rasse in Verbindung mit den Fragen der Geschlechterordnung, der Reproduktion und der menschlichen Variation in diesem Wissensfeld nach (4.). Abschließend folgt ein Ausblick auf die historische Situierung gegenwärtiger Diskussionen der Geschlechterdifferenz (5.).
2. Wissenssoziologisch inspirierte Soziologinnen der Zwischenkriegszeit
Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Zwischenkriegszeit zeigt, dass es soziologischer Instrumente und spezifischer Forschungsmilieus bedurfte, um die durch die Frauenbewegung der Vorkriegszeit aufgeworfenen Fragen zur Geschlechterdifferenz produktiv anzugehen. Jene Frauen der damaligen Zeit, die sich selbst als Sozialwissenschaftlerinnen verstanden und auch als solche beschrieben wurden, hatten vorwiegend bei Nationalökonomen respektive Staatswissenschaftlern studiert und promoviert. Sie waren zu Beginn der Weimarer Republik in das Netzwerk von Sozialreform, sozialem Frauenberuf und Frauenbewegung involviert. In Deutschland lehrten und publizierten sie als erste Frauen auf dem Gebiet der Frauen-, Sozial- und Wirtschaftspolitik.[7]
Die Wissenschaftlerinnen, die bei Norbert Elias und Karl Mannheim zwischen 1930 und 1935/36 an der Universität Frankfurt studierten und promovierten, hatten in der späten Weimarer Republik die Soziologie bereits als Hauptfach wählen können. Was sie an Mannheims Soziologie anzog, so zeigt Claudia Honegger,[8] war seine wissenssoziologische Herangehensweise, seine Neugierde „auf unterschiedliche Formen der Wahrheit ‒ auch derjenigen von Frauen,“[9] kurz: seine standortgebundene Perspektive und reflexive Soziologie. Mannheim, der in den historisch-soziologischen Teilen seiner Vorlesungen den sozio-kulturellen Wandel von Frauen und der Familie behandelte, ermutigte die Doktorandinnen, auch an ihre Erfahrungen anzuknüpfen.[10] Die Soziologinnen nutzten Mannheims Konzept der Standortgebundenheit für ihre Untersuchung der Geschlechterverhältnisse. Es war ebenfalls Mannheims methodologisches Interesse daran, wie Wissenschaftlerinnen vorgehen, wenn sie ihre Forschung betreiben.[11]
Margarete Freudenthal (1894‒1984) beispielsweise, die Kunstgeschichte, Philosophie und Nationalökonomie in Freiburg, Frankfurt am Main und Berlin studiert hatte, nahm nach dem Tod ihres Mannes 1929 das Studium der Soziologie in Frankfurt auf. Sie verfasste bei Mannheim ihre Promotion über den „Gestaltwandel der städtischen, bürgerlichen und proletarischen Hauswirtschaft“ – heute ein Standardwerk in der Familiengeschichte und Frauenforschung. [12]
Freudenthal und ihre Kommilitoninnen waren begeistert von Mannheims Soziologie,[13] insbesondere von seinem Interesse an der Bandbreite gesellschaftlicher Phänomene, von seinen Überlegungen zur Standortbindung der Sprecherin und der „Aspektstruktur“ seiner Soziologie. Sie hatten die Möglichkeit, an einem Forschungsprozess teilzunehmen, in dem die soziologische Annäherung an und die Beobachtung von Phänomenen eingeübt wurde. „Bei jeder unserer Seminararbeiten“, so Freudenthal, „wurden neue Denkkategorien an immer wieder neuen Stoffen angewandt oder ausprobiert, und man kam dadurch zu Erkenntnissen, die niemand voraussagen konnte.“[14] Mannheim charakterisiert dieses Verfahren später als „art of observing details and fitting them into a pattern”.[15]
In diesem soziologischen Milieu entstanden Promotionsarbeiten mit einer großen Bandbreite an Themen: etwa jene von Gisela Freund (1908–2000) über die Genese der Fotografie im 19. Jahrhundert, von Frieda Elisabeth Haussig (1903–1982) über die Genese der mittelständischen Soziologie Wilhelm Riehls, von Käthe Truhel (1907–1992) über die Sozialbeamtinnen und die Herausbildung einer Fürsorgebürokratie oder von Natalie Halperin (1908–1974) über deutsche Schriftstellerinnen im späten 18. Jahrhundert.[16] Wie Honegger hervorhebt, saßen viele dieser jüdischen Frauen schon auf gepackten Koffern, um vor dem Naziregime zu fliehen, und konnten ihre Arbeiten nicht mehr abschließen. Ihre Emigration hinterließ einen tiefen Einschnitt in das soziologische Schaffen und in die Wissensgeschichte über Frauen.
3. Viola Klein: „Is there such a thing as ‘Feminity’?“
Viola Klein (1908–1973) wurde auf Mannheim im Rahmen ihrer ersten literaturwissenschaftlichen Dissertation an der Pariser Sorbonne aufmerksam, als sie sein Buch Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus (1935) las. Für sie erwies sich das wissenssoziologische Instrumentarium sowohl als produktiv als auch als intellektuelle Herausforderung für ihre zweite, soziologische Dissertation.[17]
Viola Klein setzte sich inspiriert von Mannheims Vorgehen mit Weiblichkeitskonstruktionen auseinander. Als sie sich 1941 an Mannheim wandte, erhielt sie umgehend eine enthusiastische Zusage von ihm, ihre Dissertation zu betreuen. Mit der Schrift Some theories of feminine studies and so-called character traits. A study in ideologies wurde Klein 1944 bei Mannheim an der London School of Economics promoviert. Bemerkenswert ist, dass Klein Mannheims Begriff der Ideologie – der im frühen 20. Jahrhundert die Pluralität von Ideologien zum Forschungsgegenstand der Soziologie macht – mit ihrer Erforschung der Weiblichkeitskonstruktionen verbindet. Vermutlich ist ihre Studie bis heute die einzige wissenssoziologische und feministische Auseinandersetzung mit den Weiblichkeitskonstruktionen im Untersuchungszeitraum.[18]
In seinem Vorwort zum Buch beschäftigt sich Mannheim bemerkenswerterweise nicht mit Kleins Studie als Frauenforschung, sondern fokussiert ihre Umsetzung seiner Methodologie. Er würdigt den Zugriff und die neuartige Problemstellung der Fallstudie gegenüber „den vermeintlich zeitlosen Charakteristika der Weiblichkeit“. Er bezeichnet Kleins Vorgehen als neuen Forschungsansatz, wie er es in Frankfurt als „Integrating Research“ entwickelt habe. Die Herausforderung, so Mannheim, bestehe darin, verschiedene Aspekte derselben Problematik zusammenzubringen und zu integrieren, die die gegeneinander abgeschirmten Disziplinen lediglich aus ihrer speziellen Sichtweise heraus betrachteten: „Niemand hat sich die Mühe gemacht, die auf verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten gewonnenen Kenntnisse zu dieser Thematik zu bündeln, oder die Ergebnisse in ihren verschiedenen Aspekten zu verknüpfen.“[19] Der heuristische Gewinn liege darin, von einem signifikanten Problem auszugehend kultur- und sozialhistorisches, soziologisches Material und das weiterer Disziplinen zu untersuchen, die verschiedenen Perspektiven zu reorganisieren und durch ihre Exploration und Reflexion zu neuen Fragestellungen zu gelangen.[20] Allerdings erwähnt er Kleins Kritik an den männlich dominierten Standards in Wissen und Gesellschaft nicht.[21]
Was ist nun Kleins Problemstellung? Sie ist daran interessiert, ob sich überhaupt von Merkmalen oder Eigenschaften sprechen lässt, die als typisch weiblich bezeichnet werden können.[22] Ihre Frage lautet, wie sie es später prägnant auf den Punkt bringt: „Is there such a thing as ‚Feminity‘?“[23] Gegenwärtig scheinen solche Fragen eingängig, doch zu Kleins Zeit waren sie in dieser Form gänzlich ungewohnt und irritierend, wie die Rezeption der ersten Ausgabe ihres Buchs 1946 bezeugen (dazu mehr weiter unten). Klein betrachtete die untersuchten Vorstellungen von Weiblichkeit als Ideologie im soziologischen Sinne. Sie zeigte damit einen neuen und für die Geschlechterforschung unüblichen Weg auf. Genauer wollte sie herausfinden, inwieweit diese Ideen einem Wandel unterliegen, welche Effekte sie auf den minderen Status und die Personalität von Frauen haben und ob diese Zuschreibungsmuster Gemeinsamkeiten mit jenen anderer sozialer (Rand-)Gruppen wie Fremden, Juden, Schwarzen etc. aufweisen.
Klein setzte bei den kulturellen Erwartungen an, die an das Verhalten von Frauen gestellt werden und den Rahmen für Status, Persönlichkeitsbildung und Identität bilden, mit denen sich Frauen auseinanderzusetzen haben. Die kulturellen Muster seien keineswegs statisch, Klein stellt sie in einen historischen Kontext, um anhand der Veränderungen soziale Faktoren und kulturelle Einstellungsmuster identifizieren zu können. Trotz des sozialen Wandels, so Klein, werden Rollenzuschreibungen und Standards gesetzt, die sich für Frauen und Männer in Form sanktionierter Muster als unterschiedlich erweisen.[24]
Aus dieser Problemstellung werden die kognitiven und affektiven Dimensionen deutlich, die Kleins Forschung stimulieren und ihre Standortbindung bestimmen. Was Caroline Arni mit Bezug auf die französische Historikerin Sophie Wahnich diskutiert, lässt sich auch auf Klein beziehen. „Der Standort der Historikerin“, so Arni „aber ist unverrückbar ihre Gegenwart. Und diese Gegenwart stattet sie nicht nur kognitiv aus, sondern verstrickt sie auch emotional.“[25] Wahnich zufolge organisiert die Aktualität insofern die Forschungsarbeit, als sie „Affekte […] erzeugt“.[26] Diese Affektion, Unruhe und Ungeduld kommt auch in Kleins Wahrnehmung der Gegenwart zum Tragen: „To be judged, not as an individual, but as a member of a stereotyped group, implies an incalculable amount of restriction, discouragement, ill-feeling and frustration.”[27]
Vor diesem Hintergrund beleuchtet Klein den Wandel gesellschaftlicher Erwartungen an Frauen und die korrespondierende Veränderung in den Annahmen über besondere weibliche „Eigenschaften“. Zur Rekonstruktion des Zusammenhangs analysiert sie die Sichtweisen von Experten in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Sie schließt in ihren Ausgangsannahmen an Mannheims Theorem an, wonach alle Denkweisen und Wissensformen, auch die der Wissenschaft, als perspektivisch zu behandeln sind. Klein unterstreicht, dass die „wissenschaftliche Denkweise“ noch immer als ein völlig losgelöster und autonomer mentaler Akt dargestellt wird, als ob es sich dabei um eine unmittelbare und objektive Annäherung an Sachverhalte handeln würde.[28] Das wissenschaftliche Wissen sei indes wie alle anderen Wissensformen eine kulturelle Aktivität, nuanciert durch soziohistorische Faktoren und Perspektivität der Forschenden.
Die Untersuchungsanlage stützt sich auf Mannheims Erkenntnis, nach der die Methodologie der Sozialwissenschaften in einem dynamischen Forschungsprozess durch Reflexivität und Methodenkontrolle bestimmt ist. Die „Wahrheit“ stellt sich in sozialen Sachverhalten demnach in verschiedenen Perspektiven („Aspektstruktur“) dar. Hiervon ausgehend rekonstruiert Klein die Konzepte verschiedener Disziplinen, die sich als für die Erforschung des „weiblichen Charakters“ zuständig erachten.
Als Untersuchungsfeld wählt Klein Konzepte, die verschiedene Disziplinen von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre hinein entwarfen. Dazu zählen so bekannte wie relevante Wissensfelder wie Biologie (Havelock Ellis), Philosophie (Otto Weininger), Psychoanalyse (Sigmund Freud), Experimentelle Psychologie (Helen B. Thompson), Psychometrie (Lewis M. Terman und C. C. Miles), Geschichte (Mathias und Mathilde Vaerting), Anthropologie (Margaret Mead) und Soziologie (William I. Thomas). Bereits diese Varianz an Disziplinen lässt erkennen, mit wieviel Nachdruck die genannten Wissensfelder ihre Zuständigkeit für Weiblichkeitskonstruktionen beanspruchten und darüber ihr wissenschaftliches Profil spezifizierten. Die Disziplinen stehen in der Tradition der Wissenschaften vom Menschen um 1800, die maßgeblich die Verwissenschaftlichung der Geschlechterdifferenz betrieben.
Im Ergebnis zeigt sich, dass die untersuchten Konzepte verschiedene Beschreibungen und Spezifizierungen des „weiblichen Charakters“ vornehmen, die zwar nicht auf einen Nenner zu bringen sind. Doch ruhe diese Vielfalt auf einem gemeinsamen Postulat, nämlich „der Existenz eines Konzepts der Weiblichkeit als Verkörperung spezifischer psychologischer Charakteristika“[29], das abhängig von der Perspektivität variiert.[30] Mit anderen Worten: Die Konzepte teilen ein Basisnarrativ. Die Grundstruktur des Diskurses über Weiblichkeit sei im Wandel der Zeit faktisch unverändert geblieben.[31]
In den rezenten Studien machen Soziologinnen auf die dürftige soziologische Rezeption von Viola Kleins Arbeiten aufmerksam, die sie als „schwerwiegendes Versäumnis“[32] betrachten, nicht zuletzt auch deswegen, weil sich die Forschung primär den Zeiträumen der ersten Frauenbewegung um 1900 und der zweiten ab den 1960er-Jahren zugewandt habe, während der Mitte des 20. Jahrhunderts dagegen kaum Beachtung geschenkt werde.[33]
Die klaffende Rezeptionslücke des Feminine Character ist allerdings auch mit dem Nationalsozialismus und den Folgen des Zweiten Weltkriegs verknüpft. Norbert Elias charakterisierte die ausbleibende Auseinandersetzung mit den vertriebenen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen als „den Rückzug der Soziologen auf die Gegenwart“, als er den Präsentismus der deutschsprachigen Soziologie diskutierte.[34]
Die Personen im Kreis um Mannheim und Elias waren durch die NS-Verfolgung in alle Winde zerstreut worden. Im englischen Kontext war die Soziologie als Fach zudem kaum verankert, in den Universitäten wurde sie „als Domäne von Dilettanten abgetan“[35] und selbst die kleine Zahl von Soziologen zeigte sich „schnell äußerst befremdet“ über die Wissenssoziologie.[36] Resonanzen, Anknüpfungspunkte und Referenzen für die wissenssoziologische Methodologie gab es nicht. Nach dem frühen Tod Mannheims im Jahr 1947 befand sich Klein wissenschaftlich in einem Vakuum und einer äußerst schwierigen sozialen Situation. Ihr Buch wurde entweder reserviert aufgenommen oder scharf kritisiert. Der überwiegend polemische Rezeptionsstil illustriert für Janet Sayers die „British hostility to such ‚Germanic‘ theorizing“.[37] Klein zitiere, so die Kritik, zu viele deutsche und österreichische Autoren und verwende eine „Germanically clumsy terminology“.[38] Eine solche antideutsche Polemik ist im Jahr 1946 nicht unverständlich, zudem waren Flüchtlinge überall nicht gern gesehen. Diese Abwehr der Nachkriegszeit verhinderte eine breite wissenschaftliche Kenntnisnahme von Kleins Buch, zumal sie als Frau und Flüchtling nicht in Wissensnetzwerke eingebunden war. Außerdem war ihre Kritik an männlich dominierten Machtstrukturen im Klima der Nachkriegszeit ebenso wenig willkommen. Das Buch stieß wegen seines „militant feminism“ und der „sternly masculine objectivity“ auf Ablehnung, schließlich ermutigte es Frauen zu bezahlter Arbeit, die die weibliche Rollenzuschreibung unterlaufen würde.[39]
Für die weiteren Überlegungen ist festzuhalten: Klein spricht sich dafür aus, die den Frauen und anderen Kollektiven zugeschriebenen Merkmalsmuster zueinander in Beziehung zu setzen und sie auf Ähnlichkeiten wie Unterschiede hin zu untersuchen.[40] Sie schlägt vor, die Geschlechterunterscheidung nicht isoliert, sondern in einem Netz von Differenzdimensionen zu betrachten. Ich möchte diese Hinweise nicht wie üblicherweise bis in die Gegenwart verfolgen, stattdessen soll – wie eingangs erläutert – ein Blick zurück auf die Zeit um 1800 geworfen werden, als mit den aufkommenden Lebenswissenschaften epistemologische Umbrüche stattfanden, aus denen Geschlecht und Rasse als Untersuchungsobjekte der Wissenschaft hervorgingen.
4. Weiblichkeits- und Rassenvorstellungen der Menschenwissenschaften um 1800
Wenn wir uns die wissenschaftlichen Umwälzungen während des 16. und 17. Jahrhunderts in den Bereichen Physik und Astronomie vor Augen führen, durchliefen die Sciences de l’homme, die Wissenschaften vom Menschen, im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert ähnlich grundlegende Neuerungen. Wir können sie an ihren kognitiven Prinzipien erkennen, ihren neuartigen Prozeduren und Beobachtungstechniken.[41] Gewiss wurden auch in den Jahrhunderten zuvor wissenschaftliche Beobachtungen angestellt, doch erst an der Wende zum 19. Jahrhundert setzt sich die Beobachtungsform als Argumentations- und Begründungweise durch, und mehr als je zuvor, so Lorraine Daston, umfasst Beobachtung nun auch Observanz im Sinne der Selbst- und Fremdregulierung.[42]
Claudia Honegger lenkt in diesem Kontext den Blick auf „die Neubestimmung der Geschlechter“. Sie stellt „die Entdeckung des Weibes“ in den Zusammenhang jener Formationsprozesse der Beobachtung, die Teil der Systematisierung verschiedener Bestrebungen zur Wissenschaft vom Menschen waren und einen ‚scharfen Dualismus der Geschlechter‘ hervorbrachten. Während der Mann „zum modernen Menschen der Humanwissenschaften“ generalisiert wurde, erklärten die vergleichende Anatomie, die physische Anthropologie und die Medizin in einer Sonderanthropologie des Weibs die Frau zu ihrem Studienobjekt, insbesondere in der neu entstehenden Gynäkologie.[43]
Die Gleichsetzung des Menschen mit dem Mann der Moderne, wie sie in Foucaults Archäologie der Humanwissenschaften und den mannigfachen soziologischen Analysen der Moderne zu finden sind, lassen sich somit in ein anderes Licht rücken.[44]
Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden zwei Perspektiven auf die Umbrüche präsentiert werden, die den Ort von Geschlecht und Rasse um 1800 beleuchten. Ich wende mich den Konfigurationen zu, in denen neue Überlegungen zur Thematik von Körper, Geist und Psyche, Fortpflanzung, Zeugung und Reproduktion, Vererbung und Erblichkeit in Verbindung mit den beiden Deutungsmustern aufkamen.
Die Beschäftigung mit Unterschieden zwischen Frauen und Männern war in den Sciences de l’homme von Beginn an mit der Frage nach dem Leben und den kulturellen Umbrüchen jener Zeit verbunden.[45] Honegger setzt wissenssoziologisch bei der „Sonderstellung der Frau in Natur und Gesellschaft“ sowie beim Wandel der kognitiven Prinzipien und Verfahren an, die die Verschiedenheiten und Unterschiede als Differenz verwissenschaftlichen. Obschon Honeggers Studie auf das Deutungsmuster Geschlecht konzentriert ist, stellt sie auch verschiedene Bezüge zur Sonderstellung der Anderen innerhalb und außerhalb Europas her.[46] Susanne Lettow nähert sich den Prozessen der Neuausrichtung um 1800 aus einer wissenschaftsgeschichtlichen Perspektive. Das Netz der nun auftauchenden Differenzdimensionen von Geschlecht und Rasse weitet sie über die Medizin und Anthropologie hinaus auf die moderne Naturphilosophie und Biologie aus.
4.1 Kognitive Wandlungen
Honegger beschäftigt sich mit den neuen Beobachtungsweisen, die sich – gegen viele Einwände und Widersprüche – im 19. Jahrhundert als plausibles Instrument zur Rekonfiguration von Geschlecht und Rasse erweisen. Das ist zunächst die als epistemologische Befreiung charakterisierte Weise, die – auf den Körper, auf das Leben und die Lebewesen fokussiert – unmittelbar am Körper ansetzt und auf Individuen wie auf soziale Kollektive gerichtet ist. Anschließend an Sergio Moravia[47] und Michel Foucault[48] pointiert Honegger die Beobachtungsweisen, die für die Verwissenschaftlichung der Differenz produktiv gemacht werden.
Im Zuge der Ablösung vom nomologischen Erklärungsmodell findet die Rehabilitierung des Beobachtungssinns statt, wodurch empirisch-induktiven Modellen zunehmend Vorrang gegeben wird. Damit einher geht die Wiederentdeckung der empirischen Beschreibung und der Sinneswahrnehmung, die vor allem von französischen Gelehrten angestoßen wird.[49] Für die Anthropologie der Geschlechter sollten dabei der Analogismus, die Bedeutung des Augenscheins und der Primat der vergleichenden Beobachtung relevant werden.
Statt des Cartesianischen Dualismus werden Körper, Geist und Psyche der empirischen Erkenntnis zugänglich gemacht. Hiermit wird die neuartige Vorstellung eines lebendigen Körpers (living body) möglich, der sich anders als eine ausgedehnte Masse als ein Organismus durch ‚Selbstgenügsamkeit‘ und ‚Vollständigkeit‘ auszeichnet. In diesen Umwandlungsprozessen entstand ein Untersuchungsobjekt für ihre empirischen Studien der médecins-philosophes.[50] Die Medizin befand sich daher seit dem späten 18. Jahrhundert „im kulturellen Zentrum der auf den Menschen und auf die Frau gerichteten wissenschaftlichen Neugierde“.[51] Das zu dieser Zeit ebenfalls aufkommende Wissen über das ‚Leben der Gattung‘, mit dem Fokus auf über-individuelle Prozesse, die das Leben der Menschen verbinden, wird um 1800 zum Untersuchungsobjekt der Biologie.[52]
Zu den verschiedenen Aspekten der kognitiven Wandlungen gehört nicht zuletzt die Wahrnehmung einer Mensch-Umwelt-Relation. Menschen werden als Bewohner der Erde aufgefasst, die eine enge Verbindung zur natürlichen Umwelt unterhalten. Damit in Verbindung lässt sich von einer geographischen und anthropologischen Öffnung gegenüber dem Anderen sprechen, mit der unter anderem die Disziplinen der Kulturanthropologie und der Ethnologie entstehen.[53] Die Mythen und Riten der Anderen werden zum Gegenstand wissenschaftlicher Verfahren gemacht, analysiert und verglichen.
Jene Verschiebungen stehen in dem größeren Zusammenhang der europäischen Expansion und kolonialen Eroberung und sind in diese Prozesse eingebettet. Erfahrungen mit anderen Naturräumen, Völkern und Lebewesen machten die Europäer, als sie in der Frühen Neuzeit aufbrachen, die Welt zu erobern. Im Zuge des Kolonialismus erfuhren sie, „dass Fortschritt und Innovation auch bedeuten konnte, ganze Traditionen, Institutionen und Völker auszulöschen und damit Fremdes wie Hergebrachtes hinter sich zu lassen“.[54]
In diesen Auseinandersetzungen erkannten Europäer allmählich, so Hans-Jörg Rheinberger und Staffan Müller-Wille, dass „die Natur die Geschichte bestimmt, aber auch, dass die Natur selbst eine Geschichte hat – sodass es scheinen konnte, als ließe sich Geschichte gestalten, indem man die Natur beherrschte“.[55] Der hiermit entstehende Horizont von Zeit, Geschichte und Temporalität impliziert die Möglichkeit des Selbst- und Fremdbezugs auf Geschichte und ihre Gestaltung. In diesem Kontext thematisiert Honegger den Begriff des Naturmenschen, der besage, dass einige Individuen und Kollektive der Natur näher sind als andere. Dieser Begriff transportiert demnach „gerade auch die für die weibliche Sonderanthropologie zentral werdende Vorstellung“, dass die Frau (in Europa) der Natur näherstehe als der Mann.[56]
Die Imaginationen der Gestaltung und Formgebung von Geschichte und Natur gelangten in den Bemühungen um eine wissenschaftliche Bestimmung der Verschiedenheit von Menschen und weiteren Lebewesen zum Ausdruck. Honegger charakterisiert diese Versuche als Verwissenschaftlichung der Differenz. Angesprochen ist hiermit ein aktiver, eingreifender Modus, ein Ensemble aus Praktiken, Instrumenten, Techniken und Institutionen, die die kulturelle Konstruktion von Weiblichkeit entfalteten, statt theologisch-philosophischer Diskurse.
Als weibliche Personen im frühen 19. Jahrhundert zum Untersuchungsobjekt der Wissenschaft werden und statt des genealogischen Geschlechtermodells die Verschiedenheit von Körper und Psyche in den Vordergrund gerückt wird, verblasst das in der Frühen Neuzeit präsente Verständnis des Geschlechts als partikularer, lokaler und ständischer Herkunftszusammenhang allmählich.[57] Diese tiefgreifenden Umbrüche, die Honegger en détail rekonstruiert, erfasst Barbara Duden als die „Entmächtigung des Körpers, als die Produktion des modernen Körpers […] als Körper, den wir jetzt ‚haben‘.“[58]
Aus dieser neuartigen Perspektive findet auch die Auseinandersetzung mit weiteren Differenzen statt, mit den ‚Wilden‘, dem Fremden, dem Irren. Ihr Anderssein wird wissenschaftlichen Prozeduren unterzogen. War der Irre zuvor ein meta-natürliches Ereignis, ein Phänomen außergewöhnlicher geistiger Kräfte, so Foucault, wird der Wahnsinn nun eine organische Krankheit des Geistes, zu einem Untersuchungsobjekt, für das die Psychiatrie zuständig ist.[59]
4.2 Konfigurationen zur Verwissenschaftlichung von Geschlecht und Rasse
Als sich im 18. Jahrhundert Wissenschaftler von den Vorstellungen mechanischer Gesetze der Natur langsam abzulösen beginnen, meinen sie, eine „andere Welt“ (Charles Bonnet), eine „neue Natur“ (Pierre-Louis Moreau de Maupertuis) oder eine „organisierte Natur“ (Immanuel Kant) zu erblicken, die sich selbst mit dem Vermögen zu Reproduktion, Wachstum und Regeneration erhält.[60] In diesem Zusammenhang, in dem das Leben zum konzeptionellen Mittelpunkt des neuen Wissensfelds der Biologie wird, erfahren Vorstellungen von Geschlecht und Rasse tiefgreifende Veränderungen, die Themen der Zugehörigkeit zur sozialen und kulturellen Ordnung, von Geschlechter-, Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen, von Fortpflanzung und ‚Rassenmischung‘ betreffen.
Mit dem neuartigen Interesse am Leben und am Lebendigen (living beings) fällt ebenfalls das gemeinsame Auftauchen (co-emergence) von Geschlecht und Rasse als moderne Kategorien zusammen. Beide, so Susanne Lettow, sind „eng mit dem neuen Fokus auf diachrone Vermehrungsprozesse und langfristige Abstammungslinien von Individuen verbunden, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch den Neologismus ‚Reproduktion‘ zum Ausdruck kam“.[61] Der Gebrauch dieses Begriffs – im britischen, deutschen und französischen Kontext höchst ungleichzeitig – verweist insgesamt auf eine Neuausrichtung der wissenschaftlichen Neugierde an generativen Vorgängen.
Diese Prozesse der Weitergabe waren in Europa seit dem frühen Mittelalter vor allem für die Kirche relevant. Die Auseinandersetzung damit streut in der Frühen Neuzeit in Politik, Recht und Medizin. Wie Rheinberger und Müller-Wille herausstellen, wird Vererbung als allgemeiner Begriff erst an der Wende zum 19. Jahrhundert angewendet, und zwar anhand veränderlicher Muster wie Krankheiten, Monströsitäten und individuellen Abweichungen „innerhalb derselben Art“.[62]
In jener Zeit sind es im deutschsprachigen Kontext die anthropologischen Schriften Immanuel Kants, die dem Feld der Vererbung eine spezifische biologische Bedeutung verliehen. Kant sollte mit seiner Bestimmung von Rasse die Richtung künftiger Forschungsdebatten bestimmen. Diese steht im Kontext, so Lettow, seines Konzepts der Naturphilosophie, mit dem er sich von der früheren, durch ihn als Naturbeschreibung bezeichneten und ihrer statischen Taxonomie abgrenzt. Was in der ersteren als Art bezeichnet wird, so Kant, benennt die letztere als Rasse. Bei Kant greife diese Auffassung nur im Kontext des neuen Wissens, das auf Dynamik statt auf Taxonomien bezogen ist, wie die Vererbung, mit der Kant sein Verständnis von Rasse verknüpft.[63]
Für den Philosophen stellt sich das Phänomen, dass ‚Menschenrassen‘ verschiedene Eigenschaften aufweisen, die sich zwar durch hybride Verbindungen mischen lassen, sich allerdings auf die Nachkommen übertragen. Das Problem sah Kant im Verlust des klaren Unterschieds zwischen „artspezifischen Formen“ – die Möglichkeit der Spezies Mensch, Nachkommen zu zeugen – und „individuelle Eigenschaften“, sogenannte ‚Rassenmerkmale‘. Im Vordergrund steht demnach die Problematik der Variationsmuster, „die das Leben unterhalb der Ebene der Arten strukturierten“.[64]
Die von Kant behandelte Problematik der Varietät war in Europa bereits lange geläufig, allerdings nicht auf der Ebene der organischen Vererbung. Wie Renato G. Mazollini in seiner Forschung über das Verhältnis von Hautfarbe und Rasse aufzeigte, zog das Phänomen verschiedener menschlicher Hautfarben lange Zeit das Interesse von Philosophen und Forschern auf sich. Während bis ins frühe 17. Jahrhundert die antike Klimatheorie tonangebend gewesen sei, wurde im Zuge der europäischen Expansion etwa in Reiseberichten zunehmend die Hautfarbe als ein charakteristisches körperliches Merkmal erwähnt. Im mediterranen Sklavenhandel verwendeten Händler und auch Sklavenbesitzer die Hautfarbe als wichtigstes Erkennungszeichen, gleichwohl verlief die Unterscheidung nach Hautfarben ausgesprochen langsam, oft war sie umstritten.[65]
Die Abbildungen aus dem Castas-System der portugiesischen und spanischen Kolonialmächte in Amerika – das im nicht-iberischen Europa lange Zeit unbekannt war – machen das Phänomen der ‚Vermengung‘ (Kant) als Praktiken männlicher und weiblicher Personen unterschiedlicher Herkünfte augenscheinlich. Das koloniale Recht regelte seit dem 16. Jahrhundert den rechtlichen und sozialen Status der Nachkommen aus ‚gemischten‘ Verbindungen nach Hautfarbe, aber vor allem auch entlang sozialer Hierarchien.[66]
Im westlichen Europa waren bereits seit dem 17. Jahrhundert Experimente mit Tieren erfolgt. Die Debatten des 18. Jahrhunderts thematisierten Anomalien, Krankheiten oder Missbildungen, die bei Menschen als Merkmale übertragen wurden, insbesondere bei verschiedenen Hautfarben. Die Diskussionen wurden durch die weltumspannende europäische Expansion und die Kolonialisierung befeuert. „Hiermit wurde eine beispielslose Mobilität von Lebewesen in Gang gesetzt sowie eine entsprechende Aneignung und Übertragung von Wissen“, schreibt Lettow.[67] Im Zuge dieses Einbruchs in lokale, abgeschirmte Bedingungen der Fortpflanzung tauchte das kulturelle Phänomen der ‚Vermengung‘ zunehmend auf.
Spekulationen über eine Verbesserung der Fortpflanzung wurden bereits Mitte des 17. Jahrhunderts im Kontext der Bevölkerungspolitik und Bevölkerungsarithmetik vorgenommen, verschoben sich aber, so Phillip Kreager, mit der Wende zum 18. Jahrhundert, als sie durch Ansätze mit Fokus auf die Fertilität abgedrängt wurden.[68] Der spezifische Begriff der nationalen Bevölkerung als eigenständige und geschlossene Entität in der Formation des Nationalstaats leistete dem Gedanken der nationalen Bevölkerungspolitik Vorschub.
Die Auseinandersetzung mit dem Phänomenbereich der Fortpflanzung und Regeneration wird im späten 18. Jahrhundert als ein Bereich erkennbar, der sich durch Selbstreferenz auf eigene Gesetze auszeichnet und mit dem Wissensregime der Vererbung „einen neuen epistemischen Horizont” konstituiert, das auf „die Mobilisierung von Lebensverhältnissen zielte.[69]
Im Medium des Wissensregimes der Vererbung wird erkennbar, dass sich aus den früheren Vorstellungen und Konzepten von Geschlecht und Rasse langsam neue Paradigmen durchsetzen konnten. An der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert spielt das naturalisierte, szientistische Verständnis von Geschlecht und Rasse eine gewichtige Rolle im Prozess der Herausbildung der Lebenswissenschaften. Im europäischen Kontext werden wissenschaftliche Vorstellungen von Rasse und Geschlecht in die nationale Bevölkerungspolitik übernommen, die bis in unsere Gegenwart keineswegs an Virulenz verloren hat.
5. Zusammenfassung und Ausblick
Eingangs habe ich nach den begrifflichen Instrumenten und Perspektiven gefragt, mit denen Soziologinnen die Geschlechterdifferenz beobachtet haben und inwiefern dabei weitere Differenzdimensionen von Bedeutung sind. Wie Kleins Forschung zeigt, erlangten Soziologinnen im Kontext der Wissenssoziologie Mannheims erstmals Instrumentarien, um die Geschlechterdifferenz als solche zu untersuchen und Fragen nach weiteren Differenzdimensionen ins Auge zu fassen. Mit ihrer Studie formulierte Klein eine neuartige Problemstellung im Hinblick auf die Relationalität sozio-kultureller Differenzen.
Klein forschte, als die historische Epistemologie noch im Entstehen begriffen war, doch sie regt uns dazu an, aus ebendieser Perspektive die epistemologischen Bedingungsmöglichkeiten um 1800 sowie die Hervorbringung von Geschlecht und Rasse als Untersuchungsgegenstände der Wissenschaft zu untersuchen. Insofern ist Kleins Studie exemplarisch für die konzeptionelle Zäsur beziehungsweise die Wissensumbrüche, die die wissenssoziologische Methodologie im frühen 20. Jahrhundert für die Frauenforschung, die Geschlechtersoziologie und die historische (Wissens-)Soziologie in Gang setzten und markieren.
Der vorliegende Beitrag unterstreicht, wie die naturalisierten, modernen Konzepte von Geschlecht und Rasse in den Umwälzungen von der Naturbeschreibung zur Naturphilosophie und Biologie hervorgebracht wurden. Sie waren mit den großen Themen jener Zeit verknüpft, der Zugehörigkeit zur natürlichen und sozialen Ordnung, sowie mit den Themen Reproduktion und Vererbung, Abstammungslinien, Familie und Verwandtschaft.
Wie Honegger und Lettow hervorheben, ist das Interesse an Fragen dieser Zugehörigkeit in den entstehenden Humanwissenschaften und die Besorgnis darüber mit dem Leben und dem Lebendigen verbunden. Ohne die Berücksichtigung dieser Formations- und Reorientierungsprozesse sind die großen Kontroversen und soziopolitischen Programme ebenso wie die Geschichte der Sozialwissenschaften seit dem späten 18. Jahrhundert kaum zu verstehen.
Festzuhalten ist, dass Unterscheidungen, die unmittelbar am Körper ansetzen und Individuen wie sozialen Kollektiven kulturell zugeschrieben werden, um 1800 ein Novum darstellen. Sie nehmen in jener Zeit exponentiell zu, mit der Referenz auf das Leben als moderne verwissenschaftlichte Konzepte von Geschlecht und Rasse. Dieser Zusammenhang ist für die Bevölkerungs- und Geschlechterpolitiken der folgenden Jahrhunderte von höchster Relevanz geworden und bestimmt weiterhin die Geschichte der Gegenwart.
Die Einnahme einer historisch-soziologischen Perspektive[70] auf diese Entwicklungen erweist sich als weiterführend, um anstelle von Übersimplifizierungen, Generalisierungen und verkürzten Postulaten von Bruch oder Wandel, gegenwärtig verwendete Konzepte radikal zu historisieren. Historizität, Reflexivität und Relationalität (im Anschluss an Mannheim, Klein und die historische Epistemologie) sind angemessene Werkzeuge, um so etwas wie die wissenssoziologische (Selbst-)Beobachtung der Soziologie zu ermöglichen.
Fußnoten
- Gedankt seien Gerdien Jonker, Léa Renard und Susanne Lettow für Kommentar, Lektüre und Diskussion.
- Caroline Arni / Charlotte Müller, More Sociological than Sociologists? Undisciplined and Undisciplinary Thinking about Society and Modernity in the Nineteenth Century, in: Barbara Marshall / Anne Witz (Hg.), Engendering the Social. Feminist Encounters with Sociological Theory, Berkshire 2004, S. 71–97.
- Vgl. für verschiedene soziologiegeschichtliche Ansätze Stephan Möbius / Christian Dayé (Hg.), Soziologiegeschichte. Wege und Ziele, Frankfurt am Main 2016; vgl. für die historische Wissenssoziologie: Wie Margarete Somers argumentiert, ist die historische Dekonstruktion von Wissensphänomenen mit einer konzeptionellen zu verbinden, um die Wissenskulturen zu erschließen, in die sie eingelagert sind. Die Prinzipien der Historizität, Reflexivität und Relationalität seien die angemessenen Zugriffe, um diesen Zusammenhang zu erfassen (Margaret R. Somers, The Privatization of Citizenship. How to Unthink a Knowledge Culture, in: Victoria E. Bonnell / Lynn Hunt (Hg.), Beyond the Cultural Turn. New Directions in the Study of Society and Culture, Berkeley, CA, 1999, S. 121–164; Margaret R. Somers / Gloria D. Gibson, Reclaiming the Epistemological Other. Narrative and the Social Constitution of Identity, in: C. Calhoun (Hg.), Social Theory and the Politics of Identity, Oxford 1994, S. 37–99.
- Das in der US-amerikanischen Geschlechterforschung entwickelte Konzept der Intersektionalität geht zurück auf die Rechtswissenschaftlerin Kimberly Crenshaw, Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics, and Violence Against Women of Color, in: Stanford Law Review 43 (1994), S. 1241–1299; siehe auch: Hae Yeon Choo / Myra Marx Ferree, Practicing Intersectionality in Sociological Research. A Critical Analysis of Inclusions, Interactions, and Institutions in the Study of Inequalities, in: Sociological Theory 28 (2010), S. 129–149; Stefan Hirschauer (Hg.), Un/doing Differences. Praktiken der Humandifferenzierungen, Weilerswist 2017.
- Vgl. Hans-Jörg Rheinberger, Historische Epistemologie. Zur Einführung, Hamburg 2007.
- Viola Klein, The Feminine Character. History of an Ideology, 3. Aufl., London 1989; Janet Sayers, Introduction, in: Klein, The Feminine Character, S. IX–XXXI; vgl. Regine Gildemeister / Katja Hericks, Geschlechtersoziologie. Theoretische Zugänge zu einer vertrackten Kategorie des Sozialen, München 2012, S. 99–106; Sandra Farganis, The Social Reconstruction of the Feminine Character, Lanham/MD 1996.
- Vgl. Cora Berliner (1890–1942), 1919 die erste Frau in einem Reichsministerium, 1923 Regierungsrätin, Leiterin im Reichswirtschaftsamt, 1927 Beraterin in der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft nach London, 1930 Professorin für Wirtschaftswissenschaften am Berufspädagogischen Institut in Berlin, 1942 ermordet in Polen (Sibylle Quack / Centrum Judaicum (Hg.), Cora Berliner, Gertrud Kolmar, Hannah Arendt. Straßen am „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ ehren ihr Andenken, Berlin 2000). Vgl. Frieda Wunderlich (1884–1965), Professorin für Soziologie und Sozialpolitik an der Berliner Handelshochschule, Herausgeberin der einflussreichen Wochenzeitung Soziale Praxis und Mitglied des Komitees Frauenarbeit des Internationalen Arbeitsbüros (Lara-Zuzan Golesorkhi / Ellen M. Freeberg / Gina Luria Walker, Frieda Wunderlich. Feminist research and activism in Berlin, in: Journal of Classical Sociology 23 (2023), 4, S. 522–535; Theresa Wobbe, Wahlverwandtschaften. Die Soziologie und die Frauen auf dem Weg zur Wissenschaft, Frankfurt am Main 1997, S. 170–186).
- Claudia Honegger, Die bittersüße Freiheit der Halbdistanz. Die ersten Soziologinnen im deutschen Sprachraum, in: Theresa Wobbe / Gesa Lindemann (Hg.), Denkachsen zur theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht, Frankfurt am Main 1994, S. 69‒85.
- Ebd., S. 74; David Kettler / Volker Meja, Karl Mannheim (1893–1947), in: Dirk Kaesler (Hg.), Klassiker der Soziologie, Bd. 1, München 1999, S. 296–314; David Kettler / Volker Meja, The Anthem Companion to Karl Mannheim, London / New York 2017.
- David Kettler / Volker Meja / Karl Mannheim and Women’s Research, in: dies., Anthem Companion, S. 85–116; vgl. Amalia Barboza, Karl Mannheim, Konstanz 2009; dies., Karl Mannheim’s Sociology of Self-Reflexivity, in: Anthem Companion, S. 175–198.
- Vgl. ebd.: Die Autoren geben unter anderem auf Grundlage der Vorlesungen Mannheims Einblick in diesen Zusammenhang; insofern lässt sich Mannheims Wissenssoziologie auch als eine Historisierung der Epistemologie betrachten, die ihr Objekt „einem empirisch-historischen Regime“ unterordnet und „ihren Gegenstand selbst als einen historisch variierenden“ erschließt (Rheinberger, Historische Epistemologie, S. 12).
- Margarete Freudenthal, Gestaltwandel der städtischen bürgerlichen und proletarischen Hauswirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des Typenwandels von Frau und Familie, vornehmlich in Südwest-Deutschland zwischen 1760 und 1933. Teil 1: von 1760–1910, Würzburg 1934. Ihre Studie wurde 1986 nochmals aufgelegt: Margarete Sallis-Freudenthal, Gestaltwandel der städtischen, bürgerlichen, proletarischen Hauswirtschaft zwischen 1760 und 1910, Frankfurt am Main / Berlin 1986.
- Margarete Sallis-Freudenthal, Ich habe mein Land gefunden, Frankfurt am Main 1977, S. 106 f.; Honegger, Freiheit, S. 74.
- Ebd., S. 108 f; vgl. Kettler/Meja, Women’s Research, S. 107–110.
- Karl Mannheim, Foreword, in: Klein, The Feminine Character, S. xxxv-xlii, hier, S. xxxviii.
- Vgl. Honegger, Freiheit.
- Karl Mannheim, Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus, Leiden 1935; vgl. Eva Stina Lyon, Viola Klein: Forgotten Emigré Intellectual, Public, Sociologist and Advocate of Women, in: Sociology (2007) 41, S. 829–842; Ute Gerhard, Feministische Perspektiven in der Soziologie. Verschüttete Traditionen und kritische Interventionen, in: L’Homme. Z. F. G. (2013) 24, S. 73–91; Shira Tarrant, When Sex became Gender, New York 2013.
- Viola Klein, The Feminine Character; Janet Sayers, „Introduction”, in: Viola Klein, The Feminine Character: History of an Ideology, 3. Aufl., London 1989, S. IX–XXXI (ich verwende im Folgenden die 3. Auflage, wenn nicht anders angegeben); vgl. Regine Gildemeister / Katja Hericks, Geschlechtersoziologie. Theoretische Zugänge zu einer vertrackten Kategorie des Sozialen, München 2012, S. 99–106; Lena Spickermann, Viola Klein (1908–1973), Vordenkerin der Frauen- und Geschlechterforschung, in: Soziopolis, 7. 12. 2023.
- Karl Mannheim, Foreword, in: Klein, The Feminine Character, S. xxxv-xlii, hier, S. xxxv.
- Mannheim, Foreword, S. xxxv.
- Vgl. Lyon, Viola Klein; Gerhard, Feministische Perspektiven; Lena Spickermann, Viola Klein.
- Klein, Feminine Character, S. 1; vgl. Gildemeister/Hericks, Geschlechtersoziologie, S. 100.
- Viola Klein, Preface to the Second Edition, in: Klein, The Feminine Character, S. xlvi.
- Klein, The Feminine Character, S. 128; in diesem Vorwort erwähnt sie als erste Inspiration für ihre Studie G. H. Waddingtons Buch, The Scientidfic Attidude (1941), nicht Mannheim, wenngleich sie seine aufmerksame Lektüre ihres Dissertationsmanuskripts betont.
- Caroline Arni, Zeitlichkeit, Anachronismus, Anachronie. Gegenwart und Transformationen der Geschlechtergeschichte aus geschichtstheoretischer Perspektive, in: L’Homme (2007) 18, S. 53–76, hier, S. 60.
- Sophie Wahnich, Sur l’anachronisme contrôlé, in: CLIO. Histoire, Femmes et Sociétés et Espaces Temps, 87–88 (2004), S. 140–146, hier, S. 143.
- Klein, The Feminine Character, S. 5; in ihrem Vorwort zur zweiten Auflage pointiert Klein, dass ihr Untersuchungsgegenstand als solcher „a universal and intense […] ego-involvement” erzeuge, „that emotional detachment is difficult to achieve”, in: dies., Preface to the second edition. With an Introductory Essay for the American Edition by Janet Zollinger Giele, Chicago/London, S. xvi.
- Klein, The Feminine Character, S. 2, meine Übersetzung.
- Ebd., S. 168, meine Übersetzung.
- Klein, The Feminine Character, S. 168.
- Klein, Preface, S. xliv.
- Spiekermann, Viola Klein, S. 2.
- Tarrant, Viola Klein, S. 2.
- Norbert Elias, Über den Rückzug der Soziologen auf die Gegenwart, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 35 (1983), 1, S. 29–40. Die englische Fassung wurde von Elias im zweiten Teil neu geschrieben und von Stephan Kahlberg und Volker Meja übersetzt, Norbert Elias, The retreat of the Present, in: Theory, Culture &Society 4 (1987), S. 223–247. Siehe auch: David Inglis, The Death of History in British Sociology. Presentism, Intellectual Entrepreneurship, and the Conundra of Historical Consciousness, in: Judith Burnett / Syd Jeffers / Graham Thomas (Hg.), New Social Connections. Sociology’s Subjects and Objects, London 2010, S. 105–124. Inglis bezeichnet das Phänomen des Presentismus als „the unintended, tacit, and unnoticed privileging of contemporary concerns and dispositions within particular modes of analysis dispositions within particular modes of analysis” (ebd., S. 105).
- Kettler/Meja, Karl Mannheim, S. 304.
- Ebd.
- Janet Sayers, Introduction, in: Klein, The Feminine Character, S. IX–XXXI, hier, S. xii.
- Vgl. ebd.
- Ebd.
- Kleins Referenz ist die Sozialfigur des „marginal man“, des Außenseiters beziehungsweise der Randgruppe (Robert E. Park, Human Migration and the Marginal Man, in: The American Journal of Sociology (1928) 33, S. 881–893; Everett V. Stonequist, The Marginal Man. A Study in Personality and Culture Conflict, New York 1937).
- Vgl. Lorraine Daston / Elizabeth Lunbeck (Hg.), Histories of Scientific Observation, Chicago/London 2001; Nancy Stepan, The Idea of Race in Science, Great Britain, 1800–1960, London/Basingstoke 1982, S. xiii; Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften, übersetzt von Ulrich Koeppen, Frankfurt am Main 1974, S. 9–28, 413–462.
- Lorraine Daston, The Empire of Observation, 1600–1800, in: dies., Lunbeck, Scientific Observation, S. 81–113, hier S. 106; vgl. Gianna Pomata, Observation Rising: Birth of an Epistemic Genre, 1500–1650, in: ebenda, S. 45–80; vgl. Teil 2 (1750–1930), Observing and Believing: Evidence, S. 115–179.
- Honegger, Die Ordnung, S. 3–6.
- Vgl. Ute Frietsch, Die Abwesenheit des Weiblichen. Epistemologie und Geschlecht von Michel Foucault zu Evelyn Fox Keller, Frankfurt am Main / New York 2002.
- Claudia Honegger, Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib, 1750–1850, Frankfurt am Main 1991.
- Honegger, Die Ordnung, S. 115; dies, Die bittersüße Freiheit; dies., Die kognitiven Prinzipien der neuen Wissenschaften vom Menschen und die Genese einer weiblichen Sonderanthropologie in Frankreich, in: Theresa Wobbe / Isabelle Berrebi-Hoffmann / Michel Lallement (Hg.), Die gesellschaftliche Verortung des Geschlechts. Diskurse der Differenz in der deutschen und französischen Soziologie um 1900, Frankfurt am Main 2011, S. 93–113, hier S. 97 ff.
- Sergio Moravia, From Homme Machine to Homme Sensible. Changing Eighteenth-Century Models of Man’s Image, in: Journal of the History of Ideas 39 (1978), 1, S. 45–60; Sergio Moravia, Beobachtende Vernunft. Philosophie und Anthropologie in der Aufklärung, München 1973; Sergio Moravia, The Enlightenment and the Sciences of Men, in: History of Science 18 (1980), S. 247–288.
- Michel Foucault, Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahnsinns im Zeitalter der Vernunft, Frankfurt am Main 1973.
- Moravia, The Enlightenment, S. 248.
- Vgl. Honegger, Die Ordnung, S. 109.
- Ebenda, S. 111.
- Hans-Jörg Rheinberger / Staffan Müller-Wille, Vererbung. Geschichte und Kultur eines biologischen Konzepts, Frankfurt am Main 2009, S. 56.
- Honegger, Die Ordnung, S. 112 f.; Moravia, The Enlightenment, S. 257–260.
- Rheinberger / Müller-Wille, Vererbung, S. 24.
- Ebd., S. 17.
- Ebd.; Moravia, The Enlightenment, S. 259.
- Vgl. zum genealogischen Geschlechtermodell das Lemma Geschlecht, in: Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, 1731–1734, 10. Bd., S. 1221 f., abgerufen am 25.08.2025.
- Barbara Duden, Geschichte unter der Haut. Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730, Stuttgart 1987; vgl. Antje Flüchter, Den Körper vergleichen – Den Menschen ordnen? Die Bedeutung körperbezogener Vergleichspraktiken zwischen Ethnographie, Physiognomie und Rassentheorie*, in: Cornelia Aust / Antje Flüchter / Claudia Jarzebowski (Hg.), Verglichene Körper. Normieren, Urteilen, Entrechten in der Vormoderne (Studien zur Alltags- und Kulturgeschichte 35), Stuttgart 2022, S. 229–259.
- Michel Foucault, Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Frankfurt am Main 1969; vgl. Honegger, Die Ordnung, S. 114 f.
- Susanne Lettow (Hg.), Reproduction, Race and Gender. Philosophy and the Early Life Sciences in Context, Albany, NY 2014, S. 2.
- Ebd., S. 1, (eigene Übersetzung); vgl. zur Geschichte von ‚Reproduktion’: Nick Hopwood, The Keywords ‘Generation’ and ‘Reproduction’, in: ders. / Rebecca Flemming / Lauren Kassell (Hg.), Reproduction from Antiquity to the Present, Cambridge 2018, S. 287–304.
- Rheinberger / Müller-Wille, Vererbung, S. 64, 85.
- Lettow, Reproduction, S. 3; vgl. für die französisch- und deutschsprachige Philosophie: dies., Improving Reproduction. Articulations of Breeding and ‘Race-Mixing’ in French and German Discourse (1750–1800), in: Raymond Stephenson / Darren N. Wagner. (Hg.), The Secrets of Generation. Reproduction in the Long Eighteenth Century, Toronto 2018, S. 120–140.
- Rheinberger, Müller-Wille, Vererbung, S. 84 f.
- Renato G. Mazzolini, Colonialism and the Emergence of Racial Theories, in: Nick Hopwood / Rebecca Flemming / Lauren Kassell (Hg.), Reproduction from Antiquity to the Present, Cambridge 2018, S. 361–374; ders., Skin color and the origin of physical anthropology (1640–1850), in: Lettow, Reproduction, S. 131–161.
- Ebd.
- Susanne Lettow, Conceiving Reproduction in German Naturphilosophie, in: History and Philosophy of the Life Sciences 43 (2021), S. 1–15, hier S. 3.
- Phillip Kreager, The Emergence of Population, in: Nick Hopwood / Rebecca Flemming / Laurence Kassell (Hg.), Reproduction from Antiquity to the Present, Cambridge, S. 253–266.
- Rheinberger / Müller-Wille, Vererbung, S. 18.
- Hiermit wird etwas anders akzentuiert als bei George Steinmetz, Concept-Quake. From the History of Science to the Historical Sociology of Social Science, in: Didier Fassin / George Steinmetz (Hg.), The Social Sciences in the Looking Glass. Studies in the Production of Knowledge, Durham 2023, S. 21–80.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Nicole Holzhauser, Stephanie Kappacher.
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