Francesca Barp | Essay | 11.09.2023
Auf eigene Faust
50 Jahre Streiksommer 1973
1973 war in der Geschichte der Bundesrepublik in mancherlei Hinsicht ein Jahr der Zäsur. In wirtschaftshistorischer Perspektive läutete es mit Rohölkrise, Inflation und industriellem Strukturwandel das Ende der Ära des „Wirtschaftswunders“ ein. Ein Wunder, das nicht vom Himmel gefallen, sondern ermöglicht worden war durch enorme finanzielle Investitionen der Alliierten, ein hohes Wachstum der Weltwirtschaft und zunehmend flexible Arbeitsmärkte, die sich nunmehr über Ländergrenzen hinweg erstreckten. Den im Zuge des wirtschaftlichen Booms der Fünfziger- und Sechzigerjahre gestiegenen Bedarf an Arbeitskräften hatte man dabei von Regierungsseite durch die Anwerbung von sogenannten Gastarbeiter:innen[1] zu decken versucht. Damit wollte man den Engpässen am Arbeitsmarkt begegnen, die – neben anderen Faktoren wie der Verlängerung der Ausbildungszeiten, dem Rückgang der Wochenarbeitszeit und dem Anstieg des durchschnittlichen Renteneintrittsalters – auch einer konservativen Familienpolitik geschuldet war, die eine Beschäftigung von Frauen nur bis zur Eheschließung vorsah. Zwischen 1955 und 1973 hatte man so rund 14 Millionen Gastarbeiter:innen angeworben, vorwiegend aus Südeuropa und der Türkei, von denen etwa 11 Millionen das Land nach Ablauf ihrer vertraglich festgelegten Aufenthaltsdauer wieder verließen.[2] Doch die Gastarbeiter:innen, angeworben als industrielle Reservearmee, die rotierend und temporär einzig zum Zweck der Arbeit im Land sein sollte, hinterließen erste Spuren in der bundesrepublikanischem Öffentlichkeit. Das gilt insbesondere für diejenigen, die sich – legalisiert oder illegalisiert – für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland entschieden. Die Abkommen regten einen weiteren, nicht vertraglich geregelten Zuzug an und Familiennachzüge erweiterten die demografische Zusammensetzung der Migrant:innen. Die erste Generation Kinder wurde geboren, Geschäfte, Vereine und Restaurants wurden gegründet und die Zugewanderten mehr und mehr im Stadtbild sichtbar. Bereits 1965 stellte der Schweizer Schriftsteller Max Frisch provokant fest: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen.“ Und mit den Menschen kamen neue Herausforderungen. Die Präsenz derjenigen, die gekommen waren, um zu bleiben, veränderte das alltägliche soziale Miteinander. Auch in dieser Hinsicht markierte das Jahr 1973 einen Einschnitt, denn in diesem Sommer begehrten einige von ihnen zum ersten Mal gegen die ihnen zugedachte Rolle als stille Mehrer des deutschen Wohlstands auf und artikulierten sich als eigenständige politische Subjekte. Aus Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen und den zumeist niedrigen Löhnen legten sie ihre Arbeit in den Fabriken mehrerer Unternehmen nieder und konfrontierten die Arbeitgeber ebenso wie die überraschte deutsche Öffentlichkeit mit ihren Forderungen.
Forderungen der Streikenden
Eine der wichtigsten Forderungen der Arbeiter:innen bestand in einer angepassten Inflationsausgleichszahlung. Die mitgliederstarke IG Metall hatte im Januar des Jahres einen Tarifabschluss mit einer stufenweisen Lohnerhöhung von 8% vereinbart, die bei einer Inflationsrate von 8,5% aber de facto wirkungslos war und von den Mitgliedern der Gewerkschaft ebenso wie von anderen Arbeiter:innen als unzureichend bemängelt wurde. Über 400.000 deutsche und migrantische Arbeiter:innen in über 300 Unternehmen beteiligten sich daraufhin über das Jahr verteilt an sogenannten wilden Streiks, die ohne Zustimmung der Gewerkschaften stattfanden und von diesen ausdrücklich kritisiert wurden. Anstatt die in einigen Betrieben erzielten Erfolge in Form von Einmalzahlungen oder erhöhten Weihnachtsgeldern anzuerkennen, strafte der damalige IG-Metall-Vorsitzende Eugen Loderer die spontanen Arbeitsniederlegungen als „betrieblichen Wildwuchs“ ab.[3] Neben der IG Metall lehnten auch andere Gewerkschaften die Streiks wegen mangelnder Loyalität und Missachtung des gewerkschaftlichen Vertretungsanspruchs ab.
Die über das Frühjahr und den Sommer anhaltenden Streiks hatten über die gestiegenen Lebenshaltungskosten hinaus aber auch Ursachen, die im direkten Zusammenhang mit der spezifischen Situation der Gastarbeiter:innen standen. Dazu gehörten die Unterbringungsbedingungen, die soziale Integration in den Betrieben, die Einteilung in Lohngruppen, das Arbeitstempo und die Sicherheitsstandards sowie die Länge des Jahresurlaubs. Die Gastarbeiter:innen waren in den Betrieben weitgehend isoliert, denn sowohl Sprachbarrieren als auch Vorbehalte von Seiten der deutschen Belegschaft schränkten die Kommunikation ein. Zugleich übten viele von ihnen Tätigkeiten aus, die körperlich besonders anstrengend waren. Die Fließbänder, an denen unter extremem Zeitdruck gearbeitet wurde, waren in einigen Betrieben nicht nur mehrheitlich, sondern fast ausschließlich mit Gastarbeiter:innen besetzt – die Deutschen wurden Vorarbeiter:innen oder in den Lagerhallen eingesetzt. Beim Autohersteller Ford in Köln forderten die Gastarbeiter:innen eine Reduzierung der Fließbandgeschwindigkeit in der von der Belegschaft als „Vorhölle“ bezeichneten Halle Y, in der hohe Temperaturen und ein hohes Arbeitstempo herrschten.[4] Auch beim Industrieunternehmen John Deere in Mannheim legten Gastarbeiter:innen im Sommer 1973 die Arbeit nieder, um längere Pausen und einen verbesserten Arbeitsschutz durchzusetzen.
Ein weiterer Streikgrund war die Ungleichbehandlung von deutschen und ausländischen Mitarbeiter:innen: Beim Automobilzulieferer Hella in Lippstadt war im Frühling des Jahres eine Teuerungszulage für die deutschen Mitarbeiter:innen in Höhe von 15 Pfennig pro Stunde erstritten worden, während die dort beschäftigten Gastarbeiter:innen leer ausgegangen waren. In Reaktion auf diese von den Betroffenen als Benachteiligung empfundene Maßnahme kam es auch hier zu Protesten. Eines der zentralen Anliegen der Streikenden war dabei die Überwindung der innerbetrieblichen Spaltung. Wichtiger als eine finanzielle Ausgleichszahlung, so erklärten sie, seien ein menschlicher und wertschätzender Umgang.
Der wohl bekannteste „Gastarbeiter-Streik“ ereignete sich in der letzten Augustwoche bei Ford in Köln. Den Auslöser bildete die massenhafte Entlassung von sogenannten Zuspätkommern, also von Gastarbeiter:innen, die aus ihrem vierwöchigen Sommerurlaub, den sie für gewöhnlich in ihren Heimatländern verbrachten, zum wiederholten Male zu spät an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt waren. Die zentrale Forderung „Altı hafta Urlaub“, die auf eine Gewährung von sechs statt vier Wochen Erholungsurlaub abzielte, begründeten die überwiegend türkischstämmigen Streikenden mit der langen, viele Tage dauernden Autofahrt in die Türkei. Daneben forderten auch sie einen verbesserten Arbeitsschutz und eine Anhebung des Stundenlohns um eine D-Mark.

© IMAGO / Klaus Rose
Beim Autoteilezulieferer Pierburg in Neuss legten die mehrheitlich weiblichen Beschäftigten die Arbeit nieder, um die Abschaffung der Leichtlohngruppe II zu erwirken, die Gastarbeiterinnen als ungelernte Arbeiterinnen einstufte und sie mit einem entsprechend mageren Stundenlohn abspeiste. Dieser Arbeitskampf orientierte sich an einem ähnlich gelagerten Fall, der sich im Juni 1968 im britischen Dagenham ereignet hatte, wo Näherinnen einer Autofabrik ihren Arbeitgeber Ford bestreikten, um ihre Herabstufung zu „ungelernten Arbeiterinnen“ abzuwenden. Ihr Arbeitskampf war erfolgreich gewesen und hatte 1970 zur Einführung des Equal Pay Act geführt. In Neuss brachte der mit großer Unterstützung der deutschen Angestellten und der Betriebsräte geführte Arbeitskampf zwar nicht die erhoffte Gleichbehandlung mit den männlichen Arbeitern, bewirkte aber zumindest die Abschaffung der als ungerecht empfundenen Leichtlohngruppe II. Doch solche Erfolge, die über die Gewährung von Einmalzahlungen hinausgingen, konnten nur wenige der spontanen Streiks verbuchen – was auch an ihrer Rezeption in den Leitmedien und der vielerorts fehlenden Unterstützung durch die Gewerkschaften lag.[5]
Reaktionen der Öffentlichkeit und der Konzernleitungen
Die Gründe für die Streiks waren vielfältig und adressierten diverse Aspekte der Lebens- und Arbeitswelt der Gastarbeiter:innen. Die Öffentlichkeit ebenso wie die Betriebsleitungen zeigten jedoch nur vereinzelt Verständnis für die Anliegen der Streikenden. Sowohl die damaligen Leitmedien als auch die regionalen Zeitungen reagierten überwiegend kritisch bis ablehnend, manche, etwa die Bild-Zeitung, gar mit Entrüstung. Die große Resonanz, welche die spontanen Arbeitsniederlegungen in den Medien hervorriefen, zeigte, wie überrascht die bundesdeutsche Öffentlichkeit von den Aktionen war. Bis dahin hatte man gemeinhin angenommen, Gastarbeiter:innen „seien fleißiger, seltener krank und insgesamt anspruchsloser“ als deutsche Arbeitnehmer:innen.[6] Dass ausgerechnet Angehörige dieser bis dahin politisch passiven Gruppierung, die um der Arbeit willen ins Land gekommen waren, einen Streik ausrufen würden, war für weite Teile der bundesdeutschen Bevölkerung nicht vorstellbar, denn schließlich, so die einhellige Meinung, ging es ihnen doch besser als in ihren Heimatländern. Das Bild von den Zugewanderten, das insbesondere von konservativen Medien und Politiker:innen verbreitet wurde, wandelte sich: „Aus dem passiven, gehorsamen und stummen Gastarbeiter wurde der ‚Türkenterrorist‘, der, wenn er denn zu laut wurde, der Impulsivität und Unzugänglichkeit beschuldigt wurde.“[7]
Die Reaktionen machten aber auch deutlich, dass die Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft um eine Deutung des so nicht vorhergesehenen Geschehens rangen. Dabei ging es insbesondere um die Frage nach der gegenwärtigen und zukünftigen Rolle der Gastarbeiter:innen sowie um die Bedeutung der Streiks und die ihnen zugrundeliegenden Konflikte. Die Konflikte, die von den zeitgenössischen Kommentator:innen ausgemacht wurden, lagen dabei nicht nur im Bereich der Arbeitswelt. Der damalige Ford-Chef Hans Schaberger etwa sagte im Interview mit dem Spiegel im September 1973: „Gastarbeiter in Deutschland und auch in Köln leben in einer fremden Gesellschaft, deren Spielregeln sie nur allmählich verstehen. Ford Köln beispielsweise versucht, seine Gastarbeiter immer wieder über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. Aber die Agitatoren im August hatten es leichter, weil sie auf die durch die hohen Preissteigerungen verursachte latente Unzufriedenheit bauen konnten.“[8]
In diesem Zitat werden zwei Lesarten der migrantischen Arbeitskämpfe deutlich: Erstens die Deutung, zentral für die Streiks seien nicht in erster Linie die schlechten Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter:innen gewesen, sondern vielmehr ihr Zusammenhalt sowie ihre Orientierung an vermeintlich eigenen „Spielregeln“, die sich scheinbar stark von denen der deutschen Mehrheitsgesellschaft unterschieden. Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb: „„Günstiger Nährboden für Agitation – Türken leben in einem selbstgewählten Getto.“[9] Diese ethnisierte Lesart war geläufig in der zeitgenössischen Berichterstattung, in der mitunter auch vom „Türken-Streik“[10] oder gar vom „Türken-Terror“[11] die Rede war. Dass auch Italiener:innen, Spanier:innen und Deutsche an den Aktionen beteiligt waren, blieb häufig unerwähnt. Die zweite Lesart, die in Schabergers Zitat zutage tritt, besteht in dem Verweis auf die Rolle und den Einfluss angeblicher Agitatoren. Demnach seien die Streiks nicht durch die schlechten Arbeitsbedingungen und die Disziplinarmaßnahmen gegen die zu spät aus dem Urlaub zurückgekehrten Kolleg:innen motiviert gewesen, sondern das Werk einiger weniger Radikaler, welche die ansonsten mehrheitlich friedlichen und apolitischen Arbeiter:innen aufgestachelt hätten.

© IMAGO / Klaus Rose
Bei beiden Lesarten handelt es sich um Delegitmationsstrategien, die sich so oder so ähnlich nicht nur in zahlreichen zeitgenössischen Publikationen finden, sondern auch in den Kommentaren der Unternehmensleitungen sowie einiger CDU-Politiker:innen. So vermutete der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Helmut Kohl hinter dem Aufstand die heimliche Hand von linken Ideologen, die auf der Flamme des Unmuts „ihr Süppchen kochen wollen“, und Manfred Bicker, seinerzeit Geschäftsführer des Autozulieferers Pieburg in Neuss, führte den Ausstand „auf äußere Einflüsse“ zurück: „Linksextremistische Gruppen“, so Bicker, „heizten den Streik an.“[12] Die Bild-Zeitung mutmaßte am 29. August, die Streikleitung seien „6-8 Kommunisten, die sich getarnt in Monteursmänteln in das kilometerweite Werksgelände eingeschlichen haben“.[13] Zweifel an dieser Version äußerten nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch der damalige Erste Sekretär der türkischen Botschaft, Vedat Erkul, der sich wenige Tage nach dem am 30. August gewaltsam beendeten Streik im Kölner Ford-Werk hinter die Demonstrierenden stellte und sagte: „Ohne Grund können ein paar Extremisten nicht in ein Werk reingehen und die Leute zum Aufstand bewegen.“[14]
Nicht minder prominent als die These vom angeblichen Einwirken äußerer politischer Kräfte auf die Arbeiter:innen wurde in der Öffentlichkeit die erste Lesart des Streiks verhandelt, die eine vermeintlich klare Trennung zwischen den deutschen und den ausländischen Arbeiter:innen postulierte. So resümierte etwa der Spiegel im September 1973 nach dem Ende der Streiks: „Der Türkenstreik bei Ford endete mit einem Sieg der Deutschen“.[15] Die Bild schrieb: „Deutsche Arbeiter kämpfen Ford frei“. Und schlussfolgerte: „Das sind keine Gäste mehr“.[16] Diese drastischen Reaktionen auf die Streiks folgten auf eine Reihe früherer Medienberichte, die in den vorangegangenen Wochen bereits eine ablehnende Haltung gegenüber den Gastarbeiter:innen erzeugt hatten.[17] So hatte der Spiegel am 29. Juli 1973, also zu einer Zeit, in der bereits vielerorts gestreikt wurde, bei Ford aber noch alles regulär lief, getitelt: „Die Türken kommen – rette sich, wer kann.“[18] Der dazugehörige Artikel entwarf Bedrohungsszenarien von Parallelgesellschaften und Überfremdung: „Offizieller Zuzug, illegaler Zustrom und natürlicher Zuwachs haben Kreuzbergs Türken-Kolonie innerhalb der letzten zwölf Monate um eine ganze Brigade (4000) verstärkt.“[19] Die Titelstory wurde in der Folgezeit breit rezipiert und etwa auch vom damaligen Ford-Vorsitzenden Schaberger in einem Interview erneut aufgegriffen: „Das Gastarbeiterproblem ist ein Problem unserer Gesellschaft. Niemand hat das realistischer geschildert als Ihre Titelgeschichte über die Gastarbeiter, die der Spiegel vor einigen Monaten veröffentlicht hat.“[20] Die Schilderung einer vermeintlichen Ghettoisierung als Ausdruck der türkischen Lebensrealität in Deutschland wurde nicht selten zusammengeführt mit einer Interpretation der Streiks, die diesen entlang ethnischer Differenzen rahmte. Obwohl in der Berichterstattung die prekären Arbeitsbedingungen und die daraus resultierenden innerbetrieblichen Spannungen ebenso wenig verschwiegen wurden wie die Forderungen der Arbeiter:innen,[21] wurden die Streiks in der öffentlichen Rezeption weniger als sozialer denn als kultureller Konflikt gedeutet.[22] Ambivalent fiel die Beurteilung der sogenannten wilden Streiks durch die Gewerkschaften aus, denen die sozialen Ursachen der Konflikte bekannt waren, die aber ihre eigenen Gründe hatten, den streikenden Kolleg:innen nicht mit ungeteilter Solidarität zu begegnen.
Reaktionen der Gewerkschaften
Die Reaktionen der wichtigsten betroffenen Gewerkschaft, der IG Metall, bewegten sich auf einem Spektrum zwischen wohlwollend unterstützend bis hin zur kompletten Ablehnung. Unterstützung durch die Gewerkschaft erfuhren die Streikenden beispielsweise in Mannheim. Dort waren zahlreiche Gastarbeiter:innen des Landmaschinenherstellers John Deere infolge ihrer Arbeitsniederlegung entlassen worden, wogegen die IG Metall protestierte.[23] Auch bei Pierburg in Neuss bekamen die migrantischen Beschäftigten Rückhalt vom Betriebsrat, und obwohl die IG Metall die Streikenden nicht offiziell unterstützen konnte, erklärte sie sich zumindest solidarisch mit ihnen.[24] Andere Fälle, insbesondere der Streik bei Ford in Köln, waren allerdings geprägt von einer mangelnden Unterstützung von Seiten der IG Metall, die ab Tag drei des Streiks ihre Ablehnung kundtat.[25] Im Jahr der Streiks waren nur wenige Gastarbeiter:innen gewerkschaftlich organisiert, was an der – auch von den Gewerkschaften geteilten – Annahme lag, dass sie nur kurzzeitig im Land bleiben würden. Neben den sprachlich bedingten Verständnisschwierigkeiten machten auch gegenseitiges Misstrauen einen Eintritt der Gastarbeiter:innen in die etablierten Strukturen der Arbeitnehmervertretung unwahrscheinlich.[26] Über Jahre hinweg hatten sich die Gewerkschaften „gegen eine systematische und staatlich organisierte Anwerbung von Arbeitsmigranten gesperrt, da sie in ihnen eine potenzielle Konkurrenz für die einheimischen Arbeitskräfte sahen“.[27] Ihre Zustimmung zu den Anwerbeabkommen hatten sie erst gegeben, nachdem gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Löhne zugesichert, aber auch die „Regelung des ,Inländerprimats‘, das einheimischen Arbeitskräften Vorrang vor ausländischen Arbeitskräften einräumte“, festgelegt worden war.[28] Bereits während der Wirtschaftskrise von 1966/67, in der zwischenzeitlich zahlreiche Stellen abgebaut worden waren, hatten sich die Gewerkschaften zwar mit den entlassenen Einheimischen, aber nicht mit den entlassenen Gastarbeiter:innen solidarisiert[29] und sich im Spannungsfeld zwischen internationalistischem Anspruch und protektionistischer Praxis für Letztere entschieden. Auch wenn die Situation im Sommer 1973 eine andere war, verlief zwischen Gewerkschaften und Gastarbeiter:innen vielfach immer noch eine Trennlinie. So solidarisierten sich zwar Teile der IG Metall am ersten Streiktag mit den Streikenden in Köln und deren Forderung nach einem höheren Inflationsausgleich, nicht aber mit den ,Zuspätkommern‘, deren Kündigung sie als gerechtfertigt betrachteten.[30] Nachdem Ford einer Einmalzahlung zugestimmt hatte, sahen sie den Streikanlass als erledigt an und beendeten ihre zögerliche Unterstützung, obwohl die ausländischen Mitarbeiter:innen klar machten, dass sie weiter streiken würden, solange ihre anderen Forderungen nach längerem Urlaub, stärkerer sozialer Teilhabe im Betrieb und verbessertem Arbeitsschutz unerfüllt blieben.
Abgesehen von protektionistischen Tendenzen, standen die Gewerkschaften 1973 aber auch vor einem strukturellen Problem, das sich bis heute nicht maßgeblich verändert hat, wie die Streiks der Mitarbeiter:innen verschiedener Lieferdienste in Berlin zeigen.[31] Die privilegierte Position der Gewerkschaften im deutschen Recht bedeutet, dass sie die einzigen Parteien sind, die mit Arbeitgeber:innen und deren Verbänden in Tarifverhandlungen über Löhne und Arbeitsbedingungen eintreten können. Arbeitsniederlegungen, die jenseits dieses Rahmens und nicht mit dem expliziten Ziel der Tarifeinigung stattfinden, sondern auf die Durchsetzung übertariflicher Inhalte abzielen, gelten als „politisch“ und sind damit verboten.[32] Die Gewerkschaften waren (und sind) also systematisch außerstande, bestimmte Arbeitskämpfe zu führen, hatten aber – im Interesse ihrer Selbsterhaltung – kein sonderlich starkes Interesse an einer Änderung des restriktiven deutschen Streikrechts.[33] Der damalige DGB-Vorsitzende Heinz Oskar Vetter brachte den Zwiespalt der Gewerkschaften auf den Punkt: „Die spontanen Arbeitskämpfe könnten den Gewerkschaften eine Verlagerung der Tarifpolitik in die Betriebe aufzwingen und somit die Organisationen schwächen.“[34] Die Streikenden, die bewusst den Tariffrieden brachen, konnten daher vielerorts kaum auf die Unterstützung der Gewerkschaften hoffen.[35]
Ausgang der Streiks
Während manche Streiks friedlich endeten, wurde der Ford-Streik in Köln nach etwa einer Woche gewaltsam niedergeschlagen. In seiner Chronik der damaligen Ereignisse schildert der Historiker Wolfgang Kraushaar die Räumung wie folgt:
„Am Donnerstagmorgen versammeln sich gegen 8 Uhr erneut 2.000 Streikende zu einem Demonstrationszug. […] Diesmal stoßen sie jedoch auf eine Gegendemonstration von angeblich ,Arbeitswilligen‘, wie es später heißt. Es handelt sich um Meister, Vorarbeiter, Angehörige des Werkschutzes, Streikbrecher, die eigens aus dem belgischen Montagewerk Genk zur Verstärkung geholt worden sind, Polizeibeamte in Zivil und leitende Angestellte, darunter der Direktor der Kölner Ford-Werke, Horst Bergemann, sowie der von den Streikenden als Helfershelfer besonders verachtete Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates Ernst Lück. Obwohl der Zug der streikenden Türken beinahe zehnmal so groß wie der ihrer Gegner ist, haben sie gegen die mit Knüppeln und Schlagringen ausgerüsteten ,Gegendemonstranten‘ keine Chance. Nach anfänglichen Rempeleien wird nun die Jagd auf angebliche Rädelsführer eröffnet. Einige von ihnen versuchen sich in den Hallen zu verstecken, zumeist vergeblich. Sobald einer der Streikführer aufgestöbert ist, wird er verprügelt und der uniformierten Polizei überstellt.“[36]
Aus ökonomischer Perspektive betrachtet, endeten die Streiks mit nur mäßigem Erfolg. Während die Streikenden bei einigen Betrieben zumindest Einmalzahlungen und moderate Lohnerhöhungen erwirken konnten, blieb die zentrale Forderung nach längerem Urlaub bis 1983 unerfüllt. Auch die Wünsche nach mehr Anerkennung und besserer Integration erfüllten sich nicht. In der ersten Septemberwoche, zwei Tage nach dem Ende der Streiks bei Ford, reagierte die damalige Bundesregierung unter Willy Brandt, indem sie die Vermittlungsgebühren für Unternehmen drastisch erhöhte und damit den weiteren Zuzug von Gastarbeiter:innen drosselte. Im November desselben Jahres folgte der vollständige Anwerbestopp. Die Zeit der Gastarbeiter:innen in der Bundesrepublik war damit an ihr Ende gekommen. Von nun an waren die Migrant:innen ausländische Mitarbeiter:innen oder wurden – infolge des Ablaufs ihrer Aufenthaltserlaubnis oder aufgrund ihrer irregulären Einreise – zu Illegalisierten. Mit dem Ende der Abkommen wurden auch einige der firmeneigenen Wohnquartiere geschlossen, was sowohl den Druck auf den (inner)städtischen Wohnungsmarkt als auch die Präsenz von Migrant:innen im Stadtbild erhöhte. Narrative über Problembezirke kamen in Umlauf, doch auch erste Maßnahmen zur besseren Integration von Migrant:innen und zur Anerkennung der Realität einer sogenannten multikulturellen Gesellschaft etablierten sich. Doch die Nachwirkungen der Streiks entfalteten sich auch noch auf einer anderen Ebene: Die Gastarbeiter:innen hatten sich in dem Streik als widerständige und selbstbestimmt handelnde politische Akteure erlebt, und diese Erfahrung ließ sich nicht mehr revidieren.
Der Streik als politische Praxis
1973 bedeutete für die Bundesrepublik Deutschland nicht nur einen Bruch mit dem Narrativ des Wirtschaftswunders, es war auch das Jahr, in dem das deutsche Migrationsregime einen tiefgreifenden Einschnitt erfuhr. Dazu gehörte neben dem Ende der Anwerbungspolitik und der gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit für die – in der Berichterstattung zumeist negativ konnotierten – migrantischen Lebenswelten auch das Erwachen eines politischen Selbstbewusstseins der Arbeitsmigrant:innen. Die Streiks der Gastarbeiter:innen markierten einen konstitutiven Akt der Selbstermächtigung. Sie waren historisch bedeutsam, weil die ausländischen Arbeiter:innen den ihnen zugewiesenen Platz am Rand des gesellschaftlichen Gefüges der Bundesrepublik verließen und lautstark einen neuen Platz beanspruchten. Sie brachen ganz konkret und praktisch mit der ihnen zugedachten Rolle als billige und anspruchslose industrielle Reservearmee.[37] Durch eine radikaldemokratische Brille betrachtet, lassen sich die Proteste als Kämpfe verstehen, in denen sich politische Akteur:innen bildeten, die Forderungen artikulierten damit und den Raum des Politischen um neue Anliegen und Themen erweiterten. Der französische Philosoph Jacques Rancière schreibt in seinem Buch Dissensus: „[T]he power of the people must be re-enacted ceaselessly by political subjects that challenge the police distribution of parts, places or competences, and that re-stage the anarchic foundation of the political.”[38] Demnach wird das Politische erst dann zur Realität, wenn die bestehenden institutionellen und symbolischen Ordnungen durchbrochen und ihre Struktur ebenso wie ihre Grenzen in Bewegung geraten und neu verhandelt werden – und damit auch die Ordnung des politischen Diskurses, also dessen was (und wer) hörbar, sichtbar und politisierbar ist. Die wilden Streiks kamen damit einer Neuvermessung des Politischen gleich: Indem neue Akteur:innen auf die politische Bühne der Bundesrepublik traten, verschob sich die Aushandlung um demokratische Normen.
Im kollektiven Gedächtnis sind die Kämpfe der Gastarbeiter:innen gleichwohl kaum präsent, genießen allenfalls eine Art Inselberühmtheit. Während linke politische Stiftungen aus Anlass der 50. Wiederkehr des Jahrestages Konferenzen und auch Wanderungen zum Thema veranstalten oder Dossiers herausgeben, wird die Erinnerung an den Streiksommer jenseits solcher Anlässe kaum gepflegt. Doch die Kämpfe von Köln und Neuss bilden seit den frühen 2000er-Jahren einen wichtigen Bezugspunkt zur Selbsthistorisierung von migrantischen Gruppen und Netzwerken wie Kanak Attak, die eine andere, selbstbestimmte Migrationsgeschichte aufzeigen wollen.[39] Diese Gruppen erinnern daran, dass Klassenkämpfe immer auch Kämpfe von Migrant:innen waren und sind und zeigen historische Kontinuitäten zu heutigen Formen migrantischer Selbstorganisation auf. Darüber hinaus waren die Streiks auch prägend für wichtige theoretische Konzepte wie das der „Autonomie der Migration“,[40] die einen Perspektivenwechsel ermöglichten und Migrant:innen als handelnde Subjekte, statt als Verhandlungsmasse bilateraler Abkommen beschrieben. Zugleich spannt sich durch die Erinnerung an diese Kämpfe ein neues Koordinatensystem für widerständige migrantische Praxis, das einen Bezugsrahmen bildet für gegenwärtige Aushandlungen und Selbstbestimmungen. So markiert der Streiksommer 1973 auch heute noch ein Ereignis, das Klischees über Migration und Migrant:innen herausfordert und neue, gleichberechtigte Lesarten der Migrationsgeschichte einfordert.
Fußnoten
- Zur besseren Lesbarkeit wird im Folgenden der Begriff „Gastarbeiter:in“ ohne Anführungszeichen verwendet, obwohl er problematische Konnotationen über die Temporalität des Aufenthalts und die allein auf die Erwerbsarbeit gerichtete Funktion der so Bezeichneten enthält. Sachlich bezieht sich der Begriff auf diejenigen Personen, die infolge der bilateralen Abkommen zur Anwerbung von Arbeitskräften in die Bundesrepublik kamen, um in deutschen Betrieben zu arbeiten.
- Jochen Oltmer / Axel Kreienbrink / Carlos Sanz Díaz, Das „Gastarbeiter“-System: Arbeitsmigration und ihre Folgen in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa, Berlin / Boston, MA 2012.
- Zitiert nach „IG Metall – ein angeschlagener Dinosaurier“, in: Der Spiegel, 2.9.1973.
- Siehe dazu u.a. Jörg Huwer, „Gastarbeiter“ im Streik. Die Arbeitsniederlegung bei Ford Köln im August 1973, Köln 2013.
- Zum Streik in Dagenham siehe beispielsweise Kevin Wilson, The Ford sewing machinists strike and the history of the struggle for equal pay, in: British Politics and Policy, 7.6.2018. Eine diskursanalytische Untersuchung zur medialen Repräsentation der weiblichen Streikenden in Pierburg und Lippstadt bietet Helena Kürten, Gastarbeiterinnen im wilden Streik. Zur Wahrnehmung von Arbeit, Migration und Geschlecht im Mediendiskurs der Bundesrepublik am Beispiel der rheinischen und westfälischen Metallindustrie, in: Westfälische Forschungen – Zeitschrift des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte 67 (2017), S. 499–536.
- Serhat Karakayali, „Sechs bis acht Kommunisten, getarnt in Monteursmänteln“. Die wahre Geschichte des Fordstreiks in Köln 1973, in: Workerscontrol.Net, 26.1.2013.
- Ceren Türkmen, „Gastarbeiter“ entdecken den Wilden Streik. Rezension zu Jörg Huwers „Gastarbeiter im Streik. Die Arbeitsniederlegung bei Ford Köln im August 1973“, in: Movements. Journal für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung 1 (2015), 1.
- „Wir haben einen gravierenden Fehler gemacht“, in: Der Spiegel, 16.9.1973.
- Zitiert nach Götz Schmidt, Zum Tod von Baha Targün. Ein Nachruf auf den Sprecher der Streikleitung des Ford Streiks 1973, in: Lunapark 21. Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie, 17.4.2021.
- Türken-Streik. Faden gerissen, in: Der Spiegel, 9.9.1973.
- Zitiert nach Türkmen, „Gastarbeiter“ entdecken den Wilden Streik.
- Zitiert nach „IG Metall – ein angeschlagener Dinosaurier“, in: Der Spiegel, 2.9.1973.
- Zitiert nach Karakayali, „Sechs bis acht Kommunisten, getarnt in Monteursmänteln“.
- Zitiert nach Wolfgang Kraushaar, Aus der Protest−Chronik. 24.−30. August 1973, in: Mittelweg 36 13 (2004), 3, S. 90–94, hier S. 94.
- Türken-Streik. Faden gerissen, in: Der Spiegel, 9.9.1973.
- Zitiert nach Wolfgang Kraushaar, Aus der Protest-Chronik, hier S. 94.
- Eine eigenwillige Deutung findet sich in einem Artikel des Kölner Stadt-Anzeiger, der am 29. August, also kurz vor der Räumung der Ford-Werke erschien. Dort heißt es: „Zwar ist der Türke kein böser Türke. Doch ist er ein enttäuschter Freund, fast schon ein enttäuschter Liebhaber.“ Zitiert nach Karin Hunn, „Nächstes Jahr kehren wir zurück …“. Die Geschichte der türkischen „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik, Göttingen 2005, S. 255.
- „Die Türken kommen - rette sich, wer kann“, in: Der Spiegel, 29.7.1973.
- Ebd.
- „Wir haben einen gravierenden Fehler gemacht“, in: Der Spiegel, 16.9.1973. In der Rubrik „Zeitreise – der SPIEGEL vor 50 Jahren“ hat sich die Zeitschrift unlängst kritisch mit der eigenen Berichterstattung im Jahr 1973 auseinandergesetzt: Knochenjobs für billige Wohlstandshelfer, in: Der Spiegel, 28.7.2023.
- „IG Metall – ein angeschlagener Dinosaurier“, in: Der Spiegel, 2.9.1973.
- Vgl. Hunn, „Nächstes Jahr kehren wir zurück …“.
- Valentin J. Hemberger, Hand in Hand? – Ein Streik bei John Deere wird wild, in: Des Volkes Stimme, 22.5.2019.
- Gisela Notz, Uns reicht’s: Streikende Frauen sind keine Ausnahmeerscheinungen ‒ Der Wandel der Arbeitskämpfe aus feministischer Perspektive, in: Karina Becker / Kristina Binner / Fabienne Décieux, Gespannte Arbeits- und Geschlechterverhältnisse im Marktkapitalismus, Wiesbaden 2020, S. 215–238.
- Dazu u.a. Mascha Schlomm, 50 Jahre wilder Streik bei Ford 1973 und Kraushaar, Aus der Protest-Chronik, S. 94: „Der Hauptvorstand der IG Metall distanziert sich zur selben Zeit in Frankfurt mit außergewöhnlicher Schärfe von dem Ausstand, der später als „Ford-Streik“ in die Geschichte der Arbeiterbewegung eingehen wird.“ Ein kürzlich in der Tageszeitung veröffentlichtes Interview mit dem Vorsitzenden des Kölner DGB-Stadtverbands, Witich Roßmann, zeichnet ein etwas anderes Bild. Demnach sei die IG Metall im Hintergrund doch unterstützend tätig gewesen. Vgl. „Erfahrung kollektiver Macht“, Witich Roßmann im Interview mit Pascal Beucker, in: Die Tageszeitung, 30.8.2023.
- Es gab in den 1960er-Jahren aber auch sehr erfolgreiche Organisierungsschübe unter den Gastarbeiter:innen, wie Hunn zeigt. Vgl Hunn, „Nächstes Jahr kehren wir zurück …“, S. 122 ff.
- Oliver Trede, Zwischen Misstrauen und Integration. Gewerkschaften und Arbeitsmigration in der Bundesrepublik, 26.8.2016.
- Ebd.
- Oliver Trede, Zwischen Misstrauen, Regulation und Integration. Gewerkschaften und Arbeitsmigration in der Bundesrepublik und in Großbritannien in den 1960er und 70er Jahren, Paderborn 2015.
- Karakayali, „Sechs bis acht Kommunisten, getarnt in Monteursmänteln“.
- Dazu kürzlich Jan Ole Arps / Nelli Tügel, Arbeitskampf in Deutschland: Gastarbeiter 2.0, in: Die Wochenzeitung, 17.8.2023
- Vgl. Theresa Tschenker, Politischer Streik. Rechtsgeschichte und Dogmatik des Tarifbezugs und des Verbots des politischen Streiks, Berlin 2023 (= Abhandlungen zum deutschen und internationalen Arbeits- und Sozialrecht, Band 12).
- Genau genommen gibt es in Deutschland kein Streikrecht, sondern nur das Recht, für Tarifverträge zu streiken. Dieses ist in Artikel 9, Abs. 3 GG geregelt. Damit gehört Deutschland zu den wenigen Ländern Europas, die kein explizites Streikrecht und kein Streikrecht als Individualrecht haben.
- Zitiert nach „IG Metall – ein angeschlagener Dinosaurier“, in: Der Spiegel, 2.9.1973.
- Allerdings haben sich in den letzten Jahren verschiedene Gewerkschaften für ein Recht auf politische Streiks ausgesprochen, etwa Verdi, die IG Bau und die GEW.
- Kraushaar, Aus der Protest−Chronik, S. 93 f.
- Titus Engelschall, The Immigrant Strikes Back. Spuren migrantischen Widerstands in den 60/70er Jahren, in: Interface (Hg.), WiderstandsBewegungen. Antirassismus zwischen Alltag & Aktion, Berlin/Hamburg 2005.
- Jacques Rancière, Dissensus: On Politics and Aesthetics, London 2010, S. 54.
- Dazu Peter Birke, „Die Arbeiter sind total unzuverlässig!“ Peter Birke zum Verhältnis von betrieblichen Kämpfen und Migration, Mai 2017.
- Vgl. Manuela Bojadžijev / Serhat Karakayalı, Autonomie der Migration.10 Thesen zu einer Methode, in: Transit Migration Forschungsgruppe (Hg.), Turbulente Ränder. Neue Perspektiven auf Migration an den Grenzen Europas, 2. Aufl., Bielefeld 2015.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Karsten Malowitz.
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