Gregorio Demarchi | Rezension | 02.10.2023
Ende der Darstellung und Ausgangspunkt der Forschung
Rezension zu „Der Eklat aller Widersprüche. Marx' Theorie und Studien der wiederkehrenden Wirtschaftskrisen“ von Timm Graßmann

Während in den Jahrzehnten des scheinbaren Triumphs der neoliberalen Globalisierung die Krisenproblematik aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein verschwunden schien, erfreut sie sich spätestens seit der globalen Finanzkrise von 2007/2008 wiederbelebten Interesses. Zum einen plädieren Philosophinnen wie Rahel Jaeggi angesichts der „multiplen Dauerkrise“ des Kapitalismus dafür, den Begriff des immanenten Widerspruchs zur Grundlage von Gesellschaftskritik zu machen:[1] Finanz- und Klimakrise, Covid und Krieg sind miteinander verflochten und erfordern einen neuen, elaborierteren Krisenbegriff. Zum anderen widmen sich namhafte Ökonomen und Wirtschaftshistoriker, allen voran Adam Tooze, weniger der theoretischen denn einer sorgfältigen empirischen Analyse der Krisen, die unsere heutige Welt prägen.[2]
Timm Graßmanns Studie Der Eklat aller Widersprüche soll dem Autor zufolge als Beitrag zur Ergründung dieses Spannungsfelds zwischen Theorie und Empirie gelesen werden. Unmittelbarer Anlass der Studie war die jüngste Veröffentlichung von wichtigen Exzerpten aus Marx’ Nachlass im Rahmen der MEGA. In ihnen lässt sich seine Auseinandersetzung mit dem Verlauf der Krisen von 1847/48, 1857/58, 1866 sowie mit dem Anfang der Großen Depression nach dem Gründerkrach von 1873 nachvollziehen. War Marx’ Auseinandersetzung mit der Empirie der Krise hauptsächlich aus seinen Zeitungsartikeln aus den 1850erJahren bekannt,[3] erweitern die Exzerpte, die Graßmann auswertet, den Materialbestand beträchtlich.
Graßmanns Studie überzeugt aber vor allem durch die Originalität ihrer Fragestellung. Während marxistische Debatten zur Krisentheorie sich zumeist um die Frage drehen, welche ihrer Aspekte für die Ermittlung der Ursachen von Wirtschaftskrisen fruchtbar gemacht werden können,[4] fokussiert sich Graßmann auf die Frage nach den epistemischen Wirkungen von Wirtschaftskrisen: Welche Umwälzungen rufen sie im gesellschaftlichen Erkenntnisvermögen hervor? Wie ermöglichen sie die Kritik überkommener und womöglich ideologisch verzerrter ökonomischer Theorien? Aber auch: Unter welchen Bedingungen schlägt die moralische Empörung über das Krisengeschehen in regressive Ideologie um und wie kann man dem entgegentreten?
Diese grundlegenden Fragen nach den epistemischen Auswirkungen der Krise vereinen drei bei Marx eng miteinander verknüpfte Dimensionen der Krisenproblematik: Erstens werden am Phänomen der Krise die explanatorischen Grenzen der politischen Ökonomie sichtbar, was deren Kritik ermöglicht (Kapitel 1); zweitens bildet die Auseinandersetzung mit den konkreten Krisenereignissen seiner Zeit den Ausgangspunkt von Marx’ eigener Forschungsarbeit, die somit sinnvoll historisiert werden kann (Kapitel 2, 3 und 5) und drittens wird Marx’ Theoriegebäude, wie es im Kapital dargestellt wird, von der Frage strukturiert, wie sich die abstrakte Möglichkeit der Krise, die schon im Gegensatz von Ware und Geld lauert, zur konkreten Wirklichkeit einer Kreditkrise entwickeln kann (Kapitel 4).
Die Krise ist für Marx die „reale Zusammenfassung und gewaltsame Ausgleichung aller Widersprüche der bürgerlichen Ökonomie“.[5] Sie ist Paradigma des Konkreten, das „Zusammenfassung vieler Bestimmungen ist, also Einheit des Mannigfaltigen“.[6] In ihrer Konkretheit hat die Krise Konsequenzen für die wissenschaftliche Methode: Sie ist sowohl Ausgangspunkt der Forschung als auch Ende der Darstellung, da letztere sich vom Abstrakten zum Konkreten zu bewegen hat (S. 418). Vor allem aber ist die Krise der Eklat aller Widersprüche, eine gewaltsame und zerstörerische Eruption, die latente Widersprüche zur objektiven Manifestation bringt und damit sichtbar macht: „Die Widersprüche werden also illuminiert, hervorgehoben und erstrahlen in einem grellen, lodernden Schein.“ (S. 13)
Im ersten Kapitel seiner Studie befasst sich Graßmann mit der Bedeutung der Wirtschaftskrise von 1825 für die Entwicklung der politökonomischen Wissenschaft. Die Reaktionen der politischen Ökonomie auf die Krise (David Ricardo, Thomas Robert Malthus, Jean-Baptiste Say) bringen die immanenten Grenzen ihrer Erklärungskraft ans Licht. Das macht ihre Kritik, in erster Linie im Anschluss an Simonde de Sismondis Überproduktionstheorie der Krise, möglich. In den darauffolgenden Jahren werden neue geldpolitische Ansätze entwickelt, die auch theoretischen Anspruch erheben. In der Currency-Schule etwa werden „monetaristische“ Theorien entwickelt, in denen die auf Ricardo zurückgehende Quantitätstheorie des Geldes mit dem „Gesetz von Say“ – wonach Überproduktion unmöglich ist, da das Angebot sich immer eine entsprechende Nachfrage schafft – kombiniert, um die Krise zu „externalisieren“ (S. 100 f.). Das Geld, das an sich ein neutrales Zirkulationsmittel ist, kann, wenn seine Menge zu groß ist, zur Krisenursache werden. Kredite können nämlich so stark ausgedehnt werden, dass ihre Vergabe spekulativ wird, was zu Panik auf den Märkten führt. Die Banking-Schule, insbesondere Thomas Tooke und John Fullarton, entwickelte eine entgegengesetzte Theorie, die heutige Postkeynesianerinnen und Antimonetaristen als eine des endogenen Charakters des Gelds bezeichnen würden (S. 83). Laut ihr ist es nicht die erhöhte Geldmenge, die Kreditausdehnung verursacht, sondern beide – Geldmenge und Kreditausdehnung – reflektieren den Umstand, „dass das Kapital in der Prosperität schneller wächst als die Möglichkeiten seiner profitablen Verwertung“ (S. 80), was zu Spekulation und in die Krise führt.
Das zweite Kapitel von Graßmanns Studie beschäftigt sich mit den Anfängen von Marx’ krisentheoretischer Forschung in den Jahren 1844 bis 1851. Es zeugt von seinem theoretischen Scharfsinn, dass er schon in seinem ersten krisentheoretischen Entwurf Reflection (1851) die Theorie der Überproduktionskrise von Sismondi mit Fullartons und Tookes Theorie der endogenen Kreditausdehnung kombinierte, um die Wirtschaftskrise von 1847/48 zu erklären. Graßmann zeigt in der Diskussion dieses Entwurfs (S. 166 ff.), wie Marx die von der Banking-Schule eingeführte Unterscheidung zwischen Zirkulation von Kredit einerseits und Zirkulation von Currency andererseits aufgreift, um die Überproduktionskrise als Widerspruch zwischen kreditgetriebener Kapitalexpansion und Beschränktheit der konsumtiven Nachfrage zu modellieren.
In dieser ersten Phase seiner krisentheoretischen Forschung arbeitet Marx noch mit einem symptomtheoretischen Modell, das sich durch direkte Kausalitäten auszeichnet (S. 184). Das betrifft nicht nur das Verhältnis von Produktionssphäre und Finanzsektor – die übermäßige Spekulation ist ein Symptom der Überproduktion (S. 156) – sondern auch von Ökonomie und Politik sowie von Krise und Erkenntnis. Die europäischen Revolutionen von 1848/49 werden als Folge der englischen Handelskrise von 1847 verstanden: „Eine neue Revolution ist nur möglich im Gefolge einer neuen Krisis. Sie ist aber auch ebenso sicher wie diese“.[7] Und dass es in der Geldkrise zum Eklat „sämmtliche[r] Widersprüche der bürgerlichen Production, als Symptome“ kommt,[8] hat auch Einfluss auf „die epistemologische Dimension der Krise […], die Widersprüche des Kapitals schockartig zu enthüllen und […] offenzulegen, dass der Zweck der kapitalistischen Produktion nicht im menschlichen Wohlbefinden […] besteht.“ (S. 181)
Das 3. Kapitel der Studie befasst sich mit Marx’ Auseinandersetzung mit der Welthandelskrise von 1857/58 und zeigt, wie er seine linearen Modelle und den damit einhergehenden politischen und erkenntnistheoretischen Optimismus im Lauf der 1850er-Jahre revidiert. Marx hatte zu einem frühen Zeitpunkt mit der Krise gerechnet und einen anderen Verlauf prognostiziert, doch die Entdeckung neuer Goldminen in Kalifornien und Australien sowie die stärkere Verbreitung bestimmter Instrumente zur finanziellen Mediation des internationalen Handels, zum Beispiel der Wechselreiterei, ermöglichten eine längere Prosperitätsphase.
Vor diesem Hintergrund gibt Marx die Theorie vom Gegensatz zwischen Kredit und Currency zugunsten eines in den Grundrissen (1857/1858) entwickelten neuen krisentheoretischen Ansatzes auf, wonach das Kapital in seiner eigenen universellen Selbstverwertungstendenz an eine innere Schranke stößt. Der immanente Widerspruch besteht darin, dass die relative Erweiterung der Mehrwert setzenden Surplusarbeit zugleich die zur Reproduktion der Ware Arbeitskraft notwendige Arbeit reduziert (vgl. S. 310). Es ist somit die Dynamik der Mehrwertproduktion selbst, die zur Folge hat, dass die konsumptive Nachfrage der Lohnabhängige hinter dem Niveau zurückbleibt, das die erweiterte Kapitalakkumulation erfordern würde.
Ausgehend von diesem Grundwiderspruch vollzieht Marx dann eine explanatorische „Wende hin zur Multilinearität und zu einer zunehmenden Komplexität in den Beziehungen zwischen den […] Variablen“ (S. 328). Erstens ermöglichten die neuen „Techniken der finanziellen Mediation“ durch die „Verlängerung der Kreditketten“ (S. 293) eine Rückwirkung des Finanzsektors auf die Produktion: die übermäßige Spekulation ist nicht nur Symptom, sondern kann auch Ursache der Überproduktion werden (S. 288). Die Vergabe von spekulativen Krediten koppelt nämlich die Produktion von der unmittelbaren konsumtiven Nachfrage ab und kann somit zur Überproduktion führen. Zweitens lockert Marx auch den Zusammenhang zwischen Krise und Revolution: die politische Transformation, die er in Frankreich als Folge der Weltmarktkrise von 1857/58 erwartet hatte, blieb aus. Graßmann befasst sich deswegen eingehend mit Marx’ Analyse des Bonapartismus: Einerseits schaffte der von Saint-Simons „kreditorientierte[m] Weg in den Sozialismus“ beeinflusste (S. 234f.) „frühkeynesianische“ Wirtschaftsinterventionismus des bonapartistischen Staats, wie er sich in der Gründung des Crédit Mobilier niederschlug, neue Instrumente der Krisenbewältigung. Andererseits machte die autoritäre Stärkung der Exekutive gegenüber der Legislative den Umschlag der „Notwendigkeit des Leviathans in die Willkür des Behemoths“ (S. 264) möglich, wodurch die Revolution repressiv verhindert werden konnte.
Dass es in der Folge von Krisen zu autoritärer Regression kommt, wird durch entsprechende „Ideologien der Unfreiheit und der Ungleichheit“ (S. 325) begünstigt. Um die Entstehung solcher Ideologien zu erklären, bezieht Graßmann sich auf eine weitere Konsequenz aus Marx’ multilinearer Wende und zeigt, dass die Krise nicht nur epistemisch desillusionierend wirkt. Zwar kann sie die hinter dem Austausch zwischen freien und gleichen Warenbesitzerinnen stehende Ausbeutung und Klassenherrschaft ans Licht bringen, aber sie kann genauso gut auch neue, regressive Illusionen erzeugen. Die manifestieren sich in den „Charaktermasken der Krise“ (S. 317-326), wie zum Beispiel der des Schatzbildners:
„Der Umschlag von Warenbesitzer in Schatzbildner ist ein Umschlag von Freihandel in Protektionismus, von Kosmopolitismus in Nationalismus, von Aufklärung in Neurose, von Idealismus in protestantische Moral, von Konsumtionslust in Askese, von Forschungsoptimismus in Nostalgie und von Rationalität in Schuldprojektion […]. Aber diese Illusionen sind kein vormodernes Relikt, sondern entspringen der Krise, einer typischen und spezifischen Existenzweise der bürgerlichen Gesellschaft.“ (S. 324)
Im vierten Kapitel geht Graßmann auf die theoretische Bedeutung der konkreten Krise ein, die Marx als Ende der Darstellung politökonomischer Kategorien charakterisiert. Die Quantitätstheorie des Geldes „externalisierte“ die Krise, indem sie die Geldzirkulation und somit auch die spekulative Kreditausdehnung zu exogenen Größen machte. Marx will im Kapital auch deshalb eine „Theorie der logischen Entstehung des Geldes“ entwickeln (S. 106), weil er zeigen will, dass die Möglichkeit der Krise der Logik der Warenproduktion immanent ist. Das Geld ist nicht-neutral, das heißt nicht bloß Zirkulations-, sondern auch Zahlungsmittel, und „wenn sich die Zahlungsunfähigkeit verallgemeinert und plötzlich Geld als Geld verlangt wird“, ist die Krise Konsequenz (S. 343).
Freilich bedeutet der immanente Widerspruch von Ware und Geld nur, dass die Krise möglich ist. Die „Entwicklung der potentia Crisis“[9] zur tatsächlichen bedarf des Kapitals. Erst durch Ausbeutung, Mehrwert und Kapitalakkumulation „erhält die Möglichkeit der Krise eine neue Qualität und wird zur Potenz: zu einer Veranlagung oder Disposition“ (S. 345). Graßmann zeigt, dass das Kapital als „eine einzige Krisentheorie“ (S. 337) zu lesen ist. Die Überproduktion, wie sie im Akkumulationsprozess entsteht, und der tendenzielle Fall der Profitrate, der langfristige Stagnation und damit einhergehende „finanzielle Expansion und Instabilität“ einleitet (S. 383), stellen nicht alternative Erklärungsansätze für Krisen dar, sondern sind Momente ein und derselben Krisentheorie. Allerdings sind sie notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für den Ausbruch der Krise: „Ohne Kreditausdehnung würde der Abbruch einer Expansionsphase schwerlich in Gestalt einer Krise explodieren. Erst der Kredit fasst die Überproduktion zu einer allgemeinen Phase zusammen, die in Gestalt einer Krise eklatiert.“ (S. 397)
Im fünften Kapitel des Buches zeigt Graßmann, dass Marx’ empirische Auseinandersetzung mit der Krise nicht mit der im Kapital elaborierten Theorie endete. Die geplanten, aber nie vollendeten, Teile des Kapitals über Staat und Weltmarkt hätten die Analyse der konkreten Krise fortgesetzt, wenn diese Konkretheit auch „nicht die empirisch-historische […], sondern eine modellhafte, idealtypische“ (S. 407) Krise meine. Doch dass die Darstellung nicht vollendet wurde, bedeutet nicht, dass die Empirie nicht Anfang der Forschung bliebe. Neuartige Phänomene rund um die Krise von 1866 veranlassen Marx dazu, sein Krisenmodell zu erweitern und zu verfeinern. „Externe“ Schocks wie der amerikanische Bürgerkrieg (1861–1865) und die damit einhergehende Baumwollhungersnot einerseits und die Verselbstständigung der Geldkrise als Folge der durch die neugegründeten Aktiengesellschaften geförderten finanziellen Spekulation andererseits brachten Marx dazu, seine empirischen Studien wieder aufzunehmen.
Die größte Stärke von Graßmanns Studie besteht darin, dass sie die Auswertung der erst jüngst in der MEGA veröffentlichten Studienhefte und Exzerpte von Marx in die eingangs erwähnte Frage nach den epistemischen Auswirkungen von Wirtschaftskrisen einbettet. Graßmann ist es gelungen, die Fülle an neuem Material, das durch die Veröffentlichung von Marx’ Exzerpten zugänglich gemacht wurde, auf die bisher wenig beachtete Frage zu beziehen, wie sich Wirtschaftskrisen auf das gesellschaftliche Erkenntnisvermögen auswirken. Seine Argumentation oszilliert elegant zwischen der sorgfältigen wissenschaftlichen Auswertung erstmals publizierter Materialien und ihrer Interpretation hinsichtlich einer so originellen wie scharfsinnigen Fragstellung. Die Ausgewogenheit zwischen wissenschaftlicher Sorgfalt und argumentativer Schärfe trägt nicht nur zur inhaltlichen Komplexität der Studie bei, sondern macht sie auch sehr gut lesbar.
Des Weiteren sollte Graßmanns Auseinandersetzung mit der Frage nach den epistemischen Auswirkungen von Wirtschaftskrisen nicht als rein akademische Übung verstanden werden. Schon für Marx kommt Krisen „eine epistemologische Funktion als Umwälzung des gesellschaftlichen Erkenntnisvermögens“ (S. 477) zu. Weit davon entfernt aber, eine ausschließlich „erhellende und ernüchternde Kraft“ (S. 525) zu sein und somit potenziell zur revolutionären Transformation der bürgerlichen Gesellschaft beizutragen, können Krisen eine kollektivpsychologische Regression einleiten, die ihren Ausdruck nicht zuletzt im Antisemitismus findet.
Die noch andauernden Nachwirkungen der Weltfinanzkrise von 2007/08 bestätigen diese Diagnose. Umso wichtiger ist es, sich in einer solchen historischen Konstellation, die Möglichkeiten, aber auch die Gefahren bewusst zu machen, die Wirtschaftskrisen für das gesellschaftliche Erkenntnisvermögen bergen. Graßmanns Studie zeigt eindrücklich, dass jede neue Krise eine Gelegenheit der gesellschaftlichen Selbstkritik und Selbstreflexion darstellt. Ohne eine genaue Kenntnis der kollektivpsychologischen und erkenntnistheoretischen Dynamiken, die durch Wirtschaftskrisen angestoßen werden, dürfte es allerdings immer schwieriger werden, der in jeder Krise lauernden Gefahr ideologischer und politischer Regression entgegenzutreten. Angesichts der „multiplen Dauerkrise“ des Kapitalismus ist die Aufgabe der selbstkritischen Ernüchterung und epistemischen Desillusionierung das einzig mögliche Antidot gegen das gesellschaftliche Abgleiten in die Barbarei.
Fußnoten
- Rahel Jaeggi, Crisis, Contradiction, and the Task of a Critical Theory, in: Banu Bargu / Chiara Bottici (Hg.), Feminism, Capitalism, and Critique. Essays in Honor of Nancy Fraser, Cham 2017, S. 209–224.
- Adam Tooze, Crashed. Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben, München 2018; ders., Shutdown. How Covid shook the World’s Economy, New York 2021.
- Siehe etwa: Sergio Bologna, Geld und Krise. Marx als Korrespondent der New York Daily Tribune 1856-57, in: Wildcat 85 (2009 [1973]), Beilage, S. 1-53.
- Grundsätzlich dreht sich die Debatte um die Rolle des von Marx formulierten Gesetzes des tendenziellen Falls der Profitrate: Paul Mattick, Krisen und Krisentheorien, Frankfurt am Main 1974, kann als Gründungstext einer „Profitratenorthodoxie“ betrachtet werden, zu der heutzutage Marxisten wie Andrew Kliman (The Unmaking of Marx’ ‘Capital’: Heinrich’s Attempt to Eliminate Marx’ Crisis Theory, in: SSRN Working Papers Series, S. 1-20) und Michael Roberts (Monomania and Crisis Theory - a Reply to David Harvey, online: thenextrecession.files.wordpress.com/2014/12/reply-to-harvey.pdf) zählen. Michael Heinrich (Crisis Theory, the Law of the Tendency of Profit Rate to Fall, and Marx’s Studies in the 1870s, in: Monthly Review 64, Nr. 11) und David Harvey (Crisis Theory and the Falling Rate of Profit, in: Turan Subasat (Hg.): The Great Financial Meltdown. Systemic, Conjunctural or Policy Created? Northhampton, 2016, S. 37–54) zählen hingegen zu den Kritikern dieser „Profitratenorthodoxie“.
- MEGA II/3, S. 1131.
- MEGA II/1, S. 36; vgl. Graßmann, S. 334.
- MEGA I/10, S. 467.
- MEGA IV/8, S. 231: „eclatiert“.
- MEGA II/3, S. 1133.
Dieser Beitrag wurde redaktionell betreut von Hannah Schmidt-Ott.
Kategorien: Epistemologien Geld / Finanzen Geschichte Politische Ökonomie Wirtschaft Wissenschaft
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