Ralf Michaels | Essay | 14.06.2023
Warum die Grundrechte keine allgemeine Antisemitismusausnahme kennen
Einleitung
„Der Antisemitismus-Skandal um die documenta fifteen ist für uns deutsche Jüdinnen und Juden schon jetzt ein Dammbruch“, schreibt die Werteinitiative jüdisch-deutsche Positionen;[1] ebenfalls von einem „Dammbruch, den es in der Geschichte des Nachkriegsantisemitismus bei dieser documenta gegeben hat“, spricht die Deutsch-Israelische Gesellschaft;[2] und auch Nikolas Lelle von der Amadeu Antonio Stiftung verwendet den Begriff.[3] Die bisherige Überzeugung, dass „offener Antisemitismus und klarer Israelhass“ nicht geäußert werde, gelte nicht mehr, die „Grenzen des Sagbaren“ hätten sich verschoben.[4]
War die documenta fifteen also ein Dammbruch zulasten der Antisemitismusbekämpfung? Aus einer Perspektive vielleicht. Freilich könnte man dem so definierten Dammbruch einen zweiten, gegensätzlich konnotierten Dammbruch entgegenhalten und dabei auf folgende Aspekte hinweisen: die weitgehende gesellschaftliche Duldung, wenn nicht gar Akzeptanz rassistischer Angriffe auf Kuratoren und Künstlerinnen der documenta fifteen im Namen der Antisemitismusbekämpfung;[5] die Anmaßung verschiedener Betrachter, Antisemitismus erkennen und Kunst beurteilen zu können; die präventive Ausstellungskritik durch einen Bundespräsidenten;[6] sowie die so noch nicht dagewesene, weit verbreitete Forderung nach staatlichen Eingriffen in eine Kunstausstellung.[7] Für die einen sind die Grenzen des öffentlich Sagbaren und Darstellbaren auf unzulässige Weise erweitert worden, zulasten der Antisemitismusbekämpfung. Für die anderen wurden sie stärker eingeschränkt, als es vorher der Fall war – ein Dammbruch zulasten der Kunstfreiheit.
Hier manifestiert sich ein Spannungsverhältnis zwischen zwei zentralen Zielen der offenen Gesellschaft und des Rechtsstaats – der Bekämpfung des Antisemitismus einerseits und der Gewährleistung der Meinungs- und Kunstfreiheit andererseits. Wer die konsequente Bekämpfung des Antisemitismus fordert, beruft sich – zu Recht – auf Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus. Doch wer die Meinungs- und Kunstfreiheit hochhält, sogar gegenüber Antisemitismusvorwürfen, kann sich ebenfalls auf Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus berufen. Denn die deutsche Geschichte lehrt ja beides: dass Antisemitismus, zumal in einem totalitären Regime, zum Genozid führen kann, aber auch, dass die Einschränkung von Grundrechten die Entstehung eines totalitären Regimes begünstigen kann. Individuelle Grundrechte wie auch staatliche Eingriffskompetenzen ermöglichen beide sowohl nützliches als auch schädliches Verhalten.
An dieser Stelle unterscheiden sich nun öffentlicher Diskurs und geltendes Verfassungsrecht. Im öffentlichen Diskurs geht man häufig davon aus, die Meinungs- und Kunstfreiheit finde im Antisemitismus ihre Grenzen: Antisemitismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen; der Staat müsse regelmäßig und flächendeckend auch dadurch gegen Antisemitismus einschreiten, dass er Grundrechte einschränkt. Aus rechtlicher Perspektive verhält es sich jedoch anders. Antisemitismus als solcher ist aus rechtlicher Perspektive kein Verbrechen (es gibt keine thought crimes), sondern eine Meinung (wenn auch eine abscheuliche). Und obwohl es bestimmte Verbote und Straftatbestände gibt, die auf Antisemitismus rekurrieren – direkt, wie etwa das Strrafzumessungsrecht (§ 46 Abs. 2 StGB), oder indirekt, wie der Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB), die indes beide nicht auf Antisemitismus beschränkt sind –, ist Antisemitismus als solcher nicht verboten. Dem Recht scheinen die Grundrechte wichtiger zu sein als die Antisemitismusbekämpfung. Dass dem nicht so ist, will dieser Beitrag zeigen.
Grundrechte und Antisemitismus
Freilich: schaut man nur auf das Recht, so scheint der Antisemitismus weit geschützt zu sein. Das zeigt sich zentral im Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht kann, gemäß der in seinem Absatz 2 enthaltenen Bestimmungen, im Wesentlichen nur durch „allgemeine Gesetze“ eingeschränkt werden (die beiden anderen Möglichkeiten, der Jugend- und der Ehrschutz, sollen hier vernachlässigt werden.) Das bedeutet nicht bloß, dass eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ohne gesetzliche Grundlage im Prinzip nicht möglich ist. Es bedeutet zudem, dass nur solche Gesetze erlaubt sind, „die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutze eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen“.[8] Die einzige Meinung, bei der das Bundesverfassungsgericht eine Ausnahme macht, ist die Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft (§ 130 Abs. 4 StGB).[9] Eine allgemeine Antisemitismusausnahme gibt es nicht; auch antisemitische Äußerungen sind im Prinzip von der Meinungsfreiheit gedeckt. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Punkt: Eine Aussage, die mehrere mögliche plausible Bedeutungen hat, ist von der Verfassung geschützt, wenn wenigstens eine dieser Bedeutungen nicht strafbar ist.[10] So mögen einige mit dem Ruf „From the River to the Sea – Palestine will be free“ genozidale und damit strafbare Ansichten verbinden; es gibt aber auch die plausible Interpretation, dass damit lediglich – in grundgesetzlich geschützter Form – Freiheit und Gleichberechtigung für die Palästinenser in Israel und den besetzten Gebieten gefordert wird.[11] Kann man Sprechenden nicht nachweisen, dass sie mit ihrer Äußerung allein Ersteres und nicht Letzteres gemeint haben, so muss man zu ihren Gunsten davon ausgehen, dass sie Letzteres gemeint haben könnten – und ihre Meinungsäußerung folglich zulassen. Auch private Aufrufe zum Boykott Israels sind von der Meinungsfreiheit gedeckt.[12]
Diese Grundentscheidung zur Meinungsfreiheit strahlt auf andere Grundrechte aus. So steht auch die Versammlungsfreiheit nicht unter einem allgemeinen Antisemitismusvorbehalt. Es mag vielen unerträglich erscheinen, aber solange durch antisemitische Sprüche auf Demonstrationen nicht weitere Rechtsgüter verletzt oder gefährdet werden (etwa durch Volksverhetzung oder die Verletzung anderer Strafgesetze), bewegen sich Demonstrierende selbst dann im Rahmen des Erlaubten, wenn sie antisemitische Parolen skandieren. Und sogar dann, wenn aus einer Demonstration heraus einzelne Straftaten begangen werden, ist das aus rechtlicher Sicht noch kein Grund, die ganze Demonstration zu verbieten oder aufzulösen, weil dadurch die Versammlungsfreiheit derjenigen eingeschränkt würde, die sich friedlich verhalten. Wenn also ein einzelner Demonstrant Juden den Tod wünscht, so ist das im Zweifel strafbar und ein Grund, gegen ihn vorzugehen. Es ist aber kein Grund, die ganze Demonstration abzubrechen oder gar eine zukünftige Demonstration präventiv zu verbieten. Eingriffe in die Demonstration als Ganzes sind erst zulässig, wenn die Versammlung insgesamt gefährlich wird. Und auch hier ist der Staat gehalten, nach Möglichkeit das mildeste Mittel zu wählen. Das heißt im Zweifel: Eingriff erst in Reaktion auf konkrete Verstöße und Gefährdungen, nicht jedoch von vornherein; konkrete Auflagen und Eingriffe, statt umfassendem Verbot oder Abbruch. Die vorherige Untersagung einer Demonstration ist im liberalen Rechtsstaat die Ausnahme.
Ähnliches gilt für den Zugang zu und die Nutzung von öffentlichen Räumen. Grundsätzlich muss der Staat seine öffentlichen Räume nach allgemeinen Kriterien zur Verfügung stellen, ohne nach den Einstellungen der Antragstellenden differenzieren zu dürfen – sofern nicht davon auszugehen ist, dass Straftaten begangen werden. So schlimm das auch ist – auch Nazis dürfen also die Stadthalle mieten, sofern diese zur Vermietung bereitsteht, wie Gerichte regelmäßig festgestellt haben.[13] Deshalb konnte auch die BDS-Resolution des Bundestags insoweit nicht rechtlich bindend sein, als sie die Raumvergabe nicht allgemein, sondern nur mit Blick auf Unterstützer der BDS-Bewegung untersagte; das stellte auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten fest.[14] Gleiches gilt für entsprechende Resolutionen auf Ebene der Länder und Kommunen, wie das Bundesverwaltungsgericht feststellte, als es die Stadt München verpflichtete, entgegen ihrer eigenen Satzung ihre Räumlichkeiten einer Pro-BDS-Veranstaltung zur Verfügung zu stellen.[15]
Schließlich ist das auch hinsichtlich der Kunstfreiheit so, zu der Christoph Möllers kürzlich für die Bundesregierung ein vielbeachtetes Gutachten angefertigt hat.[16] Die Kunstfreiheit steht unter keinem Gesetzesvorbehalt und wird daher nur verfassungsimmanent beschränkt, insbesondere durch andere Verfassungsgüter wie die Menschenwürde; ihr grundrechtlicher Schutz reicht also nicht weniger weit als derjenige der Meinungsfreiheit. Kunstwerke dürfen also nicht schon deshalb verboten werden, weil ihnen ein Aufruf zum Boykott Israels entnommen werden kann, Künstlerinnen nicht allein deshalb ausgeladen werden, weil sie BDS-Unterstützer sind. Wie Möllers ausführt: „Das bedeutet, dass BDS-Angehörige wie andere auch keinen Anspruch auf Zugang zu einer öffentlichen Kultureinrichtung zum eigenen Gebrauch haben, dass aber der Hinweis auf diese Zugehörigkeit als solcher auch keine hinreichende Rechtfertigung darstellt, um diese bei einer kunstbezogenen Verteilungsentscheidung auszuschließen.“[17]
Für die Kunst kommen zwei wichtige Erwägungen hinzu. Erstens ist Kunst ihrer Natur nach regelmäßig ambivalent und mehrdeutig. Noch mehr als für sprachliche Meinungsäußerungen gilt hier: sofern eine Auslegung möglich ist, die keinen rechtswidrigen Gehalt hat, so ist das Kunstwerk von der Kunstfreiheit geschützt. So haben einige dem auf der documenta fifteen gezeigten Werkzyklus „Guernica Gaza“, in dem der Künstler, Mohammed al Hawajri, israelische Soldaten und palästinensische Opfer in kanonische Werke der europäischen Malereigeschichte hineinkopiert hat, antisemitische und menschenwürdeverletzende Aussagen unterstellt, weil hier aus Opfern des Holocaust Täter gemacht würden. Möglich ist allerdings auch eine andere Aussage, nach der mit dem Zyklus allgemein auf das Leid von Palästinensern und Palästinenserinnen unter der Besatzung aufmerksam gemacht werden soll, so wie andere Künstlerinnen und Künstler mit ihren Werken auf das Leid anderer aufmerksam machen.[18] Solange diese Aussage plausibel ist, ist das Kunstwerk von der Kunstfreiheit geschützt.
Zweitens muss Kunst kunstspezifisch verstanden werden, und das heißt regelmäßig: nicht als bloße Abbildung der Realität, sondern als Schaffen einer neuen ästhetischen Wirklichkeit.[19] Wenn etwa auf einem Bild ein von Israelis an Palästinensern verübter Gewaltakt dargestellt wird, ist das nicht notwendig eine Tatsachenaussage des Künstlers, dass dieses Ereignis genauso stattgefunden habe. Schwieriger wird die Abgrenzung dort, wo Kunst dokumentieren will – daher rührten die Schwierigkeiten bei der Einordnung der auf der documenta fifteen gezeigten Filmserie „Tokyo Reels“, für deren Stopp die fachwissenschaftliche Begleitung plädierte. Auch hier muss aber der konkrete Kontext der Darstellung in die Bewertung einbezogen werden. Ob es aus kunsttheoretischer Sicht hilfreich ist, den antisemitischen Gehalt eines Werks schon darin erkennen zu wollen, dass es „antisemitische Codes“ benutzt, wie es die fachwissenschaftliche Begleitung tat,[20] kann ich nicht beurteilen. Aus grundrechtsdogmatischer Sicht ist aus den vorstehend genannten Gründen eine solche Identifikation von Codes nicht ausreichend zur Versagung des Grundrechtsschutzes.
Gegenüber dem bisher Gesagten werden zwei Argumente für eine allgemeine Antisemitismusausnahme zu den Grundrechten in letzter Zeit vermehrt vorgebracht, die daher hier kurz angesprochen werden sollen. Das erste dieser beiden Argumente betrifft die Menschenwürde und wird hergeleitet aus einer Aussage des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Verbotsverfahren: „Antisemitische oder auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit [mit der Menschenwürde, R.M.] nicht vereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.“[21] Das ist im Grundsatz richtig, führt aber nicht automatisch zu einer Einschränkung anderer Grundrechte, weil nur der Kernbereich der Menschenwürde abwägungsfest ist und weil Private nur mittelbar durch die Grundrechte gebunden sind. So führt das Bundesverfassungsgericht an anderer Stelle aus: „Da nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, bedarf es jedoch einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt.“[22] Selbst wer bei „Guernica Gaza“ die Menschenwürde der israelischen Soldaten bedroht sieht, muss auch die Menschenwürde der palästinensischen Opfer, die das Werk betont, berücksichtigen. Für eine Grundrechtseinschränkung aufgrund der Menschenwürde gelten auch deshalb „besonders strenge Voraussetzungen“.[23] Nach der weit verbreiteten Objektformel ist die Menschenwürde erst dann verletzt, wenn ein konkreter Mensch oder eine Menschengruppe zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird. Das war im Dritten Reich unzweifelhaft der Fall, es ist auch im Parteiprogramm der NPD der Fall, aber nicht automatisch bei allen Arten diskriminierender Aussagen oder Darstellungen.
Das zweite, allgemeinere Argument ist das der sogenannten „wehrhaften Demokratie“, wonach Grundrechtseinschränkungen manchmal auch zum Schutz von demokratischen Staaten notwendig sein können; es wird auch in der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben der Bundesregierung mehrfach erwähnt.[24] Aber das Argument der wehrhaften Demokratie bezieht sich auf den eng definierten Ausnahmefall, dass das Bestehen des demokratischen Staates selbst gefährdet ist. Unterhalb dieser Schranke gilt das, was das Bundesverfassungsgericht in seiner Wunsiedel-Entscheidung zum Verbot von Rudolf-Heß-Gedenkmärschen gesagt hat:
„Meinungen […] genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird. Die Bürger sind dabei rechtlich auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht.“[25]
Umgang
Soweit – wegen der Kürze etwas oberflächlich und holzschnittartig – der Stand des Rechts, insbesondere des Verfassungsrechts. Die Gerichte sind hier in ihrer Auslegung und Anwendung im Großen und Ganzen konstant. So haben mehrere arabische und arabischstämmige Journalisten der Deutschen Welle, die wegen ihrer Positionierung zu Israel entlassen worden waren, ihre gegen die Entlassungen angestrengten Prozesse gewonnen.[26] Dass eine potenziell antisemitische Einstellung das Recht auf Zugang zu öffentlichen Räumen nicht ausschließt, hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zuletzt im Verfahren um Roger Waters’ Konzert in der Frankfurter Festhalle festgestellt;[27] das Gleiche gilt für die Pflicht einer Kommune, auf einer städtischen Internetseite, die die Funktion einer Plakatanschlagstafel hat, auch Einträge einer BDS-unterstützenden Vereinigung aufzunehmen.[28] Dass die Kunstfreiheit auch potenziell antisemitische Kunstwerke bei der documenta fifteen schützt, hat die Staatsanwaltschaft Kassel klargestellt in ihrer Entscheidung, kein Ermittlungsverfahren zu eröffnen.[29] Etwas weniger robust ist die Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichte zum Versammlungsrecht hinsichtlich propalästinensischer Demonstrationen: die mittlerweile recht regelmäßig ausgesprochenen polizeilichen Versammlungsverbote werden bisher von den Gerichten aufrechterhalten.[30] Freilich muss man hier bedenken, dass die Polizei einen erheblichen eigenen Beurteilungsspielraum bezüglich der Gefahrenprognose hat und die Entscheidungen zumeist im Eilverfahren und daher ohne umfassende Sachverhaltsermittlung ergehen.
Im allgemeinen Diskurs werden diese Entscheidungen der Rechtsprechung nicht immer mit der gebührenden Aufmerksamkeit wahrgenommen, einige Entscheidungen werden schlichtweg ignoriert. So wurde etwa über die genannten Entlassungen bei der Deutschen Welle und das ihnen zugrundeliegende Gutachten von Ahmad Mansour, seiner Frau Beatrice Mansour, und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger umfassend berichtet, über die von den Entlassenen gewonnenen Prozesse dagegen in der öffentlichen Berichterstattung weitgehend nicht – was dazu führen könnte, dass die Allgemeinheit die Entlassungen nach wie vor für berechtigt hält. Bei anderen Entscheidungen ist es andersherum: sie werden skandalisiert, wie etwa die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zum Konzert von Roger Waters[31] oder die Entscheidung der Kasseler Staatsanwaltschaft zur documenta fifteen.[32] Die dabei zum Ausdruck gebrachte Unzufriedenheit mit der Arbeit von Gerichten und Behörden ist verständlich, aber problematisch, wenn die Eigengesetzlichkeit juristischer Argumentation bei der Bewertung nicht anerkannt wird. Behörden und Gerichte müssen sich an das geltende Recht halten. Man kann sie nicht gut mit nichtjuristischen Argumenten kritisieren, ohne ihre Legitimation, und damit auch die Legitimation rechtsstaatlicher Verfahren und Begründungen, infrage zu stellen.
Besonders bedenklich ist es, wenn staatliche Stellen sich der gesellschaftlichen Kritik anschließen. So war die BDS-Resolution des Bundestags in ihrem Regelungsgehalt eindeutig verfassungswidrig; trotzdem berufen sich auch staatliche Stellen nach wie vor auf sie. Kommunen ignorieren das geltende Recht zur Vergabe öffentlicher Räume und verweigern Räume, obwohl sie wissen, dass sie zu deren Vergabe verpflichtet sind. Problematisch ist es auch, wenn der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung – der es als Jurist eigentlich besser wissen müsste – erklärt, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu der von der Stadt München verweigerten Vergabe eines öffentlichen Raumes für eine BDS-Veranstaltung sei eine „Einzelfallentscheidung hinsichtlich der spezifischen Konstellation in München“;[33] oder wenn er der Stadt Frankfurt am Main rät, (höchstwahrscheinlich erfolglose) Rechtsmittel gegen die Gerichtsentscheidung zum Roger-Waters-Konzert einzulegen, „um auch als Lehre aus der Documenta zu zeigen: Roger Waters ist hier nicht willkommen“.[34] Solche Aufforderungen zu symbolischen Aktionen erwecken nicht nur falsche Hoffnungen in die Leistungsfähigkeit des Rechts. Sie können teilweise auch als „Aufforderung zum Rechtsbruch“[35] fungieren und bewirken unbotmäßigen Druck auf die Gerichte, deren Legitimation so unterminiert wird. Auch Antisemitismusbeauftragte unterliegen dem Sachlichkeitsgebot, wie Gerichte mehrfach festgestellt haben.[36]
Wer mit dem geltenden Recht unzufrieden ist, hat zwei Optionen. Die eine besteht in Vorschlägen zur Änderung des geltenden Rechts. Dahin gehören Forderungen nach Strafverschärfungen bei antisemitischen Straftaten, einer Erweiterung von Straftatbeständen, engeren Vergabevorschriften, einer Einführung der Antisemitismusbekämpfung als Staatsziel in Bundes- und Landesverfassungen, und ähnliches mehr. So sieht die Nationale Strategie der Bundesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben vom September 2022 neben anderen Maßnahmen auch solche zur „Repressiven Antisemitismusbekämpfung und Sicherheit“ vor.[37] Auch solche Maßnahmen müssen allerdings im Rahmen der Verfassung bleiben. Insofern bleibt noch zu klären, ob man etwa Projekte schon deshalb generell von der Förderung ausschließen kann, weil in ihrem Rahmen der Boykott Israels befürwortet wird, wie es die Nationale Strategie fordert[38] und wie es jetzt die Kulturstaatsministerin bei der Wiedereröffnung des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin angekündigt hat, gleich nach ihrer Versicherung, dass es „keine politische Entscheidung über die Kunst“ gebe.[39]
Die andere Option beinhaltet das, was Christoph Möllers bei der Vorstellung des Berichts der fachwissenschaftlichen Begleitung als „Regulierung um die Ecke“ bezeichnet hat. Hier geht es darum, dass der Staat zwar nicht direkt in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit eingreift – das dürfte er, wie gezeigt, nicht –, sondern seine Macht indirekt zur Geltung bringt, beispielsweise durch Einfluss auf die Strukturen und durch Ausüben seines Ermessens. Mit Bezug auf Organisationen im Kunst- und Kulturbereich bedeutete das etwa die Einführung neuer Verantwortlichkeitsstrukturen mit klar definierten Rechenschaftspflichten und anderen vertraglich vereinbarten Pflichten. Bezüglich der Besetzung von Findungskommissionen bedeutete das die Vorgabe, niemanden zu berücksichtigen, der als BDS-Unterstützer gilt – eine Maßnahme mit Unruhepotenzial; eine Reihe internationaler Wissenschaftler und Kulturschaffender hat bereits vor einigen Jahren eine offene Erklärung unterschrieben, die sich gegen einen Lackmustest bei Findungskommissionen und Preisvergaben ausspricht.[40] Aus rechtlicher Sicht befindet man sich hier im Graubereich. Einerseits sind auch in diesem Bereich die Grundrechte nicht ohne Wirkung – was der Staat nicht direkt tun darf, darf er regelmäßig auch nicht indirekt tun. Andererseits freilich sind entsprechende politische Entscheidungen in diesem Bereich weniger justiziabel. Denn in seinem eigenen Bereich hat der Staat ein Ermessen, das sowohl rechtlich als auch praktisch nur eingeschränkt überprüfbar ist. Selbst wenn man also etwa davon ausgeht, dass bei der Auswahl von Kuratoren eine eventuelle kritische Position gegenüber Israel kein Kriterium gegen eine Berücksichtigung der betreffenden Personen darstellen darf, so ist doch (rechtlich oder tatsächlich) oft kaum nachzuprüfen, welche Kriterien letztlich den Ausschlag bei der Auswahl gegeben haben. Anders als im Beamtenrecht besteht hier keine Möglichkeit zur Konkurrentenklage. Darin liegt auch Missbrauchspotenzial.
Antisemitismusbekämpfung zwischen Staat und Gesellschaft
Man kann sich nun fragen, warum die Grundrechte keine allgemeine Antisemitismusausnahme kennen. Der Antisemitismus hat in diesem Land zum Holocaust geführt, einem historisch singulären Genozid, begangen von und im Namen Deutschlands. Die Übernahme der Verantwortung dafür ist prägend für den deutschen Nachkriegsstaat, die Bundesrepublik Deutschland (auch wenn sie erst mühsam erarbeitet werden musste). Die Bekämpfung des Antisemitismus muss eine Richtschnur jeglicher Ausübung öffentlicher Gewalt in Deutschland sein und bleiben. Warum dann nicht im Bereich der Grundrechte?
Ein erster Grund: Das Verhältnis zwischen Bekämpfung von Antisemitismus und Grundrechtsschutz ist kein Nullsummenspiel. Auf der einen Seite sind nämlich die Möglichkeiten des Staates, Antisemitismus zu sanktionieren und durch Repression zu bekämpfen, relativ beschränkt. Das gilt schon schlicht faktisch, denn der Staat kann zwar die Auswirkungen antisemitischer Einstellungen bekämpfen, damit aber nicht diese Einstellungen selbst überwinden. Im Gegenteil: es besteht die Gefahr, dass sich verbotene Meinungen im Untergrund noch stärker verfestigen und noch weniger leicht bekämpft werden können. Es gilt aber auch theoretisch: auch hier gilt das Böckenförde-Diktum, nach dem der freiheitliche, säkularisierte Staat auf Grundlagen beruht, die er selbst nicht hervorbringen kann,[41] und auf das das Bundesverfassungsgericht in seiner bereits erwähnten Wunsiedel-Entscheidung rekurriert. Zu diesen Grundlagen gehört auch die Ablehnung des Antisemitismus.
Damit ist angesprochen, wer allein diese Grundlagen hervorbringen kann – die Gesellschaft nämlich. Um wiederum das Bundesverfassungsgericht zu zitieren, und zwar in der unmittelbar auf die oben zitierte Stelle folgenden Passage:
„Das Grundgesetz vertraut auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien. […] Den hierin begründeten Gefahren entgegenzutreten, weist die freiheitliche Ordnung des Grundgesetzes primär bürgerschaftlichem Engagement im freien politischen Diskurs sowie der staatlichen Aufklärung und Erziehung in den Schulen gemäß Art. 7 GG zu.“[42]
Gegen eine allgemeine Antisemitismus-Ausnahme spricht noch ein zweiter Grund: sie würde die Definition des Antisemitismus zu einer zentralen Frage des Verfassungsrechts machen. Diese Definitionsfrage ist aber in der Wissenschaft hochumstritten; es ist sehr fraglich, ob solche wissenschaftlichen Fragen durch politische Institutionen bindend entschieden werden können (und sollten). Insbesondere die von der Bundesrepublik und vielen anderen öffentlichen und privaten Institutionen angenommene Arbeitsdefinition der IHRA sieht sich nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht vielerlei Kritik ausgesetzt;[43] bei ihrer Formulierung wurde vor allem explizit ausgeschlossen, dass sie für repressive Zwecke geeignet wäre.[44] Nimmt man den wissenschaftlichen Streit ernst, so müsste man sich im Grundrechtsbereich auf diejenigen Aspekte des Antisemitismus begrenzen, die unumstritten zur Definition gehören – das würde bedeuten, der Jerusalem Declaration on Antisemitism zu folgen und die darüber hinausgehenden Anwendungsfälle der IHRA Working Definition als jedenfalls rechtlich unbeachtlich einzuordnen.[45]
Tatsächlich betrifft der praktische Streit ja im Wesentlichen den Umfang des sogenannten israelbezogenen Antisemitismus. Hier besteht Einigkeit nur an beiden Enden eines Kontinuums: einerseits wird manchmal Antisemitismus unter dem Deckmantel der Israelkritik formuliert, andererseits ist nicht jede Kritik an israelischer Politik antisemitisch. Dazwischen liegt ein großer Bereich, in dem fast alles umstritten ist. Das Bundesverfassungsgericht – und da es um die Meinungsfreiheit geht, müsste dieses hier letztlich entscheiden – dürfte sich hüten wollen, in diesem Meinungsstreit seine eigene Definition geben zu wollen. Eine Antisemitismus-Ausnahme, die auf ,traditionellen‘ Antisemitismus beschränkt wäre, könnte konsensfähig sein; sie könnte vielleicht auch an § 130 Abs. 4 StGB angelehnt werden.[46] Für eine weiter gefasste Antisemitismus-Definition, die auch israelbezogenen Antisemitismus miteinbezieht, erscheint das weder möglich noch erstrebenswert. Der Antisemitismusvorwurf drohte sonst selbst zum Herrschaftsinstrument zu werden, wie es Moshe Zuckermann einmal ausgedrückt hat.[47] Das kann nicht gewollt sein.
Im Ergebnis lässt sich das Spannungsverhältnis zwischen Antisemitismusbekämpfung und Kunstfreiheit also durch Aufgabenteilung auflösen. Der Staat hält sich bei der Antisemitismusbekämpfung weitgehend zugunsten der Grundrechte zurück. Er tut das freilich nicht, um Antisemitismus zu schützen, sondern umgekehrt, um der Gesellschaft die Möglichkeit, aber auch die Verantwortung, zu geben, die Bekämpfung des Antisemitismus selbst in die Hand zu nehmen. Antisemitismus als Meinung kann der Staat nicht verbieten, er kann nur seine Folgen für andere Rechtsgüter sanktionieren und damit nur am Phänomen ansetzen, nicht am Problem selbst. Das muss die Gesellschaft tun. Die Grundfreiheiten sind also nicht etwa eine „Ausrede für Antisemitismus“, wie es im ganz schiefen Titel einer Veranstaltung hieß.[48] Sie dienen vielmehr der Eröffnung eines Verantwortungsbereichs für den Kampf gegen den Antisemitismus. Der Staat hält sich aus dem grundrechtlich geschützten Bereich deshalb im Wesentlichen heraus, damit die Gesellschaft in diesem Bereich selbst tätig werden kann.
Die Kunstfreiheit ist, so gesehen, auch eine Kunstverantwortung. Sie dient nicht allein dem Kunstbetrieb – schon gar nicht dadurch, dass sie ihm besondere Freiheiten zugesteht, Menschen zu verletzen. Sie dient vielmehr der Gesellschaft als Ganzes, die – neben dem wissenschaftlichen und im engeren Sinne politischen Diskurs – auch der Kunst bedarf für die diskursive und kollektive Arbeit an der Bekämpfung von Ungerechtigkeiten. Ein solcher Kampf muss darauf zielen, dass Antisemitismus, ebenso wie andere Formen von Rassismus und Diskriminierung, überwunden wird; darüber dürfte auch im Kunstbereich Einigkeit bestehen. Der Rechtsstaat steht diesem im Kunstbereich zu führenden Kampf nicht im Wege, aber führen muss ihn der Kunstbereich selbst – nicht durch ängstliche Selbstzensur, sondern im offenen Umgang.
Fußnoten
- Werteinitiative jüdisch-deutsche Positionen, Offener Brief an Aufsichtsrat der documenta, 5.8.2022.
- Deutsch-Israelische Gesellschaft e. V., Pressemitteilung, 7.8.2022.
- Frederik Eikmanns, Dammbruch Documenta, in: taz online, 6.10.2022.
- Ebd.
- Siehe We are angry, we are sad, we are tired, we are united: Letter from lumbung community, in: e-flux, 10.9.2022. Vgl. aber auch das Statement der Jüdischen Gemeinde Kassel und des Sara Nussbaum Zentrums für Jüdisches Leben, 13.9.2022.
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Rede zur Eröffnung der documenta fifteen, 18.6.2022.
- Vgl. hierzu insbesondere die Presseerklärung des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen, 10.9.2022.
- BVerfG, Urt. v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51 – Lüth. In dem betreffenden Fall hielt das Bundesverfassungsgericht einen Boykottaufruf gegen Veit Harlan, den Regisseur des antisemitischen Films „Jud Süß“, für eine von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerung. Umfassender zuletzt Bill Niven, Jud Süß – das lange Leben eines Propagandafilms, Halle (Saale) 2022.
- BVerfG, Beschl. v. 4.11. 2009 – 1 BvR 2150/08 – Wunsiedel.
- BVerfG, Beschl. v. 10.10.1995 – 1 BvR 1476, 1980/91 und 102, 221/92 – „Soldaten sind Mörder“, Rn. 121.
- Maha Nassar, ,From The River To The Sea’ Doesn’t Mean What You Think It Means, in: Forward, 3.12.2018; Yousef Munayyer, What Does „From the River to the Sea” Really Mean?, in: Jewish Currents, 11.6.2021.
- EGMR, Urt. v. 11.6.2020 – Baldassi v. France.
- Etwa BayVGH, Beschl. v. 21.01.1988 – 4 CE 87.03883 (DVU).
- BDS-Beschluss des Deutschen Bundestages (Drucksache 19/10191), 21.12.2020.
- BVerwG, Urt. v. 20.1.2022 – 8 C 35.20; Lothar Zechlin, Ein Raum für den freien Diskurs, in: Verfassungsblog, 1.2.2022.
- Christoph Möllers, Grundrechtliche Grenzen und grundrechtliche Schutzgebote staatlicher Kulturförderung, 10.10.2022.
- Ebd., S. 39.
- Ben Ratskoff, Can the Palestinian Belong to a Universal History? (Interview mit Yazan Khalili), in: Jewish Currents, 28.7.2022.
- Vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.6.2007 – 1 BvR 1783/05 – Esra.
- Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen, Abschlussbericht, S. 21 ff. und öfter.
- BVerfG, Urt. v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – NPD-Verbot, Rn 541.
- BVerfG, Beschl. v. 13.6.2007 – 1 BvR 1783/05 – Esra, Rn 10.
- BVerfG, Beschl. v. 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08E 124 – Wunsiedel, Rn 102.
- Bundesregierung, Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben (NASAS), Berlin 2022, S. 3 und öfter.
- BVerfG, Beschl. v. 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08E 124 – Wunsiedel, Rn 49; BVerwG, Urt. v. 10.1.2022 - 8 C 35.20, Rn. 18.
- Etwa ArbG Bonn, Urt. v. 6.7.2022 – 5 Ca 322/22; ArbG Berlin Urt. v. 5.9.2022 – 22 Ca 1647/22; vgl. Fabian Goldmann, „Die Deutsche Welle sollte sich offiziell und öffentlich entschuldigen“ (Interview mit Rashad Alhindi), in: Über Medien, 24.5.2023.
- VG Frankfurt, Beschl. v. 24.4.2023 –7 L 1055/23.F.
- VG Stuttgart, Urt. v. 21.04.2022 – 7 K 3169/21.
- Az. 1622 Js 23247/22.
- Vgl. Ralf Michaels, Versammlungsfreiheit gilt auch für Palästinenser, in: Verfassungsblog, 14.5.2022; Andreas Gutmann, Von Brokdorf nach Neukölln – Zum Verbot zweier pro-palästinensischer Versammlungen in Berlin, in: Verfassungsblog, 30.5.2023.
- Dabei wurde das Urteil unter anderem mit folgenden Worten kritisiert: „fatales Signal“ (Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit); „abenteuerlich“ (Jüdischer Weltkongress); „unerklärlich“ (Zentralrat der Juden in Deutschland); „nicht nachvollziehbar“ (Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main); „traurig, fassungslos und zunehmend desillusioniert“ (Internationales Auschwitz Komitee).
- Vgl. Volker Beck / Ahmad Mansour / Meron Mendel / Abdel-Hakim Ourghi, Demo verboten – Problem noch da, in: Zeit Online, 20.4.2023, wo Erstgenannter das Urteil als „inakzeptabel“ bezeichnet; sowie Susanne Urban, Documenta: Keine Volksverhetzung? In: Jüdische Allgemeine, 20.4.2023, die den Richterspruch als „wenig überzeugend“ kritisiert.
- Zitiert nach N. N., Saalverbot für BDS-Bewegung in München nicht zulässig, in: Süddeutsche Zeitung, 20.1.2022.
- Zitiert nach Ursula Rüssmann / Daniel Roßbach / Hanning Voigts / Martin Benninghoff, Antisemitismus-Beauftragter im Interview: „Es gab skandalöse Fehlentscheidungen“, in: Frankfurter Rundschau, 6.5.2023.
- Sebastian Scheerer, Aufforderung zum Rechtsbruch, in: Verfassungsblog, 14.10.2021.
- VG Stuttgart, Beschl. v. 22.09.22 – 1 K3675/22; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.1.2023 – 1 S 2201/22 (Michael Blume); VG Frankfurt, Urteil vom 4.5.2023 – 7 K 851/20.F (Uwe Becker, freilich nicht bezüglich seiner Funktion als Antisemitismusbeauftragter). Allgemein dazu: Klaus Ferdinand Gärditz, Mandat zu Meinungspflege?, in: Verfassungsblog, 28.12.2020.
- Bundesregierung, Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben (NASAS), S. 38 ff.
- Ebd., S. 41.
- Rede von Kulturstaatsministerin Roth zur Wiedereröffnung des Hauses der Kulturen der Welt unter dem neuen Intendanten Ndikung, 2.6.2023.
- Opposing Political Litmus Tests.
- Vgl. Anna Katharina Mangold, Das Böckenförde-Diktum, in: Verfassungsblog, 9.5.2019.
- BVerfG, Beschl. v. 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08E 124 – Wunsiedel, Rn 50.
- Siehe insb. Peter Ullrich, Gutachten zur „Arbeitsdefinition Antisemitismus“ der IHRA (Okt. 2019); Derek Penslar, Who’s Afraid of Defining Antisemitism?, in: Antisemitism Studies 6 (2022), 1, S. 133–145.
- Dazu Rebecca Ruth Gould, Legal Form and Legal Legitimacy: The IHRA Definition of Antisemitism as a Case Study in Censored Speech, in: Law, Culture and the Humanities 18 (2022), 1, S. 153–186.
- Siehe The Jerusalem Declaration on Antisemitism. So im Ergebnis Lothar Zechlin, Antisemitismus als Rechtsbegriff: Wann ist Israelkritik antisemitisch und wann ist sie es nicht?, in: Kritische Justiz 54 (2021), 1 ,S. 31–46.
- Siehe dazu Fußnote 7.
- Moshe Zuckermann, Antisemit! Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument, Wien 2010.
- Tikvah Institut / Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Kunstfreiheit als Ausrede? Salonfähiger Antisemitismus und documenta 15, 3.-4.12.2022.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Karsten Malowitz.
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